Feuerbrauchtum
Feuerbrauchtum ist ein Sammelbegriff für das Abbrennen von Feuern im Brauchtum. Dabei handelt es sich durchwegs um Großfeuer.
Übersicht über Brauchformen (Auswahl)
Bearbeiten- Biikebrennen, Nordfriesland, Schleswig-Holstein, 21. Februar, am Vorabend des Festtags „Petri Stuhlfeier in Antiochien“ („Petritag“)[1]
- Burgbrennen, am Funkensonntag, erster Sonntag nach Aschermittwoch (alemannisch)
- Dita e Verës, heidnisches Frühlingsfest am 14. März in Albanien
- „Fastnachtsfeuer“:[2] siehe Scheibenfeuer
- „Feuer in den Alpen“, eine seit 1988 im Alpenraum im August weithin sichtbar auf Bergen gepflegte Aktion als Beitrag für eine nachhaltigen Entwicklung des Alpenraums.[3]
- Funkenfeuer, auch am „Funkensonntag“
- Herz-Jesu-Bergfeuer, 2. Freitag nach Fronleichnam, Tirol[4]
- Halloween (urspr. vielleicht irisch Samhain, heute zunehmend weltweit, auch Heischebrauch)
- Hüttenbrennen, Eifel, Deutschland, am Funkensonntag
- Hutzelfeuer, regionale Variante der Winterverbrennung in Mittel-, Ost- und Nordhessen und in Thüringen mit Schwerpunkt in der Rhön
- Martinsfeuer anlässlich des St. Martinstags am 11. November, z. B. zum Abschluss von Martinszügen oder an den Rebhängen des Ahrtals[5]
- Neujahrsfeuer (Überformung des Wintersonnwendfeuers, heute weltweit durch Feuerwerk bzw. durch den Weihnachtsbaum ersetzt)
- Osterfeuer und andere Frühlingsfeste
- Scheibenfeuer, ebenfalls am „Funkensonntag“
- Sechseläuten, Mitte April, Zürich, Schweiz
- Sonnwend- bzw. Johannisfeuer, 21. bis 24. Juni, europaweit; teilweise auch zur Wintersonnwende[6]
- Walpurgisnacht: „Hexenbrennen“ in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai
Bei manchen dieser Bräuche ist das Verbrennen einer Figur z. B. aus Stroh fester Bestandteil des Rituals.
-
Zum Verbrennen anlässlich „Johanni“ vorbereitetes Holzschiff. Bussang, Vogesen, Frankreich, Juli 2007
-
Full Moon Festival (Vollmondfestival), Daeboreumnal, Korea, Februar 2008
-
Funkenfeuerpyramide, Bludenz, Österreich, Februar 2008
-
Holzstoß für ein Freudenfeuer von Ulster-Loyalisten in der Nacht vor dem Orangemen’s Day (12. Juli), Nordirland, 2009
-
Glühend auf ihren Stöcken rotierend bewegte Scheiben beim Bürgler Funkenfeuer, Dornbirn, Österreich, Februar 2012
Allgemeine Formen sind:
- Feuerrad (Weihnachten, Neujahr, Karneval, Ostern oder Pfingsten)
- Brauchtum um das Herdfeuer, weltweit seit der Antike überliefert, ist europaweit weitgehend ausgestorben.
Anlassgebunden sind etwa das Notfeuer (wohl germanisch, bis in das 20. Jh. erhalten) oder Erntedankfeuer (in Europa aber naturgemäß an einen Herbsttermin gebunden, siehe „Kartoffelfeuer“).
Rechtslage
BearbeitenDeutschland
BearbeitenBrauchtumsfeuer dürfen weder Umweltbelange noch die öffentliche Sicherheit gefährden. Sie sind zumindest anzeigepflichtig und müssen vom Veranstalter beaufsichtigt werden.
