Umm al-Hiran

nicht anerkanntes Beduinen-Dorf

Umm al-Hiran (arabisch أم الحيران, DMG Umm al-Ḥīrān, hebräisch אום אל-ח'יראן) ist ein Beduinen-Dorf in der Wüste Negev im Süden Israels. Das 1956 gegründete Dorf befindet sich östlich des Dorfes Hura an der Landstraße 316[1] und zählt zu den im Jahr 2017 etwa 35 von Israel nicht anerkannten Beduinen-Dörfern.[2]

Umm al-Hiran (2017)

Geschichte Bearbeiten

Umm al-Hiran ist eines von zwei staatlich nicht anerkannten Dörfern, in denen derzeit der Stamm Abū l-Qīʿān[3] beheimatet ist. Der Unterstamm des Stammes Hkuk (Stammeskonföderation Tijaha) hält sich nachweislich seit Mitte der 1950er Jahre im Reservat Nordnegev auf.[4] Vor 1948 lebte der Stamm auf dem Gebiet des heutigen Kibbuz Schoval. Das Gebiet bei Hura wurde dem Stamm 1956 von der damaligen israelischen Militäradministration zugewiesen, wurde jedoch nie offiziell als Ortschaft anerkannt.

Ende 2010 erfolgte aus dem Büro des Premierministers eine unmittelbare Blockade auf die Entscheidung des National Planning and Building Councils, die Ortschaft Atir-Umm al-Hiran offiziell anzuerkennen.[5]

Abrisspläne Bearbeiten

Seit den frühen 2000ern gab es verschiedene Pläne, das Dorf zu räumen, um es staatlich neu zu bebauen sowie Versuche von Bewohnern und Organisationen, dies zu verhindern.[6] 2012 stimmte der Nationale Planungs- und Baurat Plänen für die Siedlung Hiran zu, in der laut staatlichen Vertretern auch die Beduinen siedeln könnten.[1] Im November 2013 genehmigte die israelische Regierung den Bebauungsplan,[7] worauf mehrere Familien des Dorfes mithilfe der Organisation Adalah eine Petition gegen die Abriss- und Evakuierungspläne für das Dorf verfassten. Der Hauptstreitpunkt zwischen den Dorfbewohnern und dem Staat bestand darin, ob die Zuweisung des Landes auf Dauer angelegt oder temporär war.[8] Die Petition wurde vom israelischen Obersten Gericht im Mai 2015 abgelehnt.[1] Aus Sicht des Gerichts ist der Staat Israel Eigentümer des vorübergehend verpachteten Landes und somit berechtigt, über die Bebauung zu bestimmen.[9] Richterin Daphne Barak Erez widersprach in Teilen Richter Eljakim Rubinstein, indem sie sich zumindest für eine großzügigere Entschädigung aussprach.

Im November 2016 wurden nach massiven Protesten erneut Abrisspläne der Israel Land Administration verschoben.[10]

Vorfälle vom 18. Januar 2017 Bearbeiten

Am 18. Januar 2017 wurden bei Abrissarbeiten im Dorf ein Bewohner sowie ein israelischer Polizist getötet.[11] Ebenfalls verletzt wurde der Knesset-Abgeordnete Ayman Odeh, einer von mehreren anwesenden Mitgliedern der Gemeinsamen Liste.[10] Sowohl die Polizei als auch der israelische Sicherheitsminister Gilad Erdan sprachen zunächst davon, dass es sich bei dem Dorfbewohner um einen vom sogenannten Islamischen Staat inspirierten Terroristen handeln würde, der die Polizei mit seinem Fahrzeug angegriffen hätte.[12] Der Obduktionsbericht, Augenzeugenberichte sowie Videoaufnahmen stellten diese These in Frage.

Ende Februar wurden im Sicherheitsministerium interne Ermittlungen eingeleitet. Im März 2017 entschuldigte sich der israelische Agrarminister Uri Ariel öffentlich für „schwere Fehler, die gemacht wurden“ im Zusammenhang mit dem Vorfall und räumte ein, dass es keinen Terroranschlag gegeben habe.[13]

Siehe auch Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Umm al-Hiran – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c Shirly Seidler: Supreme Court allows state to replace Bedouin village with Jewish one. In: Ha'aretz. 6. Mai 2015, abgerufen am 26. Juni 2017 (englisch).
  2. Bedouins in the State of Israel. In: Lexicon of Terms auf der Homepage der Knesset. 2010, abgerufen am 26. Juni 2017 (englisch).
  3. Je nach Transliteration u. a. auch Abu al Qi'an, Abu Alkiyan, Abu Alkian o. ä.
  4. Public Registration Office, Be'er Sheva, Zahlen vom 1. September 1960, zitiert nach Werner Richter: Das Nomadentum im Negev und auf der Sinaihalbinsel. Phasen und Probleme der Seßhaftwerdung mobiler Lebensformgruppen seit dem 19. Jahrhundert (= Enno Seele, Hans W. Windhorst [Hrsg.]: Vechtaer Arbeiten zur Geographie und Regionalwissenschaft. Band 1). Vechtaer Druckerei und Verlag GmbH, Vechta 1985, ISBN 3-88441-075-X, S. 55, Tabelle 5.
  5. Jack Khoury: PMO Blocks Recognition of Bedouin Villages. In: Haaretz. 17. November 2010, abgerufen am 26. Juni 2017 (englisch).
  6. Michal Rotem: Umm al-Ḥīrān – Die Geschichte eines Beduinendorfs in Israel. Rosa-Luxemburg-Stiftung Israel Office, 7. März 2017, abgerufen am 28. Juni 2017.
  7. Adiv Sterman: Bedouin to be evacuated to make way for Jewish town, in: Times of Israel vom 10. November 2013, abgerufen am 26. Dezember 2017 (englisch)
  8. Yonah Jeremy Bob: High Court rejects final appeal to stop demolition of Umm-al-Hiran Beduin village. In: The Jerusalem Post. 18. Januar 2017, abgerufen am 26. Juni 2017 (englisch).
  9. Ari Briggs: A Jewish Town Or an Arab Village? In: The Jerusalem Post. 25. Januar 2017, abgerufen am 26. Juni 2017 (englisch).
  10. a b Magda Albrecht: Zerstörung eines Beduinen-Dorfs in der Naqab/Negev-Wüste - eine Chronologie. Rosa-Luxemburg-Stiftung Israel Office, 23. Februar 2017, abgerufen am 29. Juni 2017.
  11. Israeli policeman and Bedouin killed during clashes over demolitions. In: BBC News. 18. Januar 2017, abgerufen am 26. Juni 2017 (englisch).
  12. Minister implies Bedouin village incident not a terror attack. In: The Times of Israel. 21. Februar 2017, abgerufen am 26. Juni 2017 (englisch).
  13. Minister apologizes to Bedouin over Umm al-Hiran incident. In: The Times of Israel. 6. März 2017, abgerufen am 26. Juni 2017 (englisch).