Stocznia Wisła

Werft in Danzig, Polen

Koordinaten: 54° 21′ 13,8″ N, 18° 46′ 50,8″ O

Stocznia Wisła
Rechtsform Spółka z ograniczoną odpowiedzialnością (Sp. z o.o.)
Gründung 14. Juni 1945
Sitz Danzig, Polen
Leitung Jerzy Pawlak (1994–2016)
Krzystof Pawlak (seit 2016)
Mitarbeiterzahl 200
Branche Schiffbau
Website www.stoczniawisla.pl
Die Werft Stocznia Wisła in Danzig

Die Stocznia Wisła (deutsch Weichselwerft) ist eine polnische Werft im Danziger Stadtteil Krakowiec-Górki Zachodnie. Sie ist auf den Bau von Schiffen kleiner und mittlerer Tonnage spezialisiert und liefert einzelne Schiffs-Komponenten an westeuropäische Werften.

Geschichte

Bearbeiten

Vorgeschichte

Bearbeiten

Die Ursprünge der Werft reichen bis 1887 zurück, als die Danziger Maschinenbauinspektion für ihre Fluss-Eisbrecher einen Betriebshof suchte und im Westen Danzigs ein geeignetes Gelände fand. Es liegt am rechten Ufer der Toten Weichsel, in der Nähe der Gabelung mit Wisła Śmiała, etwa eine Seemeile von der Mündung von Wisła Śmiała bis zur Danziger Bucht. Ab 1888 entstand ein Winterhafen für Eisbrecher, Schlepper und andere Schiffe und zugleich Reparaturwerkstätten für Schiffe von bis zu 300 Tonnen. Diese wurde nach dem Ersten Weltkrieg der Freien Stadt Danzig übertragen, die dort 200 festangestellte und 50 saisonale Mitarbeiter beschäftigte. Kurz vor Kriegsende 1945 wurde die Werft zerstört.[1]

Von der Reparaturwerft zur Neubauwerft

Bearbeiten
 
Minenräumboot vom Typ D-151/TR-40

Nach dem Zweiten Weltkrieg begann der Wiederaufbau der Werft ab 14. Juni 1945 als „Werft Nummer 11“ unter Leitung der „Vereinigung der polnischen Werften“. Von 1946 bis 1950 wurde sie als „Państwowe Warsztaty i Stocznia“ (Staatliche Werkstätten und Werft) geführt, 1950 wurde sie verstaatlicht und bekannt als „Stocznia Rzeczna w Pleniewie“ („Flusswerft Pleniewo“), die weiterhin nur Reparaturarbeiten durchführte. 1954 begann sie mit der Produktion der ersten Neubauten. Aufgrund seiner Lage beschränkte sich die Neubaukapazität auf Schiffe bis 300 Tonnen, 40 Meter Länge und 2,35 Meter Tiefgang. Erst ab dem 1. Januar 1967 nahm die Werft den heutigen Namen Stocznia Wisła an.[2]

 
Seenotrettungskreuzer Sztorm II vom Typ R-27

Von 1954 bis 1960 stellte die Werft über 60 Minensuchboote des sowjetischen Typs D-151 – in Polen als Typ TR-41 bezeichnet – her, von denen die meisten in die Sowjetunion exportiert wurden und sieben an die polnische Marine gingen. 1958 folgten Flusspassagierschiffe des Typs SP-150, anschließend von Küstenpassagierschiffen wie Maryla, Grażyna und Jadwiga für die Żegluga Gdanska (Danziger Reederei). Das größte Passagierschiff war die 1967 gebaute Halka des Typs SP-1000. Insgesamt wurden zwischen 1960 und 1970 für polnische und ausländische Kunden 55 Passagierschiffe gebaut. Dazu kamen Trawler für den Export nach Libyen und die Sowjetunion.

Nach 1970 begann die Werft mit dem Bau von Küstenmotorschiffen des Typs B 457, kleinen Produktentankern des Typs ZB-1300 „Muran“, dem einzelnen Tragflächenboot Zryw, Lotsenbooten, Rettungskreuzern der Typen R-12, R-17 und R-27 (die Typennummer steht für die Länge des Bootes) für die Seenotrettung Polens und der DDR und weiterhin Fischereifahrzeuge. Ab den 1980er Jahren stellte die Werft wieder Küstenpassagierschiffe her, erstmals auch Katamarane für die Żegluga Gdanska und den Export in die Sowjetunion. Immer wieder stellte sie Schiffe für die polnische und sowjetische Marine her.[3][4][2]

Privatisierung und Neugründung 1994

Bearbeiten
 
Katamaran-Passagierschiffe vom Typ KP-2: Rubin und Opal 2008 in Danzig

Nach dem demokratischen Umbruch in Osteuropa wurde die Werft 1992 in eine GmbH umgewandelt: Nach der Privatisierung nahm diese in Form einer Arbeitnehmergesellschaft 1994 als „neue“ Wisla-Werft den Betrieb auf, was das Unternehmen als Gründungsdatum betrachtet. Seitdem hat die Werft ihre Anlagen modernisiert, eine Arbeitsfläche für größere Einheiten von bis zu 90 Metern sowie einen Portalkran mit 45 Tonnen Tragfähigkeit gebaut, das Hafenbecken vertieft und ihre Angebotspalette um Zulieferungen für andere Werften erweitert. Das umfasst Rümpfe, Rumpfsektionen, Aufbauten, RoRo-Schiffsrampen und andere Ausrüstungskomponenten, die auf dem werfteigenen Ponton zu den Kunden geschleppt werden.

