Canarana (Mato Grosso)

Gemeinde im Bundesstaat Mato Grosso, Brasilien

Canarana, amtlich portugiesisch Município de Canarana, ist eine brasilianische Kleinstadt im östlichen Mato Grosso mit einer großen Gemeindefläche. Sie liegt südöstlich des Parque Indígena do Xingu und ist der wichtigste Zugang zum Schutzgebiet.

Município de Canarana
Canarana

Wahrzeichen der Stadt, eine DC-130 auf der zentralen Praça do Avião
Canarana (Brasilien)
Canarana (Brasilien)
Canarana
Koordinaten 13° 33′ S, 52° 16′ WKoordinaten: 13° 33′ S, 52° 16′ W
Lage des Munizips im Bundesstaat Mato Grosso
Symbole
Wappen
Flagge
Wahlspruch
„Unidos venceremos“
Vereint werden wir siegen
Gründung 15. Februar 1975 (49 Jahre)
Stadtrecht 26. Dezember 1979 (44 Jahre)Vorlage:Infobox Ort in Brasilien/Wartung
Basisdaten
Staat Brasilien
Bundesstaat Mato Grosso
Gliederung 1 Gesamtdistrikt
Höhe 200 m
Gewässer Rio Sete de Setembro, Rio Tanguro
Klima tropisch, Aw
Fläche 10.855,2 km²
Einwohner 18.754 (2010[1])
Dichte 1,7 Ew./km²
Schätzung 22.101 (1. Juli 2021)[2]
Gemeindecode IBGE: 5102702
Postleitzahl 78640-000
Telefonvorwahl (+55) 66
Zeitzone UTC-4
Website canarana.mt (brasilianisches Portugiesisch)
Politik
Stadtpräfekt Fabio Faria[3] (2021–2024)
Partei DEM
Wirtschaft
BIP 1.272.296 Tsd. R$
59.701 R$ pro Kopf
(2018[4])
HDI 0,693 (mittel) (2010)
Karte

Ortsnamensherkunft und Bedeutung

Bearbeiten

Canarana ist der einheimische Name der sumpfige Gebiete besiedelnden Art der Süßgräser Hymenachne amplexicaulis, die im Amazonasgebiet an Flussufern und auf Flussinseln häufig vorkommt. Der Kolonisierungspionier Norberto Schwantes wählte diesen Namen.

Geschichte

Bearbeiten

1972 wurde die Ansiedlung Canarana als Kolonisierungsprojekt entworfen, Gründungsdatum war der 15. Februar 1975. 1978 wurde Canarana zunächst ein Distrikt des Munizips Barra do Garças, 1979 selbst zum Munizip erhoben und konnte am 15. Februar 1981 nach lokalen Kommunalwahlen für das Rathaus und den Stadtrat installiert werden.[5]

Hintergrund: Canarana entstand durch Landprobleme in Rio Grande do Sul im Süden des Landes. 1970 lebten in Tenente Portela über 4000 Bauernfamilien auf einer Fläche von nur 34.000 Hektar. Mehr als die Hälfte dieser Familien hatte nicht genug Land, um zu leben und ihre Kinder aufzuziehen. Jedes Jahr wurden etwa 450 neue Familien gegründet. Viele landeten in den Slums der Städte der Region.

Die Gründung des Stadtradios von Tenente Portela 1970 unter der Leitung des damaligen Pastors Norberto Schwantes (1935–1988), später zum Bundesabgeordneten in die Verfassunggebende Versammlung von 1988 gewählt,[6] ermöglichte Treffen, bei denen das Problem des Landmangels direkt mit den Bauern besprochen werden konnte. Es galt in der Zeit der Militärdiktatur als Subversion, offen über Landprobleme zu sprechen. Der Agrarwissenschaftler Orlando Roewer präsentierte eine schon traditionelle Idee, die Auswanderung in andere Landesteile. Es wurde geplant, eine Genossenschaft gegründet, die Cooperativa de Colonização 31 de Março Ltda. (Coopercol), und in etwa 1800 km Entfernung Siedlungsland in Mato Grosso gefunden, wo sich zunächst zwei Familien ansiedelten. 1972 folgten 80 weitere Familien, die sich auf drei Agrardörfer verteilten, jedes 6 km von einem geplanten Stadtzentrum entfernt. Jede Familie erhielt 480 Hektar Land.[5] Viele der ersten Kolonisten trugen deutschsprachige Namen, da sie aus den ersten Einwanderungswellen in Rio Grande do Sul abstammten.

Im Jahr 1975 konnte eine Transportflugmaschine angeschafft werden, eine DC-130, frühere Typenbezeichnung Douglas C-47-5-DK,[7] die weitere Kolonisten brachte und diesen mit Versorgungsflügen half. Sie steht heute als Wahrzeichen der Stadt auf einem Platz im Zentrum. Es bildeten sich weitere Siedlungkerne und zwei weitere Siedlungkooperativen.

