Tarifgeschichte der Einkommensteuer in Deutschland Bearbeiten

Dieser Artikel beschreibt die Entwicklung des Einkommensteuertarifs seit 1946, die häufig als Tarifgeschichte bezeichnet wird. Dabei geht es schwerpunktmäßig um die Steuerbetragsfunktion, die als Grundlage für die Erstellung von Steuertabellen oder seit Anfang der 2000er Jahr als Formeltarif dient.

Vom Mittelstandsbauch zum linearen Tarif Bearbeiten

 
Einkommensteuertarif von 1958 bis 1964 in Deutschland

Nachkriegszeit ab 1946 Bearbeiten

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges beschloss der Allierte Kontrollrat im Februar 1946 eine starke Anhebung des Spitzensteuersatzes der veranlagten Einkommensteuer auf 95 Prozent. In der Regierungserklärung vom 20. September 1949 kündigte Bundeskanzler Konrad Adenauer eine umfassende Steuerreform an. Ziel war die es, die Leistungsbereitschaft, Ersparnisbildung und Investitionstätigkeit anzukurbeln. In den Folgejahren gab es verschiedene Ansätze für Steuerreformen. Der erste Finanzminister der Bundesrepublik war Fritz Schäffer. Er hielt eine Vereinfachung der Steuergesetze für nötig.[1]

1958 bis 1989 Bearbeiten

Der erste im BMF-Steuerrechner[2] dokumentierte Tarif stammt aus dem Jahr 1958. Die Steuerbetragsfunktion (Formel nach §32a EStG) bestand aus abschnittsweise definierten Polynomen bis zum dritten Grad, also der Form:

 

Laut Gesetz war damit von 1958 bis 1964 folgende Berechnungsvorschrift zur Erstellung von Einkommensteuertabellen vorgesehen:[2]

Formeln für die Jahre von 1958 bis 1964
Alternative  zu versteuerndes Einkommen 	Formeln
      a)     bis 1.680 DM     ESt = 0
      b)     von 1.681 DM bis 8.009 DM      ESt = 0,2 * (zvE - 1.680)
      c)     von 8.010 DM bis 23.999 DM     ESt = 1.264 + 272 * y + 2,9 * y²
                                              y = (zvE - 8.000) / 1.000
      d)     von 24.000 DM bis 110.039 DM   ESt = 6.358 + 382 * y + 1,572 * y² - 0,006 * y³
                                              y = (zvE - 24.000) / 1.000
      f)     ab 110.040 DM                  ESt = 0,53 * zvE - 11.281
ESt = Einkommensteuerbetrag, zvE = zu versteuerndes Einkommen

Der Eingangssteuersatz lag bei 20 Prozent und der Spitzensteuersatz (der höchste Grenzsteuersatz für den Teil des zu versteuernde Einkommen über rund 110.000 DM) betrug 53 Prozent. Im Jahr 1958 wurde auch das bis heute unverändert angewandte Ehegattensplitting bei gemeinsamer Veranlagung der beiden Partner eingeführt.

Außerdem gab es Rundungsvorschriften zur Ermittlung des abgerundeten zu versteuernden Einkommens (zvE). Bis zum Jahr 1980 wurde auf volle 30 DM abgerundet, wenn das zvE nicht mehr als 48.000 DM betrug. Darüber erfolgte die Abrundung auf einen ohne Rest durch 60 DM teilbaren Betrag. Ab 1981 bis 2000 erfolgte diese Abrundung entsprechend auf 54 DM.[3]

Ab dem Jahre 1975 wurde die Formel auf ein Polynom vierten Grades erweitert, jedoch dann in Form des Horner-Schemas:

 

Dieses Schema wurde im Prinzip bis zum Jahre 1989 beibehalten. Der von 1988 bis 1989 gültige Tarif sah damit folgendermaßen aus:[2]

Formeln für die Jahre von 1988 und 1989
Alternative   zu versteuerndes Einkommen      Formeln
     a)       bis 4.752 DM 	              ESt = 0
     b)       von 4.753 DM bis 18.035 DM     ESt = 0,22 * zvE - 1.045
     c)       von 18.036 DM bis 80.027 DM    ESt = (((0,34 * y - 21,58) * y + 392) * y + 2.200) * y + 2.911
                                               y = (zvE - 17.982) / 10.000
     d)       von 80.028 DM bis 130.031 DM   ESt = (70 * z + 4.900) * z + 26.974
                                               z = (zvE - 79.974) / 10.000
     e)       ab 130.032 DM                  ESt = 0,56 * zvE - 19.561

Durch diese Tarifformeln ergab sich eine stark bauchförmige Kurve für den Verlauf des Grenzsteuersatzes. Dieser wurde seit den 1960er Jahren kritisiert und als "Mittelstandsbauch" bezeichnet. Von 1975 bis 1989 galt außerdem ein Eingangssteuersatz von 22 Prozent und ein Spitzensteuersatz von 56 Prozent für Einkommensteile über rund 130.000 DM. Das änderte sich ab dem Jahr 1990 erheblich.

Tarifreform 1990 und die Jahre danach Bearbeiten

 
Einkommensteuertarifreform 1990 in Deutschland

Im Jahre 1990 trat unter Finanzminister Theo Waigel ein durchgehend linear-progressiver Einkommensteuertarif in Kraft, der zuvor von Gerhard Stoltenberg durchgesetzt worden war. Damit entstand ein Tarifverlauf ohne Buckel und Sprünge.[4] Damals wurde der seit den 1960er Jahren vorhandene "Mittelstandsbauch" beseitigt. Es gab nur noch eine einzige Progressionszone mit einer quadratischen Steuerbetragsfunktion:

 

In der Progressionszone ergibt sich ein durchgehend linearer Verlauf der Grenzsteuersatzfunktion. Das war eine große Vereinfachung gegenüber den früheren Berechnungsvorschriften.

