(171) Ophelia

Asteroid des Hauptgürtels

(171) Ophelia ist ein Asteroid des äußeren Hauptgürtels, der am 13. Januar 1877 vom französischen Astronomen Alphonse Louis Nicolas Borrelly am Observatoire de Marseille entdeckt wurde.

Asteroid
(171) Ophelia
Eigenschaften des Orbits Animation
Epoche: 31. März 2024 (JD 2.460.400,5)
Orbittyp Äußerer Hauptgürtel
Asteroidenfamilie Themis-Familie
Große Halbachse 3,129 AE
Exzentrizität

0,132

Perihel – Aphel 2,715 AE – 3,543 AE
Neigung der Bahnebene 2,5°
Länge des aufsteigenden Knotens 100,5°
Argument der Periapsis 55,4°
Zeitpunkt des Periheldurchgangs 4. Dezember 2021
Siderische Umlaufperiode 5 a 195 d
Mittlere Orbital­geschwin­digkeit 16,77 km/s
Physikalische Eigenschaften
Mittlerer Durchmesser 130,8 ± 1,5 km
Albedo 0,08
Rotationsperiode 6 h 40 min
Absolute Helligkeit 8,7 mag
Spektralklasse
(nach Tholen)
C
Spektralklasse
(nach SMASSII)
C
Geschichte
Entdecker A. L. N. Borelly
Datum der Entdeckung 13. Januar 1877
Andere Bezeichnung 1877 AB
Quelle: Wenn nicht einzeln anders angegeben, stammen die Daten vom JPL Small-Body Database. Die Zugehörigkeit zu einer Asteroidenfamilie wird automatisch aus der AstDyS-2 Datenbank ermittelt. Bitte auch den Hinweis zu Asteroidenartikeln beachten.

Der Asteroid wurde benannt nach Ophelia, der Tochter von Polonius in William Shakespeares Theaterstück Hamlet.

Aufgrund ihrer Bahneigenschaften wird (171) Ophelia zur Themis-Familie gezählt.

Aus Ergebnissen der IRAS Minor Planet Survey (IMPS) wurden 1992 erstmals Angaben zu Durchmesser und Albedo für zahlreiche Asteroiden abgeleitet, darunter auch (171) Ophelia, für die damals Werte von 116,7 km bzw. 0,06 erhalten wurden.[1] Eine Auswertung von Beobachtungen durch das Projekt NEOWISE im nahen Infrarot führte 2011 zu vorläufigen Werten für den Durchmesser und die Albedo im sichtbaren Bereich von 104,1 km bzw. 0,08.[2] Die Werte wurden später auf 105,0 km bzw. 0,08 korrigiert.[3] Eine Auswertung der von WISE/NEOWISE gemessenen thermischen Lichtkurven des Asteroiden im mittleren Infrarot ermöglichten in einer Untersuchung von 2021 eine Abschätzung des effektiven Durchmessers zu 103,8 km und der Albedo zu 0,06.[4]

Eine spektroskopische Untersuchung von 820 Asteroiden zwischen November 1996 und September 2001 am La-Silla-Observatorium in Chile ergab für (171) Ophelia eine taxonomische Klassifizierung als C- bzw. Cb-Typ.[5]

In einem Artikel von 1979 wurde beschrieben, dass die Lichtkurven einiger Asteroiden, wie (49) Pales und (171) Ophelia, auffällig den Lichtkurven von bedeckungsveränderlichen Sternen ähneln. Es wurde postuliert, dass (171) Ophelia möglicherweise aus zwei Körpern mit einem Radienverhältnis von 3:1 besteht, die sich in 13 h in einem Abstand vom 3,5-fachen Radius des größeren Körpers umkreisen.[6] Dies wurde theoretisch noch weiter ausgearbeitet zu einem Modell von zwei Körpern von etwa 80 bzw. 27 km Durchmesser, die sich in einem Abstand von etwa 100 km in 13,15 h umkreisen.[7] Photometrische Beobachtungen des Asteroiden wurden erneut vom 9. März bis 5. April 2006 am Leura Observatory in Australien durchgeführt. Aus den gemessenen Lichtkurven konnte aber eine Rotationsperiode von 6,667 h abgeleitet werden.[8]

Um die bisherigen Vermutungen über (171) Ophelia zu verifizieren, wurden in einer Untersuchung von 2015 insgesamt 40 Lichtkurven, die während der vergangenen 34 Jahre gemessen worden waren, analysiert und daraus für die Rotationsperiode ein wahrscheinlichster Wert von 6,665 h gewonnen. Anschließend wurden aus den photometrischen Daten ein Gestaltmodell und zwei mögliche Rotationsachsen abgeleitet. Die konvexe Form von (171) Ophelia weist demnach eine längliche Gestalt auf, wobei ein Ende deutlich schlanker ist als das andere (ähnlich wie bei (41) Daphne und (44) Nysa), und lässt daher auf eine binäre Struktur schließen. Dennoch konnten keine direkten Beweise für die Bestätigung einer Binarität gefunden werden.[9]

