Berlin Ekiden

Langstrecken-Staffellauf (Ekiden) von Potsdam nach Berlin

Der Berlin Ekiden war ein Langstrecken-Staffellauf (Ekiden) von Potsdam nach Berlin, der in den Jahren 1990 bis 1992 jährlich im November ausgetragen wurde.

Überblick Bearbeiten

Der Berlin Ekiden führte über die Marathondistanz von 42,195 km, die sich fünf männliche Läufer bei Streckenlängen von 8,5 km – 7,8 km – 10,3 km – 5 km – 10,595 km teilten.[Anm. 1] Eine Vorgängerveranstaltung war der von 1908 bis 1969 ausgetragene Staffellauf Potsdam–Berlin über 25 km, der allerdings nach dem Zweiten Weltkrieg und infolge der Teilung Berlins nur noch über eine verkürzte Strecke verlief. Anders als der Staffellauf Potsdam–Berlin richtete sich der Berlin Ekiden nicht an Vereine, sondern in der Spitze an Nationalteams mit Weltklasseläufern. Zusätzlich nahmen Staffeln der Landesverbände des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) teil. Die erste Austragung am 11. November 1990 fand fast auf den Tag genau ein Jahr nach dem Fall der Berliner Mauer statt, der die Streckenführung erst ermöglichte. Der Start befand sich am Potsdamer Schloss Cecilienhof, dem Tagungsort der Potsdamer Konferenz 1945, danach führte der Kurs über die Wechselpunkte Glienicker Brücke, Zehlendorfer Kleeblatt, Forum Steglitz und Fehrbelliner Platz zum Ziel am Brandenburger Tor.[1] Ab 1991 wurde auf dem Weg auch der Park Sanssouci durchquert, was davor nicht möglich war.[2]

Der Lauf wurde von japanischen Sponsoren und dem Fernsehsender TV Asahi gefördert. TV Asahi übertrug den Lauf live nach Japan zur dort besten Sendezeit von 18 bis 21 Uhr. 1990 kamen neunzig eigene Journalisten und Techniker, sechs Übertragungswagen, mehr als fünfzig Fahrzeuge des Deutschen Fernsehfunks sowie Hubschrauber und Motorrad-Crews mit Erfahrungen bei Tour-de-France-Übertragungen zum Einsatz.[1] Die Siegesprämie betrug je nach Angabe 30.000 Dollar[3] oder 25.000 Dollar,[4] hinzu kamen weitere Preisgelder für die platzierten Teams und Athleten, die Abschnittsbestzeiten aufstellten.[5] Nachdem TV Asahi begründet mit gesunkenem Interesse im eigenen Land die Übertragung eingestellt hatte,[6] fand die Veranstaltung nicht erneut statt.

Austragungen Bearbeiten

1990 Bearbeiten

Die Erstveranstaltung trug den Titel Potsdam–Berlin Memorial Ekiden 1990.[7] Ein Jahr nach dem Mauerfall und gut fünf Wochen nach der vollzogenen deutschen Wiedervereinigung war die von Bundestrainer Winfried Aufenanger betreute deutsche Auswahl das erste gesamtdeutsche Leichtathletik-Team seit der gemeinsamen Olympiaauswahl 1964.[1] An den Start gingen 17 Nationalteams und Auswahlteams aller 20 DLV-Landesverbände; den Startschuss gab Katrin Dörre.[8] Das Rennen wurde von Beginn an von der äthiopischen Auswahl dominiert, deren Athleten auf 4 von 5 Abschnitten die besten Zeiten liefen und am Ende mit über zwei Minuten Vorsprung siegten. Dahinter zählten lange Mexiko, Großbritannien und Kenia zu den ersten Verfolgern, am Ende erreichte aber der Schlussläufer Marokkos Khalid Skah, Crosslaufweltmeister im selben Jahr und zwei Jahre später Olympiasieger über 10.000 Meter, mit sechs Sekunden Vorsprung auf Kenia das Ziel am Brandenburger Tor. Dahinter folgten Großbritannien und Mexiko, die Top 8 komplettierten Portugal, die USA und Polen. Die deutsche Auswahl mit Stephan Freigang, Kurt Stenzel, Jörg Peter, Carsten Eich und Werner Schildhauer belegte Rang 12, nachdem sich Jörg Peter auf seiner Etappe bereits nach zwei der 10,3 Kilometern eine Zerrung zuzog und über zwei Minuten auf die Konkurrenz verlor.[9][10] Die schnellste DLV-Landesauswahl kam aus Berlin.[11]