In der Proportionalzone ist der Grenzsteuersatz konstant:

 

Diese im Gesetz geregelte Formel kann in die mathematisch gleichwertige Form umgestellt werden:

 

Damit wird sichtbar, dass der Grenzsteuersatz nur für den Teil des zvE über dem Eckwert gilt.

Es gelten folgende Variablen bzw. Parameter:

 

Die Tabellen in den folgenden Abschnitten zeigen die in den Formeln verwendeten Parameter im zeitlichen Wandel.

1990 bis 1999 Bearbeiten

Die in den Jahren von 1990 bis 1995 gültigen gesetzlichen Formeln lauteten:

Formeln von 1990 bis 1995:
Alternative    zu versteuerndes Einkommen 	   Formeln
     a)        bis 5.616 DM                    ESt = 0
     b)        von 5.617 DM bis 8.153 DM       ESt = 0,19 * zvE - 1.067
     c)        von 8.154 DM bis 120.041 DM     ESt = (151,94 * y + 1.900) * y + 472
                                                 y = (zvE - 8.100) / 10.000
     d)        ab 120.042 DM                   ESt = 0,53 * zvE - 22.842

Der Eingangssteuersatz wurde auf 19 Prozent und der Spitzensteuersatz (für Einkommensteile über 120.042 DM) auf 53 Prozent gesenkt. Der Grundfreibetrag betrug 5.616 DM (umgerechnet 2.871 Euro nominal).

Dieses Schema gilt prinzipiell noch heute, jedoch ist die Progressionszone in mehrere Bereiche aufgeteilt. Im Jahre 1996 wurde der Grundfreibetrag wegen zuvor verfassungswidriger Besteuerung des Existenzminimums[5] auf 12.095 DM ((6.184 Euro nominal) mehr als verdoppelt. Dabei wurde der durchgehend lineare Verlauf aufgegeben. Die gesetzlichen Formeln im Jahr 1996 sahen folgendermaßen aus:

Formeln im Jahr 1996:
Alternative 	zu versteuerndes Einkommen 	   Formeln
     a) 	bis 12.095 DM                   ESt = 0
     b) 	von 12.096 DM bis 55.727 DM     ESt = (86,63 * y + 2.590) * y
                                                 y = (zvE - 12.042) / 10.000
     c) 	von 55.728 DM bis 120.041 DM    ESt = (151,91 * z + 3.346) * z + 12.949
                                                 z = (zvE - 55.674) / 10.000
     d) 	ab 120.042 DM                   ESt = 0,53 * zvE - 22.842
 
Animierte Tarifgeschichte 1990 bis 2014 bei zu versteuernden Einkommen von bis zu 70.000 Euro/Jahr.
 
Animierte Tarifgeschichte 1990 bis 2014 bei zu versteuernden Einkommen von bis zu 300.000 Euro/Jahr.

Der Eingangssteuersatz wurde auf 25,9 Prozent angehoben und die Progressionszone war fortan in zwei Zonen unterschiedlicher Steigung unterteilt.

2000 bis 2006 Bearbeiten

Unter Bundeskanzler Gerhard Schröder und Finanzminister Hans Eichel erfolgte in den Jahren 2000 bis 2005 eine schrittweise Absenkung des Spitzensteuersatzes von 53 auf 42 Prozent. In dieser Zeit wurde die Tarifreform wegen der durch die Flutkatastrophe verursachten Kosten zeitlich verschoben. Diskutiert wurde zunächst über ein Vorziehen des Solidarpakts II, einen Nachtragshaushalt oder eine höhere Mehrwertsteuer. Schließlich wurde die zweite Stufe der Steuerreform um ein Jahr auf 2004 verschoben.[6]

Die Rundungsregeln wurden zwischen 2001 und 2004 mehrfach geändert. In Jahr 2001 war auf 54 DM abzurunden und dann 27 DM zu addieren. In den Jahren 2002 und 2003 war dann auf 36 Euro abzurunden. Ab 2004 wurde die Rundungsregel mit den 36 Euro-Stufen abgeschafft, um die Gleichmäßigkeit des Tarifverlaufs zu verbessern. Seitdem ist das zu versteuernde Einkommen (zvE) auf den nächsten vollen Eurobetrag abzurunden.[3]

Die folgende Tabelle zeigt die Entwicklung der Parameter ab 2000 bis 2006:

Veranlagungs-
zeitraum
Mathematische Parameter Quelle
Eckwerte des zvE
(ab 2002 in Euro)
Steuerbeträge
bei Eckwerten
weitere Parameter
E0 E1 E2 S1 S2 p1 sg1 p2 sg2 sg3
2000 13.499 DM 17.495 DM 114.695 DM 957 DM 37.919 DM 262.76e-8 0,229 133.74e-8 0,2500 0,510 [2]
2001 14.093 DM 18.089 DM 107.567 DM 857 DM 32.871 DM 387.89e-8 0,199 142.49e-8 0,2300 0,485 [2]
2002–2003 7.235 9.251 55.007 432 16.807 768.85e-8 0,199 278.65e-8 0,2300 0,485 [2]
2004 7.664 12.739 52.151 1.016 14.623 793.10e-8 0,160 265.78e-8 0,2405 0,450 [7]
2005–2006 7.664 12.739 52.151 989 13.990 883.74e-8 0,150 228.74e-8 0,2397 0,420 [8]

Seit 2007 Bearbeiten

Ab dem Jahr 2007 wurde unter Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück eine zusätzliche Tarifstufe mit dem neuen Spitzensteuersatz 45 Prozent ab 250.000 Euro hinzugefügt. Diese Stufe wurde vielfach als "Reichensteuer" bezeichnet; sie ist jedoch keine eigenständige Steuer, sondern Teil des Einkommensteuertarifs.

