Passau Voglau–Hauzenberg
Strecke der Knergy/Bahnstrecke
Streckennummer (DB):5843
Kursbuchstrecke (DB):881 (1944: 426v)
Streckenlänge:23,9 km
Spurweite:1435 mm (Normalspur)
Maximale Neigung: 25 
Minimaler Radius:180 m
Höchstgeschwindigkeit:60 km/h
von Wels
1,18 Passau Voglau 303 m
nach Passau
2,62 Passau Innstadt 294 m
3,32 Passau-Rosenau 299 m
5,20 Kräutelsteinbrücke über die Donau (220 m)
B 388
Anschluss Zahnradfabrik
6,44 Grubweg 292 m
7,72 Löwmühle
8,78 Kellberg 298 m
13,48 Erlau (b Passau) 296 m
Erlau
nach Wegscheid
16,60 Tunnel Schloßberg (34 m)
17,60 Schaibing 336 m
19,27 Kaindlmühle 350 m
21,47 Oberdiendorf 398 m
23,22 Knödlsöd
25,11 Hauzenberg 482 m

Die Bahnstrecke Passau Voglau–Hauzenberg ist eine eingleisige Nebenbahn in Niederbayern. Die Strecke führte von Passau Voglau über Erlau, wo die Zahnradbahn nach Wegscheid abzweigte, bis nach Hauzenberg. Alle Züge wurden aber über die Spitzkehre Passau Voglau bis in den Passauer Hauptbahnhof weitergeführt, wo auch die Kilometrierung begann.

Geschichte Bearbeiten

Bau und Eröffnung Bearbeiten

In der Gegend um Hauzenberg wurde um 1900 in Süddeutschland der meiste Granit abgebaut, da aber kein geeignetes Verkehrsmittel zur Verfügung stand, entstand ein immer größerer Wettbewerbsnachteil. Daraufhin wurden 1895 erste Pläne für eine Anbindung Hauzenbergs und Wegscheids an das Eisenbahnnetz gefasst, obwohl man noch einige Jahre zuvor daran nicht interessiert war. Bis Fischhaus wollte man die Bahnstrecke Passau–Freyung nutzen und von dort die Strecke über Büchlberg und Hauzenberg nach Wegscheid führen. Auch die Staatsregierung wollte nun eine Bahnstrecke bauen, immerhin war der Bezirk Wegscheid der letzte Bezirk ohne Bahnschluss. Eine weitere Variante wurde 1896 mit der Strecke Passau–Erlau–Hauzenberg mit einen Abzweig von Erlau nach Wegscheid vorgeschlagen, diese Strecke wäre etwa 25 Kilometer kürzer als die Variante über Fischhaus. Aufgrund des Umwegs entschied man sich gegen diese Trasse über Fischhaus, obwohl diese von den Steigungen her günstiger als die gebaute Strecke durch das Donau- und durch das Erlautal gewesen wäre. Zudem war die Strecke über Erlau teurer als über Fischhaus. Die Genehmigung zum Bau für die Strecke Passau–Hauzenberg wurde am 30. Juni 1900 dennoch erteilt, vor Ort wurde sich aber weiterhin über andere Projekte gestritten, obwohl auch der Bau der Kräutelsteinbrücke bereits beschlossen war. Die ersten Projektierungsarbeiten begannen noch 1900 und 1903 wurde auch der Bau der Stichstrecke von Erlau nach Wegscheid beschlossen.[1]

Erbaut wurde die Strecke ohne größere technische Hilfsmittel vor allem von Italiener, Kroaten und Österreichern ab 1903, dabei wurden etwa 170.000 Kubikmeter Erdboden bewegt. Die Kräutelsteinbrücke wurde bereits Ende 1903 fertiggestellt,[2] die Strecke bis Erlau im Frühjahr 1904. Daraufhin wurde die Strecke bis Erlau - wahrscheinlich am 18. April 1904 - für den Verkehr freigegeben.[3] Im Herbst 1904 wurde die Reststrecke fertig. Am 15. November 1904 wurde sie daraufhin feierlich eröffnet.[4] Die Stichstrecke Erlau–Obernzell wurde 1909 eröffnet, die Weiterführung bis Wegscheid folgte 1912.[5][6]

