Karl-Willi Beck

deutscher Kommunalpolitiker (CSU)

Karl-Willi „Charly“ Beck (* 26. September 1954; † 30. Oktober 2022)[1] war ein deutscher Kommunalpolitiker (CSU). Sein Engagement gegen Rechtsextremismus als Erster Bürgermeister von Wunsiedel machte ihn überregional bekannt.

Leben Bearbeiten

Karl-Willi Becks Großeltern waren Willi und Anna Beck. 1975 übernahm er die familiären Bauernhof und verbundene Ländereien.[2] Im März 2002 wurde Beck zum Ersten Bürgermeister Wunsiedels gewählt und legte dieses Amt 2020 nach mehrfacher Wiederwahl nieder.[3] Der Stadtrat ernannte ihn infolge zum Altbürgermeister.[4] Im Oktober 2022 erlag er einem Krebsleiden, welches noch während seiner Amtszeit bei ihm diagnostiziert wurde.[5]

Wirken Bearbeiten

In Becks Amtszeit wurden unter anderem das Theatergebäude der Luisenburg-Festspiele saniert und das Luisenburg-Felsenlabyrinth instand gesetzt. 2015 fand Wunsiedel Eingang in das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler, da die hoch verschuldete Stadt Bürgern Verdienstmedaillen aus reinem Gold verlieh.[6]

Strategien gegen Rechtsextremismus Bearbeiten

Nachdem ein Rudolf-Heß-Gedenkmarsch 2003 nicht verhindert werden konnte,[7] initiierte Beck mit einem lokalen Bündnis den seit 2004 in Wunsiedel stattfindenden Tag der Demokratie, um jährliche Umzüge von Neonazis und Rechtsextremisten zu unterbinden.[8] Im Zuge dessen nahm Beck an einer Sitzblockade auf der Strecke des Umzuges teil, was zu einer Vorladung beim damaligen bayerischen Innenminister Günther Beckstein führte.[9][10] Durch die Inanspruchnahme des Vorkaufrechts für eine Immobilie an der Luisenburg durch die Gemeinde verhinderte Beck 2007 das Vorhaben Jürgen Riegers, ein örtliches Schulungs- und NPD-Wahlkampfzentrum sowie eine Rudolf-Heß-Gedenkstätte zu eröffnen.[11] Als der Pachtvertrag der Grabstätte Rudolf Heß’ auslief, erwirkte Beck 2011 die zunächst unbemerkte Auflösung.[12] Die Verschärfung des Straftatbestands der Volksverhetzung bei Störung des öffentlichen Friedens nach § 130 StGB, soll maßgeblich auf die Anhörungen Becks im Innenausschuss des Bundestags zurückzuführen sein.[13][14][15]

Mit Vorträgen und öffentlichen Appellen regte Beck Kommunen in ähnlichen Situationen zur Nachahmung des durch Engagement, enge zivilgesellschaftliche Kooperation und Extremismusprävention geprägten „Wunsiedler Wegs“[16] und zu zivilem Ungehorsam an.[17][18][19][20][21] Mehrfach sprach sich Beck für ein NPD-Verbot und einen Abzug von V-Leuten aus dem Parteiumfeld aus.[22]

Sonstiges Bearbeiten

Becks Menschenführung fand nach Wutausbrüchen im Stadtrat und Arbeitsunfähigkeit eines Mitarbeiters mehrfach Kritik.[23][24] Ein Gerichtsverfahren wegen Verdachts der Untreue wurde 2018 eingestellt.[25] Die Anwerbung spanischer Fachkräfte erregte Unmut.[26] Während seiner Amtszeit wurde Wunsiedel der Deutsche Nachhaltigkeitspreis als „Deutschlands nachhaltigste Kleinstadt und Gemeinde“ verliehen. Seine Amtshandlungen und politischen Einstellungen werden medial differenziert eingeordnet:

»Alles juristische Fragen, jeweils eine Geschichte für sich. Und immer spannend, rechtlich und ethisch.«

Olaf Przybilla: Süddeutsche Zeitung, 2018[27]

Privates Bearbeiten

1973 heiratete er Ingrid Beck geb. Rogler. Gemeinsam betrieben sie einen Ferienhof.[2]

Siehe auch Bearbeiten

Medien (Auswahl) Bearbeiten

Sammelbände Bearbeiten

  • Holger Kulick/Toralf Staud (Hrsg.): Das Buch gegen Nazis. Rechtsextremismus. Was man wissen muss und wie man sich wehren kann. Köln: Kiepenheuer & Witsch 2009. S. 167 ff. ISBN 978-3-462-04160-6.