Die aktuellen Formeln für 2018 lauten:

Alternative    zu versteuerndes Einkommen 	   Formeln
     a)        bis 9.000 Euro                     ESt = 0
     b)        von 9.001 Euro bis 13.996 Euro     ESt = (997,8 * y + 1.400) * y
                                                    y = (zvE - 9.000) / 10.000
     c)        von 13.997 Euro bis 54.949 Euro    ESt = (220,13 * z + 2.397) * z + 948,49
                                                    z = (zvE - 13.996) / 10.000
     d)        von 54.950 Euro bis 260.532 Euro   ESt = 0,42 * zvE - 8.621,75
     e)        ab 260.533 Euro                    ESt = 0,45 * zvE - 16.437,7

Die folgende Tabelle zeigt die Entwicklung der Parameter ab 2007:

Veranlagungs-
zeitraum
Mathematische Parameter Quelle
Eckwerte des zvE Steuerbeträge bei Eckwerten weitere Parameter
E0 E1 E2 E3 S1 S2 S3 p1 sg1 p2 sg2 sg3 sg4
2007–2008 7.664 12.739 52.151 250.000 0.989,00 13.990,00 97.086,00 883.74e-8 0,150 228.74e-8 0,2397 0,420 0,45 [9]
2009 7.834 13.139 52.551 250.400 1.007,00 14.007,00 97.104,00 939.68e-8 0,140 228.74e-8 0,2397 0,420 0,45 [10]
2010–2012 8.004 13.469 52.881 250.730 1.038,00 14.038,00 97.134,00 912.17e-8 0,140 228.74e-8 0,2397 0,420 0,45 [11]
2013 8.130 13.469 52.881 250.730 1.014,00 14.014,00 97.110,00 933.70e-8 0,140 228.74e-8 0,2397 0,420 0,45 [12]
2014 8.354 13.469 52.881 250.730 0.971,00 13.971,00 97.067,00 974.58e-8 0,140 228.74e-8 0,2397 0,420 0,45 [13]
2015 8.472 13.469 52.881 250.730 0.948,68 13.949,00 97.045,00 997.60e-8 0,140 228.74e-8 0,2397 0,420 0,45 [14]
2016 8.652 13.669 53.665 254.447 0.952,48 14.145,16 98.473,00 993.62e-8 0,140 225.40e-8 0,2397 0,420 0,45 [15]
2017 8.820 13.769 54.057 256.303 0.939,57 14.228,50 99.171,82 1007.27e-8 0,140 223.76e-8 0,2397 0,420 0,45 [16]
2018 9.000 13.996 54.949 260.532 0.948,49 14.456,83 100.801,70 997.80e-8 0,140 220.13e-8 0,2397 0,420 0,45 [17]
2019 9.168 14.254 55.960 265.326 0.965,58 14.722,30 102.656,02 980.14e-8 0,140 216.16e-8 0,2397 0,420 0,45 [18]
2020 9.408 14.532 57.051 270.500 0.972,79 14.997,68 104.646,26 972.79e-8 0,140 212.02e-8 0,2397 0,420 0,45 [19]

Entwicklung der Eingangs- und Spitzensteuersätze Bearbeiten

Folgende Tabelle zeigt die historische Entwicklung der Eckwerte sowie der Eingangs- und Spitzensteuersätze im deutschen Einkommensteuertarif. Diese Angaben sind jedoch alleine noch nicht ausreichend für ein ganzheitliches Verständnis der Steuerbelastung der verschiedenen Einkommensgruppen. Dazu muss neben dem Grundfreibetrag zusätzlich der Tarifverlauf der Grenz- und Durchschnittssteuersätze betrachtet werden, wie das in den obigen Grafiken für ausgewählte Jahre dargestellt ist.

Zeitraum   Grundfreibetrag Eingangssteuersatz Beginn der letzten
Tarifzone
Spitzen-
steuersatz
Solidaritäts-
zuschlag
in % der
Einkommen-
steuer
Progressions-
breite[20]
Progressions-
höhe[21]
1958–1964 DM (€) 1.680 0.(859) 20 % 110.040 (56.263) 53 % 65,50 2,65
1965–1974 DM (€) 1.680 0.(859) 19 % 110.040 (56.263) 53 % 65,50 2,79
1975–1977 DM (€) 3.029 (1.549) 22 % 130.020 (66.478) 56 % 42,93 2,55
1978 DM (€) 3.329 (1.702) 22 % 130.020 (66.478) 56 % 39,06 2,55
1979–1980 DM (€) 3.690 (1.887) 22 % 130.000 (66.468) 56 % 35,23 2,55
1981–1985 DM (€) 4.212 (2.154) 22 % 130.000 (66.468) 56 % 30,86 2,55
1986–1987 DM (€) 4.536 (2.319) 22 % 130.032 (66.484) 56 % 28,67 2,55
1988–1989 DM (€) 4.752 (2.430) 22 % 130.032 (66.484) 56 % 27,36 2,55
1990 DM (€) 5.616 (2.871) 19 % 120.042 (61.376) 53 % 21,38 2,79
1991–1992 DM (€) 5.616 (2.871) 19 % 120.042 (61.376) 53 % 3,75 21,38 2,79
1993–1994 0,00 21,38 2,79
1995 7,50 21,38 2,79
1996–1997 DM (€) 12.095 (6.184)[5] ,025,9 % 120.042 (61.376) 53 % 9,92 2,05
1998 DM (€) 12.365 (6.322) ,025,9 % 120.042 (61.376) 53 % 5,50 9,71 2,05
1999 DM (€) 13.067 (6.681) ,023,9 % 120.042 (61.376) 53 % 9,19 2,22
2000 DM (€) 13.499 (6.902) ,022,9 % 114.696 (58.643) 51 % 8,50 2,23
2001 DM (€) 14.093 (7.206) ,019,9 % 107.568 (54.998) ,048,5 % 7,63 2,44
2002–2003 7.235 ,019,9 % 55.008 ,048,5 % 7,60 2,44
2004 7.664 16 % 52.152 45 % 6,80 2,81
2005–2006 7.664 15 % 52.152 42 % 6,80 2,80
3,00
2007–2008 7.664 15 % 52.152
ab 250.001
42 %
45 %
6,80
32,6
3,00
3,21
2009 7.834 14 % 52.552
ab 250.401
42 %
45 %
6,71
32,0
3,00
3,21
2010–2012 8.004 14 % 52.882
ab 250.731
42 %
45 %
6,61
31,3
3,00
3,21
2013 8.130 14 % 52.882
ab 250.731
42 %
45 %
6,50
30,8
3,00
3,21
2014 8.354 14 % 52.882
ab 250.731
42 %
45 %
6,33
30,0
3,00
3,21
2015 8.472 14 % 52.882
ab 250.731
42 %
45 %
6,24
29,6
3,00
3,21
2016 8.652 14 % 53.666
ab 254.447
42 %
45 %
6,20
29,4
3,00
3,21
2017 8.820 14 % 54.057
ab 256.304
42 %
45 %
6,20
29,4
3,00
3,21
2018 9.000 14 % 54.950
ab 260.533
42 %
45 %
6,11
28,9
3,00
3,21
2019 9.168 14 % 55.961
ab 265.327
42 %
45 %
6,10
28,94
3,00
3,21
2020 9.408 14 % 57.051
ab 270.500
42 %
45 %
6,06
28,75
3,00
3,21
Quelle: bmf-steuerrechner.de (Seite des BMF). Quelle 2018: Bundesgesetzblatt Jahrgang 2016 Teil I Nr. 63. Quelle 2019 und 2020: Bundesrat Drucksache 373/18: Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Entlastung der Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (Familienentlastungsgesetz - FamEntlastG)


Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Klaus Tipke: "Ein Ende dem Einkommensteuerwirrwar!? – Rechtsreform statt Stimmenfangpolitik", Köln, 2006, S. 22
  2. a b c d e f BMF: Steuerberechnung für Einkommensteuerpflichtige
  3. a b Parmentier: "Die Einkommensteuertarif-Formeln seit 1958"
  4. Klaus Tipke, ebd. S. 42
  5. a b vgl. BVerfGE 87, 153 - Grundfreibetrag
  6. Stern: Der Kanzler und die Flut, Nadine Schwede / DPA, 30. Juli 2003
  7. § 52 Absatz 41 EStG in der Fassung vom 1. Dezember 2003
  8. § 52 Absatz 41 EStG in der Fassung vom 1. Januar 2004
  9. § 32a Absatz 1 EStG in der Fassung vom 1. Januar 2007
  10. § 32a Absatz 1 EStG in der Fassung vom 6. März 2009
  11. § 52 Abs. 41 EStG in der Fassung vom 6. März 2009
  12. § 32a Absatz 1 EStG in der Fassung vom 1. Januar 2013
  13. § 32a Absatz 1 EStG in der Fassung vom 1. Januar 2014
  14. § 32a Absatz 1 EStG in der Fassung vom 23. Juli 2015
  15. § 32a Absatz 1 EStG ab 1. Januar 2016
  16. § 32a Absatz 1 EStG ab 1. Januar 2017
  17. § 32a Absatz 1 EStG ab 1. Januar 2018
  18. Bundesrat Drucksache 373/18: Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Entlastung der Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (Familienentlastungsgesetz - FamEntlastG)
  19. Bundesrat Drucksache 373/18: Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Entlastung der Familien sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen (Familienentlastungsgesetz - FamEntlastG)
  20. Progressionsbreite = Beginn der letzten Progressionszone (Euro) dividiert durch Grundfreibetrag (Euro)
  21. Progressionshöhe = Spitzensteuersatz (höchster Grenzsteuersatz) dividiert durch Eingangssteuersatz (niedrigster Grenzsteuersatz)


Hessisches Kinderförderungsgesetz Bearbeiten

Basisdaten
Titel: Gesetz zur Änderung des Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuches und zur Änderung und Aufhebung anderer Rechtsvorschriften
Kurztitel: Hessisches Kinderförderungsgesetz
Abkürzung: HessKiföG
Art: Landesrecht
Geltungsbereich: Hessen
Rechtsmaterie: Sozialrecht (Deutschland)
Erlassen am: 23. Mai 2013 (GVBl. vom 4. Juni 2013, S. 207)
Inkrafttreten am: 1. Januar 2014
Weblink: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen, Nr. 10 vom 4. Juni 2013, S. 207, Text des HessKiföG (PDF 502 KB)
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Das Hessische Kinderförderungsgesetz (HessKiföG) ist ein hessisches Landesgesetz, das die Regelungen zu den Rahmenbedingungen und der Landesförderung für die Kindertagesbetreuung bündelt und in das bestehende Hessische Kinder- und Jugendhilfegesetzbuch (HKJGB) einfügt. Es ist am 1. Januar 2014 in Kraft getreten.

Mit der Neuregelung der Rahmenbedingungen für den Betrieb von Tageseinrichtungen wird das Ziel verfolgt, die Gestaltungsfreiheit der Träger zu stärken. Die Rahmenbedingungen seien deshalb flexibler und bedarfsgerechter ausgestaltet. Gleichzeitig soll das Qualitätsniveau der Mindestverordnung von 2008 grundsätzlich aufrecht erhalten werden. Dazu ist eine Evaluation der Neuregelungen (Artikel 5a HessKiföG) vorgesehen, mit der die Auswirkungen des Gesetzes bis zum 31. Dezember 2016 überprüft werden sollen.

