Cesàrolith ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“ mit der chemischen Zusammensetzung PbMn34+O6(OH)2[2] und ist damit chemisch gesehen ein Blei-Mangan-Hydroxid.

Cesàrolith
Cesàrolith (schwarz) im Hintergrund. Die konischen Kristalle im Vordergrund sind wahrscheinlich Vanadinit. Fundort: Stevenson-Bennett Mine, Doña Ana County, New Mexico, USA (Sichtfeld 1,2 mm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Csà[1]

Andere Namen

Cesarolith

Chemische Formel PbMn4+3O6(OH)2[2][3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Oxide und Hydroxide
System-Nummer nach
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

IV/D.08-080

4.FG.10
07.06.01.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem hexagonal
Kristallklasse; Symbol nicht definiert
Gitterparameter a = 2,81 Å; c = 20,39 Å[2]
Formeleinheiten Z = 1[2]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 4,5[4]
Dichte (g/cm3) gemessen: 5,29[4]
Spaltbarkeit gut[5]
Farbe stahlgrau[4]
Strichfarbe grauschwarz[5]
Transparenz undurchsichtig (opak)[4]
Glanz matt bis halbmetallisch[4]
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten gut löslich in Salzsäure[6]

Cesàrolith kristallisiert im hexagonalen Kristallsystem und findet sich meist in Form brüchiger, nieriger Krusten oder koksähnlicher Massen von matter, stahlgrauer Farbe.

Etymologie und Geschichte Bearbeiten

Erstmals entdeckt wurde Cesàrolith in der „Sidi Amor ben Salem Mine“ bei Tajerouine im tunesischen Gouvernement Kef. Die Erstbeschreibung erfolgte 1920 durch Henri Jean François Buttgenbach (1874–1964)[7] und C. Gillet, die das Mineral nach dem belgischen Professor der Mineralogie und Kristallographie an der Universität Lüttich Giuseppe Raimondo Pio Cesàro (1849–1939)[4] benannten.

Das Typmaterial des Minerals wird in der Mineralogischen Sammlung der Universität Lüttich (kurz ULG) in Belgien und im Muséum national d’histoire naturelle (kurz MHN oder Museum-Paris) in Paris in Frankreich unter der Katalog-Nummer 120.275 aufbewahrt.[8][9]

Da der Cesàrolith bereits lange vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) bekannt und als eigenständige Mineralart anerkannt war, wurde dies von ihrer Commission on New Minerals, Nomenclature and Classification (CNMNC) übernommen und bezeichnet den Cesàrolith als sogenanntes „grandfathered“ (G) Mineral.[3] Die seit 2021 ebenfalls von der IMA/CNMNC anerkannte Kurzbezeichnung (auch Mineral-Symbol) von Cesàrolith lautet „Csà“.[1]

Klassifikation Bearbeiten

In der seit 1977 veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz ist der Cesàrolith noch nicht eingeordnet. Im Register der letztmals 1982 herausgegebenen Literatur Mineralogische Tabellen (8. Auflage) von Karl Hugo Strunz und Christel Tennyson wird allerdings darauf hingewiesen, dass Cesarolith (Buttgenbach & Gillet 1920) nach Burkart-Baumann, Ottemann und Nicolini (1967) ein selbstständiges PbMn-Mineral sein soll.[10]

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich im Aufbau noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. IV/D.08-080. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies der Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort der Abteilung „Oxide mit dem Stoffmengenverhältnis Metall : Sauerstoff = 1 : 2 (MO2 und verwandte Verbindungen)“, wo Cesàrolith zusammen mit Coronadit, Ferrihollandit, Henrymeyerit, Hollandit, Kryptomelan, Manjiroit, Mannardit, Priderit, Redledgeit und Strontiomelan die „Kryptomelangruppe“ mit der System-Nr. IV/D.08 bildet.[5]

Die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[11] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Cesàrolith ebenfalls in die Klasse der „Oxide und Hydroxide“, dort allerdings in die Abteilung der „Hydroxide (ohne V oder U)“ ein. Diese ist weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit von Hydroxidionen und/oder Kristallwasser sowie der Kristallstruktur, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung und seinem Aufbau in der Unterabteilung „Hydroxide mit OH, ohne H2O; unklassifiziert“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 4.FG.10 bildet.

In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Cesàrolith die System- und Mineralnummer 07.06.01.01. Auch dies entspricht der Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort der Abteilung „Mehrfache Oxide“. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 07.06.01 innerhalb der Unterabteilung „Mehrfache Oxide mit der Formel A(B)4X9“ zu finden.

