Sascha Schwabacher

deutsche Kunsthistorikerin

Sascha Schwabacher (* 29. Juli 1875 in Frankfurt am Main; † 5. Mai 1943 im KZ Theresienstadt) war eine deutsche Kunsthistorikerin und Journalistin.[1][2]

Biographie

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Sascha Schwabacher wurde am 29. Juli 1875 mit dem offiziellen Namen Sara Schwabacher als älteste Tochter des Fabrikanten Michael Schwabacher (1848 – 1916) und seiner Ehefrau Fanny Sichel (1852 – 1907) in eine jüdische Familie geboren. Sie hatte drei Schwestern und zwei jüngere Brüder. Zunächst besuchte sie ein höheres Töchterpensionat in Frankfurt am Main und später ein Gymnasium in Zürich, wo sie 1903 die Reifeprüfung ablegte. Anschließend begann sie an der Universität Zürich das Studium der Philosophie, das sie später an Universitäten in Berlin, München und Heidelberg durch das Studium der Kunstgeschichte ergänzte. Promoviert wurde sie 1911 in Heidelberg als Doktor der Philosophie mit der Dissertation Die Stickereien nach Entwürfen des Antonio Pollaiuolo in der Opera di Santa Maria del Fiore zu Florenz.[2]

Gemessen an der Zahl ihrer Veröffentlichungen, war Sascha Schwabacher wohl eine der bekanntesten Kunsthistorikerinnen der Weimarer Republik. Sie schrieb für die bekanntesten Kunstzeitschriften der damaligen Zeit. Journalistisch tätig war sie z. B. für die folgenden Publikationen: Monatshefte für Kunstwissenschaft, Die Kunst für Alle, Innendekoration: mein Heim, mein Stolz, die Internationale Sammlerzeitung, Deutsche Kunst und Dekoration, Der Kunstwanderer von Adolph Donath und den Cicerone. Sie rezensierte zahlreiche Veröffentlichungen, die sich mit Kunst und Kultur beschäftigten und schrieb selbst viele Beiträge zu diesen Themen. Ende der 1920er Jahre lebte sie in Frankfurt in der Mendelssohnstraße 55. Laut Elazar Benyoëtz, dem Gründer der Bibliographia Judaica, war sie befreundet mit dem deutschen Schriftsteller und Dichter Emanuel von Bodman.[2] Ebenfalls befreundet war sie mit dem Leiter des Städel Museums Georg Swarzenski, der auch Autor bei der Frankfurter Zeitung war. In den schweren Zeiten der 1920er Jahre unterstützte und förderte sie notleidende Künstlerinnen und Künstler.[3]

In den 1930er Jahren schrieb Sascha Schwabacher auch regelmäßig im Gemeindeblatt für die Israelitische Gemeinde Frankfurt. So auch über die Malerin Sophie Blum-Lazarus, mit der sie ebenfalls befreundet war.[4] Ihre Tätigkeit für das Gemeindeblatt hat dazu geführt, dass die in der Zwischenzeit in Vergessenheit geratene Kunsthistorikerin im Jahre 2022 wiederentdeckt wurde. In der Ausgabe Nr. 9 vom Mai 1935 schrieb sie über einen Atelierbesuch bei vier Frankfurter Malerinnen, die in der Nachkriegszeit ebenfalls aus dem Blickfeld geraten sind. Dabei handelte es sich um die jüdischen Künstlerinnen Rosy Lilienfeld, Amalie Seckbach, Erna Pinner und Ruth Cahn. Ihre Wiederentdeckung über den Artikel von Sascha Schwabacher war im November 2022 Thema einer Ausstellung im Jüdischen Museum in Frankfurt.[5]

Sascha Schwabacher beschrieb die Persönlichkeit der vier Künstlerinnen zu einer Zeit, als diese und auch sie selbst aufgrund der Repressionen des NS-Staates gegen die jüdischen Mitbürger nur noch begrenzte Arbeits- und Ausstellungs- bzw. Veröffentlichunsmöglichkeiten hatten. Außer ihren Veröffentlichungen im Gemeindeblatt für die Israelitische Gemeinde Frankfurt sind nach der Machtübernahme der Nazis keine weiteren Veröffentlichungen mehr in anderen Blättern bekannt. Auch über ihr Leben in dieser Zeit weiß man nichts. Dokumentiert ist, dass Sascha Schwabacher am 18. August 1942 von Frankfurt in das KZ Theresienstadt deportiert und dort am 5. Mai 1943 ermordet wurde. Ihr letzter Wohnort soll die Eschersheimer Landstraße 39 in Frankfurt gewesen sein.[1]

Veröffentlichungen

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Von Sascha Schwabacher rezensierte Beiträge (Auswahl)