Im Wesentlichen werden die Mindeststandards in Tageseinrichtungen für Kinder (§§ 25a bis 25d HKJGB) sowie die Landesförderung der Kindertagesbetreuung (§§ 32 bis 32e HKJGB) geregelt.[1]

Mindeststandards in Tageseinrichtungen für Kinder Bearbeiten

Landesförderung der Kindertagesbetreuung Bearbeiten

  • Landesförderung für Tageseinrichtungen (§ 32 HKJGB)
  • Landesförderung für Kindertagespflege (§ 32a HKJGB)
  • Landesförderung für Fachberatung (§ 32b HKJGB)
  • Landesförderung für die Freistellung vom Teilnahme- oder Kostenbeitrag (§ 32c HKJGB)
  • Investive Landesförderung (§ 32d HKJGB)
  • Landesförderung zur Begleitung und Weiterentwicklung frühkindlicher Bildungsangebote (§ 32e HKJGB)

Entstehungsgeschichte und Kritik Bearbeiten

Der Entwurf des HessKiföG entstand im Anschluss an das Urteil des Staatsgerichtshofes des Landes Hessen vom 6. Juni 2012, mit dem die Klage von 39 Städten und Gemeinden gegen die Mindestverordnung abgewiesen und das Land Hessen zum zeitnahen Ausgleich der Kosten der Qualtätsstandards verurteilt worden war.[2] Er erschien am 4. Dezember 2012 als Eilausfertigung.[3]

Bei den ersten Beratungen zum Gesetzentwurf und in den Stellungnahmen der Fachverbände wurde die Umstellung von der gruppenbezogenen auf die kindbezogene Förderung kritisiert. Auch die Erweiterung des Fachkraftkataloges um fachfremdes Personal stieß auf Ablehnnung. Außerdem wurde die Berechnung der Fachkraftstunden mittels Fachkraftfaktoren und Betreuungsmittelwerten sowie die Deckelung auf 42,5 Stunden pro Woche als nicht sachgerecht angesehen.[4][5][6] Im Frühjahr 2013 kam es zu öffentlichen Demonstrationen von Eltern und Erziehern, die eine Verschlechterung der Betreuungsschlüssel befürchteten.[7][8]

Im Änderungsantrag zum Gesetzentwurf vom April 2013 wurde die Erweiterung des Fachkraftkataloges gestrichen und ein vierter Betreuungsmittelwert hinzugefügt.[9][10] Das Gesetz wurde dann am 23. Mai 2013 in dritter Lesung beschlossen. Die Erfahrungen mit der Fachkraftstundenberechnung veranlassen den Hessischen Städte- und Gemeindebund in einer späteren Stellungnahme vom 11. November 2014 die Erarbeitung einer anderen Berechnungsmethode vorzuschlagen.[11] Aktuell läuft die Evaluation des HessKiföG, die vom Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik durchgeführt wird und noch bis Ende 2016 andauert.[12]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Hessisches Sozialministerium: HessKiföG - Darstellung der wesentlichen Inhalte, Juni/Juli 2013
  2. Staatsgerichtshof des Landes Hessen, Urteilstext vom 6. Juni 2012
  3. Hessischer Landtag, Drs. 18/6733
  4. Ausschussvorlage SPA 18/85, Teil 1
  5. Ausschussvorlage SPA 18/85, Teil 2
  6. Ausschussvorlage SPA 18/85, Teil 4
  7. FAZ: "Hessen - Landtag verabschiedet Kinderförderungsgesetz", abgerufen am 13. Oktober 2016
  8. Frankfurter Rundschau: "KITA-Qualität im Sinkflug", 6. März 2013, abgerufen am 13. Oktober 2016
  9. Hessischer Landtag, Drs. 18/7208
  10. Hessischer Landtag, Beschlussempfehlung zu Drs. 18/7208
  11. Hessischer Landtag, Auschussvorlage SIA 19/18 Teil 2, S. 28/29.
  12. HMSI: Informationen zur Evaluation


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Personalschlüsselberechnung in Deutschland Bearbeiten

Im Zusammenhang mit der Statistik der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland wird ein standardisiertes Verfahren zur Personalschlüsselberechnung verwendet, das zur Ermittlung des Betreuungsschlüssels oder Personalschlüssels in Kindertageseinrichtungen dient .

Das Statistische Bundesamt definiert den Personalschlüssel mittels Vollzeitäquivalenten der betreuten Kinder (Vollzeitbetreuungsäquivalent) und der in der Kindertageseinrichtung pädagogisch tätigen Personen (Vollzeitbeschäftigungsäquivalent) für die verschiedenen Gruppenarten. Grundlage dafür sind Kindertageseinrichtungen mit fester Gruppenstruktur. Der berechnete Personalschlüssel darf nicht mit der Fachkraft-Kind-Relation verwechselt werden

Berechnungsmethode seit 2012 Bearbeiten

Wegen unterschiedlicher Arbeitszeiten beim Personal und verschieden langer Betreuungszeiten bei den Kindern muss eine Standardisierung erfolgen, damit die Ergebnisse vergleichbar sind. Bei den Kindern wird die vertraglich vereinbarte wöchentliche Betreuungszeit (Stunden) auf 40 Stunden pro Woche bezogen. Daraus ergibt sich das Vollzeitbetreuungsäquivalent. Beim pädagogisch tätigen Personal wird die Summe der vertraglich vereinbarten Wochenarbeitszeiten, bezogen auf die reguläre Wochenarbeitszeit von 39 Wochenstunden, verwendet. Der Beschäftigungsumfang von gruppenübergreifend tätigen Personen wird gleichmäßig auf alle Gruppen in der Kindertageseinrichtung verteilt, wobei Leitungsanteile nicht berücksichtigt werden. Daraus ergibt sich das Vollzeitbeschäftigungsäquvalent. Die errechneten Äquivalente für die Kinder und das Personal werden dividiert. Daraus ergibt sich ein standardisierter Personalschlüssel pro Gruppe.[1]

Vollzeitbetreuungsäquivalent Bearbeiten

Das Vollzeitbetreuungsäquivalent einer Kindergruppe wird berechnet, indem zunächst die vertraglich vereinbarten Betreuungszeiten aller Kinder innerhalb der Gruppe addiert werden. Das Ergebnis wird dann durch die Dauer einer Ganztagsbetreuung von 40 Stunden/Woche dividiert.