Filme Bearbeiten

  • Lukas Felix Pohl: Alles auf Grün. Dieser Weg führt ins Morgen. Dokumentation. Siemens, Wunsiedel 2021.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. HCS Content GmbH: Wunsiedel trauert: Karl-Willi Beck gestorben - Frankenpost. Abgerufen am 31. Oktober 2022.
  2. a b Hofgeschichte des Beck’schen Fachwerkhauses. In: Beckscher Ferienhof. Abgerufen am 27. Mai 2020.
  3. BR24 Redaktion: Ende einer Ära in Wunsiedel. Bürgermeister Karl-Willi Beck geht. In: BR24. Bayerischer Rundfunk, 26. Februar 2020, abgerufen am 4. Juni 2020.
  4. Matthias Bäumler: Wunsiedel. Karl-Willi Beck ist wieder ein Bürgermeister. In: Frankenpost. HCS Content GmbH, 30. Oktober 2020, abgerufen am 11. Januar 2021.
  5. HCS Content GmbH: Wunsiedel: Beck spricht erstmals über seine Krankheit - Frankenpost. Abgerufen am 31. Oktober 2022.
  6. Altbürgermeister Karl-Willi Beck gestorben in: Nordbayerischer Kurier vom 2. November 2022, S. 3.
  7. Marcus Stölb: Neonazis. Brauner Aufmarsch im Fichtelgebirge. In: Spiegel Online. 15. August 2003, abgerufen am 4. Juni 2020.
  8. APA, dpa: Wunsiedel demonstriert gegen Rechtsextremismus. In: Der Standard. STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H., 15. August 2009, abgerufen am 4. Juni 2020.
  9. Welt.de, ddp: Festnahmen bei Heß-Gedenkmarsch. In: Die Welt. Axel Springer SE, 21. August 2004, abgerufen am 4. Juni 2020.
  10. Olaf Przybilla: Gemischte Gefühle. In: Süddeutsche Zeitung. 17. Mai 2010, abgerufen am 27. Mai 2020.
  11. dpa: Nazi-Zentrum in Wunsiedel verhindert. Stadt übt Vorkausrecht vor Anwalt aus. In: Main-Post. Main-Post GmbH, 25. Februar 2007, abgerufen am 27. Mai 2020.
  12. Judy Dempsey: Hitler Aide’s Grave Is Removed to Stop Neo-Nazi Pilgrimages. In: New York Times. 21. Juli 2011, abgerufen am 27. Mai 2020 (englisch).
  13. Olaf Przybilla: Gemischte Gefühle. In: Süddeutsche Zeitung. 17. Mai 2010, abgerufen am 27. Mai 2020.
  14. Peter Engelbracht: Kommentar zu Mobbing im Rathaus. In: Nordbayerischer Kurier. Nordbayerischer Kurier Zeitungsverlag GmbH, 30. April 2015, abgerufen am 4. Juni 2020.
  15. Philipp Wittrock: Heß-Demos in Wunsiedel. Bundesrichter bestätigen schärferes Strafrecht für Neonazi-Aufmärsche. In: Spiegel Online. 25. Juni 2008, abgerufen am 4. Juni 2020.
  16. Karl-Willi Beck: Der Wunsiedler Weg. Wunsiedel ist bunt und nicht braun! Präsentation. In: Wunsiedel.de. Stadt Wunsiedel, 14. Februar 2014, abgerufen am 27. Mai 2020.
  17. Ralph Gammanick: Am 3. Oktober "allen Grund zu feiern". Weiden wehrt sich wie Wunsiedel. Stadt will den Nazis einfach keinen Platz lassen. In: Onetz. Der neue Tag - Oberpfälzischer Kurier, Druck- und Verlagshaus GmbH, 2. Oktober 2009, abgerufen am 27. Mai 2020.
  18. Redaktion: "Der Wunsiedeler Weg". Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus. In: Celle Heute. fehlhaber.medien, 3. Februar 2014, abgerufen am 27. Mai 2020.
  19. Ulla Gutmann: Friedlich gegen rechte Aufmärsche. In: Augsburger Allgemeine. Presse-Druck- und Verlags-GmbH, 13. November 2016, abgerufen am 27. Mai 2020.
  20. Fliege. Die Talkshow. In: Das Erste. 1. März 2005, abgerufen am 4. Juni 2020.
  21. Isabel Fannrich: Braunes Gedankengut verdrängen. Kommunale Handlungsstrategien gegen Rechtsextremismus. In: Deutschlandradio. Deutschlandradio. Körperschaft des öffentlichen Rechts, 28. März 2013, abgerufen am 4. Juni 2020.
  22. Albrecht Kolthoff: Wie kann sich ein kleines Dorf gegen Neonazis wehren? In: Holger Kulick, Toralf Staud (Hrsg.): Das Buch gegen Nazis. Rechtsextremismus. Was man wissen muss und wie man sich wehren kann. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2009, ISBN 978-3-462-04160-6, S. 164–168.
  23. Peter Engelbracht: Kommentar zu Mobbing im Rathaus. In: Nordbayerischer Kurier. Nordbayerischer Kurier Zeitungsverlag GmbH, 30. April 2015, abgerufen am 4. Juni 2020.
  24. Bernhard Honnigfort: Wunsiedels brüllender Bürgermeister. In: Frankfurter Rundschau. Frankfurter Rundschau GmbH, 26. Mai 2015, abgerufen am 4. Juni 2020.
  25. Verfahren gegen Beck eingestellt. In: Frankenpost. Frankenpost Verlag GmbH, 24. Juli 2018, abgerufen am 4. Juni 2020.
  26. David Böcking, Yasmin El-Sharif: Fachkräfteprojekt in Bayern. Unser Dorf soll spanisch werden. In: Spiegel Online. 30. April 2013, abgerufen am 4. Juni 2020.
  27. Olaf Przybilla: Bürgermeister von Wunsiedel vor Gericht. Süddeutsche Zeitung, 23. Juli 2018, abgerufen am 4. Juni 2020.