(171) Ophelia bildet mit dem Asteroiden (1581) Abanderada ein quasi-complanares Asteroidenpaar.[10] Sie besitzen sehr ähnliche Bahnelemente und bewegen sich nahezu in der gleichen Bahnebene, allerdings sind ihre Apsidenlinien etwas gegeneinander verdreht. (171) Ophelia besitzt eine geringfügig kürzere Umlaufzeit um die Sonne als (1581) Abanderada, so dass sie diese etwa alle 420 Jahre überholt. Für einen Zeitraum von etwa 25 Jahren führen die beiden Asteroiden dann als Quasisatelliten eine Pendelbewegung umeinander aus, allerdings ohne gravitativ aneinander gebunden zu sein, bevor sie sich wieder voneinander entfernen. In den 1000 Jahren um die derzeitige Epoche herum kommen sich die beiden Körper aber nur einmal näher als 1 Mio. km, nämlich am 23. Januar 2025 bis auf etwa 830.000 km bei einer geringen Relativgeschwindigkeit von 1,4 km/s.[11]

Siehe auch Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. E. F. Tedesco, P. V. Noah, M. Noah, S. D. Price: The Supplemental IRAS Minor Planet Survey. In: The Astronomical Journal. Band 123, Nr. 2, 2002, S. 1056–1085, doi:10.1086/338320 (PDF; 398 kB).
  2. J. R. Masiero, A. K. Mainzer, T. Grav, J. M. Bauer, R. M. Cutri, J. Dailey, P. R. M. Eisenhardt, R. S. McMillan, T. B. Spahr, M. F. Skrutskie, D. Tholen, R. G. Walker, E. L. Wright, E. DeBaun, D. Elsbury, T. Gautier IV, S. Gomillion, A. Wilkins: Main Belt Asteroids with WISE/NEOWISE. I. Preliminary Albedos and Diameters. In: The Astrophysical Journal. Band 741, Nr. 2, 2011, S. 1056–1085, doi:10.1088/0004-637X/741/2/68 (PDF; 73,0 MB).
  3. J. R. Masiero, T. Grav, A. K. Mainzer, C. R. Nugent, J. M. Bauer, R. Stevenson, S. Sonnett: Main Belt Asteroids with WISE/NEOWISE. Near-infrared Albedos. In: The Astrophysical Journal. Band 791, Nr. 2, 2014, S. 1–11, doi:10.1088/0004-637X/791/2/121 (PDF; 1,10 MB).
  4. H. Jiang, J. Ji: Thermophysical Modeling of 20 Themis Family Asteroids with WISE/NEOWISE Observations. In: The Astronomical Journal. Band 162, Nr. 2, 2021, S. 1056–1085, doi:10.3847/1538-3881/ac01c8 (PDF; 5,52 MB).
  5. D. Lazzaro, C. A. Angeli, J. M. Carvano, T. Mothé-Diniz, R. Duffard, M. Florczak: S3OS2: the visible spectroscopic survey of 820 asteroids. In: Icarus. Band 172, Nr. 1, 2004, S. 179–220, doi:10.1016/j.icarus.2004.06.006 (arXiv-Preprint: PDF; 3,49 MB).
  6. E. F. Tedesco: Binary Asteroids: Evidence for Their Existence from Lightcurves. In: Science. Band 203, Nr. 4383, 1979, S. 905–907, doi:10.1126/science.203.4383.905.
  7. M. P. Wijesinghe, E. F. Tedesco: A test of the plausibility of eclipsing binary asteroids. In: Icarus. Band 40, Nr. 3, 1979, S. 383–393, doi:10.1016/0019-1035(79)90031-9 (PDF; 612 kB).
  8. J. Oey: Lightcurves analysis of 10 asteroids from Leura Observatory. In: The Minor Planet Bulletin. Bulletin of the Minor Planets Section of the Association of Lunar and Planetary Observers, Band. 33, Nr. 4, 2006, S. 96–99, bibcode:2006MPBu...33...96O (PDF; 487 kB).
  9. X. Wang, K. Muinonen, Y. Wang, R. Behrend, R. Goncalves, J. Oey, P. Antonini, C. Demeautis, F. Manzini, J. Damerdji, J. Montier, A. Klotz, A. Leroy, G. Ganand: Photometric analysis for the spin and shape parameters of the C-type main-belt asteroids (171) Ophelia and (360) Carlova. In: Astronomy & Astrophysics. Band 581, A55, 2015, S. 1–5, doi:10.1051/0004-6361/201526523 (PDF; 829 kB).
  10. J. L. Simovljević: Duration of Quasi-complanar Asteroids Regular Proximities In: Bulletin de l’Académie serbe des Sciences et des Arts. Band 76, 1981, S. 33–37 (PDF; 1,99 MB).
  11. A. Vitagliano: SOLEX 12.1. Abgerufen am 9. Juli 2020 (englisch).