3-Methoxypropylamin

chemische Verbindung

3-Methoxypropylamin ist ein C3-Amin mit einer endständigen Methoxygruppe. Die Verbindung wird als Korrosionsinhibitor in wässrigen Medien eingesetzt. MOPA eignet sich zur schonenden Entfernung der Boc-Schutzgruppe und als Molekülbaustein für die Synthese des Farbstoffs Disperse Blue 60 und des erst kürzlich in der EU zugelassenen UV-Filters Methoxypropylamino Cyclohexenylidene Ethoxyethylcyanoacetate (S87).[4]

Strukturformel
Strukturformel von 3-Methoxypropylamin
Allgemeines
Name 3-Methoxypropylamin
Andere Namen
  • 1-Amino-3-methoxypropan
  • 3-Aminopropylmethylether
  • 3-Methoxypropan-1-amin (IUPAC)
  • MOPA
Summenformel C4H11NO
Kurzbeschreibung

klare gelbliche[1] Flüssigkeit

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 5332-73-0
EG-Nummer 226-241-3
ECHA-InfoCard 100.023.856
PubChem 1672
ChemSpider 1609
Wikidata Q27292011
Eigenschaften
Molare Masse 89,14 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte
Schmelzpunkt

−76 °C[1]

Siedepunkt

116 °C[1]

Dampfdruck

16 hPa bei 20 °C[1]

Löslichkeit

vollkommen mischbar mit Wasser[1], löslich in Methanol, Aceton, Benzol, Tetrachlormethan, Chloroform[2]

Brechungsindex

1,4391 (20 °C, 589 nm)[2]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 226​‐​290​‐​302​‐​314​‐​317
P: 210​‐​233​‐​280​‐​301+312​‐​303+361+353​‐​305+351+338[1]
Toxikologische Daten

690 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[3]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C

Vorkommen und Darstellung Bearbeiten

Bei der Cyanethylierung von Methanol an Acrylnitril[5] wird praktisch quantitativ 3-Methoxypropionitril gebildet, das an einem Nickel/Kobalt-Kontakt in Gegenwart von überschüssigem Ammoniak zu 3-Methoxypropylamin hydriert werden kann (Ausbeute 96 %).[6]

 
Synthese von 3-Methoxyproplyamin(MOPA)

Die Zugabe von Ammoniak bei der Hydrierung des Nitrils unterdrückt die Bildung des sekundären Amins Bis(3-methoxypropyl)amin.

Eigenschaften Bearbeiten

3-Methoxypropylamin ist eine klare, farblose bis gelbliche, aminartig riechende Flüssigkeit, die sich vollständig mit Wasser mischt. Eine wässrige Lösung (100 g·l−1) zeigt bei 20 °C einen pH-Wert von 11,5.[1] MOPA ist in einer Vielzahl organischer Lösungsmittel gut löslich.[2] Die Substanz ist hygroskopisch und luftempfindlich.[7]

Anwendungen Bearbeiten

3-Methoxypropylamin neutralisiert in Wasser gelöstes und korrosiv wirkendes Kohlendioxid und wird wegen seiner guten Löslichkeit in Wasser und organischen Lösungsmitteln in Funktionsflüssigkeiten, wie z. B. Wärmeträgern, Kühlschmiermitteln, Brems- und Hydraulikflüssigkeiten oder auch bei der Trennung wasserfreier Kohlenwasserstoffmischungen in Raffinerien als Korrosionsinhibitor eingesetzt.[8]

Unlängst wurde die schonende Entfernung der tert-Butyloxy (Boc)-Schutzgruppe von funktionalisierten Heteroaromaten, wie z. B. Indolen, beschrieben.[9]

 
Abspaltung der Boc-Schutzgruppe mittel MOPA

Die herkömmliche Boc-Abspaltung im Sauren mit z. B. Trifluoressigsäure versagt in diesem Fall.

Der temperaturstabile Dispersionsfarbstoff C.I. Disperse Blue 60[10] ist durch Umsetzung von Bromaminsäure mit Ammoniak und Natriumcyanid zum 1,4-Diamino-2,3-dicyanoanthrachinon[11], anschließende Hydrolyse zum Dicarboximid und Reaktion mit MOPA zugänglich.[12]

 
Synthese des Farbstoffs Disperse Blue 60

Disperse Blue 60 eignet sich zur blauen Einfärbung von Produkten aus thermoplastischen Polymeren, wie z. B. Polyesterfasern.