1982 wurde in Canarana die Banco do Brasil gegründet, über deren Kredite für Landmaschinen im neuen Munizip Fortschritte in der Mechanisierung der Landwirtschaft erzielt wurden. 1984 wurde innerhalb des Munizips der Distrito de Ribeirão Bonito gegründet, der bereits am 3. Mai 1988 als Ribeirão Cascalheira selbständiges Munizip wurde.[8]

Canarana hat auch Tourismuspotential mit am Rio Sete de Setembro und Rio Culuene gelegenen Gasthäusern.

Geografie

Bearbeiten

Das Munizip liegt in der Savannenlandschaft des Cerrado an der Grenze zum oberen Rio Xingu, der zum hydrographischen Bereich des Amazonas gehört. Nördlich schließt sich Amazonas-Regenwald an.

Das Klima entspricht nach der Klimaklassifikation von Köppen und Geiger tropischem Savannenklima (Aw) mit starkem Regen von Dezember bis Februar und kaum Regen von Mai bis September.[9]

Monatliche Durchschnittstemperaturen und -niederschläge für Canarana

Jan Feb Mär Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Temperatur (°C) 25,2 25,3 25,3 25,6 25,8 25,5 25,6 27,5 29,0 27,7 25,9 25,5 Ø 26,2
Niederschlag (mm) 253 223 209 116 23 2 0 6 32 127 189 233 Σ 1413

Die urbane und wenige Quadratkilometer umfassende Siedlungsfläche von Canarana liegt 604 km östlich von Cuiaba, Hauptstadt von Mato Grosso, 800 km westlich der Bundeshauptstadt Brasília sowie 325 km nördlich von Barra do Garças und etwa 100 km südlich des Parque Indígena do Xingu.

Die Gemeindefläche umfasst rund 10.855,2 km², etwa zwei Drittel der Fläche Schleswig-Holsteins, rechnerisch ergibt sich eine Bevölkerungsdichte von rund 1,7 Personen pro km².

Die Nachbargemeinden sind Cocalinho, Ribeirão Cascalheira, Querência, Gaúcha do Norte, Água Boa und Nova Nazaré.

Hydrografie

Bearbeiten

Durch das Gemeindegebiet fließen Rio Sete de Setembro und Rio Tanguro.

Kommunalpolitik

Bearbeiten

Bei der Kommunalwahl 2020 wurde für die Amtszeit 2021 bis 2024 Fábio Marcos Pereira de Faria, bekannt als Fábio Faria, zum Stadtpräfekten (Bürgermeister) gewählt.[3]

Die Legislative wird durch einen Stadtrat (Câmara Municipal) aus 11 gewählten „Vereadores“ ausgeübt.

Bevölkerung

Bearbeiten

Im Munizip lebten 2010 18.754* Menschen, die Canaranenser genannt werden,[1] davon 14.805* im urbanen Bereich und 3949* im ländlichen Umfeld. Außer Teilen des Parque Índigena do Xingu befinden sich auch Teile zweier weiterer Terras Indígenas im Munizip, nordwestlich des Terra Indígena Pequizal do Naruvôtu und östlich des Terra Indígena Pimental Barbosa.

2010 waren 27,2 % der Bevölkerung Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren. Die Analphabetenquote der über 25-Jährigen wurde mit 11,85 % angegeben.[10]

In der Dialektgeografie liegt Canarana im Bereich des Amazofonia-Dialekts, auch als Nortista bezeichnet.

Bevölkerungsentwicklung

Bearbeiten
Jahr Einwohner Stadt Land
1980 8.757 802 7.955
1991 11.909 6.655 5.254
2000 15.408 11.657 3.751
2010 18.701* 14.813* 3.888*
2021 22.101 ? ?
Hier fehlt eine Grafik, die leider im Moment aus technischen Gründen nicht angezeigt werden kann. Wir arbeiten daran!

Quelle: IBGE (2011)[11]
* Anmerkung: Die Angaben in den verschiedenen Datenbanken des Statistikamtes können voneinander abweichen, so werden für das Jahr 2010 die beiden Werte 18.701 und 18.754 Einwohner genannt.

Ethnische Zusammensetzung

Bearbeiten

Ethnische Gruppen nach der statistischen Einteilung des IBGE (Stand 2000 mit 15.408 Einwohnern, Stand 2010 mit 18.754 Einwohnern):[12]

Ethnische Zusammensetzung von Canarana (MT) im Zehnjahresvergleich 2000/2010
Gruppe Anteil
2000
Anteil
2010
Anmerkung
Brancos 7.725   8.166 Weiße, Nachfahren von Europäern
Pardos 5.581   7.982 Mischrassige, Mulatten, Mestizen
Pretos 672   995 Schwarze
Amarelos 18   146 Asiaten
Indígenas 1.381   1.451 indigene Bevölkerung
ohne Angabe 144

Der Index der menschlichen Entwicklung für Städte, abgekürzt HDI (portugiesisch: IDH-M) lag 1991 bei dem sehr niedrigen Wert von 0,480, im Jahr 2010 bei dem als mittelhoch eingestuften Wert von 0,693.[10]

HDI
Jahr Punkte
1991
  
0,480
2000
  
0,585
2010
  
0,693

Wirtschaft

Bearbeiten
 
Sojaanbau auf der Fazenda Cocal

Sektor Dienstleistungen

Bearbeiten

In Canarana sind viele staatliche und nicht staatliche Organisationen ansässig, die im Bereich Schutz der Umwelt und der indigenen Bevölkerung arbeiten. Niederlassungen betreiben unter anderen das Instituto Socioambiental, die APIX (Articulação dos Povos Indígenas no Xingu), die FUNAI und die FUNASA.

