Chodzież

polnische Kleinstadt in der Woiwodschaft Großpolen
(Weitergeleitet von Chodziesen)

Chodzież [ˈxɔdzʲɛʃ] (deutsch bis 1878 Chodziesen und Kodschesen, von 1878 bis 1919 Colmar und von 1939 bis 1945 Kolmar in Posen) ist eine Kleinstadt in Polens Woiwodschaft Großpolen.

Chodzież
Wappen von Chodzież
Chodzież (Polen)
Chodzież (Polen)
Chodzież
Basisdaten
Staat: Polen
Woiwodschaft: Großpolen
Powiat: Chodzież
Fläche: 13,0 km²
Geographische Lage: 52° 59′ N, 16° 55′ OKoordinaten: 52° 59′ 0″ N, 16° 55′ 0″ O
Höhe: 192 m n.p.m.
Einwohner: 18.229
(31. Dez. 2020)[1]
Postleitzahl: 64-800 bis 64-801
Telefonvorwahl: (+48) 67
Kfz-Kennzeichen: PCH
Wirtschaft und Verkehr
Eisenbahn: Posen–Piła
Nächster int. Flughafen: Poznań-Ławica
Gmina
Gminatyp: Stadtgemeinde
Fläche: 13,0 km²
Einwohner: 18.229
(31. Dez. 2020)[1]
Bevölkerungsdichte: 1402 Einw./km²
Gemeindenummer (GUS): 3001011
Verwaltung (Stand: 2017)
Bürgermeister: Jacek Gursz
Adresse: ul. Paderewskiego 2
64-800 Chodzież
Webpräsenz: www.chodziez.pl



Stadtpanorama (2012)
Stadtpanorama (1930er Jahre)
Häuser am Ring

Geographische Lage Bearbeiten

Die Stadt liegt in der historischen Region Großpolen in der Chodzieskie-Seenplatte, einer hügeligen, waldreichen Moränenlandschaft, auf einer Höhe von 63 m über dem Meeresspiegel, etwa 70 km nördlich der Stadt Posen (Poznań). Innerhalb der Stadtgrenzen befinden sich drei Seen, Miejskie (104 ha), Karczewnik (34 ha) und Strzeleckie (18 ha).

 
Kolmar i. Posen (Chodziesen) nördlich der Stadt Posen und südwestlich der Stadt Schneidemühl auf einer Landkarte der Provinz Posen von 1905 (gelb markierte Flächen kennzeichnen Gebiete mit seinerzeit mehrheitlich polnischsprachiger Bevölkerung)

Geschichte Bearbeiten

Das Dorf Chodzież wurde 1409 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. 1434 erhielt es das Stadtrecht, und erste Handwerker, besonders Weber, Färber und Tuchmacher, siedelten sich an. Im Jahr 1458 war die Stadt noch klein: sie hatte dem Heer nur zwei Krieger zu stellen.[2]

Verursacht durch den Schwedisch-Polnischen Krieg, in dem sich die Bürger der Stadt 1656 tapfer gegen die Schweden verteidigt haben sollen,[2] kam es zu einer zweiten, größeren Einwanderungswelle von Handwerkern; Chodzież wurde um die westliche Neustadt erweitert. Im 18. Jahrhundert gehörte die Stadt der Familie Grudziński, die in ihr ein Schloss besaß. Das Schloss verfiel allmählich, nachdem sich die Familie in einigen Kilometern Entfernung auf ihrem Vorwerk ein neues Schloss als ständigen Wohnsitz erbaut hatte.[2]

Bei der Ersten Teilung Polens fiel die Stadt 1773 an Preußen. Im 19. Jahrhundert war der von Zacha auf Strelitz Besitzer der Stadt.[2] 1818 wurde Chodziesen Verwaltungssitz des Landkreises Chodziesen. In der Stadt gab es eine evangelische Kirche, eine katholische Kirche und eine Synagoge.[3] Während der polnischen Erhebung in Posen im Frühjahr 1848 nahmen die Stadtvertreter Chodziesens an der Volksversammlung am 8. April in Schneidemühl teil und solidarisierten sich mit der Stadt Bromberg.[2]