Nach dem Zweiten Weltkrieg Bearbeiten

Die Kräutelsteinbrücke wurden ebenso wie mehrere kleinere Brücken am Ende des Zweiten Weltkriegs im April 1945 von der Wehrmacht gesprengt. Die restliche Strecke überstand den Krieg weitgehend unbeschädigt, obwohl insbesondere im Frühjahr 1945 Passau mehrfach des Ziel von Luftangriffen wurde. Nach Kriegsende war daher nur ein Inselbetrieb zwischen Erlau und Hauzenberg möglich. Nachdem 1947 die Brücken bei Kellberg und Löwmühle wieder instandgesetzt waren, wurde der Verkehr auf den Abschnitt Grubweg–Hauzenberg ausgedehnt. Den Anschluss nach Passau stellte eine Schiffsverbindung her, die sogar im Kursbuch aufgeführt war.[7][8] Die gesamte Strecke konnte ab dem 13. Mai 1949 wieder in Betrieb gehen, an diesem Tag wurde die Kräutelsteinbrücke unter anderem durch Bischof Simon Konrad Landersdorfer wiedereröffnet.[9]

Mit dem Bau der B 388 und der Einführung von Bussen sowie Lastkraftwagen ging die Verkehrsstärke auf der Strecke zurück. Ab 1959 wurden Bahnbusse im Parallelbetrieb eingesetzt.

Der Verkehr auf der Stichstrecke nach Wegscheid wurde 1965 nach einem Felssturz unterbrochen. 1970 wurde der Güterverkehr nach Obernzell wieder aufgenommen. Der weitere Streckenverlauf nach Wegscheid blieb ohne Verkehr.

Der Personenverkehr wurde am 26. September 1970 eingestellt. Zwischen Erlau und Hauzenberg wurde der Güterverkehr zum 1. Juni 1997 eingestellt. Zum 31. Januar 2001 wurde der Gesamtverkehr eingestellt.

Gegenwart und Zukunft Bearbeiten

 
Die Spitzkehre in der Voglau

Nachdem der Gesamtverkehr auf der Strecke 2001 eingestellt worden war, wurde die Strecke ein Jahr später vom Augusthochwasser 2002 überflutet und unpassierbar. Im Passauer Ortsteil Innstadt war der Streckenabschnitt noch kurz vor dem Hochwasser wegen eines Kanalisationsneubaus komplett erneuert worden. Trotz geringen Sanierungsbedarfs wurde eine Reaktivierung durch die DB Netz AG nicht in Angriff genommen.

Am 1. März 2007 wurde die Strecke von Passau nach Erlau vom Eisenbahn-Bundesamt stillgelegt.[10]

Die Bayerische Regionaleisenbahn (BRE), eine Tochter der Deutschen Regionaleisenbahn, pachtete daraufhin am 24. November 2007 die Strecke Passau–Hauzenberg und das Teilstück Erlau–Obernzell, um sie vor einer Demontage zu schützen, da es Pläne gab, die Strecke in einen Rad- und Wanderweg umzuwandeln. Die BRE wollte die Strecke für den Güterverkehr, insbesondere für den Granit- und Graphit-Transport, nutzen.

Fast zwei Jahre später erfolgte im September 2009 in Zusammenarbeit mit dem Förderverein Lokalbahn Passau–Hauzenberg der Freischnitt der Strecke Passau–Hauzenberg.[11] Um größeren Handlungsspielraum zu erhalten verhandelt die BRE mit der DB Netz AG über einen Kauf der Strecke. Gemeinsam mit dem Förderverein will man im Personenverkehr ein ähnliches Konzept wie bei der Reaktivierung der Ilztalbahn GmbH starten. Dieses sieht die Kombination aus touristischen Bahnverkehr und Fahrradverkehr, insbesondere entlang des Donauradwegs, vor.[12]

Die angestrebte Wiederaufnahme des Güterverkehrs im Jahr 2011 konnte aufgrund fehlender Gutachten zur Kräutelsteinbrücke nicht durchgeführt werden. Diese Untersuchungen wurden dann im Frühjahr 2012 durchgeführt und ergaben, dass sich die Brücke in einen guten Zustand befindet.[13] Die BRE schätzte Ende 2012 den Sanierungsbedarf der Strecke Passau–Hauzenberg auf eine halbe Million Euro. Als neuer Termin für den Beginn des Zugbetriebs auf der Strecke Passau über Erlau nach Obernzell wurde der Mai 2013 genannt. Die Planung sahen von Mai bis Oktober samstags, sonntags und an Feiertagen jeweils drei Personenzugpaare vor. 2014 sollte dann auch die restliche Strecke von Erlau nach Hauzenberg in Betrieb gehen.[14] Ebenso soll darum geworben werden, dass über diese Strecke wieder Güterverkehr und regelmäßiger Nahverkehr abgewickelt wird.[13] Jedoch verstrich auch dieser angekündigte Termin ohne Betriebsaufnahme. Man hoffte jedoch weiterhin auf eine Betriebsaufnahme 2013 und rechnete mit anfänglich 12.000 Fahrgästen pro Jahr. Diese Zahl könnte in den Folgejahren auf bis zu 50.000 steigen.[15]