Sektor Landwirtschaft

Bearbeiten

Auf der 2017 rund 790.200 Hektar großen landwirtschaftlich genutzten Fläche erwirtschaftete der Sojaanbau 612.011.000 R$. Zudem werden Mais, Kürbisarten, Wassermelonen und Sesam angebaut. Die Anzahl an Rindern betrug 2010 rund 364.400 und verringerte sich 2019 auf rund 291.000.[13]

Durch Canarana führen die Staatsstraßen MT-020, MT-110, MT-109/BR-242 (transversal) und von Canarana führt die MT-326 östlich zur longitudinalen BR-158.

Nach Cuiaba und nach Brasília gibt es tägliche Busverbindungen.

Die Gemeinde verfügt über den eigenen Flughafen Canarana (Aeroporto Municipal de Canarana; IATA: CQA, ICAO: SWEK).

2003 wurde die Fundação Pró-Memória de Canarana gegründet, die im Zentrum der Stadt ein heimatkundliches Museum unterhält.

Religion

Bearbeiten

Canarana gehört zum Bistum Barra do Garças.

Die ursprünglichen Kolonisten waren vorwiegend evangelisch-lutherisch aus Rio Grande do Sul. Die demografischen Änderungen führten dazu, dass sich bei der Volkszählung 2010 10.646 Personen zum Katholizismus bekannten, 4850 zu einer evangelischen Kirche, rund 3000 zu einer Pfingstbewegung, 84 zu indigenen Traditionen und 2798 machten keine Angaben.[14]

Bearbeiten
Commons: Canarana – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. a b „Canarana – Panorama“ Übersichtsseite der IBGE zu Canarana, (brasilianisches Portugiesisch), abgerufen am 19. August 2021.
  2. IBGE: Estimativas da população residente no Brasil e unidades da federação com data de referência em 1° de julho de 2021. (PDF; 2,7 MB) In: ibge.gov.br. 2021, abgerufen am 31. August 2021 (brasilianisches Portugiesisch).
  3. a b Fábio Faria DEM 25 – Candidato a prefeito – Canarana - MT – Eleições 2020. In: com.br. Estadão, abgerufen am 20. August 2021 (brasilianisches Portugiesisch). Ergebnisse der Kommunalwahl.
  4. Produto Interno Bruto dos Municípios – Canarana. In: cidades.ibge.gov.br. IBGE, abgerufen am 20. August 2021 (brasilianisches Portugiesisch).
  5. a b História do Município de Canarana – MT. In: gov.br. Prefeitura Municipal de Canarana, abgerufen am 20. August 2021 (brasilianisches Portugiesisch).
  6. História – Norberto Schwantes, fundador de Canarana. In: tipoalfa.com.br. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 21. August 2021; abgerufen am 21. August 2021 (brasilianisches Portugiesisch).
  7. Arlindo Schwantes, Domingos Finato: : 07 – História do Monumento do Avião. In: blogspot.com. Fundação Pró-memória de Canarana, 25. Dezember 2010, abgerufen am 21. August 2021 (brasilianisches Portugiesisch).
  8. Canarana – História. IBGE, abgerufen am 20. August 2021 (brasilianisches Portugiesisch).
  9. „Klima Canarana (Brasilien)“ in Climate Data, abgerufen am 18. August 2021
  10. a b Atlas do Desenvolvimento Humano no Brasil – Canarana, MT. Abgerufen am 20. August 2021 (brasilianisches Portugiesisch).
  11. Evolução da divisão territorial do Brasil 1872–2010 (= IBGE [Hrsg.]: Documentos para disseminação. Memória institucional. Nr. 17). 2011, ISBN 978-85-240-4208-9, ISSN 0103-6459, Evolução da população, segundo os municípios – 1872/2010, S. 252 (brasilianisches Portugiesisch, ibge.gov.br [PDF; 122,3 MB; abgerufen am 20. August 2021]).
  12. IBGE: Sistema IBGE de Recuperação Automática - SIDRA: Tabela 2093. Abgerufen am 20. August 2021 (brasilianisches Portugiesisch, Datenbankabfrage, Suchbegriffe Canarana (MT) und Cor ou raça).
  13. Canarana – Censo Agropecuário. IBGE, abgerufen am 21. August 2021 (brasilianisches Portugiesisch).
  14. Canarana – Censo, Sinopse. IBGE, abgerufen am 21. August 2021 (brasilianisches Portugiesisch).