Im Jahr 1879 wurde die Eisenbahnlinie Posen–Colmar–Schneidemühl eröffnet, für deren Bau sich besonders der Landrat Axel von Colmar eingesetzt hatte. Bereits 1878 wurde die Stadt Chodziesen ihm zu Ehren in Kolmar in Posen umbenannt.[4]

Im Schloss von Chodziesen, das Anfang des 19. Jahrhunderts von den Grundherren aufgegeben worden war, wurde, nachdem es vorübergehend als Brauerei gedient hatte, 1852[5] eine Steingutfabrik eingerichtet. 1897 kam eine Porzellanfabrik mit zeitweise 2000 Mitarbeitern hinzu, die noch heute existiert. Chodzieżer Porzellan ist in ganz Polen bekannt.

Im Zuge der Novemberrevolution bildeten sich 1918 in der Provinz Posen polnische sowie deutsche Volks- und Soldatenräte und polnische Truppenverbände. Es kam zum bewaffneten Posener Aufstand, bei dem am 8. Januar 1919 Kolmar von polnischen Truppen besetzt wurde. Nach Verhandlungen zogen sich diese noch in derselben Nacht wieder zurück; die Stadt wurde neutral, bis am 3. Februar deutsche Truppen einmarschierten. Aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrags kam Kolmar 1920 an den polnischen Staat und hieß von da an offiziell wieder Chodzież.

Bei Beginn des Zweiten Weltkriegs besetzte 1939 die deutsche Wehrmacht Chodzież. Die Stadt erhielt den deutschen Namen zurück und wurde Kreisstadt im Kreis Kolmar in Posen im Reichsgau Posen. Von 1940 bis 1945 war Kolmar Kreisstadt des Landkreises Kolmar (Wartheland) im Reichsgau Wartheland.[6] Infolge der Weichsel-Oder-Operation erhielt Polen Ende Januar 1945 die Stadt zurück. Soweit die Angehörigen der deutschen Minderheit nicht vor der näherrückenden Roten Armee geflohen waren, wurden sie in der Folgezeit vertrieben.

Demographie Bearbeiten

Bevölkerungsentwicklung bis 1921
Jahr Einwohnerzahl Anmerkungen
1783 651 in 257 Häusern (größtenteils Holzhäuser mit Stroh- oder Schindeldächern), ohne die Garnison, darunter 365 Juden[7]
1788 1528 darunter 279 Juden[2]
1802 2593 [8]
1806 2397 [2][8]
1816 2029 darunter 724 Juden, 672 Evangelische. 633 Katholiken;[2] nach anderen Angaben 2455 Einwohner, davon 785 Evangelische, 804 Katholiken, 866 Juden[8]
1821 2441 in 292 Privatwohnhäusern[8]
1826 2600 in 290 Privatwohnhäusern, darunter 1000 Juden[9]
1837 2925 [2]
1861 2285 [2][2]
1867 3125 am 3. Dezember[10]
1871 3092 darunter 1310 Evangelische, 920 Katholiken, 870 Juden (580 Polen);[11] nach anderen Angaben 3092 Einwohner, darunter 1274 Evangelische, 1020 Katholiken, drei sonstige Christen, 795 Juden[10]
1875 2919 [12]
1880 3146 [12]
1900 5025 [13]
1905 5020 meist Katholiken[14]
1910 7162 am 1. Dezember[15]
Anzahl Einwohner nach dem Zweiten Weltkrieg
Jahr Einwohner Anmerkungen
2014 19.34
2019 18.602 im Juni

Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

  • Die St.-Florians-Kirche mit separatem Glockenturm wurde 1755 im spätbarocken Stil unter Verwendung der gotischen Mauern eines zuvor abgebrannten Baus aus dem 13. Jahrhundert errichtet.
  • Neugotische Friedhofskapelle der evangelischen Gemeinde
  • Gebäude des Bezirksgerichts, erbaut 1905

Städtepartnerschaften Bearbeiten

Seit 1992 ist Chodzież Partnerstadt von Nottuln in Nordrhein-Westfalen.