 
Beispiel Kindergartengruppe (Alter ab 3 Jahre bis Schuleintritt)
6 Kinder mit 25 Stunden
6 Kinder mit 30 Stunden
6 Kinder mit 35 Stunden
6 Kinder mit 40 Stunden

Vollzeitbetreuungsäquivalent = (6 x 25 + 6 x 30 + 6 x 35 + 6 x 40) / 40

Vollzeitbetreuungsäquivalent = 780 / 40 = 19,5

Vollzeitbeschäftigungsäquivalent Bearbeiten

Das Vollzeitbebeschäftigungsäquivalent berechnet sich aus der Wochenarbeitszeit der Fachkräfte in der jeweiligen Gruppe. Gruppenübergreifend tätige Kräfte werden anteilmäßig auf die Gruppen in der Kindertageseinrichtung verteilt. Leitungsanteile werden nicht berücksichtigt. Diese Wochenarbeitszeiten sind aufgrund der Erhebungsmethode einschließlich der Anteile für Vertretung und mittelbare pädagogische Arbeit zu verstehen. Der ermittelte Wert wird durch die reguläre Wochenarbeitszeit von 39 Stunden/Woche dividiert.

 
Beispiel Kindergartengruppe oben
1 Vollzeitkraft mit 39 Stunden
1 Teilzeitkraft mit 29 Stunden
1 gruppenübergreifende Kraft, Anteil 10 Stunden

Vollzeitbeschäftigungsäquivalent = (39 + 29 + 10) / 39

Vollzeitbeschäftigungsäquivalent = 78 / 39 = 2,0

Personalschlüssel Bearbeiten

Zu Berechnung des Personalschlüssels wird schließlich das Vollzeitbetreuungsäquivalent durch das Vollzeitbebeschäftigungsäquivalent dividiert.

 
Beispiel Kindergartengruppe oben
Personalschlüssel = 19,5 / 2,0 = 9,75

Das Ergebnis ist die Zahl der Kinder, die rechnerisch von einer vollzeitbeschäftigten Fachkraft betreut werden. Je kleiner diese Zahl ist, umso besser ist die Betreuungssituation. Das kann auch als Verhältnis angegeben werden:

Personalschlüssel = 1 : 9,75

Statistik Bearbeiten

Nachdem die Personalschlüssel aller Gruppen mit der beschriebenen Methode berechnet wurden, wird - getrennt nach Altersklassen und Bundesländern - der Median der Verteilung ermittelt und vom Statistischen Bundesamt in der Publikation "Der Personalschlüssel in Kindertageseinrichtungen" veröffentlicht.[1]

Fachkraft-Kind-Relation Bearbeiten

Die Fachkraft-Kind-Relation gibt an, wie viele Fachkräfte für die Arbeit mit dem Kind zur Verfügung stehen. Der berechnete Personalschlüssel darf nicht mit der Fachkraft-Kind-Relation verwechselt werden, weil die Summe der Wochenarbeitszeiten auch die Stundenanteile für Vertretung bei Krankheit, Urlaub und Fortbildung sowie die mittelbare pädagogische Arbeit (Vor- und Nachbereitung, Elterngespräche, Teamsitzungen und mehr) beinhalten. Diese Zeitanteile müssen zur Ermittlung der kindbezogenen Beschäftigungsäquivalente abgezogen werden. Wie hoch dieser Anteil ist, wird von verschiedenen Berechnungsmodellen unterschiedlich bewertet und hängt auch davon ab, wie die Anteile an Teilzeitkräften aussieht.[2] Es werden Werte zwischen 23 und 36 Prozent genannt. Rechnet man pauschal mit einem Anteil von 25 Prozent an der Gesamtarbeitszeit für "kinderfreie" Zeiten, so erhält man mit dem Beispiel von oben

 

Das bedeutet, dass hier für 13 Kinder tatsächlich nur eine Erzieherin zur Verfügung steht.

Berechnungsmethode bis 2011 Bearbeiten

Bis zum Jahr 2011 wurden für die Personalschlüsselberechnung an Stelle der tatsächlich vereinbarten Betreuungszeiten sogenannte Betreuungsmittelwerte verwendet. Das folgte aus der Datenerfassung der Betreuungszeiten der Kinder nach Größenklassen, die keine genauen Werte dieser Betreuungszeiten lieferte.[3] Wegen der damit verbundenen Ungenauigkeiten und Verzerrungen wurde dieses Verfahren abgeschafft.[1]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c Statistisches Bundesamt: "Der Personalschlüssel in Kindertageseinrichtungen", 2012, Seite 5, "Methodik der neuen Personalschlüsselberechnung", abgerufen am 30. Mai 2015
  2. Viernickel/Schwarz: "Forschungsbericht - Schlüssel zu guter Bildung, Erziehung und Betreuung", 2013, abgerufen am 5. Juni 2015
  3. Statistisches Bundesamt: "Der Personalschlüssel in Kindertageseinrichtungen", 2010, abgerufen am 30. Mai 2015

[[Kategorie:Kinder- und Jugendhilfe]] [[Kategorie:Statistik]]

Exkurs Bearbeiten

Setzt man die Definitionen der beiden Vollzeitäquivalente in die obige Formel ein, so ergibt sich

 

Da die Arbeitszeiten auf 39 Stunden/Woche und die Betreuungszeiten auf 40 Stunden/Woche bezogen werden, ergibt sich ein entsprechender Faktor (39/40 = 0,975), der das Ergebnis geringfügig günstiger erscheinen lässt. Das folgt aus der gewählten Standardisierung.

