Tolidin, genauer ortho-Tolidin, ist ein giftiger und krebserzeugender Stoff, der zur Gruppe der aromatischen Amine und zu den Biphenylderivaten gehört.

Strukturformel
Strukturformel von Tolidin
Allgemeines
Name ortho-Tolidin
Andere Namen
  • o-Tolidin
  • 3,3′-Dimethylbenzidin (GDL-Hauptname)
  • Dimethylbenzidin
  • 4,4′-Diamino-3,3′-dimethyldiphenyl
  • Diaminoditolyl
  • 3,3′-Dimethylbiphenyl-4,4′-diamin
  • 4,4′-Di-o-toluidin
  • p,p′-Diamino-m,m′-dimethyldiphenyl
  • 4,4′-Bi-o-toluidin (deutscher EINECS-Name)
Summenformel C14H16N2
Kurzbeschreibung

farbloser bis rötlicher Feststoff[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer 204-358-0
ECHA-InfoCard 100.003.962
PubChem 8413
ChemSpider 8106
Wikidata Q413500
Eigenschaften
Molare Masse 212,29 g·mol−1
Aggregatzustand

fest, kristallin

Dichte

1,23 g·cm−3[2]

Schmelzpunkt

129 °C[2]

Siedepunkt

300,5 °C[2]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[3] ggf. erweitert[2]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 302​‐​350​‐​411
P: 201​‐​280​‐​301+312+330​‐​308+313[2]
MAK

Schweiz: 0,003 ml·m−3 bzw. 0,03 mg·m−3[4]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Eigenschaften

Bearbeiten

Tolidin bildet mit Säuren Salze, zum Beispiel ist das Dihydrochlorid im Handel erhältlich.

Darstellung

Bearbeiten

Tolidin kann analog zu Benzidin aus ortho-Hydrazotoluol durch eine Benzidin-Umlagerung hergestellt werden.[5]

Verwendung

Bearbeiten

o-Tolidin ist eine der wichtigsten Diphenylbasen und wird größtenteils zur Farbstoffherstellung sowie auch zur Herstellung von bestimmten Elastomeren eingesetzt.

o-Tolidin dient in erster Linie als Zwischenprodukt für die Herstellung von löslichen Bisdiazofarbstoffen und unlöslichen Pigmenten, die insbesondere in der Textil-, Leder- und Papierindustrie Verwendung finden. Die Substanz darf nach reduktiver Spaltung von Azogruppen nicht von Textilien oder Ledererzeugnissen, die längere Zeit mit der menschlichen Haut direkt in Berührung kommen, freigesetzt werden.[6]

o-Tolidin hat ferner ausgedehnte Anwendung als Reagens und Indikator in der analytischen, klinischen und forensischen Chemie gefunden.

Sicherheitshinweise

Bearbeiten

Tolidin zersetzt sich bei hohen Temperaturen und bildet dabei gefährliche Gase oder Dämpfe (Stickstoffoxide). Bei Kontakt mit Oxidationsmitteln besteht die Gefahr einer stark exothermen Reaktion (Hitzeentwicklung).

Beim Umgang mit Tolidin ist auf größte Sauberkeit am Arbeitsplatz achten. Es dürfen an Arbeitsplätzen nur die Substanzmengen vorhanden sein, die für den Fortgang der Arbeiten erforderlich sind. Gefäße sind dabei nicht offen stehen zu lassen. Für das Ab- und Umfüllen sind staubdicht schließende Anlagen mit Abluftfilter und Fülltrichter mit Absaugung einzusetzen. Für das Abfüllen der Lösung sind dichtschließende Anlagen aus beständigen Werkstoffen mit Absaugung einzusetzen.

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. a b Eintrag zu 3,3′-Dimethylbenzidin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 28. Dezember 2014.
  2. a b c d e f Eintrag zu 3,3'-Dimethylbenzidin Vorlage:Linktext-Check/Apostroph in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 8. Januar 2021. (JavaScript erforderlich)
  3. Eintrag zu 4,4′-bi-o-toluidine im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 1. Februar 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  4. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva): Grenzwerte – Aktuelle MAK- und BAT-Werte (Suche nach 119-93-7 bzw. Tolidin), abgerufen am 2. November 2015.
  5. Carl R. Noller: Lehrbuch der organischen Chemie. Springer Verlag, 1960, S. 610.
  6. Anlage 1 der Bedarfsgegenständeverordnung