 
Bahnhof Chodzież

Verkehr Bearbeiten

Chodzież hat einen Bahnhof an der Bahnstrecke Poznań–Piła (weiterer Halt in Milcz). Früher begann hier außerdem die Bahnstrecke Gołańcz–Chodzież.

Gmina Bearbeiten

Chodzież ist Sitz der Landgemeinde Chodzież, zu der die Stadt selbst nicht gehört.

Persönlichkeiten Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Heinrich Wuttke: Städtebuch des Landes Posen. Codex diplomaticus: Allgemeine Geschichte der Städte im Lande Posen. Geschichtliche Nachrichten von 149 einzelnen Städten. Leipzig 1864, S. 335.
  • Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preussen. Zweiter Theil, welcher die Topographie von West-Preussen enthält. Kantersche Hofdruckerei, Marienwerder 1789, S. 112, Nr. 6; Textarchiv – Internet Archive.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Chodzież – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Population. Size and Structure by Territorial Division. As of December 31, 2020. Główny Urząd Statystyczny (GUS) (PDF-Dateien; 0,72 MB), abgerufen am 12. Juni 2021.
  2. a b c d e f g h i j k Heinrich Wuttke: Städtebuch des Landes Posen. Codex diplomaticus: Allgemeine Geschichte der Städte im Lande Posen. Geschichtliche Nachrichten von 149 einzelnen Städten. Leipzig 1864, S. 335.
  3. Leopold von Zedlitz-Neukirch: Der preußische Staat in allen seinen Beziehungen. Band 3. Berlin 1837, S. 169; Textarchiv – Internet Archive.
  4. Peter Oliver Loew u. a, (Hrsg.): Wiedergewonnene Geschichte. Zur Aneignung von Vergangenheit in den Zwischenräumen Mitteleuropas. Harrassowitz, Wiesbaden 2006, ISBN 978-3-447-05297-9, S. 271, 283 f.
  5. Jahresangabe „1852“ laut Marke von Porzellan des Porzellanherstellers Chodzież aus dem 20. Jahrhundert.
  6. Der Landkreis Kolmar (Wartheland). territorial.de
  7. Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preußen. Teil II: Topographie von Westpreußen. Marienwerder 1789, S. 112, Ziffer 6; Textarchiv – Internet Archive.
  8. a b c d Alexander August Mützell, Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preussischen Staats. Band 5: T–Z. Halle 1823, S. 264–271, Ziffer 106.
  9. Leopold von Zedlitz-Neukirch: Die Staatskräfte der preußischen Monarchie unter Friedrich Wilhelm III. Band 2, Teil 1. Berlin 1828, S. 113–114, Ziffer II.; Textarchiv – Internet Archive.
  10. a b Die Gemeinden und Gutsbezirke des preussischen Staates und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. Dezember 1871 bearbeitet und zusammengestellt. Teil IV: Die Provinz Posen. Königliches Statistisches Büro, Berlin 1874, S. 152–153, Ziffer 2 (Digitalisat, S. 159–160).
  11. Gustav Neumann: Geographie des Preußischen Staats. 2. Auflage, Band 2, Berlin 1874, S. 158–159, Ziffer 3.
  12. a b Michael Rademacher: Pos_kolmar. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  13. Kolmar. 1). In: Brockhaus’ Kleines Konversations-Lexikon. 5. Auflage. Band 11. Brockhaus, Leipzig 1911, S. 989 (Digitalisat. zeno.org).
  14. Kolmar. 2). In: Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage. Band 11: Kimpolung–Kyzĭkos. Bibliographisches Institut, Leipzig / Wien 1907, S. 272 (Digitalisat. zeno.org).
  15. Gemeindeverzeichnis Kreis Kolmar in Posen 1900. gemeindeverzeichnis.de