Hans-Jörg Jenewein

österreichischer Politiker (FPÖ)

Hans-Jörg Jenewein (* 12. Juni 1974 in Wien) ist ein ehemaliger österreichischer Politiker (damals FPÖ).[1] Jenewein war vom 29. Oktober 2013 bis zum 8. November 2017 vom Wiener Landtag entsandtes Mitglied des österreichischen Bundesrats. Bereits zuvor war er von 2010 bis 2013 Bundesratsmitglied gewesen, ehe er vom 1. Juli bis zum 28. Oktober 2013 kurzzeitig Abgeordneter zum Nationalrat wurde. Vom 9. November 2017 bis zum 22. Oktober 2019 war er erneut Abgeordneter zum Nationalrat.

Hans-Jörg Jenewein (2012)

Leben und Wirken Bearbeiten

Ausbildung Bearbeiten

Jenewein stammt aus einer „FPÖ-Familie“.[2] Er absolvierte in der österreichischen Hauptstadt die Volksschule und besuchte eine allgemeinbildende höhere Schule (AHS). Anschließend daran besuchte er – mit zwanzig Jahren – von 1994 bis 1996 die Humboldt-Maturaschule. Von 1997 bis 2000 studierte Jenewein Publizistik und Politikwissenschaften an der Universität Wien. Er ist Mitglied einer Mittelschulverbindung.[3]

Politische Tätigkeit Bearbeiten

Erstmals politisch tätig wurde Hans-Jörg Jenewein im Jahr 1995, als er für die Freiheitliche Partei Österreichs zum Bezirksrat im 5. Wiener Gemeindebezirk Margareten gewählt wurde. Von 2000 bis 2006 war Jenewein als Pressereferent der FPÖ Wien auch beruflich in der Politik tätig, ab 2006 war er sowohl Leiter der Pressestelle als auch Landesparteisekretär der FPÖ Wien. Ebenfalls ab 2006 war er Bezirksparteiobmann der FPÖ in Margareten sowie Mitglied des FPÖ-Landesparteivorstands Wien. Nachdem die FPÖ bei der Landtags- und Gemeinderatswahl in Wien 2010 zweitstärkste Kraft im Wiener Landtag und Gemeinderat geworden war und damit drei der elf vom Wiener Landtag zu entsendenden Mitglieder des Bundesrats vorschlagen konnte, wurde Hans-Jörg Jenewein am 25. November 2010 vom Wiener Landtag in den Bundesrat entsandt.

Das Bundesratsmandat hatte Jenewein zunächst bis zum Ausscheiden seines Parteikollegen Peter Fichtenbauer aus dem Nationalrat inne. Nachdem dieser als Volksanwalt gewählt worden war und auf sein Nationalratsmandat verzichtet hatte, rückte Andreas Karlsböck auf seinen Platz auf der Regionalliste Wien-Süd nach. Da Karlsböck bereits zuvor über die Landesliste Wien Abgeordneter zum Nationalrat gewesen war, konnte Jenewein in der Folge auf dessen freigewordenes Mandat der Landesliste nachrücken und wurde am 1. Juli 2013 als Nationalratsabgeordneter angelobt.

Seine kurze Amtszeit als Abgeordneter zum Nationalrat endete bereits am 28. Oktober 2013, als er nach der Nationalratswahl das Mandat auf der Landesliste abtreten musste und in der Folge zurück in den Bundesrat wechselte, wo er Herbert Madejski, der seinerseits im Juli das Wiener Bundesratsmandat von Jenewein übernommen hatte, ablöste.

Ab der Nationalratswahl 2017 war er wieder Abgeordneter zum Nationalrat. Im Juli 2019 folgte er Walter Rosenkranz als Sicherheitssprecher im Freiheitlichen Parlamentsklub nach.[4] Nach der Nationalratswahl 2019 schied er aus dem Nationalrat aus.

Wenige Tage nachdem er aus dem Parlamentsklub der FPÖ entlassen worden war, trat er am 5. August 2022 aufgrund von innerparteilichen Streitigkeiten und einer Hausdurchsuchung in der Causa Ott aus der FPÖ aus.[2][5]

Am 7. August 2022 wurden Meldungen eines Suizidversuchs Jeneweins bekannt. Die politische Berichterstattung sieht einen Zusammenhang mit Auseinandersetzungen innerhalb der FPÖ. Unter den Unterlagen Jeneweins war eine ausformulierte Anzeige gegen einige Mitglieder der Wiener FPÖ gefunden worden.[2][6]

Verhältnis zum Rechtsextremismus und Kontroversen Bearbeiten

Jenewein gehörte bis zu seinem Austritt „zum rechten Rand der FPÖ“.[2] Er ist seit 2003 im laut Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes rechtsextremen[7] Verein zur Pflege des Grabes des Wehrmacht-Kampffliegers und Nationalsozialisten[8] Walter Nowotny tätig.[9] Bis 2008 war er Präsident des Vereins für Bürgerinformationen.[9]

Im Jahr 2008 hielt Jenewein bei einer Veranstaltung der rechtsextremen Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik einen Vortrag mit dem Titel „Die Rechte in Österreich nach der Wahl 2008“.[10] Von der Zeitung „Falter“ darauf angesprochen, meinte Jenewein im selben Jahr, dass ihn die Einschätzung des Verfassungsschutzes, wonach die AFP eine „ausgeprägte Affinität zum Nationalsozialismus“ aufweise, nicht tangiere: „Ich habe dort durch die Bank normale Menschen kennengelernt, die mit Messer und Gabel essen.“ Im Falle einer neuerlichen Einladung würde er „wieder hinfahren“.[11] 2014 bestätigte das Oberlandesgericht Wien eine Verurteilung der FPÖ wegen übler Nachrede: Jenewein hatte im März 2012 behauptet, Alexander Pollak von SOS Mitmensch verkehre in „potenziell gewalttätigen Kreisen“.[12]

