Chaim Noll

deutsch-israelischer Schriftsteller und Essayist

Chaim Noll (* 13. Juli 1954 als Hans Noll in Berlin) ist ein deutsch-israelischer Journalist und Schriftsteller. Er schreibt Essays, Gedichte, Erzählungen und Romane.

Chaim Noll (2014)

Leben Bearbeiten

Noll wuchs in der DDR als Sohn des Schriftstellers Dieter Noll auf, dessen Mutter nach den Bestimmungen der Nürnberger Rassengesetze im Dritten Reich als „Halbjüdin“ galt. Über das Judentum und darüber, was es bedeutet, jüdisch zu sein, wusste er nach eigener Aussage in seiner Kindheit „fast nichts“.[1]

Er studierte zunächst von 1972 bis 1975 Mathematik in Jena und Ost-Berlin, anschließend Kunst und Kunstgeschichte an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Durch die Einweisung in eine Nervenklinik entzog er sich 1980 der Einberufung zur NVA im November, worauf er nach insgesamt 9 Monaten Aufenthalt ausgemustert wurde.[2] Am 8. Mai 1984 siedelte er als Regimegegner nach West-Berlin über und arbeitete dort als Journalist.

Während des Zweiten Golfkrieges, als die deutsche Linke 1991 gegen die Politik der USA und Israels demonstrierte, änderte er seinen Vornamen. Um ein Zeichen zu setzen, nannte er sich von nun an Chaim statt Hans.[3]

Von 1992 bis 1995 lebte er in Rom und ging dann mit seiner Frau, der Malerin Sabine Kahane (Binah Kahana), nach Israel. Zunächst lebten sie in Midreshet Sde Boker in der Wüste Negev, dann in Be’er Scheva und in Meitar. 1998 erhielt er die israelische Staatsbürgerschaft. Noll unterrichtet[4] neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit an der Universität in Be’er Scheva und reist regelmäßig zu Vorträgen und Lesungen nach Deutschland.

Im Herbst 2020 gehörte er zu den Erstunterzeichnern des Appell für freie Debattenräume.[5]

Politische Nähe Bearbeiten

2021 hielt Chaim Noll bei der Bundesvereinigung Juden in der AfD e.V. einen Vortrag, in dem er das Engagement von Juden in der AfD ausdrücklich begrüßte.[6] Damit wendet er sich gegen einen Aufruf des Zentralrats der Juden und 16 weiterer jüdischer Organisationen, die anlässlich der Gründung des Arbeitskreises vor der Gefahr für jüdisches Leben in Deutschland durch die AfD warnen.[7] Im September 2023 folgte er abermals einer Einladung der AfD zu einem Vortrag, diesmal in der Bundestagsfraktion.[8]

Tätigkeit als freier Autor Bearbeiten

Seit seiner Übersiedlung nach West-Berlin veröffentlichte Noll als freier Autor u. a. in:

Er war Redaktionsmitglied und Autor des mit der Ausgabe 591 (Juli/August 2017) eingestellten Monatsmagazins Mut; seine Bücher werden u. a. im Berliner Verbrecher Verlag verlegt.

Rezeption Bearbeiten

Im April 2019 wurde eine geplante Lesung Nolls in Leipzig von der veranstaltenden SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung kurzfristig abgesagt. Nachdem der Autor zunächst keine Begründung erhalten hatte, äußerte sich der Leiter des zuständigen Landesbüros, Matthias Eisel, gegenüber der Presse und begründete die Absage mit Nolls „criticism of Germany’s pro-Islamic regime policies“. Außerdem störe er sich an Nolls Mitarbeit beim Blog Die Achse des Guten, den er als „mindestens rechtspopulistisch“ bewertete. Der Direktor des Standorts Jerusalem des Simon Wiesenthal Centers, Efraim Zuroff, sprach von einem traurigen Tag für die deutsche Demokratie, denn die SPD „blacklists someone who does not agree with their foreign policy“.[11] Die Friedrich-Ebert-Stiftung bedauerte anschließend die mediale Debatte in einem Statement und unterstrich ihre von Solidarität geprägte Haltung gegenüber Israel.[12]

In einem Artikel in der Jüdischen Rundschau erklärte sich Noll Anfang 2021 als ausgesprochener Gegner der Anti-Corona-Maßnahmen der Bundesregierung.[13]

Werke Bearbeiten

 
Chaim Noll (rechts) referiert am Grab von David Ben Gurion vor Studenten der Sommeruniversität der Ben-Gurion-Universität des Negev, August 2006

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. »Ich musste raus!« Der deutsch-israelische Schriftsteller Chaim Noll über sein Leben in der DDR, den jüdischen Staat und Glücksgefühle in der Jüdischen Allgemeinen
  2. https://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/de/recherche/kataloge-datenbanken/biographische-datenbanken/chaim-frueher-hans-noll
  3. »Ich musste raus!«, juedische-allgemeine.de, 4. Juli 2011. (Archiviert am 7. Juli 2011)
  4. Deutschsprachige Sommeruniversität. hagalil.com
  5. Erstunterzeichner. In: idw-europe.org. 7. Januar 2020, abgerufen am 25. September 2020 (deutsch).
  6. Juden in der AfD e.V.: Chaim Noll: Die Juden in der AfD sind ein Zeichen von Vitalität! - JAfD auf YouTube, 2. Juli 2021, abgerufen am 25. Februar 2024 (Laufzeit: 29:09 min).
  7. https://www.zentralratderjuden.de/fileadmin/user_upload/pdfs/Gemeinsame_Erklaerung_gegen_die_AfD_.pdf https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-10/juden-afd-jafd-vera-kosova
  8. https://twitter.com/inJAfD/status/1705165292454723799
  9. Schriftsteller Chaim Noll: „Religion ist in Israel keine altmodische Sache“ www.deutschlandfunk.de, 13. April 2018
  10. Chaim Noll: Jüdische Sichtweisen auf den Koran. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 55 (2007), S. 1020–1036 ISSN 0044-2828
  11. Benjamin Weinthal: German NGO disinvites Israeli writer for slamming Berlin pro-Iran policies. In: The Jerusalem Post. 1. Mai 2019, abgerufen am 6. Mai 2019 (englisch).
  12. Friedrich-Ebert-Stiftung: Statement in Reaktion auf die mediale Debatte um die Haltung der FES zu Chaim Noll. In: fes.de. 2. Mai 2019, abgerufen am 6. Mai 2019.
  13. https://juedischerundschau.de/article.2021-01.wie-anetta-kahane-in-der-ddr-juden-denunzierte.html
  14. Rezension im Deutschlandradio