Kristallstruktur Bearbeiten

Cesàrolith kristallisiert in hexagonaler Symmetrie, wobei die Raumgruppe bisher allerdings nicht bekannt ist. Die Gitterparameter lauten a = 2,81 Å und c = 20,39 Å bei einer Formeleinheit pro Elementarzelle.[2]

Bildung und Fundorte Bearbeiten

Cesàrolith bildet sich in Hohlräumen von Galenit und ist entsprechend mit diesem vergesellschaftet, aber auch mit Coronadit.

Als seltene Mineralbildung ist Cesàrolith nur von wenigen Fundorten bekannt, wobei weltweit bisher rund 30 Fundorte dokumentiert sind (Stand: 2021).[12] Seine Typlokalität „Sidi Amor ben Salem Mine“ ist dabei der bisher einzige bekannte Fundort in Tunesien.

In Deutschland kennt man das Mineral bisher nur aus der Grube Clara bei Oberwolfach im Schwarzwald (Baden-Württemberg) und der Grube Friedericke bei Siegen (Nordrhein-Westfalen).

In Österreich fand sich Cesàrolith bisher in einer antiken Eisenerz- und Blei-Silber-Lagerstätte in der Umgebung von Waitschach in Kärnten,[13] im Schacht Neuschurf des Bergbaureviers Schwarzleo (Leogang) im Salzburger Land und im Bergbau Arzberg bei Steinhaus am Semmering in der Steiermark.

Der bisher einzige bekannte Fundort in der Schweiz ist der Mont Chemin in der Gemeinde Martigny im Kanton Wallis.

Weitere Fundorte sind unter anderem die Lagerstätte Kechikaya im Madan-Erzfeld in Bulgarien, die „La Sanguinéde Mine“ bei Saint-Laurent-le-Minier, Le Kaymar und Germs-sur-Oussouet (Okzitanien) in Frankreich, Krupka (deutsch Graupen) in Tschechien, die Bleimine bei Szabadbattyán im ungarischen Komitat Fejér, Roughton Gill und Cranmore in England sowie Talybont und Pontrhydygroes in Wales im Vereinigten Königreich sowie Bisbee (Arizona) in den Vereinigten Staaten von Amerika.[14]

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • H. Buttgenbach, C. Gillet: La cesàrolite (nouvelle espèce minérale). In: Annales de la Société Géologique de Belgique. Band 43, 1920, S. 239–241 (französisch, rruff.info [PDF; 114 kB; abgerufen am 28. Juni 2021]).
  • William F. Foshag: New minerals. In: American Mineralogist. Band 5, Nr. 12, 1920, S. 211 (englisch, minsocam.org [PDF; 157 kB; abgerufen am 28. Juni 2021] Übersicht Band 5 des American Mineralogist von 1920).
  • A. D. Wadsley: Synthesis of some hydrated manganese minerals. In: American Mineralogist. Band 35, Nr. 7–8, 1950, S. 485–499 (englisch, minsocam.org [PDF; 966 kB; abgerufen am 28. Juni 2021] Übersicht Band 35 des American Mineralogist von 1950).
  • I. Burkart-Baumann, J. Ottemann, P. Nicolini: Mineralogische Untersuchungen an Jordanit, Semseyit und Cesarolith von drei tunesischen Blei-Zink-Lagerstätten. In: Chemie der Erde. Band 26, 1967, S. 256–270.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Cesàrolite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 35,2 MB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 241 (englisch).
  3. a b Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: November 2023. (PDF; 3,8 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, November 2023, abgerufen am 27. Dezember 2023 (englisch).
  4. a b c d e f Cesàrolite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 53 kB; abgerufen am 27. Dezember 2023]).
  5. a b c Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  6. Cesàrolith. In: Mineralienatlas Lexikon. Geolitho Stiftung, abgerufen am 28. Juni 2021.
  7. J. Mélon: Memorial of Henri Buttgenbach. In: The American Mineralogist. Band 53, 1968, S. 536–544 (minsocam.org [PDF; 6,0 MB; abgerufen am 27. Dezember 2023]).
  8. Catalogue of Type Mineral Specimens – C. (PDF 312 kB) Commission on Museums (IMA), 9. Februar 2021, abgerufen am 27. Dezember 2023.
  9. Catalogue of Type Mineral Specimens – Depositories. (PDF; 311 kB) Commission on Museums (IMA), 18. Dezember 2010, abgerufen am 27. Dezember 2023 (englisch).
  10. Karl Hugo Strunz, Christel Tennyson: Mineralogische Tabellen. 3. Auflage. Akademische Verlagsgesellschaft Geest & Portig KG, Leipzig 1982, S. 515.
  11. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 27. Dezember 2023 (englisch).
  12. Localities for Cesàrolite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 28. Juni 2021 (englisch).
  13. Fundort Waitschach, Guttaring, Sankt Veit an der Glan District, Carinthia, Austria. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 28. Juni 2021 (englisch).
  14. Fundortliste für Cesàrolith beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 28. Juni 2021.