Hertha von Dechend
Hertha von Dechend (* 5. Oktober 1915 in Heidelberg; † 23. April 2001 in Frankfurt am Main) war eine Professorin am Institut für Geschichte der Naturwissenschaften der Universität Frankfurt am Main, die mit ihren Thesen zu den astronomischen Kenntnissen im prähistorischen Zeitalter bekannt wurde.
Leben
BearbeitenVon Dechend studierte in Frankfurt Kulturhistorische Ethnologie bei Leo Frobenius, Philosophie, Alte Geschichte und Archäologie. Während ihres Studiums und danach war sie am Frobenius-Institut und am Museum für Völkerkunde tätig. Von 1943 an arbeitete sie am im selben Jahr von Willy Hartner gegründeten Institut für die Geschichte der Naturwissenschaften mit.
Während ihrer Promotion (Die kultische und mythische Bedeutung des Schweins in Indonesien und Ozeanien, 1939) war ihr erstmals klar geworden, dass die Mythen der Südsee-Bewohner nur verstanden werden konnten, wenn deren naturwissenschaftlicher, speziell astronomischer Sinn entschlüsselt werde. Verallgemeinert in ihrer Habilitationsschrift (Der Mythos von der gebauten Welt als Ausdrucksform archaischer Naturwissenschaft, 1960) sowie in ihrem Buch Die Mühle des Hamlet, bis 1969 zusammen mit Giorgio de Santillana am Massachusetts Institute of Technology (MIT) zuerst auf Englisch verfasst, wurde von ihr behauptet, dass die ursprüngliche Funktion des Mythos einmal gewesen war, vor allem astronomische Zusammenhänge und kalendarische Besonderheiten darzustellen, bevor dann die uns heute verständlicheren Ausdrucksweisen der Philosophie und Mathematik gefunden worden seien. Besonders umstritten war ihre These, dass es auch schon vor Hipparchos ein Wissen um die Präzession der Äquinoktien, ausgedrückt eben in der Sprache des Mythos, gegeben habe.
Veröffentlichungen
Bearbeiten- Die kultische und mythische Bedeutung des Schweins in Indonesien und Ozeanien. Dissertation Frankfurt 1943.
- mit Giorgio de Santillana: Hamlet’s Mill. An Essay on Myth and the Frame of Time. Harvard University Press, 1969, ISBN 0-87645-008-7; Neuausgabe unter dem Titel Hamlet’s Mill. An Essay Investigating the Origins of Human Knowledge And Its Transmission Through Myth. Godine, 1977, ISBN 0879232153
- Die Mühle des Hamlet. Ein Essay über Mythos und das Gerüst der Zeit. Kammerer und Unverzagt, Berlin 1993, ISBN 3-926763-23-X. 2. Auflage: Springer, Wien & New York 1994, ISBN 3-211-82630-0
- Il concetto di simmetria nelle culture arcaiche. In: Evandro Agazzi (Hrsg.): La Simmetria. Il Mulino, Bologna 1973.
- Bemerkungen zum Donnerkeil. In: Yasukatsu Maeyama, W. G. Saltzer (Hrsg.): Prismata. Naturwissenschaftsgeschichtliche Studien. Festschrift für Willy Hartner. Steiner, Wiesbaden 1977, ISBN 3-515-02683-5, S. 95 ff.
- Einführung in die Archaische Kosmologie. Vorlesungen im Wintersemester 1976/77. Differenz-Verlag, München 2011.
als Herausgeber:
- Justus von Liebig in eigenen Zeugnissen und solchen seiner Zeitgenossen. Verlag Chemie, Weinheim 1953; 2. ergänzte Auflage ebd. 1963.
Literatur
Bearbeiten- Uta Lindgren: Ein Vulkan ist erloschen – Hertha von Dechend in memoriam. In: Nachrichtenblatt der Deutschen Gesellschaft für Geschichte der Medizin, Naturwissenschaft und Technik 51,2 (2001) (Text auf astronomie-mythos.net)
- Uta Lindgren: Eloge: Hertha von Dechend, 1915–2001, In: Isis 94, no. 1 (März 2003), S. 112–113. doi:10.1086/376103
Weblinks
Bearbeiten- Literatur von und über Hertha von Dechend im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Schrift von Hertha von Dechend in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Homepage zu Ehren von Hertha von Dechend auf der Website der Universität Frankfurt am Main. ( vom 29. November 2014 im Internet Archive)
- Nachlass von Hertha von Dechend in der Archivdatenbank des Frobenius-Instituts in Frankfurt am Main
- Ihr Lebenslauf in Schwerpunkten bei http://astronomie-mythos.net/ (mit Bildmaterial)
- Mnemotechnik auf dem Mississippi. Wie die Himmelsbeobachtung Mythen schuf, Artikel von Mathias Schulenburg im Deutschlandfunk, 5. Juni 2006
- Hamlet’s Mill in der englischsprachigen Wikipedia
Personendaten | |
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NAME | Dechend, Hertha von |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Historikerin und Pionierin der Archäoastronomie |
GEBURTSDATUM | 5. Oktober 1915 |
GEBURTSORT | Heidelberg |
STERBEDATUM | 23. April 2001 |
STERBEORT | Frankfurt am Main |