Durch eine Knoevenagel-Reaktion von 3-Methoxypropylamin mit 1,3-Cyclohexandion entsteht analog zu 1-(2-Ethylhexylamino)-5,5-dimethyl-cyclohexenon-3[13] – aus 2-Ethylhexylamin mit Dimedon (5,5-Dimethylcyclohexan-1,3-dion) – die Ausgangsverbindung 3-(3-Methoxypropylamino)-2-cyclohexen-1-on für den jüngsten im Dezember 2020 von der EU zugelassenen UV-Absorber S87.[14]

 
Synthese der S87-Vorstufe

Im finalen Syntheseschritt wird in einer weiteren Knoevenagel-Reaktion die zweite Carbonylgruppe der Vorstufe zunächst mit Diethylsulfat zum Enolether und anschließend mit 2-Ethoxyethylcyanacetat zum Methoxypropylamino Cyclohexenylidene Ethoxyethylcyanoacetate (S87) umgesetzt.[15]

 
Synthese des UV-Absorbers S87

Das Absorptionsmaximum λmax des in Sonnenschutzmitteln bis zu einer Konzentration von 3 % zugelassenen UV-Absorbers S87 liegt im UV-A-Bereich bei 385 nm.

Die Verbindung fällt bei der Synthese als (Z)-Isomer an und isomerisiert in Lösung innerhalb von fünf Stunden zu einem Gemisch von ca. 60 % (Z)-Isomer und ca. 40 % (E)-Isomer.[4]

 
cis-trans-Isomere des UV-Absorbers S87

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d e f g h i Eintrag zu 3-Methoxypropylamin in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 2. Januar 2024. (JavaScript erforderlich)
  2. a b c d William M. Haynes: CRC Handbook of Chemistry and Physics, 97th Edition. CRC Press, Boca Raton, FL, U.S.A. 2017, ISBN 978-1-4987-5429-3, S. 3–352.
  3. Datenblatt 3-Methoxypropylamin bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 18. April 2021 (PDF).
  4. a b VERORDNUNG (EU) 2020/1684 DER KOMMISSION. Europäische Kommission, 12. November 2020, abgerufen am 20. April 2021.
  5. Patent US3253040: Process for the production of primary 3-hydroxycarbyloxypropylamines. Angemeldet am 10. Dezember 1962, veröffentlicht am 24. Mai 1966, Anmelder: Union Carbide Corp., Erfinder: G.H. Potter, R.C. Myerly.
  6. Patent DE2121325C2: Verfahren zur Herstellung von Methoxypropionitril. Angemeldet am 30. April 1971, veröffentlicht am 9. November 1972, Anmelder: BASF AG, Erfinder: M. Decker, H. Hoffmann, K. Merkel.
  7. Datenblatt 3-Methoxpropylamine, 99% bei Alfa Aesar, abgerufen am 20. April 2021 (Seite nicht mehr abrufbar).
  8. Patent US4229284: Corrosion control method using methoxypropylamine (mopa) in water-free petroleum and petrochemical process units. Angemeldet am 15. Mai 1978, veröffentlicht am 21. Oktober 1980, Anmelder: Nalco Chemical Co., Erfinder: J.A. White, T.C. Maynard.
  9. Z.Z. Gulledge, J.D. Carrick: Deprotonation of N-tert-butoxycarbonyl (Boc)protected functionalized heteroarenes via addition-elimination with 3-methoxypropylamine. In: Eur. J. Org. Chem. Band 12, 2020, S. 1817–1822, doi:10.1002/ejoc.201901811.
  10. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Disperse Blue 60: CAS-Nummer: 12217-80-0, EG-Nummer: 235-402-7, ECHA-InfoCard: 100.032.172, PubChem: 25530, ChemSpider: 23816, Wikidata: Q72469713.
  11. Patent EP0034257A2: Verfahren zur Herstellung von 1,4-Diamino-2,3-dicyanoanthrachinon. Angemeldet am 17. Januar 1981, veröffentlicht am 26. August 1981, Anmelder: Bayer AG, Erfinder: F.W. Kröck, R. Neef.
  12. Patent US2628963: 1,4-Diamino-2,3-anthraquinone-dicarboximides. Angemeldet am 5. Dezember 1951, veröffentlicht am 17. Februar 1953, Anmelder: E.I. du Pont de Nemours & Co., Erfinder: J.F. Laucius, S.B. Speck.
  13. Patent US4749643: Photographic recording element containing a UV absorbant and a silver halide emulsion layer. Angemeldet am 21. August 1986, veröffentlicht am 7. Juni 1988, Anmelder: Agfa Gevaert AG, Erfinder: H. Öhlschläger, H. Langen, J. Sobel.
  14. B. Winkler, H.-W. Hoeffken, K. Eichin, W. Houy: A cyclic merocyanine UV-A absorber: mechanism of formation and crystal structure. In: Tetrahedron Lett. Band 55, Nr. 10, 2014, S. 1749–1771, doi:10.1016/j.tetlet.2014.01.113.
  15. Patent EP2734499B1: Merocyaninderivate. Angemeldet am 19. Juli 2012, veröffentlicht am 24. Juni 2020, Anmelder: BASF SE, Erfinder: B. Winkler, D. Hüglin, K. Eichin, L. Ehrsam, X. Marat, H. Richard, I.M. Kienzle, U. Schröder.