Österreich
BearbeitenBisher durften offene Großfeuer zu Veranstaltungszwecken des Brauchtums weitgehend problemlos abgehalten werden, einschlägige Sicherheits- und Brandschutzmaßnahmen wie die Anwesenheit der Feuerwehr – die Freiwilligen Feuerwehren sind traditionell eng ins Brauchtumsleben eingebunden – oder Brandwache auch nach Abbrand, wie auch vernünftigen Umgang mit den Brandmaterialien, vorausgesetzt.[7] Mit dem im Jahr 2002 eingeführten Bundesluftreinhaltegesetz[8] wurden die bisherigen Landes-Luftreinhaltegesetze[9] außer Kraft gesetzt. Seither ist das Abbrennen von „Feuer im Rahmen von Brauchtumsveranstaltungen“ – zeitliche und räumliche Ausnahmegenehmigung durch Verordnung durch den Landeshauptmann vorausgesetzt[10] – nur dann zulässig, wenn die Feuer „ausschließlich mit biogenen Materialien beschickt werden“[11] Das ist insofern problematisch, da es bei manchen Brauchtumsfeuern, wie etwa auch dem in das Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes in Österreich aufgenommenen Vorarlberger Funkensonntag und auch vielen anderen Feuerbräuchen, bei denen traditionell Figuren oder anderes über ein reines Feuer hinausgehende verbrannt werden, oder zu dem Zweck frisch geschlägertes Holz verwendet wird, nicht möglich ist, die strengen Vorgaben des Gesetzes einzuhalten. Das Gesetz wurde diesbezüglich als „weit über das Ziel [des Unterbindens unnötiger Luftverschmutzung, Anm.] hinausgeschossen“ bezeichnet,[12] von anderer Seite aber eine schärfere Regelung bezüglich des altbekannten Problems österlicher Abfallentsorgung[13] und dem Trend zu immer spektakuläreren Feuern – etwa auch unter Einsatz von Brandbeschleunigern – durchaus begrüßt.[14]
Schweiz
BearbeitenBrauchtumsfeuer, etwa anlässlich des Bundesfeiertags am 1. August, sind zulässig,[15] das Verbrennen natürlicher Wald-, Feld- und Gartenabfälle jedoch nur, wenn dadurch keine übermäßigen Immissionen entstehen (Art. 30c USG) und sie so trocken sind, dass dabei nur wenig Rauch entsteht.[16]
Weitere
BearbeitenAuch beim schottischen Wikingerfest Up Helly Aa Ende Januar oder beim keltischen bzw. „neuheidnischen“ Frühjahrsfest Imbolg Anfang Februar z. B. spielt Feuer eine wesentliche Rolle.
Siehe auch
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Herbert Rauchenecker: Licht- und Feuerbräuche. Zeichen der Lebenssuche und der Lebensfreude. Verlag Sankt Michaelsbund, 2003, ISBN 978-3-920821-39-9
- R. Wolfram: Die Jahresfeuer. In: Österr. Volkskundeatlas. Kommentar und Karten, 3. Lfg., 1968, Bl. 52, und 4. Lfg., 1971, Bl. 68,69.
Weblinks
Bearbeiten- Institut für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie, Universität Innsbruck, uibk.ac.at: Jahres-, Sonnwend-, Johannis-, Herz-Jesu-Feuer
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Informationen zum Feiertag 22. Februar, abgerufen am 11. August 2010
- ↑ Reinhard Cremer: Hoffnung für die Tradition. badische-zeitung.de, Efringen-Kirchen, 23. Februar 2010; abgerufen am 12. März 2017.
- ↑ feuerindenalpen.com feuerindenalpen.com
- ↑ Tiroler Berge in Flammen – die 10 spektakulärsten Bergfeuer. tirol.at, 4. März 2017 (9 · Herz-Jesu-Feuer im Tannheimer Tal)
- ↑ Martinsfeuer und Martingsumzüge. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 4. November 2019; abgerufen am 4. November 2019. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Die längste Nacht des Jahres kürzer erscheinen lassen. In: stimme.de. Abgerufen am 10. Dezember 2017. Gemmingen
- ↑ etwa Roman Häußl: Über das Verbrennen und Brauchtumsfeuer. In: NÖ Gemeindezeitung. Mai 2005 (Webrepro, ris.at [abgerufen am 6. Oktober 2010] Rechtslage vor Novelle 2010).
- ↑ Bundesluftreinhaltegesetz 2002 i.d.g.F. BGBl. I Nr. 77/2010
- ↑ cf. § 10
- ↑ § 3 Z. 4
- ↑ § 1a Begriffsbestimmungen Z. 4
- ↑ Zitat ÖVP-Volkskultursprecherin LAbg. Walli Ebner, zit. n. Ausnahme für Sonnwendfeuer. In: Salzburger Nachrichten. 6. Oktober 2010, Lokalteil Salzburg Aktuell, S. 6 (Artikelarchiv). , cf. auch „Mit Kanonen auf Spatzen geschossen“. In: Salzburger Nachrichten. (Artikelarchiv). „Irrwitziges Verbot von Brauchtumsfeuern“. In: Salzburger Nachrichten. 30. September 2010 (Artikelarchiv).
- ↑ Peter Gspaltl, Christoph Sudy: Brauchtum oder Abfallentsorgung? Projektarbeit zur Dienstprüfung für den höheren technischen Dienst. April 2000 (feinstaubfrei.at [PDF]).
- ↑ vgl. auch Materialiensammlung auf Osterfeuer – Schwerpunkt: Luftverschmutzung im Raum Graz. Bürgerinitiative ALS, 16. Juli 2009, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 23. Oktober 2009; abgerufen am 6. Oktober 2010.
- ↑ Regula Rometsch, Angelo Papis: Massnahmenplan Lufthygiene verbietet die Abfallverbrennung im Freien: Im Winter keine Feuer im Freien (PDF; 159 kB) Zürcher Umweltpraxis 2010, S. 7 f.
- ↑ Art. 26b der Luftreinhalte-Verordnung (LRV) vom 16. Dezember 1985