Achim Tobler

Allgemeine SS, Reiter-SS, Oberscharführer

Achim Tobler (geboren 11. März 1908 in Breslau; gestorben 2. Januar 1995 in Solingen) war ein schweizerisch-deutscher Industriemanager. In der Zeit des Nationalsozialismus war er Werkleiter der Aluminium GmbH Rheinfelden.

Leben Bearbeiten

Achim Tobler war ein Enkel des Schweizer Volkskundlers Ludwig Tobler (1827–1895). Sein Vater Ludwig Tobler (1877–1915) war Direktor der Kinderklinik an der Universität Breslau, dieser war seit 1907 mit Berta Scholl (1883–1957) verheiratet. Tobler zog 1915 nach Heidelberg, wo seine Mutter über ihre Schwägerin Mina Tobler in den Kreis um Helene Weber und Max Weber aufgenommen wurde. Wann Tobler Deutscher wurde und ob er die Schweizer Staatsbürgerschaft beibehalten hat, ist bislang offen.

Er besuchte das humanistische Gymnasium in Heidelberg und studierte dort und in Genf Jura, das Referendarexamen legte er im Frühjahr 1931 in Karlsruhe ab. Während des Vorbereitungsdienstes studierte er in Heidelberg als Gasthörer Volkswirtschaftslehre am Institut für Sozial- und Staatswissenschaften der Philosophischen Fakultät und begann mit seiner Dissertation über die aktuelle französische Handelspolitik. 1932/33 studierte er zwei Semester Volkswirtschaft in Frankreich als Austauschstudent.

1933 trat Tobler in die SS und in die Reiter-SS ein, sein Parteieintritt in die NSDAP zog sich wegen der Mitgliederaufnahmesperre bis 1937 hin. 1939 ließ er sich für den Sicherheitsdienst des Reichsführers SS (SD) verpflichten.

Tobler wurde im Sommer 1935 in Heidelberg zum Thema „Die französische Handelspolitik in der Weltwirtschaftskrise: Herbst 1929 bis Frühjahr 1936“ an der 1934 eingerichteten Staats- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät[1] bei Arnold Bergstraesser summa cum laude promoviert. Bergstraesser wurde kurz darauf trotz seiner Anbiederung an den Nationalsozialismus aus rassistischen Gründen entlassen. Unter den zwölf Doktoranden in Bergstraessers „Doktorenfabrik“ waren auch die im NS-Staat Karriere machenden Fritz Hippler, Paul Hövel und Franz Alfred Six.[2] Nach dem zweiten, mit dem Prädikatsexamen „gut“ bestandenen juristischen Staatsexamen ging Tobler im November 1935 als Referent für Rohstofffragen an das badische Finanz- und Wirtschaftsministerium zu Ministerpräsident Walter Köhler (NSDAP). 1936 avancierte er zum Abteilungsleiter Rohstoffverteilung bei der Vierjahresplanbehörde in Berlin und stieg 1937 zum Vertreter des Reichskommissars für Altmaterialverwertung auf.

Am 1. Juni 1938 wurde Tobler zum Werkleiter der Aluminium GmbH Rheinfelden ernannt mit einem Grundgehalt von 12.000 RM und einer ebenso hohen Tantieme. Das Unternehmen gehörte kapitalmäßig zur von Max Huber geleiteten Schweizer AIAG, war aber zum 1. Januar 1937 als reichsdeutsche GmbH herausgelöst worden. Unter Toblers Leitung wurden die im Vierjahresplan vorgesehenen Kapazitätserweiterungen umgesetzt und das für die Kriegsführung erforderliche Metall produziert. In Rheinfelden wurden während des Zweiten Weltkriegs französische, sowjetische und italienische Zwangsarbeiter ausgebeutet, die Lebensverhältnisse waren in der Konzernzentrale in Chippis bekannt, was dort nach Kriegsende geleugnet wurde. In der Kommune Rheinfelden war Tobler Erster Beigeordneter und in Säckingen Kreisrat.