Im Januar 2013 bemühte sich die BRE die Finanzierung des Sanierungsbedarf für beide Strecken von 898.000 Euro zu sichern. Hiervon sollte nach ihrer Vorstellung die Stadt Passau 275.000 Euro, die BRE zusammen mit dem Förderverein 299.000 Euro und die weiteren Anliegergemeinden 323.700 Euro aufbringen.[16] Die Gesellschaft hat laut eigenen Aussagen bis Anfang 2013 bereits 250.000 Euro in die Reaktivierung der Strecke gesteckt.[13] Die Stadt Passau lehnte Ende Januar 2013 den Förderantrag, unter Hinweis auf die Verhältnismässigkeit zur Bahnstrecke Passau–Freyung, ab.[17] Der Landkreises Passau lehnte kurz darauf ebenso eine finanzielle Unterstützung ab,[18] eine endgültige Entscheidung wurde am 24. Juni 2013 gefällt. Der Landkeis sagte eine Beteiligung von 15.000 Euro zu, sofern es zu einer Reaktivierung komme.[15] Die Stadt Hauzenberg sprach sich für eine Beteiligung an der Reaktivierung aus.[13] In ihren Haushalt 2013 stellte die Stadt hierfür insgesamt 20.000 Euro für die Unterstützung der Granitbahn ein.[19]

Das Hochwasser im Mai/Juni 2013 überspülte die Strecke entlang des Inns mit Schlamm.[15]

Derzeit ist die gesamte Strecke außer Betrieb. Die BRE verfügt über eine bis 2016 gültige Betriebsgenehmigung für den Abschnitt Passau Hbf Voglau–Passau Kräutelsteinbrücke, hat den Verkehr jedoch bislang nicht aufgenommen.[20] Am 29. Dezember 2014 wurde die Strecke an die BRE verkauft.[21]

Streckenbeschreibung Bearbeiten

 
Die Kräutelsteinbrücke

Vom Passauer Hauptbahnhof teilt sich die Strecke die Gleise mit der Bahnstrecke Wels–Passau. Nach dem Passauer Tunnel und der Kaiserin-Elisabeth-Brücke über den Inn zweigt im Passauer Stadtteil Voglau die Strecke in einer Spitzkehre von der Hauptbahn ab. Am Ufer des Inns verläuft die Bahnstrecke am Rande des Passauer Stadtteils Innstadt. Ab dem Bahnhof Rosenau entfernt sich die Strecke vom Inn um kurz vor dem Grenzübergang zu Österreich bei Achleiten in einer Kurve auf die Kräutelsteinbrücke zu führen. Diese wurde von 1900 bis 1903 von der Firma Hellinger und MAN über die Donau gebaut. Am linken Donauufer passiert die Strecke das Werk der ZF Passau in Lindau. Nach dem ehemaligen Haltepunkt Löwmühle und Erlau biegt die Strecke in nördlicher Richtung ab. Der Bahnhof Erlau wurde trotz seiner Funktion als Trennungsbahnhof der Strecken nach Hauzenberg und Wegscheid dabei nur mit einem Bahnsteiggleis ausgestattet. Dies behinderte später den Betrieb und erschwerte Umsteigebeziehungen.

Durch einen 34 m langen Tunnel erreicht die Strecke den Haltepunkt Schaibing. Dieser lag jedoch etwa 5 km vom Ort Schaibing selbst entfernt. Er diente hauptsächlich als Umschlagplatz von Gütern für die umliegenden Orte und als Verladebahnhof für das Graphitbergwerk Kropfmühl. Dieses war über eine Schmalspurbahn an den Haltepunkt angebunden. Die Strecke folgt dem Erlautal bis Kaindlmühle und von dort dem Staffelbach folgend nach Oberdiendorf. Auch hier lag der im Tal gelegene Haltepunkt vom, auf einer Anhöhe gelegenen, Ort selbst entfernt. Durch eine Seilbahn wurden hier Güter zum Bahnhof transportiert. Von dort führt die Strecke über Knödlsöd zum Endbahnhof Hauzenberg.

