Triptychon

dreigeteiltes Gemälde oder dreigeteilte Relieftafel

Ein Triptychon (Plural: Triptychen, Triptycha; von altgriechisch τρίπτυχος tríptychos „in drei Teile gefaltet, aus drei Lagen bestehend“)[1] ist ein dreigeteiltes Gemälde oder eine dreiteilige Relieftafel, die oft mit Scharnieren zum Aufklappen verbunden sind und sich insbesondere als Andachts- oder Altarbild finden. Triptychen bestehen aus einer Mitteltafel und zwei meist schmaleren Flügeln, manchmal ergänzt durch einen Sockel (Predella) unter dem Mittelteil. Ein Triptychon mit christlichen Motiven und mit beweglichen Seitenteilen zum Verschließen des Mittelteils ist eine mögliche Form eines Flügelaltars.

Harbaville-Triptychon, byzantinisches Elfenbeintriptychon, 10. Jh.
Duccio: Kleines Triptychon Madonna zwischen den Hl. Dominikus und Aurea, ca. 1315
Dresdner Triptychon (Marienaltar), Jan van Eyck, um 1437
Das Jüngste Gericht, Hans Memling, um 1470

In Italien begann sich die Form des Triptychons im 15. Jahrhundert nach und nach aufzulösen, u. a. zugunsten der sogenannten Sacra Conversazione auf einer einzigen Bildtafel, wie schon in Fra Angelicos Annalena-Altar (kurz nach 1434)[2]. Andere Altäre zeigen zwar in der Unterteilung durch Bögen und bekrönende Giebel noch die Form eines Triptychons, sind jedoch als eine große Szene gestaltet, wie Lorenzo Monacos Marienkrönung (1414) und Anbetung der Könige (ca. 1421) in den Uffizien.

Größe und Verwendungszweck Bearbeiten

Die Größe eines Triptychons hängt stark von seiner Verwendung ab. Diese reicht von sehr kleinen Triptychen für die Mitnahme auf Reisen, beispielsweise dem Dresdner Marienaltar von Jan van Eyck oder dem Pähler Altar, über mittelformatige Tafeln wie dem Johannesaltar eines Rogier van der Weyden, die sich dann in kleinen Kapellen oder privaten Andachtsräumen befinden, bis hin zu großen Altären, die prominent in der Apsis einer Kirche stehen, z. B. der Marienaltar von Conrad von Soest.

Bei den als Altären verwendeten Triptychen gibt es Unterschiede. In Italien waren sie oft nicht zum Aufklappen, beispielsweise das sogenannte Frari Triptychon von Giovanni Bellini. Allerdings wurden viele italienische Triptychen später auseinandergenommen und sind nicht mehr im Originalzustand erhalten. Manche Altäre waren sowohl vorne als auch hinten bemalt, wobei die hintere Seite in einer Klosterkirche meist nur vom Mönchschor aus zu sehen war. Ein bedeutendes Beispiel ist das sogenannte Stefaneschi-Triptychon von Giotto.

Daneben findet man besonders in Nordeuropa Altäre zum Aufklappen, bei denen man eine Alltagsseite (geschlossener Zustand) und eine Feiertagsseite (geöffnet) unterscheiden kann. Die Außenseiten sind meist schlicht gehalten, oftmals mit einer sehr reduzierten Farbpalette bis hin zu reinem Grisaille. Im Gegensatz dazu stehen die aufwendigen, farbenprächtigen, in der Gotik auch mit Goldgrund gemalten Innenseiten. Bei den Reisetriptychen haben die Außenseiten eine Schutzfunktion und sind deshalb auch einfacher gehalten.

Inhalte und Motive Bearbeiten

Die Dreiteilung erlaubt eine Betonung von bestimmten Figuren oder Handlungen auf der Mitteltafel – in der christlichen Malerei beispielsweise Szenen mit Jesus oder einer Madonna. Auf den Flügeln sind dann Nebenfiguren wie die Stifter oder andere mehr lokal wichtige Heilige oder Geistliche abgebildet. Weiterhin kann auch die zentral dargestellte Handlung mit vorausgehenden und nachfolgenden Szenen verknüpft und begleitet werden. Die Leserichtung des Triptychons ist dabei meistens von links nach rechts. Auch lassen sich weit auseinander liegende Geschehnisse miteinander verbinden: Das Triptychon Der Heuwagen von Hieronymus Bosch spannt den Bogen vom Paradies über die Welt bis zur Hölle. Beim Jüngsten Gericht von Hans Memling werden die Erlösten auf der linken Tafel und die Verdammten auf der rechten gezeigt.