Daneben produziert sie weiterhin Fischereifahrzeuge, Forschungsschiffe und 1997 erstmals ein Schwimmdock von 3000 Tonnen für die Nigerdock-Werft in Lagos/Nigeria. 2003 lieferte die Werft Rumpfmodule für den französischen Hubschrauberträger Mistral der gleichnamigen Mistral-Klasse an die Werft DVN in Brest. Hauptabnehmer der Zulieferungen sind nach Angaben der Werft insbesondere Sietas-Werft in Hamburg, die Werft Chantiers de l’Atlantique in Frankreich, die Werft Meyer Turku in Finnland, VT Halmatic in Großbritannien, Nordseewerke in Emden und die Meyer Werft in Papenburg. Die Wisla-Werft beschäftigt 200 Mitarbeiter.[4][5]

Bauliste (Auswahl)

Bearbeiten

Die Bauliste enthält eine Auswahl von Schiffsneubauten und Zulieferungen der Werft Stocznia Wisła.

Bau-Nr. Ablieferung IMO-Nr. Schiffsname Schiffstyp Vermessung Auftraggeber Anmerkungen
1955 TR-41 Minenräumboot 49 t Polnische Marine Beispiel für Minenräumboot vom Typ D-151, in Polen als Typ TR-41 bezeichnet, ab 1954 über 60 Boote in Lizenz v. a. für den Export gebaut.[6]
B457/01 1971 7110426 Hajnówka Küstenmotorschiff 809 BRT Żegluga Polska Morska Kümo-Typ Stocznia Wisła B 457.[7]
B457/02 1972 7212157 Ruciane Küstenmotorschiff 807 BRT Żegluga Polska Morska Kümo-Typ Stocznia Wisła B 457.[7]
B457/03 1973 7303451 Barlinek Küstenmotorschiff 807 BRT Żegluga Polska Morska Kümo-Typ Stocznia Wisła B 457.[7]
1973 KP-141 Küstenwachschiff 50 t Polnische Küstenwache 10 Exemplare des Typs KP-141 (KP-141 bis KP-152) von 1973 bis 1975 für poln. Grenzschutz gebaut. Bis 2013 alle ausgemustert.[8]
1972–75 Typ R-17 Rettungskreuzer 55,5 BRT Polskie Ratownictwo Okrętowe (Polnischer Seenotrettungsdienst)
Seenotrettungsdienst der DDR
8 Seenotrettungskreuzer vom Typ R-17
1975 Cyklon Rettungskreuzer 201 BRT Polskie Ratownictwo Okrętowe (Polish Ship Salvage) Rettungskreuzer und Schlepper vom Typ R-27[9]
1975 Huragan Rettungskreuzer 201 BRT Polskie Ratownictwo Okrętowe (Polish Ship Salvage) Rettungskreuzer und Schlepper vom Typ R-27[9]
1975 7504926 Sztorm II Rettungskreuzer 201 BRT Polskie Ratownictwo Okrętowe (Polish Ship Salvage) Rettungskreuzer und Schlepper vom Typ R-27[9]
1975 7435905 Tajfun Rettungskreuzer 201 BRT Polskie Ratownictwo Okrętowe (Polish Ship Salvage) Rettungskreuzer und Schlepper vom Typ R-27[9]
1975 Tornado Rettungskreuzer 201 BRT Polskie Ratownictwo Okrętowe (Polish Ship Salvage) Rettungskreuzer und Schlepper vom Typ R-27[9]
ZB1300-01 1976 7731737 Muran Produktentanker 988 BRT Gdanskie-Przedsiebiorstwo Obrotu Produktemi Naftowymi (CPN) Typ ZB-1300 „Muran“-Klasse.[10][11]
ZB1300-02 1977 7704057 Palica Produktentanker 988 BRT Gdanskie-Przedsiebiorstwo Obrotu Produktemi Naftowymi (CPN) Typ ZB 1300 „Muran“-Klasse.[10]
1104 1977 ENI 05501430 CO 1104 Spaltklappschute 533 BRT (unbekannt) Binnenschiff[12]
ZB1300-03 1978 7720386 Lubomir Produktentanker 988 BRT Gdanskie-Przedsiebiorstwo Obrotu Produktemi Naftowymi (CPN) Typ ZB 1300 „Muran“-Klasse.[10]
ZB1300-04 1979 7826350 Mahn Produktentanker 988 BRT Myanma Petrochemical, Myanmar (Burma) Typ ZB 1300 „Muran“-Klasse.[10]
ZB1300-05 1980 7922544 Pyi Produktentanker 988 BRT Myanma Petrochemical, Myanmar (Burma) Typ ZB 1300 „Muran“-Klasse.[10]
KP-2/9 1988 8805949 Agat Passagierschiff 674 BRT Żegluga Gdańska Katamaran-Passagierschiff Typ KP-2: ab 1980 Bau von zehn Schiffen für Żegluga Gdańska und den Export in Sowjetunion.[13]
ZB1300/06 1981 8026440 Romanka Produktentanker 988 BRT Gdanskie-Przedsiebiorstwo Obrotu Produktemi Naftowymi (CPN) Typ ZB 1300 „Muran“-Klasse.[10][14]
KP-2/3 1982 7911284 Sapfir Passagierschiff 656 BRT Żegluga Gdańska Katamaran-Passagierschiff Typ KP-2;
1991 8818051 Kaper I (SG-311) Küstenwachschiff 470 t Polnische Küstenwache Küstenwach- und Fischereischutzboot Typ SKS-40, 2019 in Dienst.[15]
1994 8818063 Kaper II (SG-312) Küstenwachschiff 470 t Polnische Küstenwache Küstenwach- und Fischereischutzboot Typ SKS-40, 2019 in Dienst.[15]
2005 9319894 Spirit of Portsmouth Fährschiff 377 BRZ Gosport Ferry, Portsmouth Zulieferung Rohbau zur Endausrüstung an VT Halmatic für die britische Reederei Gosport Ferry Ltd.; Einsatz zwischen Portsmouth und Gosport.[16][17]
2007 Ponton SW 6118 Transport-Ponton 1269 BRZ Stocznia Wisła für Eigenbedarf zur Auslieferung von Schiffskomponenten an Kunden gebaut.[18]
2014 Nh 1816 Rettungsboot Damen SAR 1906 33,6 Damen Shipyards Gorinchem Zulieferung Kasko an Damen Shipyards für Koninklijke Nederlandse Redding Maatschappij[19]
2014 9677076 Rumpfsektionen Norwegian Escape Passagierschiff 165.157 BRZ Meyer Werft Zulieferung Rumpfsektionen Bugstrahlruder und Teil des Bug-Elements an Meyer Werft in Papenburg[20]
2018 9818412 Nordhavet Trawler 499 BRZ Larsnes Mekaniske Verksted AS Zulieferung Kasko an Werft Larsnes Mekaniske Verksted AS in Larsnes/Norwegen[21]