Hauzenberg liegt 177,7 m über dem Hauptbahnhof Passau. Da die Strecke zunächst bis Erlau flussabwärts verläuft, sind ab dem dortigen Bahnhof fast 250 m Höhenmeter zu bewältigen. Dadurch musste die Strecke mit Steigungen von Erlau bis Kaindlmühle mit 1:50 und weiter bis Hauzenberg mit 1:40 trassiert werden. Daneben weisen die Auffahrten zur Kräutelsteinbrücke eine starke Steigung auf.

Sonstiges Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Verein für Touristik e.V. Hauzenberg (Herausgeber): Das Hauzenberger Bockerl. Die Localbahn von Passau nach Hauzenberg. Regionale Verkehrsgeschichte, EK-Verlag, Freiburg 2002, ISBN 3-88255-452-5
  • Walther Zeitler: Eisenbahnen in Niederbayern und in der Oberpfalz. Buch & Kunstverlag Oberpfalz, Weiden 1985, ISBN 3-924350-01-9.
  • Englberger, Bernhard; Gehring, Ulrike; Heineck, Heidi: Granitbahn Hauzenberg – Passau. 60 Ideen rund um die Reaktivierung einer Regionalbahn. Hrsg.: Klühspies, Johannes. 1. Auflage. Technische Hochschule Deggendorf, Deggendorf 2014, S. 87 (lokalbahn-hauzenberg.de [PDF; abgerufen am 3. Januar 2015]).

Weblinks Bearbeiten

Commons: Bahnstrecke Passau–Hauzenberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Verein für Touristik e.V. Hauzenberg (Herausgeber): Das Hauzenberger Bockerl, S. 7 ff.
  2. Verein für Touristik e.V. Hauzenberg (Herausgeber): Das Hauzenberger Bockerl, S. 14 ff.
  3. Verein für Touristik e.V. Hauzenberg (Herausgeber): Das Hauzenberger Bockerl, S. 32
  4. Verein für Touristik e.V. Hauzenberg (Herausgeber): Das Hauzenberger Bockerl, S. 20
  5. Verein für Touristik e.V. Hauzenberg (Herausgeber): Das Hauzenberger Bockerl, S. 33
  6. Passauer Eisenbahnfreunde: Nebenbahn Historie, abgerufen am 14. Mai 2013
  7. Verein für Touristik e.V. Hauzenberg (Herausgeber): Das Hauzenberger Bockerl, S. 75 ff.
  8. Verein für Touristik e.V. Hauzenberg (Herausgeber): Das Hauzenberger Bockerl, S. 116 ff.
  9. Verein für Touristik e.V. Hauzenberg (Herausgeber): Das Hauzenberger Bockerl, S. 19
  10. Eisenbahn Bundesamt:Liste der stillgelegten Strecken in Bayern (seit 1. Januar 1994) (xls; 26 kB)
  11. PNP Passau Stadt vom 23. September 2009
  12. Passauer Neue Presse: „Förderverein: Die Granitbahn wird kommen“, 16. Dezember 2011
  13. a b c d Passauer Neue Presse - Landkreis Passau:„Stadt sendet positives Signal für Granitbahn“, 7. Februar 2013
  14. Passauer Neue Presse: „Der Fahrplan steht: Ab 2013 sollen wieder Züge rollen“, 28. November 2012
  15. a b c Passauer Neue Presse Lokalteil Landkreis Passau:„Holpriger Weg für die Granitbahn“, 29. Juni 2013
  16. Passauer Neue Presse Lokalteil Landkreis Passau: „Thyrnau soll Granitbahn auf die Gleise bringen“, 24. Januar 2013
  17. Passauer Neue Presse Lokalteil Stadt Passau: „Stadt will Granitbahn vorerst nicht fördern“, 31. Januar 2013
  18. Passauer Neue Presse Lokalteil Landkreis Passau: „Antrag auf dem Abstellgleis“, 5. Februar 2013
  19. Passauer Neue Presse Lokalteil Untergriesbach:„Wir stehen als Hauzenberg gut da“, 8. Mai 2013
  20. Eisenbahninfrastruktur DRE-Gruppe. 4. März 2014, abgerufen am 22. August 2014.
  21. Frank Limmer: Ein großer Schritt hin zur Reaktivierung. Passauer Neue Presse, 30. Dezember 2014, abgerufen am 1. Januar 2015.
[[Kategorie:Nebenbahn in Bayern]]
[[Kategorie:Verkehr (Passau)|Bahnstrecke PassauHauzenberg]]
[[Kategorie:Verkehr (Landkreis Passau)|Bahnstrecke PassauHauzenberg]]
[[Kategorie:Verkehr (Bayerischer Wald)|Bahnstrecke PassauHauzenberg]]