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  • Die Graphik des Lucas van Leyden. Studien zur Entwicklungsgeschichte der holländischen Kunst im 16. Jahrhundert von Rosy Kahn; in: Monatshefte für Kunstwissenschaft, Bd. 14, Nr. 1 (APRIL 1921), Seite 150-151
  • Die Welt als Vorstellung. Ein Weg zur Kunstanschauung von Paul Westheim; in: Monatshefte für Kunstwissenschaft, Bd. 13, Nr. 1 (APRIL 1920), Seite 134
  • Funde und Vermutungen zu Dürer und zur Plastik seiner Zeit von Friedrich Haack; in: Monatshefte für Kunstwissenschaft, Bd. 11, Nr. 8 (1918), Seite 241-242
  • Negerplastik von Karl Einstein; in: Monatshefte für Kunstwissenschaft, Bd. 9, Nr. 5 (1916), Seite 193-195
  • Das Gesetz der Form. Briefe an Tote von Hermann Hefele; in: Monatshefte für Kunstwissenschaft, Bd. 13, Nr. 2 (1920), Seite 337-338
  • Kunstbetrachtung und Naturgenuß von M. Seliger; in: Monatshefte für Kunstwissenschaft, Bd. 14, Nr. 2 (November 1921/22), Seite 282
  • Das Holzschnittbuch von Paul Westheim; in: Monatshefte für Kunstwissenschaft, Bd. 15, Nr. 1/3 (Mai 1922), Seite 75
  • Studien über Leonardo da Vinci von Wilhelm von Bode; in: Monatshefte für Kunstwissenschaft, Bd. 15, Nr. 10/12 (1922), Seite 330
  • Holbein der Jüngere von Joseph Bernhart; in: Monatshefte für Kunstwissenschaft, Bd. 15, Nr. 10/12 (1922), Seite 329
  • Alte Stoffe. Ein Leitfaden für Sammler und Liebhaber. Bibliothek für Kunst- und Antiquitätensammler von Paul Schulze; in: Monatshefte für Kunstwissenschaft, Bd. 12, Nr. 4 (1919), Seite 108-109
  • Oskar Kokoschka von Paul Westheim; in: Adolph Donath: Der Kunstwanderer, (November 1920), Seite 128

Von Sascha Schwabacher erstellte Beiträge (Auswahl)

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  • Die Impressionisten der Sammlung Calmondo im Louvre in: Der Cicerone Nr. 19 (1927), Seite 367-376; Heidelberger hist. Bestände – digital, abger. 1. Juli 2024
  • Über Sophie Blum-Lazarus in: Gemeindeblatt für die Israelitische Gemeinde Frankfurt, August 1936, abger. 1. Juli 2024
  • Vom kunstgeschichtlichen Unterricht in: Der Cicerone Nr. 4 (1920), Seite 164; Heidelberger hist. Bestände – digital, abger. 1. Juli 2024
  • Moderne Bilder im Städel-Neubau in: Der Cicerone Nr. 24 (1923), Seite 1117; Heidelberger hist. Bestände – digital, abger. 1. Juli 2024
  • Die internationale Ausstellung für Kunst und Gewerbe 1925 in Paris in: Der Cicerone Nr. 15 (1925), Seite 740-746; Heidelberger hist. Bestände – digital, abger. 1. Juli 2024
  • Neue Künstler - Berthe Martinie in: Der Cicerone Nr. 4 (1926), Seite 136-1938; Heidelberger hist. Bestände – digital, abger. 1. Juli 2024
  • Kunstströmungen in: Deutsche Kunst und Dekoration Nr. 1 (Oktober 1923), Seite 61-62; Heidelberger hist. Bestände – digital, abger. 1. Juli 2024
  • Zur Psychologie der Mode in: Deutsche Kunst und Dekoration Bd. 53 (Oktober 1923-März 1924), Seite 142-144; Heidelberger hist. Bestände – digital, abger. 1. Juli 2024
  • Das Kino und die Kunst in: Deutsche Kunst und Dekoration Bd. 54 (April 1924-September 1924), Seite 44-46; Heidelberger hist. Bestände – digital, abger. 1. Juli 2024
  • Wandlung des Sehens durch die Kunst in: Deutsche Kunst und Dekoration Bd. 55 (Oktober 1924-März 1925), Seite 11-18; Heidelberger hist. Bestände – digital, abger. 1. Juli 2024
  • Zur Psychologie des Strassen-Bildes in: Deutsche Kunst und Dekoration Bd. 55 (Oktober 1924-März 1925), Seite 220-222; Heidelberger hist. Bestände – digital, abger. 1. Juli 2024
  • Kitsch und Kunst in: Deutsche Kunst und Dekoration Bd. 57 (Oktober 1925-März 1926), Seite 76; Heidelberger hist. Bestände – digital, abger. 1. Juli 2024
  • Zur Ästhetik unserer Zeit in: Deutsche Kunst und Dekoration Bd. 61 (Oktober 1927-März 1928), Seite 446-450; Heidelberger hist. Bestände – digital, abger. 1. Juli 2024
  • Renoir in: Deutsche Kunst und Dekoration Bd. 63 (Oktober 1928-März 1929), Seite 313-320; Heidelberger hist. Bestände – digital, abger. 1. Juli 2024
  • Neue Kunstliteratur in: Die Kunst für Alle 46. Jg. (1930-1932), Seite 264; Heidelberger hist. Bestände – digital, abger. 1. Juli 2024

Literatur

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  • Maike Brüggen: 75 Leben - Lebensgeschichten von 75 Frankfurter Jüdinnen und Juden. Hentrich & Hentrich, Leipzig 2024, ISBN 978-3-95565-660-7 (Sascha Schwabacher: Seiten 146–151).
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Einzelnachweise

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  1. a b Sascha Schwabacher, in: Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933–1945 - Gedenkbuch im Bundesarchiv, abgerufen am 1. Juli 2024.
  2. a b c Sascha Schwabacher in: Archiv Bibliographia Judaica – Deutschsprachiges Judentum Online, edited by Archiv Bibliographia Judaica e.V. and Dieter Burdorf. Berlin, Boston: De Gruyter Oldenbourg, 2021
  3. Eva Sabrina Atlan, stv. Direktorin des Jüdischen Museums in Frankfurt in einem Gespräch mit der Büchergilde Gutenberg, abgerufen am 1. Juli 2024.
  4. Sophie Blum-Lazarus im Gemeindeblatt für die Israelitische Gemeinde Frankfurt, abgerufen am 1. Juli 2024.
  5. Ausstellung des Jüdischen Museums in Frankfurt: Zurück ins Licht, abgerufen am 1. Juli 2024.