Literatur

Bearbeiten
  • Jan Piwowoński: Flota spod biało-czerwonej [Flotte unter Weiß-Rot], [Verlag] Nasza Księgarnia, Warschau 1989, ISBN 83-10-08902-3.
  • Bruno Bock, Klaus Bock: Die Roten Handelsflotten. Die Handelsschiffe der COMECON-Länder, Koehlers Verlagsgesellschaft, Herford 1977, ISBN 3-7822-0143-4.
  • Ambrose Greenway: Comecon merchant ships, Kenneth Mason, Emsworth/Hampshire 4. Aufl. 1989, ISBN 0-85937-349-5.
Bearbeiten

Fußnoten

Bearbeiten
  1. Stocznia Danzig-Königliche Maschinenbauinspektion in der Danziger Enzyklopädie „Gedanopedia“ (polnisch)
  2. a b Bauliste der Werft v. a. mit Marineschiffen bei fleetphoto.ru (russisch)
  3. Piwowonski, S. 199, S. 201, S. 338
  4. a b Stocznia Wisła in der Danziger Enzyklopädie „Gedanopedia“ (polnisch)
  5. Website der Reederei Stocznia Wisła
  6. TR-41 river minesweeper bei navypedia.org
  7. a b c Piwowonski, S. 164
  8. Küstenwachschiffe Typ KP-141 bei navypedia.org
  9. a b c d e Bock, S. 105
  10. a b c d e f Greenway, S. 137
  11. Thomas Kunadt: Die Schiffe in Hamburg und auf der Elbe, Murmann, Hamburg 2006, ISBN 3-938017-58-9, S. 25.
  12. HH 201 bei ships-and-funnels.de
  13. M/S Agat bei Facta Nautica
  14. Foto der Romanka bei nok-schiffsbilder.de
  15. a b Weyers Flottentaschenbuch 1994/96, Bernhard & Graefe Verlag, Bonn 1994, ISBN 3-7637-4507-6, S. 202
  16. Foto und techn. Angaben zur Spirit of Porthmouth bei flickr.com
  17. Website der Reederei Gosport Ferry
  18. Website der Wisła-Werft
  19. NH 1816 klasse bei knrm.nl
  20. Christoph Assies: „Bug-Sektionen für „Norwegian Escape“: Dockschiff bringt Teile für Ozeanriesen nach Papenburg“, in: Osnabrücker Zeitung vom 29. Januar 2015 (Online-Version)
  21. Stocznie Safe i Wisła wyprodukują kadłuby statków rybackich dla Norwegów (Safe und Wisła werden Rümpfe für Fischereifahrzeuge für Norwegen produzieren) bei gospodarkamorska.pl