Benutzer:MYR67/Artikelwerkstatt Fritz Kummer

Fritz Kummer (auch: Friedrich Kummer, Pseudonym: Chagrin; * 1. Juni 1875 in Albrechts in Thüringen, heute ein Ortsteil von Suhl, † September 1937 in New York City), war ein deutscher Metallarbeiter, sozialdemokratischer Gewerkschafter und Reise-Schriftsteller.

Lebensweg Bearbeiten

Fritz Kummer wurde am 1. Juni 1875 in Albrechts in Thüringen als Sohn eines sozialdemokratisch orientierten Nagelschmieds geboren. Er erlernte in Suhl – nach anderen Angaben: in Erfurt[1] – das Schlosser-Handwerk. Frühzeitig schloss er sich der Arbeiterbewegung an. 1898 wählte ihn der deutsche Arbeiter-Verein in Genf zu seinem Präsidenten.[2] Kummer war Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD). Von 1900 bis 1903 war er Auslandskorrespondent der sozialdemokratischen Zeitung „Vorwärts“. Aus der Schweiz zog Kummer weiter nach Belgien[3], wo er wohl in den Jahren 1902/1903 gelebt[4] und unter anderem auch für die sozialdemokratische Wochenzeitschrift „Die Neue Zeit“ geschrieben hat.

Wahrscheinlich zwischen 1907 und 1911 – der genaue Zeitraum seiner Reise ist heute nicht mehr bekannt – unternahm Kummer eine dreijährige Weltreise[5], mit längeren Aufenthalten vor allem in den USA, aber auch in Japan. Er stach von Bremerhaven aus auf dem Dampfschiff Fidelia der Reederei „Norddeutscher Lloyd“ nach New York City in See[6] und durchquerte dann die USA von ihrer Ost- zu ihrer Westküste, wobei er u. a. durch Pittsburg, Chicago, St. Louis, Denver und Salt Lake City kam und schließlich San Francisco erreichte. Kummer besuchte anschließend Hawaii, das damals noch nicht zu den USA gehörte und auch als die (nördlichen) Sandwich-Inseln bezeichnet wurde.

Belegbar ist, dass Fritz Kummer Ende Juli 1909 mit dem britischen Dampfschiff Asia, aus San Francisco kommend, im japanischen Yokohama eingetroffen ist.[7] Er besuchte Tokio, Osaka und Nagasaki in Japan, Shanghai in China, die damaligen britischen Kronkolonien Hongkong und Singapur, Colombo auf Sri Lanka (damals: Ceylon; eine britische Kolonie), Port Said und Kairo im damals britisch beherrschten Ägypten sowie Jerusalem, das damals zum Osmanischen Reich gehörte.

Über seine Reise verfasst Fritz Kummer das Buch „Eines Arbeiters Weltreise“, das in erster Auflage im Jahr 1913 im Verlag von Alexander Schlicke & Co. in Stuttgart erschien, dem Verlag der Industriegewerkschaft Metall (IG Metall), der auch die „Metallarbeiter-Zeitung“ verlegte. Die zweite Auflage (11.-16. Tausend) seines Reiseberichts erschien im Dezember 1924 in der Thüringer Verlagsanstalt und Druckerei in Jena. Ein Neudruck, herausgegeben von Horst Groschopp, erschien 1984 im Gustav Kiepenheuer Verlag. In seinem Reisebericht schildert Kummer detailliert die Lebensumstände und Lebensweise der Arbeiterschaft der von ihm bereisten Staaten sowie ihre politische und gewerkschaftliche Organisation. In seinem Bericht aus den USA beschreibt er unter anderem auch die Lage der deutschen Einwanderer.

Bereits seit 1900 und bis 1925 arbeitete Kummer als Mitarbeiter verschiedener europäischer und amerikanischer Arbeiter-Zeitungen und -Zeitschriften. Auch unterwegs schrieb und versandte er Artikel, die teils unter seinem Pseudonym „Chagrin“ (frz. f.: Kummer) erschienen.[8]

Bereits vor Antritt seiner Reise beherrschte Kummer die französische Sprache und lernte spätestens auf der Reise auch Englisch.[9]

Nach Rückkehr von seiner Weltreise war Kummer in Frankfurt am Main von 1911 bis 1913 Beisitzer im Vorstand des Metallarbeiter-Verbandes.[10]