{{SORTIERUNG:PassauHauzenberg}}
Erlau–Wegscheid
 
Strecke der Knergy/Bahnstrecke
Streckennummer (DB):5844
Kursbuchstrecke (DB):464 v (1944)
Streckenlänge:20,2 km
Spurweite:1435 mm (Normalspur)
Maximale Neigung:Adhäsion 25 
Zahnstange 71 
Minimaler Radius:180 m
Zahnstangensystem:Strub
Höchstgeschwindigkeit:40 km/h
von Passau Voglau
0,0 Erlau (b Passau) 297 m
Erlau
nach Hauzenberg
4,9 Obernzell 300 m
Viadukt Obernzell (160 m)
9,6 Untergriesbach 542 m
12,7 Oberötzdorf 586 m
14,4 Wildenranna 548 m
17,1 Mitterwasser 535 m
20,2 Wegscheid (Niederbay) 674 m

Die Bahnstrecke Erlau–Wegscheid ist eine eingleisige Nebenbahn in Niederbayern. Sie wurde teilweise als Zahnradbahn nach dem System Strub ausgeführt. Eröffnet wurde die Strecke in drei Abschnitten, 1909 bis Obernzell und 1912 erst bis Untergriesbach und noch im selben Jahr bis Wegscheid.

Geschichte Bearbeiten

Bau und Eröffnung Bearbeiten

In der Gegend um Hauzenberg wurde um 1900 in Süddeutschland der meiste Granit abgebaut, da aber kein geeignetes Verkehrsmittel zur Verfügung stand, entstand ein immer größerer Wettbewerbsnachteil. Daraufhin wurden 1895 erste Pläne für eine Anbindung Hauzenbergs und Wegscheids an das Eisenbahnnetz gefasst, obwohl man noch einige Jahre zuvor daran nicht interessiert war. Bis Fischhaus wollte man die Bahnstrecke Passau–Freyung nutzen und von dort die Strecke über Büchlberg und Hauzenberg nach Wegscheid führen. Auch die Staatsregierung wollte nun eine Bahnstrecke bauen, immerhin war der Bezirk Wegscheid der letzte Bezirk ohne Bahnschluss. Eine weitere Variante wurde 1896 mit der Strecke Passau–Erlau–Hauzenberg mit einen Abzweig von Erlau nach Wegscheid vorgeschlagen, diese Strecke wäre etwa 25 Kilometer kürzer als die Variante über Fischhaus. Aufgrund des Umwegs entschied man sich gegen diese Trasse über Fischhaus. Die Genehmigung zum Bau für die Strecke Passau–Hauzenberg wurde 1900 dennoch erteilt, vor Ort wurde sich aber weiterhin über andere Projekte gestritten. Am 19. Juni 1903 wurde von der Staatsregierung auch der Bau der Stichstrecke nach Wegscheid mitgeteilt,[1] offizell beschlossen wurde der Bahnbau allerdings erst 1906. Als Gesamtkosten wurden über 2 Millionen Mark veranschlagt. Zur Überwindung der großen Höhenunterschiede musste eine Zahnradbahn gebaut werden, nachdem kurzfristig auch über eine Schmalspurbahn diskutiert wurde.[2]

Obwohl zumindest bis Obernzell keine nennenswerten Schwierigkeiten auftraten und die Streckenführung auch frühzeitig abgesteckt war, wurde das Teilstück bis Obernzell erst im Frühjahr 1909 fertiggestellt. Die Eröffnung fand am 15. Mai 1909 statt. Der Weiterbau bis Wegscheid verzögerte sich nochmals, einerseits waren teure Zahnstangenabschnitte nötig, andererseits wurde bei Obernzell ein großes Viadukt errichtet. Dieses war 1911 fertig, am 1. September 1912 wurde die Strecke bis Untergriesbach eröffnet, das letzte Teilstück bis zum damaligen Kreishauptort Wegscheid folgte am 1. Dezember 1912.[3][4]

Schrittweißer Niedergang Bearbeiten

Nach der Angliederung des Österreichs sowie des Sudetenlandes gab es Pläne, die Strecke bis ins Böhmische zu verlängern, der Plan wurde aber nicht umgesetzt.