Moderne Triptychen Bearbeiten

 
Aino-Triptychon (Akseli Gallen-Kallela 1891)
links: Erste Begegnung des greisen Väinämöinen mit der jungen Aino; rechts: Aino nach dessen Werbung verzweifelt am Ufer; mitte: Sie entspringt ihm auf immer
 
Großer Zoologischer Garten (August Macke 1913)

Das Triptychon findet sich auch in der Kunst des späten 19. und 20. Jahrhunderts – so das Aino-Triptychon des finnischen „Brücke“-Künstlers Akseli Gallen-Kallela – sowie in der Gegenwart. Auf deutschsprachiger Seite sind hier insbesondere Otto Dix, Max Beckmann und Oskar Kokoschka zu nennen. Dabei sind die Themen nicht mehr auf das Religiöse fixiert: Bei Dix ist es der Erste Weltkrieg und seine Folgen; bei Beckmann und Kokoschka werden mythologische Geschichten und auch künstlerische Zitate von Alten Meistern neu zusammengesetzt. Auch Guernica von Pablo Picasso und Barnett Newmans Serie Who’s Afraid of Red, Yellow and Blue können als Triptychen und eine Auseinandersetzung mit ihnen angesehen werden. Ein weiterer Künstler, der Bilder als Triptychen anordnete, war der englische Maler Francis Bacon (1909–1992).

Auch heute entstehen Triptychen mit religiöser Thematik, bisweilen auch ungegenständliche Gemälde wie Gary Stephans Trinität aus dem Jahr 1984.

Ausgewählte Triptychen Bearbeiten

 
Lorenzo Monaco: Marienkrönung, 1414
 
Trittico dei Frari von Giovanni Bellini, 1488
 
Lorenzo Lotto: Sogenanntes Polyptychon von Recanati von Lorenzo Lotto, 1506–1508 (urspr. in der Kirche San Domenico) Pinacoteca Civica, Recanati
 
Tizian: Averoldi Altar, 1522

Italien Bearbeiten

  • Kreuzigungstriptychon von Duccio, ca. 1305, Museum of Fine Arts, Boston
  • Kreuzigungstriptychon von Duccio, ca. 1302–08, Royal Collection
  • Madonna mit Kind und den Hl. Dominikus und Aurea von Duccio, ca. 1315, National Gallery, London
  • Altarretabel von Cambridge (Erzengel Michael und Heilige) von Simone Martini, ca. 1320, Fitzwilliam Museum, Cambridge
  • Stefaneschi-Triptychon von Giotto, ca. 1330, Vatikanische Museen, Rom
  • Triptychon des Hl. Proklos von Ambrogio Lorenzetti, 1332, Uffizien, Florenz
  • Triptychon des Hl. Michael von Ambrogio Lorenzetti, Palazzo Corboli Museum, Asciano
  • Triptychon[3] von Taddeo Gaddi, 1333, Gemäldegalerie, Berlin
  • Kreuzigungstriptychon von Spinello Aretino, 1395, Museu Nazionale di Villa Guinigi, Lucca
  • Triptychon Madonna und Kind mit musizierenden Engeln und Heiligen von Taddeo di Bartolo, etwa 1395–97, Getty Center, Los Angeles
  • Triptychon Madonna mit musizierenden Engeln und Heiligen von Taddeo di Bartolo, um 1400, Oratorio di S. Caterina, Hospital Santa Maria della Scala, Siena
  • Marienkrönung von Spinello Aretino, 1401, Accademia, Florenz
  • Verkündigungstriptychon von Lorenzo Monaco, 1410–15, Accademia, Venedig
  • Marienkrönung von Lorenzo Monaco, 1414, Uffizien, Florenz
  • Triptychon des Jüngsten Gerichts von Fra Angelico, ca. 1429, Gemäldegalerie, Berlin
  • Madonna mit Kind, Engeln und Heiligen[4] von Fra Angelico, 1437, Galleria Nazionale, Perugia
  • Linaiuoli-Tabernakel von Fra Angelico, 1433, Museo di San Marco, Florenz
  • Marienkrönung („Marsuppini-Altar“) von Filippo Lippi, 1441–45, Vatikanische Museen, Rom
  • Pala di San Zeno von Andrea Mantegna, 1460, San Zeno Maggiore, Verona
  • Uffizien-Triptychon (Anbetung der Könige u. a.) von Andrea Mantegna, 1460er Jahre, Uffizien, Florenz
  • Triptychon der Madonna von Jacopo Bellini, 1464–70, Accademia, Venedig
  • Triptychon der Kirchenlehrer von Antonello da Messina, ca. 1470 (diverse Museen)[5]
  • Triptychon von San Giorgio[6] von Carlo Crivelli, 1470 (diverse Museen)
  • Altar des Hl. Vinzenz Ferrer von Giovanni Bellini, ca. 1475, Santi Giovanni e Paolo, Venedig
  • Triptychon von Camerino[7] von Carlo Crivelli, 1482, Pinacoteca di Brera, Mailand
  • Frari Triptychon von Giovanni Bellini, 1488, Santa Maria Gloriosa dei Frari, Venedig
  • Triptychon Johannes d. Täufers von Cima da Conegliano, 1504–07, San Giovanni Battista, San Fior
  • Pala Priuli von Giovanni Bellini, ca. 1505, Kunstpalast, Düsseldorf
  • Sogenanntes Polyptychon von Recanati von Lorenzo Lotto, 1506–1508 (urspr. in der Kirche San Domenico) Pinacoteca Civica, Recanati
  • Averoldi Altar von Tizian, 1522, Santi Nazaro e Celso, Brescia
  • Sogenanntes Polyptychon von Ponteranica von Lorenzo Lotto, ca. 1525, Santi Vincenzo e Alessandro, Ponteranica
  • Triptychon mit Beweinung Christi von Annibale Carracci, 1604, Galleria Nazionale d’Arte Antica, Rom