Über Kummers Verbleib während des Ersten Weltkriegs ist wenig bekannt. Möglicherweise war er als Schlosser in einem metallverarbeitenden Betrieb tätig, der Granaten herstellte.[11]

Kummer gehörte zu den Unterzeichnern des „Appeal to British fair play“ aus dem Jahr 1920, der sich gegen einzelne Bestimmungen des Versailler Friedensvertrages richtete.[12]

Im Oktober 1921 wurde Kummer Schriftleiter der auflagenstarken „Metallarbeiter-Zeitung“.[13]

Mit der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten im Januar 1933 wurde die politische Lage in Deutschland für den sozialdemokratischen Gewerkschafter Kummer gefährlich. Er wurde im Mai 1933 für zwei Monate in „Schutzhaft“ genommen und kam in ein Konzentrationslager im Steinbruch bei Bad Sulza. Danach konnte Kummer in die Tschechoslowakische Republik (ČSR) fliehen. Nach einer kurzen Tätigkeit als Redakteur in Prag floh er 1934 in die USA.[14]

Im September 1937 kam Fritz Kummer bei einem Verkehrsunfall in seinem New Yorker Exil ums Leben. 1938 wurde er von den Nazis in Abwesenheit zum Tode verurteilt.[15]

Publikationen von Fritz Kummer (Auszug) Bearbeiten

  • Chagrin [= Kummer, Fritz], Über die Kunst der Metallbearbeitung, in: Metallarbeiter-Zeitung, Stuttgart 27 (29. Mai 1909) 22, S. 171 f. (1. Teil); (5. Juni 1909) 23, S. 178 (2. Teil).
  • Chagrin [= Kummer, Fritz], Industrie und Arbeiter in Japan. Oe.M. 1910. XX. S. 27–33
  • Kummer, Fritz, Streifzüge durch die englischen Industriebezirke. Oe. M. 1910. XX. S. 50–52; 1911. XXI. S. 1–8. 2041
  • Kummer, Fritz, „Au pays du Soleil Levant. Lettres sur le Japon.“ [„Im Land der aufgehenden Sonne – Briefe über Japan“], (Les Documents du Socialisme, IV) Paris, Rivière, 1911. Übersetzt von Léon Rémy.
  • Kummer, Fritz, Eines Arbeiters Weltreise, 1. Auflage: 1913 im Verlag von Alexander Schlicke & Co. in Stuttgart 1913; 2. Auflage (11.-16. Tausend): Dezember 1924 in der Thüringer Verlagsanstalt und Druckerei in Jena 1924. Neudruck, herausgegeben von Horst Groschopp, im Gustav Kiepenheuer Verlag, Berlin und Weimar, 1986

Links und Verweise Bearbeiten

Quellen Bearbeiten

  • Horst Groschopp, „Der »proletarische Weltenbummler« F. Kummer. Zur deutschen Arbeiterreiseliteratur bis 1933“, in: Weimarer Beiträge, 1985, H. 12
  • Regine Mathias, „Fritz Kummer: A German worker in Japan before the First World War“; In: Akira, Kudo (Hg.), „Japan and Germany: Two latecomers to the world stage, 1890-1945“, Kent 2009, S. 406-430
  • Nachruf auf Fritz Kummer, in: Mitteilung des Internationalen Metallarbeiterbundes, Bern 14, (Januar 1938) 1, S. 1
  • Almanach für Kunst und Kultur im Bezirk Suhl, hrsg. vom Rat des Bezirkes Suhl, Abteilung Kultur, Ausgabe Nr. 7, 1986, S. 5

Normdaten Bearbeiten

Normdaten: GND: 174234465 | OGND | VIAF: 2836275

Namensvarianten: Kummer, Fritz | Kummer, Friedrich

Kummer, Fritz, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd174234465.html [29.06.2020].