Während des Zweiten Weltkriegs wurden ab Sommer 1944 mehrfach Züge das Ziel von alliierten Luftangriffen.[5] Ein Brückenbogen des Obernzeller Viadukts wurde im April 1945 von der Wehrmacht gesprengt, da auch mehrere Brücken den Bahnstrecke Passau Voglau–Hauzenberg gesprengt wurden, war in den nächsten Jahren vorerst nur ein Inselbetrieb möglich.[6] Ab dem 21. Mai 1947 war der Viadukt wieder befahrbar, nun wurde der Zugverkehr wieder bis Wegscheid durchgeführt.[7]

Mit dem Bau der B 388 und der Einführung von Bussen sowie Lastkraftwagen ging die Verkehrsstärke auf der Strecke zurück. Der Schi-Stra-Bus der Firma Büssing wurde 1951 auf der Strecke erprobt, wurde aber nicht regulär eingesetzt. Eine erhebliche Verbesserung der Verkehrsverhältnisse trat mit dem Einsatz der Steilstreckenschienenbussen VT98 901–903 ein. Diese wurden für den Steilstreckeneinsatz mit zusätzlichen Bremseinrichtungen ausgerüstet, sie befuhren die Strecke im Reibungsbetrieb. Die Fahrzeit konnte deutlich auf etwa 38 Minuten verkürzt werden, zudem musste in Erlau nun nicht mehr umgestiegen werden, da die Schienenbusse bis Passau fuhren.

Ab 1959 wurden Bahnbusse im Parallelbetrieb eingesetzt, es gab fortan nur noch ein Alibizugpaar nachmittags. Nach Außerdienststellung der letzten Dampflokomotive 97 101 am 5. Januar 1963 konnte ab 7. Januar 1963 kein Güterverkehr mehr durchgeführt werden. Die Deutsche Bundesbahn legte Stilllegungspläne vor. Diese wurden von Seiten der Politik aufgrund grenzlandpolitischen Gründen zunächst abgelehnt. Durch eine Anhebung der Zahnstangen konnten Anfang 1964 der Zahnradschienenbus VT97 901 von Tübingen nach Passau umbeheimatet und auf der Strecke eingesetzt zu werden. Am 22. November 1963 unternahm der Triebwagen, dem der Packwagen und drei Güterwagen angehängt waren, eine Probefahrt. Ab dem 8. Januar 1964 war er zur Beförderung von bis zu 40 t Last im Güterverkehr zugelassen, wobei der als Steuerwagen ausgerüstete Packwagen bergauf an der Spitze stand. Obwohl ab 1964 durch geänderte Vorschriften ein Einsatz von steilstreckentauglichen Lokomotiven der Baureihe V 100 möglich gewesen wäre, erhielt das Bahnbetriebswerk Passau keine derartigen Loks zugeteilt. Ohnehin war der Güterverkehr zuletzt auf ein Minimum zusammengeschrumpft.

Nach einem Felssturz zwischen Erlau und Obernzell am 28. Januar 1965 wurde der Gesamtverkehr zwischen Erlau und Wegscheid eingestellt. Der Schienenbus wurde zurück nach Tübingen umbeheimatet. Die für diese Strecke bestellten VT 97 907 und 908 kamen nach ihrer Fertigstellung im Jahre 1965 ebenfalls dorthin. Der Personenverkehr endete damit auf dieser Strecke.

Erst fünf Jahre nach dem Felssturz, am 31. März 1970, wurde der Güterverkehr nach Obernzell wieder aufgenommen. Der weitere Streckenverlauf nach Wegscheid blieb ohne Verkehr und wurde im Sommer 1975 schließlich abgebaut und zu einem Fuß- und Radweg umgebaut. Die offizielle Einstellung des Personenverkehrs Erlau–Wegscheid und des Güterverkehrs Obernzell–Wegscheid erfolgte amtlich zum 1. August 1973.

