XENON Dark Matter Project

Experiment

Koordinaten: 42° 25′ 14″ N, 13° 30′ 59,1″ O Das XENON Dark Matter Project ist ein Experiment zur Suche nach WIMPs, einer Variante der Dunklen Materie. Das Experiment ist im Gran-Sasso-Untergrundlabor aufgebaut. An XENON sind mehrere Universitäten und Laboratorien weltweit beteiligt. Die wissenschaftliche Kollaboration wird seit 2002 von Elena Aprile (Columbia University)[1] geleitet.

Funktionsweise

Bearbeiten
 
Skizze zur Funktionsweise einer Xenon dual-phase TPC

Der Detektor ist eine Zwei-Phasen-Zeitprojektionskammer (dual phase time projection chamber, TPC) mit flüssigem Xenon (LXe) als Detektormaterial und gasförmigem (GXe) Xenon am oberen Rand des Detektors. Flüssiges Xenon eignet sich besonders gut für die Suche nach WIMPs, weil es sowohl hohe Dichte (3 g/cm3) als auch hohe Ordnungszahl (Z = 54) besitzt. Am oberen und am unteren Rand des Detektors sind Photomultiplier (PMTs) angeordnet. Bei einer Wechselwirkung eines Teilchens mit Xenon entsteht Szintillation und Ionisation. Das prompte Szintillationslicht wird von den PMTs detektiert (primäres Szintillationslicht, S1-Signal). Die freien Ladungen aus der Ionisation driften aufgrund eines elektrischen Feldes zur Oberfläche des flüssigen Xenons. Treten sie in die gasförmige Phase ein, erzeugen sie ebenfalls Szintillationslicht, welches von den PMTs detektiert wird (sekundäres Szintillationslicht, S2-Signal).

Aus der Zeitdifferenz zwischen dem S1- und dem S2-Signal und aus dem Muster, mit der das sekundäre Szintillationslicht auf die oberen PMTs fällt, kann die Position des Wechselwirkungspunktes bestimmt werden. Dadurch lassen sich Events im Zentrum des Detektors auswählen und Hintergrund unterdrücken (der vermehrt am Rand des Detektors auftritt). Das Verhältnis der Größe von S2-Signal und S1-Signal gibt Aufschluss über die Natur des Ereignisses. Da WIMPs elektrisch neutral sind, würden sie vor allem mit einem Xenonkern wechselwirken. Das Verhältnis der Größe von S2-Signal und S1-Signal ist bei diesen Events kleiner, als bei Teilchen, die mit der Elektronenhülle der Xenonatome wechselwirken würden (Gammastrahlung oder Elektronen). Dadurch können Untergrundevents herausgefiltert werden.[2]

In der ersten Phase XENON10 wurden 15 kg flüssiges Xenon verwendet. Der Aufbau von XENON10 wurde im März 2006 begonnen; die ersten Experimente starteten im Oktober 2006. In dieser Phase konnte kein Nachweis für WIMPs erbracht werden; der Wirkungsquerschnitt liegt damit unter 9 × 10−44 cm2 für eine angenommene Teilchenmasse von 30 GeV/c2.

XENON100

Bearbeiten
 
Innerer Kryostat und Abschirmung von XENON100
 
Oberer PMT array von XENON100 mit 98 Hamamatsu R8520-06-A1 PMTs. Die PMTs sind radial angeordnet.
 
Unterer PMT array von XENON100 mit 80 PMTs. Die PMTs sind so angeordnet, dass die eine möglichst große Fläche abdecken.

In der zweiten Phase XENON100 werden daher 150 kg flüssiges Xenon verwendet, was eine etwa 50-mal höhere Sensitivität ergibt. Der Detektor wurde im Februar 2008 in Betrieb genommen. Das im Juli 2012 veröffentlichte Limit ist mit 2 × 10−45 cm2 für WIMP-Massen von 55 GeV/c2 bei 90 % confidence level das zurzeit stärkste Limit auf den WIMP-Nukleon Wirkungsquerschnitt.[3]

Von Mitte 2013 bis November 2015 wurde das Folgeprojekt XENON1T aufgebaut.[4] Hier sind 3500 kg flüssiges Xenon im Einsatz, von denen die inneren 2000 kg der Suche nach dunkler Materie dienen. Mit dem Experiment soll der untersuchte Parameterraum bis zu einem Streuquerschnitt von 2 × 10−47 cm2 bei einer WIMP Masse von 100 GeV/c2 ausgedehnt werden. Im Mai 2017 wurden erste Ergebnisse veröffentlicht, basierend auf Detektordaten von November 2016 bis Januar 2017. Es wurde kein Signal dunkler Materie gefunden, die gesetzten Ausschlussgrenzen sind besser als die besten vorherigen Grenzen von LUX.[5][6]

Als am 17. Juni 2020 ein Überschuss in der Zählrate des Detektors[7] mitgeteilt wurde, gab es die Hoffnung diesen durch solare Axionen oder Axion-ähnliche Teilchen zu erklären, möglichen Kandidaten für die Dunkle Materie. Durch die Erweiterung des Experimentes (neue Bezeichnung XENONnT) u. a. durch eine Erhöhung der Xenonmenge,[7] konnte gezeigt werden, dass die Signale eher durch Spuren radioaktiven Tritiums zustande kamen.[8]

Beteiligte Universitäten und Laboratorien

Bearbeiten

XENON100

Bearbeiten
 
Obere Grenze für spinunabhängigen WIMP-Nukleon Wirkungsquerschnitt aus den bisherigen (Nov. 2017) Daten des XENON1T Experiments

Siehe auch

Bearbeiten

Weitere große Experimente zur Suche nach Dunkler Materie in den 2000er Jahren sind z. B. das SuperCDMS Experiment in Minnesota oder EDELWEISS im Fréjus-Straßentunnel.

Bearbeiten
Commons: XENON Dark Matter Project – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Homepage
  2. E. Aprile et al.: The XENON100 Dark Matter Experiment. In: Astropart. Phys. 35. Jahrgang, Nr. 537–590, 2012, arxiv:1107.2155.
  3. E. Aprile et al.: Dark Matter Results from 225 Live Days of XENON100 Data. In: Phys. Rev. Lett. 109. Jahrgang, Nr. 181301, 2012, arxiv:1207.5988.
  4. Neues Kapitel bei der Suche nach Dunkler Materie Pressemitteilung der Eröffnung, abgerufen am 14. Mai 2017.
  5. First Dark Matter Search Results from the XENON1T Experiment. In: XENON Collaboration (Hrsg.): Physical Review Letters. Band 119, Nr. 18, 30. Oktober 2017, doi:10.1103/PhysRevLett.119.181301, arxiv:1705.06655.
  6. The World’s Most Sensitive Dark Matter Detector Is Now Up and Running, 24. Mai 2017. Abgerufen am 25. Mai 2017 
  7. a b Observation of Excess Events in the XENON1T Dark Matter Experiment
  8. Die Suche nach neuer Physik mit Elektron-Rückstoßsignalen: Erste Ergebnisse des XENONnT Experiments, vom 22. Juli 2022