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Horst Groschopp, „Der »proletarische Weltenbummler« F. Kummer. Zur deutschen Arbeiterreiseliteratur bis 1933“, in: Weimarer Beiträge (WB), Aufbau-Verlag 1985, H. 12, S. 2030
  2. „Kummer, Fritz“, in: Rudolf Vierhaus (Hg.), Deutsche Biographische Enzyklopädie (DBE) Bd.: Kraatz - Menges, Verlag Walter de Gruyter, 2011, S. 152, https://books.google.de/books?id=2Ytpiq7Oy7gC&pg=PA152&lpg=PA152
  3. Horst Groschopp, Nachwort, in: Fritz Kummer. Eines Arbeiters Weltreise. Leipzig 1986, S. 398-415, S. 402, http://www.horst-groschopp.de/wp-content/uploads/Horst-Groschopp-Fritz-Kummer-Weltreise-Nachwort.pdf#page=5
  4. Indiz (wenn auch kein Beweis) dafür ist die Tatsache, dass Fritz Kummer in den Jahren 1902 und 1903 Artikel über Wahlen und Gewerkschaften in Belgien in der sozialdemoktratischen Wochenzeitschrift „Die Neue Zeit“ veröffentlicht hat
  5. Horst Groschopp, „Fritz Kummer“, http://www.horst-groschopp.de/fritz-kummer/
  6. s. Fritz Kummer, Eines Arbeiters Weltreise, Jena 1924
  7. s. The Japan Daily Mail, Yokohama, vom 31. Juli 1909, S. 147, Verleger: A.H. Blackwell, https://archive.org/details/japandailymail5219unse/page/n159/mode/2up?q=%22Fritz+Kummer%22
  8. Horst Groschopp, Nachwort, in: Fritz Kummer. Eines Arbeiters Weltreise. Leipzig 1986, S. 398-415, S. 402, http://www.horst-groschopp.de/wp-content/uploads/Horst-Groschopp-Fritz-Kummer-Weltreise-Nachwort.pdf#page=5
  9. Horst Groschopp, Nachwort, in: Fritz Kummer. Eines Arbeiters Weltreise. Neuausgabe, Leipzig 1986, S. 398-415, S. 402, http://www.horst-groschopp.de/wp-content/uploads/Horst-Groschopp-Fritz-Kummer-Weltreise-Nachwort.pdf#page=5
  10. Horst Groschopp, Nachwort, in: Fritz Kummer. Eines Arbeiters Weltreise. Neuausgabe, Leipzig 1986, S. 398-415, S. 403, http://www.horst-groschopp.de/wp-content/uploads/Horst-Groschopp-Fritz-Kummer-Weltreise-Nachwort.pdf#page=6
  11. Horst Groschopp, Nachwort, in: Fritz Kummer. Eines Arbeiters Weltreise. Neuausgabe, Leipzig 1986, S. 398-415, S. 408/409, http://www.horst-groschopp.de/wp-content/uploads/Horst-Groschopp-Fritz-Kummer-Weltreise-Nachwort.pdf#page=11
  12. Fritz Kummer war Unterzeichner Nr. 50 von „An appeal to British fair play“, 1920, S. 24. Er wird dort bezeichnet als: „Editor of the Metallarbeiter-Zeitung, Official Organ of German Metal Workers's Union; Member of the Socialdemocratic Party“, siehe: https://archive.org/details/appealtobritishf00npuoft/page/24/mode/2up?q=%22Fritz+Kummer%22 . Faksimile von Fritz Kummers Unterschrift dort auf S. 13, https://archive.org/details/appealtobritishf00npuoft/page/12/mode/2up?q=%22Fritz+Kummer%22
  13. Horst Groschopp, Nachwort, in: Fritz Kummer. Eines Arbeiters Weltreise. Neuausgabe, Leipzig 1986, S. 398-415, S. 403, http://www.horst-groschopp.de/wp-content/uploads/Horst-Groschopp-Fritz-Kummer-Weltreise-Nachwort.pdf#page=6
  14. Horst Groschopp, „Kummer, Fritz (Ps. Chagrin)“, in: Simone Barck, Silvia Schlenstedt, Tanja Bürgel, Volker Giel, Dieter Schiller (Hrsg.), Lexikon sozialistischer Literatur: Ihre Geschichte in Deutschland bis 1945, Springer-Verlag, 2016, 580 Seiten, S. 272, https://books.google.de/books?id=2Ty3DQAAQBAJ&pg=PA272
  15. Horst Groschopp, „Kummer, Fritz“, in: Simone Barck, Silvia Schlenstedt, Tanja Bürgel, Volker Giel, Dieter Schiller (Hrsg.), Lexikon sozialistischer Literatur: Ihre Geschichte in Deutschland bis 1945, Springer-Verlag, 2016, 580 Seiten, S. 272, https://books.google.de/books?id=2Ty3DQAAQBAJ&pg=PA272&dq=Kummer,+Fritz,+Chagrin