Gegenwart und Zukunft Bearbeiten

Nachdem der Gesamtverkehr auf der Strecke 2001 eingestellt worden war, wurde die Strecke ein Jahr später vom Augusthochwasser 2002 überflutet und unpassierbar. Trotz geringen Sanierungsbedarfs wurde eine Reaktivierung durch die DB Netz AG nicht in Angriff genommen.

Am 1. März 2007 wurde die Strecke vom Eisenbahn-Bundesamt stillgelegt.[8]

Die Bayerische Regionaleisenbahn (BRE), eine Tochter der Deutschen Regionaleisenbahn, pachtete daraufhin am 24. November 2007 die Strecke Passau–Hauzenberg und das Teilstück Erlau–Obernzell, um sie vor einer Demontage zu schützen, da es Pläne gab, die Strecke in einen Rad- und Wanderweg umzuwandeln. Die BRE wollte dagegen die Strecke für den Güterverkehr, insbesondere für den Granit- und Graphit-Transport, nutzen.

Die angestrebte Wiederaufnahme des Güterverkehrs im Jahr 2011 konnte aufgrund fehlender Gutachten zur Kräutelsteinbrücke nicht durchgeführt werden. Diese Untersuchungen wurden dann im Frühjahr 2012 durchgeführt und ergaben, dass sich die Brücke in einen guten Zustand befindet.[9] Als neuer Termin für den Beginn des Zugbetriebs auf der Strecke Passau über Erlau nach Obernzell wurde der Mai 2013 genannt. Die Planung sahen von Mai bis Oktober samstags, sonntags und an Feiertagen jeweils drei Personenzugpaare vor.[10] Jedoch verstrich auch dieser angekündigte Termin ohne Betriebsaufnahme.

Im Januar 2013 bemühte sich die BRE die Finanzierung des Sanierungsbedarf für beiden Strecken von 898.000 Euro zu sichern. Hiervon sollte nach ihrer Vorstellung die Stadt Passau 275.000 Euro, die BRE zusammen mit dem Förderverein 299.000 Euro und die weiteren Anliegergemeinden 323.700 Euro aufbringen.[11] Die Gesellschaft hat laut eigenen Aussagen bis Anfang 2013 bereits 250.000 Euro in die Reaktivierung der Strecke gesteckt.[9] Die Stadt Passau lehnte Ende Januar 2013 diesen Förderantrag, unter Hinweis auf die Verhältnismässigkeit zur Bahnstrecke Passau–Freyung, ab.[12] Der Landkreises Passau lehnte kurz darauf ebenso eine finanzielle Unterstützung ab,[13] eine endgültige Entscheidung wurde durch den Landkreis am 24. Juni 2013 gefällt. Dieser sagte eine Beteiligung von 15.000 Euro zu, sofern es zu einer Reaktivierung komme.[14]

Am 29. Dezember 2014 wurde die Strecke an die BRE verkauft.[15] Derzeit ist die Strecke außer Betrieb.

Streckenbeschreibung Bearbeiten

Im Bahnhof Erlau zweigt die Strecke in Richtung Wegscheid von der Strecke nach Hauzenberg ab. Der Bahnhof Erlau wurde trotz seiner Funktion als Trennungsbahnhof der Strecken nach Hauzenberg und Wegscheid dabei nur mit einem Bahnsteiggleis ausgestattet. Dies behinderte später den Betrieb und erschwerte Umsteigebeziehungen.

Auf dem ersten Teilstück bis Obernzell verläuft sie flach im Donautal. Von dort auf ca. 300 m ü. NN führte sie über ein 1982 abgetragenes Viadukt Steigungsreich in Richtung Wegscheid. Ab Streckenkilometer 5,67 begann der erste 3,81 km lange Zahnradabschnitt bis Streckenkilometer 9,48 bei Untergriesbach. Dieses liegt auf 542,7m ü. NN. In engen Kurven bis hinunter zu Halbmessern von 200 m, und Steigungen bis 25 Promille verläuft die Strecke im Adhäsionsabschnitt bis Mitterwasser (535,0 m ü. NN). Es folgte ein Zahnstangenabschnitt mit Steigungen bis zu 70 Promille von Streckenkilometer 17,29 bis Streckenkilometer 19,67 bis zum Endbahnhof Wegscheid auf 674,2 m ü. NN. Die Zahnradabschnitte wurden im System Strub gebaut.