Betreuungsmittelwert Bearbeiten

Statistik Bearbeiten

Hessisches Kinderförderungsgesetz (HessKifög) Bearbeiten

Hessen ist das einzige Bundesland, in dem die Personalbemessung in Kindertageseinrichtungen mittels Betreungsmittelwerten gesetzlich vorgeschrieben ist. Obwohl die Betreuungsmittelwerte aus den oben genannten Gründen im Jahre 2011 abgeschafft wurden, waren diese im Entwurf des umstrittenen Hessischen Kinderförderungsgesetzes (HessKifög, § 25c) vom 4. Dezember 2012 enthalten. In der Gesetzesbegründung wurde ausdrücklich auf die Statistik der Kinder- und Jugendhilfe 2010 verwiesen: Die festgelegten Betreuungsmittelwerte lehnen sich an die Annahmen des Statistischen Bundesamtes in seiner Auswertung "Der Personalschlüssel in Kindertageseinrichtungen" (2010) an.[1] Dabei wurde jedoch der vierte Betreuungsmittelwert von 50,5 Stunden pro Woche weggelassen.

Bereits bei den ersten Beratungen zum Gesetzentwurf und später in den Stellungnahmen der Fachverbände wurde die Verwendung von Betreuungsmittelwerten und die Deckelung auf 42,5 Stunden kritisiert. [2] [3] [4] Dennoch wurde am Berechnungsmodus grundsätzlich festgehalten. Der Änderungsantrag zum Gesetzentwurf vom April 2013 enthielt aber den vierten Betreuungsmittelwert.[5][6]

Ungeachtet der jeweils zum 1. März in den Jahren 2012 und 2013 durchgeführten Erhebungen zur Statistik ohne Betreuungsmittelwerte wurde das HessKiföG am 23. Mai 2013 beschlossen (GVBl. I S. 207). Die Erfahrungen mit der Berechnungsmethode veranlassen den Hessischen Städte- und Gemeindebund in einer späteren Stellungnahme, die Erarbeitung einer anderen Berechnungsmethode vorzuschlagen. [7] Aktuell läuft die Evaluation des HessKiföG, die vom Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik durchgeführt wird und noch bis Ende 2016 andauert.[8]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Hessischer Landtag, Drs. 18/6733, Seite 19
  2. Ausschussvorlage SPA 18/85, Teil 1
  3. Ausschussvorlage SPA 18/85, Teil 2
  4. Ausschussvorlage SPA 18/85, Teil 4
  5. Hessischer Landtag, Drs. 18/7208
  6. Hessischer Landtag, Beschlussempfehlung zu Drs. 18/7208
  7. Hessischer Landtag, Auschussvorlage SIA 19/18 Teil 2, Seite 28/29
  8. HMSI: Informationen zur Evaluation

Linear-progressiver Tarif Bearbeiten

Der linear-progressive Tarif ist eine Variante der progressiven Einkommensteuertarife, bei dem der Verlauf des Grenzsteuersatzes zwischen dem Eingangs- und dem Spitzensteuersatz durchgehend linear (geradlinig) erfolgt. Dadurch werden sprunghafte Übergänge zwischen Tarifzonen und "Tarifbuckel" vermieden.[1]

Allgemeines Beispiel Bearbeiten

 
Steuerbetragsfunktion (allgemeines Beispiel)
 
Grenzsteuersatzfunktion (allgemeines Beispiel)
 
Durchschnittsteuersatzfunktion (allgemeines Beispiel)

Das folgende allgemeine Beispiel zeigt die Berechnung anhand eines Tarifes mit folgenden Kenndaten:

  • Grundfreibetrag: 10.000 Euro
  • Eingangssteuersatz: 10 %
  • Oberer Einkommenseckwert: 90.000 Euro
  • Spitzensteuersatz: 50 %

Der Grenzsteuersatz steigt damit linear um 0,5 Prozentpunkte je 1000 Euro Einkommenszuwachs. Gegeben sei ein zu versteuerndes Einkommen (zvE) von 60.000 Euro.

Steuerbetragsfunktion Bearbeiten

Im Regelfall ist im Gesetz eine Berechnungsvorschrift (Steuerbetragsfunktion) definiert, die als Ergebnis direkt den individuellen Steuerbetrag in Euro liefert, wenn das zu versteuernde Einkommen gegeben ist.

Wird dieser Zusammenhang grafisch dargestellt, so ergibt sich die Kurve im Bild rechts oben, aus der man den Steuerbetrag direkt ablesen kann. Meist stehen jedoch Steuertabellen oder Rechenprogramme zur Verfügung, die den gesuchten Steuerbetrag liefern.

Im oben genannten Beispiel ergibt sich ein Steuerbetrag von 11.250 Euro.

Grenzsteuersatzfunktion Bearbeiten

Zur Veranschaulichung der Grenzbelastung wird häufig der Verlauf des Grenzsteuersatzes grafisch dargestellt. Ein direktes Ablesen des Steuerbetrages aus diesem Diagramm ist nicht möglich.

Der Steuerbetrag ergibt sich hierbei indirekt durch die Berechnung der Fläche unterhalb des Funktionsgraphen, die durch die Grenzen Grundfreibetrag und individuelles zvE bestimmt wird. Da es sich um eine rechtwinklige Trapezfläche handelt, kann der Steuerbetrag aus dem mittleren Grenzsteuersatz und dem Abstand zwischen Grundfreibetrag und zvE berechnet werden. Im Beispiel ergibt sich ein mittlerer Grenzsteuersatz von 22,5 %.

 

Durchschnittsteuersatzfunktion Bearbeiten

Etwas einfacher ist die Berechnung des Steuerbetrages mittels Durchschnittsteuersatz. Dieser lässt sich aus der Grafik für die Durchschnittsteuersatzfunktion leicht ablesen.