Die ORF-Sendung „Report“ berichtete in ihrem Beitrag „Blaue Freunde“ im November 2014, Jenewein habe mit seiner Facebook-Kennung ein Posting gelikt, in dem zum Boykott muslimischer Geschäfte aufgerufen wird.[13]

BVT-Affäre Bearbeiten

Der Österreichische Rundfunk meldete am 11. September 2021, dass im Zusammenhang mit der BVT-Affäre rund um die angebliche Weitergabe von Daten durch einen Mitarbeiter des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) es bei Hans-Jörg Jenewein eine Hausdurchsuchung gab. Jenewein sei im BVT-Untersuchungsausschuss einer der schärfsten Kritiker der Zustände im Verfassungsschutz gewesen und habe vehement Ex-Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) verteidigt. Die Hausdurchsuchung soll wegen des Verdachts auf illegale Informationsflüsse aus dem Verfassungsschutz erfolgt sein. Dabei wurden zahlreiche USB-Sticks, Ordner, Smartphones und andere IT-Geräte beschlagnahmt. Jenewein werde vorgeworfen, einen langjährigen Verfassungsschützer zum Amtsmissbrauch angestiftet zu haben. Beide weisen dies zurück. Die FPÖ kritisierte diese Vorgangsweise scharf.[14]

Am 14. April 2024 wurde bekannt, dass bei der Hausdurchsuchung auch ein Schlagring, Munitionsteile und Handyfotos mit NS-Bezug, die laut Akt „eindeutig nationalsozialistische Gesinnung erkennen lassen“, bei ihm gefunden wurden.[15]

Privates Bearbeiten

Seine ältere Schwester ist die Politikerin Dagmar Belakowitsch (* 1968).[16]

Veröffentlichungen Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Ex-Abgeordneter Jenewein aus FPÖ ausgetreten. Abgerufen am 16. April 2024 (österreichisches Deutsch).
  2. a b c d Antonia Rauth, Lucia Heisterkamp: Inside Austria: FPÖ im Aufruhr: Machtkampf Rechts außen. (mp3-Audio; 12,5 MB; 27:14 Minuten) In: DerStandard.at/Spiegel.de. 13. August 2022, abgerufen am 14. August 2022.
  3. Was gibt es hier? Deutsche Hiebe! In: meineabgeordneten.at. 11. Mai 2015, abgerufen am 14. August 2022.
  4. FPÖ: Vier Sprecherfunktionen im Freiheitlichen Parlamentsklub neu besetzt. In: ots.at. 2. Juli 2019, abgerufen am 2. Juli 2019.
  5. Ex-Abgeordneter Jenewein aus FPÖ ausgetreten. Abgerufen am 16. April 2024 (österreichisches Deutsch).
  6. Fabian Schmid: Fall Jenewein: Viele offene Rechnungen mit und in der FPÖ. In: derStandard.at. 8. August 2022, abgerufen am 8. August 2022.
  7. Die FPÖ und der Rechtsextremismus: Einige Beispiele zu Äußerungen und Kontakten. In: News.at. 29. Januar 2007, archiviert vom Original am 29. Oktober 2014; abgerufen am 14. August 2022.
  8. Gustav Hofmann, Brigitte Kepplinger, Gerhart Marckhgott, Hartmut Reese: Gutachten zur Frage des Amtes der Oö. Landesregierung, „ob der Namensgeber der Landes-Nervenklinik [Julius Wagner-Jauregg] als historisch belastet angesehen werden muss“. (pdf; 589 kB) In: Forum Zeitgeschichte der Universität Wien. Oktober 2005, S. 6, archiviert vom Original am 5. April 2014; abgerufen am 14. August 2022.
  9. a b Dossier Hans-Jörg Jenewein Vereinstätigkeiten. In: meineabgeordneten.at. Archiviert vom Original am 19. Februar 2013; abgerufen am 14. August 2022.
  10. Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik (AFP). In: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes. Abgerufen am 14. August 2022.
  11. FPÖ-Politiker wieder unter Neonazis? In: Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes. Oktober 2009, abgerufen am 14. August 2022.
  12. Üble Nachrede: FPÖ Wien muss 3000 Euro zahlen. In: derStandard.at. 26. März 2014, abgerufen am 14. August 2022.
  13. ORF-Sendung „Report“, 25. November 2014.
  14. BVT-Affäre: Hausdurchsuchung bei Ex-FPÖ-Abgeordnetem. In: orf.at. 11. September 2021, abgerufen am 14. August 2022.
    Freiheitlicher Parlamentsklub – FPÖ: FPÖ – Hafenecker: Hausdurchsuchung bei Jenewein ist Einschüchterungsversuch des tiefen schwarzen Staats. In: ots.at. 11. September 2021, abgerufen am 14. August 2022.
  15. ORF at/Agenturen red: Fall Ott: Schlagring und Handyfotos mit NS-Bezug bei Jenewein. 14. April 2024, abgerufen am 14. April 2024.
  16. Dr.in Dagmar Belakowitsch. In: meineabgeordneten.at. Abgerufen am 14. August 2022.
    Blaues Blut: Wo die FPÖ in der Familie liegt. Abgerufen am 21. Juni 2019.