1991 Bearbeiten

Bei der zweiten Austragung nahmen 20 Nationalstaffeln, 20 DLV-Länderteams und 2 gemischte internationale Teams teil.[12] Nach dem diesmal durch Waldemar Cierpinski abgegebenen Startschuss entwickelte sich an der Spitze für längere Zeit ein offenes Rennen. Erst der vierte äthiopische Läufer Fita Bayisa schüttelte die Konkurrenz aus den USA und Großbritannien auf seinen 5 km langen Abschnitt endgültig ab, sodass Äthiopien am Ende den Vorjahressieg wiederholen konnte. Dahinter verteidigte der US-amerikanische Schlussläufer Steve Spence sechs Sekunden vor Großbritannien den zweiten Rang. Die erneut von Winfried Aufenanger betreute deutsche Auswahl hielt zunächst nicht im Spitzenfeld mit, Startläufer Stéphane Franke übergab auf Position 14 und der folgende Konrad Dobler fiel weiter auf Rang 18 zurück. Danach lief Stephan Freigang jedoch mit der besten Abschnittszeit bis auf Platz 6 vor und auch Carsten Eich konnte zwei weitere Plätze gutmachen. Den vierten Rang mit letztendlich 1:10 min Rückstand auf Großbritannien verteidigte Schlussläufer Werner Schildhauer, im weiteren Einlauf folgten die Sowjetunion, Japan, Mexiko und die Tschechoslowakei. Wie im Vorjahr kam die schnellste Landesauswahl aus Berlin, dahinter folgten Nordrhein sowie Westfalen.[11][13]

1992 Bearbeiten

1992 entwickelte sich an der Spitze ein einsames Rennen, denn bereits der äthiopische Startläufer Fita Bayisa lief auf der ersten Etappe 48 Sekunden Vorsprung auf die 17 weiteren Nationalteams heraus. Seine Landsmänner konnten die Lücke weiter vergrößern und siegten am Ende mit dreieinhalb Minuten Vorsprung. Dahinter wechselte der vom deutschen Bundestrainer Winfried Aufenanger am Start aufgestellte Rainer Wachenbrunner als Vierter, Kurt Stenzel konnte die Position aber nicht halten und fiel auf Platz 9 zurück. Zurück auf Podestkurs brachte das Quintett Carsten Eich, dem auf der zweitlängsten Etappe als einzigen nichtäthiopischen Läufer an diesem Tag eine Teilstücksbestzeit gelang. Auf Rang 3 übergab er an Olympiasieger Dieter Baumann, der 16 Sekunden verbliebene Lücke auf den Kenianer Philip Barkutwo schließen konnte. Allein eine halbe Minute schneller als Baumann war der 19-jährige Haile Gebrselassie. Die Schlussläufer Joseph Keino und der Marathon-Olympiadritte Stephan Freigang trugen das Duell um den zweiten Rang schließlich im Spurt aus, den Keino knapp für sich entscheiden konnte. Dahinter trafen Südafrika, Tansania und Großbritannien ein, beste Auswahlvertretung aller deutschen Landesverbände war erneut Berlin. Den Startschuss gab diesmal Hans Grodotzki.[14][15]