Bei gegebenem Durchschnittsteuersatz   und   ergibt sich dann der Steuerbetrag durch Multiplikation dieser beiden Werte. Im Beispiel also

 

Mathematische Definition Bearbeiten

Den linear-progressiven Verlauf des Grenzsteuersatzes kann man sich aus einem Stufengrenzsatztarif entstanden vorstellen, indem die Anzahl der Stufen stark erhöht und gleichzeitig ihre Höhe vermindert wird. Es entsteht eine Steuerbetragsfunktion, die den Grenzsteuersatz proportional zum zu versteuernden Einkommen (zvE) ansteigen lässt. Aus diesen Vorgaben ergibt sich eine quadratische Funktion der Form

 

oder (zvE - GFB) ausgeklammert

 

Diese Steuerbetragsfunktion enthält folgende Kennwerte:

  •   = Steuerbetrag
  •   = zu versteuerndes Einkommen
  •   = Grundfreibetrag
  •   = Eingangssteuersatz
  •   = linearer Progressionsfaktor

Da der Grenzsteuersatz   die Steigung der Steuerbetragsfunktion darstellt, erhält man durch Ableitung:

 

Wie man sieht, handelt es sich um eine lineare Funktion, wodurch sich die Namensgebung erklärt. Auch ohne Grundfreibetrag kommt es bei der linearen Progression zu einer Progressionswirkung, weil der Progressionsfaktor   den Durchschnittsteuersatz abhängig vom   stetig erhöht. In der Praxis ist wegen der Steuerfreistellung des Existenzminimums immer ein Grundfreibetrag vergesehen.

Für den Durchschnittsteuersatz mit Grundfreibetrag gilt:

 

Der Durchschnittsteuersatz   hat hier im Bereich niedriger und mittlerer Einkommen einen flacheren Verlauf als der Durchschnittsteuersatz bei einer Flat tax.

Deutschland Bearbeiten

In Deutschland wurde ein linear-progressiver Tarif erstmals unter der Regierung Helmut Kohl im Jahre 1984 angekündigt.[1] Im Jahre 1990 trat unter Finanzminister Gerhard Stoltenberg ein durchgehend linear-progressiver Einkommensteuertarif in Kraft. Damit entstand ein Tarifverlauf ohne Buckel und Sprünge.[2] In den Folgejahren bis heute wurde dieser Verlauf jedoch immer wieder verändert.[3] Er besteht seither aus zwei oder drei Zonen mit unterschiedlicher Steigung.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Klaus Tipke: "Ein Ende dem Einkommensteuerwirrwar!?", Köln 2006, Seite 36
  2. ebd. Seite 42
  3. BMF: Übersichten zur Einkommensteuer-Tarifbelastung ab 1958

Volle Jahreswirkung Bearbeiten

Der Begriff volle Jahreswirkung wird in Deutschland bei Gesetzentwürfen zur Darstellung der Auswirkung auf den Bundeshaushalt verwendet. Dabei wird die Wirkung für einen vollen Zeitraum von 12 Monaten angegeben. Die Grundlagen für den Aufbau der Gesetzesvorlagen der Bundesregierung definiert die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO) im Rahmen der Gesetzesfolgenabschätzung. Danach kann das Bundesfinanzministerium (BMF) im Benehmen mit dem Innenministerium (BMI) allgemeine Vorgaben machen.

Nach den Vorgaben des BMF[1] soll die Kostenfolgenabschätzung grundsätzlich auf den Zeitraum des Finanzplans erstreckt werden.[2]

Wenn die volle Wirksamkeit einer Maßnahme erst in einem Jahr außerhalb des Finanzplans eintritt, soll neben der Kostenwirkung für die Finanzplanjahre auch die Jahreswirkung im Jahr der vollen Wirksamkeit der Maßnahme angegeben werden.

So heißt es beispielsweise im Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum "Abbau der kalten Progression", die "Umsetzung der Tarifanpassungen führt in der vollen Jahreswirkung zu jährlichen Steuermindereinnahmen von insgesamt rd. 6 Mrd. Euro".[3] Diese Wirkung bezieht sich auf den Fall, dass belastende und entlastende Maßnahmen gleichzeitig voll wirken.[4]

Verteilen sich Maßnahmen auf mehrere Haushaltsjahre, so ergibt sich die volle Jahreswirkung als Summe der Maßnahmen für jedes Jahr.

Allgemeines Beispiel

Die folgende Tabelle zeigt als fiktives Beispiel für jedes Haushaltsjahr die Jahreswirkung im Vergleich zum Jahr 2013. Die Kindergelderhöhung wirkt im Vergleich zu 2013 jedes Jahr erneut. Hinzu kommen dann weitere Mehr- oder Mindereinnahmen. Die Summe ist jeweils die volle Jahreswirkung.[5]

Volle Jahreswirkung auf den Haushalt (in Milliarden Euro)
2014 2015 2016 2017
Kindergelderhöhung −4,6 −4,6 −4,6 −4,6
Steuersenkung −2,7 −2,7 −2,7
Steuererhöhung +1,5 +1,5
Volle Jahreswirkung[6] −4,6 −7,3 −5,8 −5,8
(−) = Mindereinnahmen, (+) = Mehreinnahmen

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. "Allgemeine Vorgaben des Bundesministeriums der Finanzen für die Darstellung der Auswirkungen von Gesetzgebungsvorhaben auf Einnahmen und Ausgaben der öffentlichen Haushalte" vom 1. Dezember 2006
  2. BMI " Arbeitshilfe zur Gesetzesfolgenabschätzung", abgerufen am 23. Juni 2013 (PDF)
  3. BT-Drs. 17/8683, Seite 2 und Seite 8 (PDF)
  4. FAZ.net vom 14.03.2007 "Unternehmenssteuerreform - Steinbrücks Steuerreformkonzept", abgerufen am 22. Juni 2013
  5. vgl. BT-Drs. 17/5125, Tabelle auf Seite 3 (PDF)
  6. nominal, ohne Berücksichtigung der Preisentwicklung

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