Betain (von lateinisch beta = Rübe, Bete) ist ein Oxidationsprodukt des Cholins. Betain ist eine quartäre Ammoniumverbindung mit drei Methylgruppen und ist bei Transmethylierungsprozessen im Organismus neben S-Adenosylmethionin ein wichtiger Methylgruppendonator, unter anderem zur Biosynthese von Kreatin, Methionin, Lecithin und Carnitin.

Strukturformel
Strukturformel von Betain
Allgemeines
Freiname Betain
Andere Namen
  • N,N,N-Trimethylammonioacetat (IUPAC)
  • N,N,N-Trimethylglycin
  • Glycylbetain
  • Glycinbetain
  • BETAINE (INCI)[1]
Summenformel C5H11NO2
Kurzbeschreibung

zerfließende, farblose Kristalle[2]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 107-43-7
EG-Nummer 203-490-6
ECHA-InfoCard 100.003.174
PubChem 247
ChemSpider 242
DrugBank DB06756
Wikidata Q10860583
Arzneistoffangaben
ATC-Code

A16AA06

Eigenschaften
Molare Masse 117,15 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

301 °C (> 300 °C Zersetzung)[3]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[3]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze
Toxikologische Daten

830 mg·kg−1 (LD50Mausi.v.)[4]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Es ist ein Derivat der Aminosäure Glycin.

Ähnliche zwitterionische Verbindungen werden unter der Gruppenbezeichnung Betaine zusammengefasst. Aminosäuren liegen am isoelektrischen Punkt als Zwitterionen (innere Salze) vor.

Vorkommen Bearbeiten

 
Nach dem Fang gekochte Krabben aus der Nordsee.
 
Zuckerrübe [Beta vulgaris subsp. vulgaris (Altissima-Gruppe)].

Man findet Betain in vielen Pflanzenteilen (Broccoli, Spinat) und Rübenzucker-Melasse, darüber hinaus in Miesmuscheln, Extrakten aus Krabben sowie in Dornhaimuskeln. Der Name Betain leitet sich vom Vorkommen der Verbindung in der Zuckerrübe bzw. Rote Beete (lat. Beta vulgaris) ab. Betain lässt sich als Nebenprodukt der Zuckerherstellung gewinnen. Es kommt in halophilen Organismen vor, die es anreichern können, um ihren Wasserverlust zu begrenzen. Bei Betain (in diesem Zusammenhang wird meistens die Bezeichnung Glycinbetain verwendet) handelt es sich um ein kompatibles Solut aus der Gruppe der zwitterionischen Solute.[5]

Betaingehalt in Nahrungsmitteln Bearbeiten

Betaingehalt einiger Nahrungsmittel[6]
Produkt Betain
[mg/100 g]
Quinoa roh 630
Weißer Gänsefuß 330
Rote Bete, konserviert, abgetropft 250
Roggen 150
Spinat 100
Weizen 70
Süßkartoffel 35
Rindfleisch 15–35
Hühnerleber 15
Pilze 10

Herstellung Bearbeiten

Betain wird mittels Extraktion aus Rübenzuckermelasse gewonnen. Ferner ist es synthetisch durch nukleophile Substitution von Chloressigsäure mit Trimethylamin zugänglich.[2] Weltweit bestehen drei Kristallisationsanlagen zur Herstellung. Die jüngste Anlage ging in Tulln an der Donau im Jahr 2020 in Betrieb.[7]

Verwendung Bearbeiten

Betain wird zur Herstellung von milden Tensiden in Kosmetikprodukten verwendet.[8]

Gesundheitsbezogene Verwendung Bearbeiten

Zusammen mit den Vitaminen Folsäure, Vitamin B6 und Vitamin B12 soll Betain in der Lage sein, erhöhte Homocystein-Werte im menschlichen Blut zu senken.[9]

Arzneilich wird Betain zur unterstützenden Behandlung der selten auftretenden Homocystinurie, einer angeborenen Stoffwechselstörung, verwendet.

Im Rahmen einer Studie an Radsportlern[10] hat eine tägliche Einnahme von 2,5 g Betain zu einer durchschnittlichen Leistungssteigerung von 3,3 % geführt.

Handelsnamen Bearbeiten

Betain ist in Deutschland als Fertigarzneimittel unter dem Namen Cystadane® im Handel.[11]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Eintrag zu BETAINE in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 28. Dezember 2019.
  2. a b c d Eintrag zu Betain. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 3. Juni 2014.
  3. a b Eintrag zu Betain in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 19. Dezember 2019. (JavaScript erforderlich)
  4. a b Eintrag zu Betaine in der ChemIDplus-Datenbank der United States National Library of Medicine (NLM) (Seite nicht mehr abrufbar)
  5. Glycinbetain bei Chemgapedia
  6. USDA Database for the Choline Content of Common Foods, Release 2 (2008). In: usda.gov. 2015, abgerufen am 8. April 2024 (englisch).
  7. lifePR (c) 2002–2021: AGRANA startet Produktion von kristallinem Betain in 40 Mio.-EUR-Anlage in Tulln, AGRANA Beteiligungs-AG, Pressemitteilung - lifePR. Abgerufen am 14. Februar 2021.
  8. Marina Bährle-Rapp: Springer Lexikon Kosmetik und Körperpflege. Springer-Verlag, 2012, ISBN 978-3-642-24688-3, S. 569 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. Zusammenfassung des EMEA für Cystadane (PDF; 387 kB)
  10. J. L. Pryor, S. AS Craig, T. Swensen: Effect of betaine supplementation on cycling sprint performance in J. Int. Soc. Sports Nutrition 9 (2012) 12, doi:10.1186/1550-2783-9-12.
  11. Rote Liste online, Stand: September 2009