Joseph Schülein

deutscher Unternehmer und Philanthrop

Joseph Schülein (* 31. März 1854[1] in Thalmässing; † 9. September 1938 auf Schloss Kaltenberg, Gemeinde Geltendorf) war ein deutscher Brauereibesitzer und Philanthrop.

Bildnis Joseph Schülein von Leo Samberger

Leben Bearbeiten

Der Sohn einer fränkischen Familie war in München zunächst als Bankier tätig, bevor er zusammen mit seinem Bruder Julius[2] 1895[3] die konkurs gegangene Brauerei „Fügerbräu“[4] in der Äußeren Wiener Straße in Haidhausen, der heutigen Einsteinstraße[5], aufkaufte und die „Unionsbrauerei Schülein & Cie.“ gründete. Das rasch wachsende Unternehmen wurde 1903 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Durch die Übernahme der Münchner-Kindl-Brauerei 1905 kamen viele Gasthäuser in den Besitz des Unternehmens, u. a. der 6000 Plätze zählende Münchner-Kindl-Keller in Haidhausen.[4] Im Januar 1921 fusionierten die Aktienbrauereien Unionsbräu und Löwenbräu rückwirkend zum 1. Oktober 1919.[4] Schüleins Sohn Hermann Schülein hatte entscheidenden Anteil an der Fusion und war ab 1924 Generaldirektor des neuen Unternehmens, das unter dem bekannteren Namen Löwenbräu firmierte.[2] Ende 1921 kam es zur Fusion mit dem Bürgerlichen Brauhaus München.[6]

Gegen Ende des Ersten Weltkrieges erwarb Schülein Schloss Kaltenberg mit der 1870 gegründeten Brauerei, landwirtschaftlichem Gut und Torfstich in Emming, die er zusammen mit seinem jüngsten Sohn Dr. Fritz Schülein betrieb.[2][7]

 
Grab von Josef Schülein auf dem Neuen Israelitischen Friedhof in München

Durch Grundstücksstiftungen ermöglichte Schülein den Bau einer Siedlung mit Sozialwohnungen am heutigen Schüleinplatz in Berg am Laim.[2] Zu seinem vielfältigen sozialen Engagement gehörte auch die jährliche Patenschaft für 30 bis 40 Firmlinge, die er neu einkleiden und bewirten ließ.[2]

Schülein war verheiratet mit Ida Baer († 1929), mit der er sechs Kinder hatte.[7] 1902 bezog die Familie ein repräsentatives von Leonhard Romeis errichtetes Wohnhaus in der Richard-Wagner-Straße 7. Ein weiteres Grundstück in derselben Straße gab Schülein später seiner Tochter Elsa zur Mitgift und ermöglichte dadurch seinem Schwiegersohn, dem Chirurgen Alfred Haas, den Bau einer Privatklinik in Hausnummer 19.[8][9]

Als Jude kam er in die Schusslinie des deutschen Antisemitismus, es wurde gegen sein „Judenbier“ gehetzt. Schülein gab 1933 seinen Aufsichtsratsposten bei Löwenbräu auf[7] und zog sich auf seinen Besitz Kaltenberg zurück, wo er am 9. September 1938[7] starb. Er wurde auf dem Neuen Israelitischen Friedhof im Münchener Norden bestattet.

Fünf seiner Kinder waren 1938 bereits mit ihren Familien emigriert,[7] darunter sein Sohn Hermann, der in den USA Manager in den Liebmann Breweries in New York geworden war.[10][2]

 
Schüleinbrunnen mit „Mälzerbub“ auf der Säule

Der jüngste Sohn Fritz wurde am Abend der Reichspogromnacht in Kaltenberg verhaftet[11] und konnte nach einer „Schutzhaft“ im Konzentrationslager Dachau in die USA fliehen, der Familienbesitz Schloss Kaltenberg wurde „arisiert“ und erst 1949 zurückerstattet.[12]

Eine Nachfahrin ist auch die US-amerikanische Schriftstellerin Danielle Steel; Schülein war der Bruder von Steels Großvater.

Das bekannteste Porträt von Schülein stammt von Leo Samberger.