Niederländische und deutsche Kunst Bearbeiten

Moderne Bearbeiten

Oper Bearbeiten

Auch die Oper kennt Triptychen. Zumindest zwei Beispiele sind allgemein bekannt:

Siehe auch Bearbeiten

  • Diptychon (zweigeteiltes Bild oder Relief)
  • Polyptychon (mehrfachgeteiltes Bild oder Relief)
  • Wachstafel (rechteckige Schreibtafel aus Holz, ein- oder beidseitig mit Wachs beschichtet)
  • Antike Kodizes (Stapel beschrifteter oder zur Beschriftung vorgesehener Holz- oder Wachstafeln)

Literatur Bearbeiten

  • Marion Ackermann (Hrsg.): Drei. Das Triptychon in der Moderne. Kunstmuseum Stuttgart & Cantz, Ostfildern 2009, ISBN 978-3-7757-2327-5.
  • Reinhard Brandt (Hrsg.): Meisterwerke der Malerei. Von Rogier van der Weyden bis Andy Warhol. Reclam, Leipzig 2001, ISBN 3-379-20013-1.
  • Klaus Gallwitz (Hrsg.): Max Beckmann. Die Triptychen im Städel. Städtische Galerie im Städelschen Kunstinstitut, Frankfurt 1981.
  • David Ganz und Marius Rimmele (Hrsg.): Klappeffekte. Faltbare Bildträger in der Vormoderne (= Bild+Bild Band 4). Reimer, Berlin 2016, ISBN 978-3-496-01554-3.
  • Friedhelm Mennekes: Triptychon. Moderne Altarbilder in St. Peter Köln. Insel, Frankfurt/Leipzig 1995, ISBN 3-458-16746-3.
  • Antje Maria Neuner: Das Triptychon in der frühen altniederländischen Malerei. Bildsprache und Aussagekraft einer Kompositionsform. Lang, Frankfurt 1995, ISBN 3-631-49122-0.
  • Caterina Limentani Virdis, Mari Pietrogiovanna: Flügelaltäre. Bemalte Polyptychen der Gotik und Renaissance. Hirmer, München 2002, ISBN 3-7774-9520-4.

Weblinks Bearbeiten

Wiktionary: Triptychon – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Triptychen – Bilder und Mediendateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Wilhelm Gemoll: Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch. G. Freytag Verlag/Hölder-Pichler-Tempsky, München/Wien 1965.
  2. Der Altar aus dem ehemaligen Kloster San Vincenzo d'Annalena gilt als erste bekannte rechteckige Altartafel der Renaissance. Heute befindet er sich im Museo di San Marco, Florenz. Gabriele Bartz: Fra Angelico, Könemann, Köln 1998, S. 34 und 37–38
  3. Hauptbild: Madonna mit Kind und Stiftern, links: Geburt Jesu, rechts: Kreuzigung
  4. auch: Triptychon von Perugia
  5. Hauptbild ist die Madonna mit Kind in den Uffizien (Florenz), andere Bilder von Kirchenlehrern befinden sich heute über mehrere Museen verstreut.
  6. Auch bekannt als Polyptychon von San Giorgio, Es befand sich ursprünglich bis 1803 in der Kirche San Giorgio in Porto San Giorgio. Hauptbild ist die sogenannte Madonna Cook, die sich heute (2020) in der National Gallery of Art, Washington, befindet.
  7. Ursprünglich in der Kirche San Domenico in Camerino.