Für diese Strecke wurden während der Planungs- und Bauzeit Dampflokomotiven von der Firma Krauss in München entworfen und gebaut. Dabei handelte es sich um die Bayerische PtzL 3/4. Vor den beiden Zahnradabschnitten musste sich die Lokomotive jeweils an den Schluss des Zuges setzen, um diesen bei der Bergfahrt zu schieben. So dauerte 1924 die Fahrt eines Personenzuges auf der 20,1 km langen Strecke von Obernzell nach Wegscheid 125 bzw. 107 Minuten, die Rückfahrt, bei der nicht umgesetzt werden musste, 110 bzw. 86 Minuten.

Sonstiges Bearbeiten

  • Der Bahnhof Wegscheid wurde in seinem Aussehen aus dem Jahr 1955 als Modell im Maßstab 1:87 von den Passauer Eisenbahnfreunden nachgebaut und kann im Passauer Hauptbahnhof besichtigt werden.

Literatur Bearbeiten

  • Verein für Touristik e.V. Hauzenberg (Herausgeber): Das Hauzenberger Bockerl. Die Localbahn von Passau nach Hauzenberg. Regionale Verkehrsgeschichte, EK-Verlag, Freiburg 2002, ISBN 3-88255-452-5
  • Walther Zeitler: Eisenbahnen in Niederbayern und in der Oberpfalz. Buch & Kunstverlag Oberpfalz, Weiden 1985, ISBN 3-924350-01-9.
  • Englberger, Bernhard; Gehring, Ulrike; Heineck, Heidi: Granitbahn Hauzenberg – Passau. 60 Ideen rund um die Reaktivierung einer Regionalbahn. Hrsg.: Klühspies, Johannes. 1. Auflage. Technische Hochschule Deggendorf, Deggendorf 2014, S. 87 (lokalbahn-hauzenberg.de [PDF; abgerufen am 3. Januar 2015]).

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Verein für Touristik e.V. Hauzenberg (Herausgeber): Das Hauzenberger Bockerl, S. 7 ff.
  2. Verein für Touristik e.V. Hauzenberg (Herausgeber): Das Hauzenberger Bockerl, S. 33
  3. Verein für Touristik e.V. Hauzenberg (Herausgeber): Das Hauzenberger Bockerl, S. 33 f.
  4. Passauer Eisenbahnfreunde: Nebenbahn Historie, abgerufen am 14. Mai 2013
  5. Verein für Touristik e.V. Hauzenberg (Herausgeber): Das Hauzenberger Bockerl, S. 75
  6. Verein für Touristik e.V. Hauzenberg (Herausgeber): Das Hauzenberger Bockerl, S. 116 ff.
  7. Verein für Touristik e.V. Hauzenberg (Herausgeber): Das Hauzenberger Bockerl, S. 78
  8. Eisenbahn Bundesamt:Liste der stillgelegten Strecken in Bayern (seit 1. Januar 1994) (xls; 26 kB)
  9. a b Passauer Neue Presse - Landkreis Passau:„Stadt sendet positives Signal für Granitbahn“, 7. Februar 2013
  10. Passauer Neue Presse: „Der Fahrplan steht: Ab 2013 sollen wieder Züge rollen“, 28. November 2012
  11. Passauer Neue Presse Lokalteil Landkreis Passau: „Thyrnau soll Granitbahn auf die Gleise bringen“, 24. Januar 2013
  12. Passauer Neue Presse Lokalteil Stadt Passau: „Stadt will Granitbahn vorerst nicht fördern“, 31. Januar 2013
  13. Passauer Neue Presse Lokalteil Landkreis Passau: „Antrag auf dem Abstellgleis“, 5. Februar 2013
  14. Passauer Neue Presse Lokalteil Landkreis Passau:„Holpriger Weg für die Granitbahn“, 29. Juni 2013
  15. Frank Limmer: Ein großer Schritt hin zur Reaktivierung. Passauer Neue Presse, 30. Dezember 2014, abgerufen am 1. Januar 2015.
[[Kategorie:Nebenbahn in Bayern]]
[[Kategorie:Zahnradbahn in Deutschland|Bahnstrecke ErlauWegscheid]]
[[Kategorie:Verkehr (Landkreis Passau)|Bahnstrecke ErlauWegscheid]]
[[Kategorie:Verkehr (Bayerischer Wald)|Bahnstrecke ErlauWegscheid]]

{{SORTIERUNG:ErlauWegscheid}}