Siegerliste Bearbeiten

Datum 1. Platz Zeit 2. Platz Zeit 3. Platz Zeit
11. Nov. 1990 Athiopien  Äthiopien
Bidelu Kibret
Abraham Assefa
Chala Kelile
Fita Bayisa
Addis Abebe
1:57:54 h Marokko  Marokko
Mohamed El Massoudi
R. Sosse
Brahim Lahlafi
Rachid El Basir
Khalid Skah
2:00:19 h Kenia  Kenia
Richard Chelimo
Ibrahim Kinuthia
Boniface Merande
William Mutwol
John Ngugi
2:00:25 h
10. Nov. 1991 Athiopien  Äthiopien
Dube Jillo
Bidelu Kibret
Chala Kelile
Fita Bayisa
Addis Abebe
1:58:20 h Vereinigte Staaten  Vereinigte Staaten
Jon Sinclair
Brian Abshire
Ed Eyestone
Reuben Reina
Steve Spence
1:59:35 h Vereinigtes Konigreich  Vereinigtes Königreich
Ian Hamer
John Sherban
Mark Flint
John Mayock
Nigel Adams
1:59:41 h
8. Nov. 1992 Athiopien  Äthiopien
Fita Bayisa
Abraham Assefa
Worku Bikila
Haile Gebrselassie
Addis Abebe
1:57:03 h Kenia  Kenia
Ibrahim Kinuthia
William Mutwol
Wilson Omwoyo
Philip Barkutwo
Joseph Keino
2:00:34 h Deutschland  Deutschland
Rainer Wachenbrunner
Kurt Stenzel
Carsten Eich
Dieter Baumann
Stephan Freigang
2:00:34 h

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c Michael Reinsch: Die äthiopische Mannschaft gewinnt Stafettenlauf – Sturm und Drang beim Millionen-Rennen Potsdam-Berlin als japanisches Ereignis. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 12. November 1990, S. 30.
  2. Zauberwort Ekiden – Marathonspektakel Potsdam–Berlin mit 20 Teams. In: Neue Zeit. 10. Oktober 1991, S. 15.
  3. z. B. „Memorial Ekiden“-Marathon-Staffel von Potsdam nach Berlin – Ungefährdeter Sieg für Äthiopien. In: Neues Deutschland. 12. November 1990 (Online).
  4. z. B. Michael Reinsch: Die äthiopische Mannschaft gewinnt Stafettenlauf – Sturm und Drang beim Millionen-Rennen Potsdam-Berlin als japanisches Ereignis. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 12. November 1990, S. 30.
  5. Karl-Heinz Bergmann: Äthiopiens Staffel favorisiert – Am Sonntag wieder Ekiden-Marathon Potsdam-Berlin / 41 Teams am Start. In: Berliner Zeitung. 7. November 1991, S. 27.
  6. Karl-Heinz Bergmann: Anstoßpunkt – Unwetter aus New York. In: Berliner Zeitung. 21. Januar 1993, S. 12.
  7. Martin Kloth: Deutsche Tradition mit Konzept aus Japan. In: Neues Deutschland. 14. September 1990, S. 8.
  8. „Memorial Ekiden“-Marathon-Staffel von Potsdam nach Berlin – Ungefährdeter Sieg für Äthiopien. In: Neues Deutschland. 12. November 1990 (Online).
  9. Wiedergeburt einer Tradition – Äthiopien gewann Marathon-Staffel Potsdam–Berlin. In: Neue Zeit. 13. November 1990, S. 16.
  10. Robert Hartmann: Marathonstaffel in Berlin – Äthiopier bestens honoriert. In: Süddeutsche Zeitung. 12. November 1990, S. 36.
  11. a b Karl-Heinz Bergmann: Stefan Freigangs tolle Aufholjagd – Äthiopien wieder schnellste Ekiden-Staffel. In: Berliner Zeitung. 11. November 1991, S. 21.
  12. Tolle Prämie für zwei Laufstunden. In: Neue Zeit. 11. November 1991, S. 16.
  13. Sport in Ergebnissen – Leichtathletik. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 11. November 1991, S. 31.
  14. Karl-Heinz Bergmann: Äthiopier einsam an der Spitze – Erfolg beim 3. Berlin-Ekiden in Streckenbestzeit / DLV-Team Dritter. In: Berliner Zeitung. 9. November 1992, S. 12.
  15. Berlin Ekiden - Leg 4. In: arrs.run. Abgerufen am 29. Dezember 2020.

Anmerkungen Bearbeiten

  1. Nach anderen Angaben waren die ersten beiden Teilstrecken 8,7 km und 7,6 km lang.