 
Familiengrab Tobler, Grabmalgestaltung von Hermann Haller

Die Schweizer Konzernmutter entließ 1945 Tobler und distanzierte sich von ihm. Tobler wurde ab Juni 1945 bis August 1947 in Freiburg im Breisgau von der französischen Besatzungsmacht interniert, danach war er bis November 1948 im Freiburger Gefängnis in Haft. Im Januar 1949 wurden er und vier ehemalige Angehörige des Rheinfelder Werkschutzes wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor einem französischen Militärgericht angeklagt, die Anklage war schlecht vorbereitet, sodass der Werksleiter Tobler freigesprochen wurde, die Werkschutzmänner hingegen wegen Misshandlung und Tötung von Zwangsarbeitern zu Strafen zwischen sechs Monaten und drei Jahren verurteilt wurden. Tobler wurde während der Haft von seiner Mutter und deren Schwager Hans Gerhard Evers unterstützt.

Tobler wurde von der Freiburger Spruchkammer im April 1949 als „minderbelastet“ eingestuft unter der Auflage eines zeitweisen Berufsverbots, mit Hilfe seines ehemaligen Vorgesetzten Hans Constantin Paulssen gelang ihm die Ermäßigung zum „Mitläufer“. Tobler arbeitete nun am TübingerInstitut für Besatzungsfragen[3][4] bei Gustav von Schmoller. Zusammen mit Hedwig Maier gaben sie das Handbuch des Besatzungsrechts heraus. Nach dem Wechsel von Schmollers in den Auswärtigen Dienst 1952 leiteten Maier und er das Institut. Er war auch Mitautor im von Hans-Jürgen Schlochauer ab 1960 neu herausgegebenen Wörterbuch des Völkerrechts.

Tobler starb am 2. Januar 1995 und wurde auf dem Bergfriedhof in Heidelberg im Familiengrab beigesetzt.[5]

Schriften (Auswahl) Bearbeiten

 
Dissertation (Rigorosum bei Arnold Bergsträsser, 1935)
  • Die französische Handelspolitik in der Weltwirtschaftskrise: Herbst 1929 bis Frühjahr 1936. Pilger-Druckerei, Speyer 1938. Zugleich: Heidelberg, Univ., Diss. 1935
  • mit Gustav von Schmoller, Hedwig Maier: Handbuch des Besatzungsrechts. Mohr, Tübingen 1951–1957
  • mit Hedwig Maier: Die Ablösung des Besatzungsstatuts in der Bundesrepublik Deutschland. In: Europa-Archiv, Dt. Ges. für Auswärtige Politik, Bonn 1955, S. 8081–8097
  • Inanspruchnahme von Privateigentum für die Versorgung der Stationierungstruppen. In: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Bd. 8 (1955), S. 1092–1096

Literatur Bearbeiten

  • Wolfgang Bocks: Dr. Achim Tobler: Manager der Kriegswirtschaft. In: Wolfgang Proske (Hrsg.): Täter Helfer Trittbrettfahrer. NS-Belastete aus Baden-Württemberg, Band 6: NS-Belastete aus Südbaden. Kugelberg, Gerstetten 2017, ISBN 978-3-945893-06-7, S. 343–354.
  • Cornelia Rauh: Schweizer Aluminium für Hitlers Krieg? Zur Geschichte der „Alusuisse“ 1918–1950. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-52201-7.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Achim Tobler – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Kilian Schultes: Die Staats- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Heidelberg 1934–1946, 2010 (zugl. Heidelberg, Univ., Diss., 2007). Tobler erscheint dort in der Tabelle der Promotionen als Diplom-Volkswirt, was durch die Angaben in der Dissertation nicht bestätigt wird.
  2. Kilian Schultes: Die Staats- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Heidelberg 1934–1946, 2010 (zugl. Heidelberg, Univ., Diss., 2007), S. 217–224.
  3. Institut für Besatzungsfragen, 1947–1960, bei Deutsche Digitale Bibliothek
  4. Institut für Besatzungsfragen, Findbuch Wü 6 T 1, Landesarchiv Baden-Württemberg
  5. Biographische Fragmente zu Mina Tobler, bei Brilmayer Gesellschaft, abgerufen am 26. Januar 2021.