Ghasha-Konzession
Ghasha-Konzession (auch Hail & Ghasha sour gas fields)[1][2] bezeichnet das weltweit größte Offshore-Projekt zur Sauergas-Förderung. Hier wird im Persischen Golf westlich von Abu Dhabi vor der Küste der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) in der Al-Dhafra- Region, in ökologisch sensiblem maritimem Umfeld die entsprechende „Up-“ und „Midstream“-Infrastruktur errichtet und betrieben: zehn künstliche Inseln und Wellhead Towers („Bohrkopf-Türme“) mit Bohr- und Förderanlagen auf den zusammen neun Feldern von Erdöl-, Erdgas- und Kondensat-Lagerstätten namens Ghasha, Hail, Hair Dalma, Satah, Bu Haseer, Nasr, SARB, Shuwaihat und Mubarraz.
![](http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/b/b4/Troll_A_Platform.jpg/220px-Troll_A_Platform.jpg)
![](http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/5/54/Hydrogen-sulfide-2D.png/220px-Hydrogen-sulfide-2D.png)
Bis 2025 soll das Projekt seine volle Kapazität erreichen mit einer Förderung von dann über 40 Mio. Kubikmetern Erdgas (1,5 Mrd. Kubikfuss; „entspricht dem Strombedarf von mehr als zwei Mio. Haushalten“)[3] sowie 120.000 Barrel Rohöl und Gas-Kondensat (Aggregatzustand zwischen gasförmig und flüssig) pro Tag.[4][5]
Beteiligte
BearbeitenAls Konsortiums-Partner werden angegeben mit einem Anteil von
- 55 % die staatliche Abu Dhabi National Oil Company der VAE (ADNOC),
- 25 % der italienische Mineralöl- und Energiekonzern ENI,
- 10 % seit November 2018 die deutsche Wintershall Dea,[3][Anmerkungen 1]
- 5 % seit Dezember 2018 der österreichische börsennotierte integrierte Erdöl-, Erdgas- und Petrochemie-Konzern OMV[6] sowie ebenfalls
- 5 % der russische Mineralölkonzern LUKOIL.[4]
Mitte August 2023 wurde bekannt, dass der Präsident der 28. UN-Klimakonferenz in Dubai 2023 (COP 28) und „Klimabotschafter der VAE“ Sultan Ahmed Al Jaber auch Chief Executive Officer (CEO) dieses Joint Ventures unter Beteiligung der LUKOIL ist: Beim Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin in den Vereinigten Arabischen Emiraten im Oktober 2019 gewährte die emiratische ADNOC der LUKOIL einen Anteil von 5 % an der Ghasha-Konzession,[7] obwohl LUKOIL dort nach der völkerrechtswidrigen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland 2014 bereits unter US-Sanktionen stand. Der Beitritt zur Ghasha-Konzession wurde von Vagit Alekperov, Mitbegründer, bis 2022 Präsident und CEO von LUKOIL, und Sultan Ahmed Al Jaber unterzeichnet; die Zeugen des Austauschs der unterzeichneten Konzession, Putin und Scheich Muhammad bin Zayid Al Nahyan, Kronprinz von Abu Dhabi meinten: „Zur Feier der freundschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Ländern“. Es ist die erste Beteiligung Russlands an einem ADNOC-Projekt.[5]
ADNOC hat außerdem eine Kooperationsvereinbarung zum Ghasha-Projekt mit dem russischen Staatsfonds Russian Direct Investment Fund (RDIF); diese wurde von Sultan Al Jaber sowie Vagit Alekperov und RDIF-CEO Kirill Dmitriev unterzeichnet, einer der engsten Berater Putins sowie Ehemann und Geschäftspartner von Putins angeblicher Freundin Alina Kabajewa – letztere drei nach dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 alle unter [US-]Sanktionen.[5] Hier wiederum ist es nach dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 seit März 2022 im Rahmen von EU-Finanzsanktionen und Beschränkungen des Zahlungsverkehrs verboten, in Projekte, die aus dem RDIF kofinanziert werden, zu investieren, sich an ihnen zu beteiligen oder anderweitig zu ihnen beizutragen.[8]
Bedeutung
BearbeitenDie fossilen Reserven gehören zu den größten noch zu entwickelnden in den VAE; sie sollen 20 % ihres Energiebedarfs decken können. Für die ADNOC „besitzt die Entwicklung der Ghasha-Konzession strategische Priorität“: Das Gasfeld soll „einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, die Gasversorgung der VAE nachhaltig und wirtschaftlich zu gestalten sowie sie unabhängig von Gasimporten zu machen“.[3]
Bei dem hier lagernden Gas handelt es sich teils um Sauergas, für dessen Förderung höchste Sicherheitsstandards eingehalten und spezielle Aufbereitungsanlagen errichtet werden müssen; Wintershall Dea bezeichnet das Projekt als „strategisch entscheidend und technisch äußerst komplex“ sowie „wesentliches Element und Grundstein seiner Wachstumsstrategie in den Arabischen Emiraten“.[3]
Entwicklung
BearbeitenDie neun Felder sollen über vierzig Jahre Vertragslaufzeit in verschiedenen Phasen erschlossen werden; das Projekt beinhaltet drei große Sauergas- und Kondensat-Entwicklungsprojekte mit dem Bau von Offshore- und Onshore-Anlagen für die Aufbereitung, Verarbeitung und den Transport von Erdgas, Kondensat, Rohöl und Schwefel.[6]
Derzeit (Mitte 2023) werden erste Testbohrungen niedergebracht, die Errichtung der zehn künstlichen Inseln sowie der weiteren Infrastruktur ist in vollem Gang und vier Inseln sind bereits fertiggestellt;[5] Ende 2022 unterzeichneten die Projektbeteiligten ein „Operating Agreement“, mit dem die Bildung einer „Operating Company“ vereinbart wurde.