Namensgeber für Straße Bearbeiten

Nach Joseph Schülein wurde am 8. Juli 1920 in München im Stadtteil Josephsburg (Stadtbezirk 14 – Berg am Laim) die Schüleinstraße und der Schüleinplatz benannt Schüleinstraße und Schüleinplatz München[13]. Auf dem Platz steht der 1928 von Joseph Schülein gestiftete Schüleinbrunnen. Schüleinstraße und Schüleinplatz wurden von den NS-Machthabern am 5. Oktober 1933 in Halserspitzstraße und -platz umbenannt. Kurz nach Kriegsende erfolgte am 7. August 1945[14] die Rückbenennung in Schüleinstraße und Schüleinplatz. Auch in Geltendorf im Stadtteil Kaltenberg, wo Joseph Schülein 1916 Schlossgut und Brauerei erwarb wurde die Schüleinstraße Lageplan Schüleinstraße in Geltendorf.

Literatur Bearbeiten

  • Lilian Harlander: „Von den Münchner Bieren kommt hauptsächlich nur Löwenbräu in Frage“. Die Familie Schülein im Münchner Braugewerbe. In: Lilian Harlander, Bernhard Purin (Hrsg.): Bier ist der Wein dieses Landes. Jüdische Braugeschichten, Volk Verlag, München 2016, ISBN 978-3-86222-211-7, S. 139–189.
  • Alexander Kluy: Jüdisches München. Mandelbaum, Wien 2009, ISBN 978-3-85476-314-7.
  • Jutta Ostendorf: Die Richard-Wagner-Straße in München. Die Häuser und ihre Geschichten. Volk, München 2007, ISBN 3-937200-37-1.
  • Elisabeth Schinagl: Der Bierkönig von München. Romanbiografie. Allitera, München 2021, ISBN 978-3-96233-312-6.

Weblinks Bearbeiten

Film
  • Prost und L'Chaim ARD 7. November 2016, 20:15 Uhr, 44 min., ab 9. Min. Abgerufen aus ardmediathek.de am 2. Dezember 2023

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Johannes Mayer: Der Retter von Löwenbräu – Joseph Schülein war der "König von Haidhausen" – 150. Geburtstag. Online-Ausgabe des Münchner Merkur vom 30. März 2004. Abgerufen am 3. September 2011.
  2. a b c d e f Miriam Magall: Die Bierbrauer Schülein. In: Wie gut sind deine Zelte, Jakob! Spaziergänge im jüdischen München. MünchenVerlag, München 2008, ISBN 978-3-937090-29-0, S. 76 ff.
  3. nach anderen Quellen erfolgte die Gründung bereits 1885. Siehe z. B.: @1@2Vorlage:Toter Link/www.unionsbraeu.deUnsere Geschichte (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)
  4. a b c Kluy: Jüdisches München. 2009, S. 163.
  5. [1] auf muenchen.de. Das offizielle Stadtportal. Abgerufen am 20. August 2018.
  6. Kluy: Jüdisches München. 2009, S. 165.
  7. a b c d e Ostendorf: Die Richard-Wagner-Straße in München. 2007, S. 90.
  8. Ostendorf: Die Richard-Wagner-Straße in München. 2007, S. 96.
  9. Der Architekt Max Neumann baute das Haus für Haas. Alfred Haas emigrierte 1937. Zu Haas siehe Linda Lucia Damskis: Zerrissene Biografien: jüdische Ärzte zwischen nationalsozialistischer Verfolgung, Emigration und Wiedergutmachung. München: Allitera-Verlag 2009. ISBN 978-3-86906-053-8
  10. zur 1883 gegründeten Liebmann Brauerei siehe en:Rheingold Beer
  11. H. Peter Sinclair: Von Siegel zu Sinclair: Eine jüdische Familiengeschichte unserer Zeit rijo
  12. „Während des Dritten Reiches flüchteten die Schüleins nach Amerika, kamen aber 1948 wieder zurück und erhoben Anspruch auf ihren Besitz.“ Darstellung der Vorgänge im Jahr 2010 auf der Homepage der koenig-ludwig-brauerei (Memento vom 3. Februar 2010 im Internet Archive)
  13. Webseite zur Namensgebung der Schüleinstraße und Schüleinplatz auf Stadtgeschichte.de
  14. Christl Knauer-Nothaft, Erich Kasberger: Berg am Laim, von den Siedlungsanfängen zum modernen Stadtteil Münchens. Volk, München 2007, ISBN 978-3-937200-16-3, S. 386.