Die mit 5 % beteiligte OMV entwickelt in drei parallelen Projekten Hail & Ghasha, das Dalma-Projekt mit mehreren Feldern in der Region um Dalma, den Fährhafen von Dschabal az-Zanna und einem Deep-Gas-Entwicklungsprojekt ebenfalls mit mehreren Feldern. Das Megaprojekt Hail & Ghasha erreichte 2022 mehrere Meilensteine: vier der elf künstlichen Inseln wurden fertiggestellt; bei Dalma schreiten die Onshore- und Offshore-Arbeiten im Rahmen der Engineering-, Beschaffungs- und Bauaufträge (Engineering, Procurement and Construction, EPC) voran. Das erste Gas soll hier Mitte des Jahrzehnts gefördert werden.[4]
Investitionen
Bearbeiten- LUKOIL (5 % Beteiligung) investiert zunächst 190 Mio. US-Dollar als Unterzeichnungsgebühr und soll mit seinem Anteil jährlich etwa 300.000 Tonnen Öl und 730 Mio. Kubikmeter Gas produzieren.[5]
Sonstiges
Bearbeiten- Unter dem Namen „Ghasha Abu Dhabi“ existiert auch ein Schiff.
Siehe auch
Bearbeiten- Elgin Wellhead Platform, Förderplattform des französischen TotalEnergies-Konzerns für Erdgas und Erdöl in der Nordsee
Quellen
Bearbeiten- Ghasha: Sauergas aus dem Arabischen Golf - Wintershall Dea. 7. Dezember 2020, abgerufen am 28. August 2023.
Weblinks
Bearbeiten- 8. Juni 2022, upstreamonline.com: Adnoc starts chase for prized framework agreement covering wellhead towers („Adnoc beginnt mit der Suche nach der begehrten Rahmenvereinbarung für Bohrlochtürme“)
Anmerkungen
Bearbeiten- ↑ -> Öl-Förderanlage Mittelplate in der Nordsee vor der Dithmarscher Küste am südlichen Rand des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer, „größtes Ölfeld Deutschlands“, ebenfalls eine Wintershall- Anlage in „ökologisch sensiblem maritimem Gebiet“
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Nishant Ugal (n_ugal): Adnoc inks long term LNG supply deal with Japanese giant. 17. August 2023, abgerufen am 30. August 2023 (englisch).
- ↑ Nishant Ugal (58af034cf1a22): Fresh bid chase: Contracting giants queue up for Adnoc’s largest offshore development in five years. 24. Mai 2023, abgerufen am 30. August 2023 (englisch).
- ↑ a b c d Wintershall beteiligt sich an größten noch zu entwickelnden Gas- und Kondensatfeldern der Vereinigten Arabischen Emirate. Abgerufen am 28. August 2023 (deutsch).
- ↑ a b c OMV und ADNOC unterzeichneten Upstream Konzessionsabkommen für 5% Anteil am Großprojekt Offshore VAE. Abgerufen am 28. August 2023.
- ↑ a b c d e Investigation Team: COP28 President is CEO of a Joint Venture that Includes Sanctioned Russian Company LUKOIL. In: Open Source Investigations. 17. August 2023, abgerufen am 26. August 2023 (amerikanisches Englisch).
- ↑ a b Vereinigte Arabische Emirate | OMV.com. Abgerufen am 28. August 2023.
- ↑ LUKOIL ENTERS THE GHASHA PROJECT FOR THE EXTRACTION OF HYDROCARBONS IN THE UAE. Abgerufen am 28. August 2023.
- ↑ Kontakt speichern: EU-Finanzsanktionen und Beschränkungen des Zahlungsverkehrs - IHK Düsseldorf informiert. Abgerufen am 26. August 2023.