Winkelsumme

Summe der Innenwinkel einer Figur

Mit der (Innen-)Winkelsumme einer ebenen geometrischen Figur ist meistens die Summe aller Innenwinkel der Figur gemeint.

Beispiele und deren Winkelsummen

Winkelsumme in der euklidischen Geometrie

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Für ein nicht-überschlagendes Polygon in der euklidischen Ebene ist seine Winkelsumme durch die Formel

 

gegeben, wobei   für die Zahl der Ecken des Polygons steht.

Beispiele

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Aus der Formel ergeben sich für die Werte der Winkelsummen für Drei-, Vier- und Fünfecke:

  • für Dreiecke ( ):  
  • für Vierecke ( ):  
  • für Fünfecke ( ):  
 
Winkel im Fünfstern

Für nicht notwendig regelmäßige Fünfsterne gilt:

  • Die Summe der Innenwinkel an den Spitzen eines allgemeinen Fünfsterns beträgt 180°.
Geometrischer Beweis
Man betrachtet die Parallelenpaare gleicher Farbe, wendet jeweils die Sätze über Winkel an parallelen Geraden an und setzt die fünf Winkel zu einem gestreckten Winkel der Weite 180° wie abgebildet zusammen.[1]
Algebraischer Beweis
Das Dreieck   hat die Innenwinkelsumme:
  (1)
Das Viereck   hat die Innenwinkelsumme:
  (2)
Nach Addition jeweils beider Seiten der Gleichungen (1) und (2) erhält man die Gleichung:
  (3)
  und   sind Nebenwinkelpaare mit:
  (4)
Nach Subtraktion jeweils beider Seiten der Gleichung (4) von der Gleichung (3) erhält man die Gleichung:
 

Herleitung der Formel

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Dreiecke

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Zum Beweis der Winkelsumme im Dreieck:
Die beiden blauen Winkel sind gleich groß, da es sich um Stufenwinkel an Parallelen handelt, die beiden roten weil sie Wechselwinkel an Parallelen sind. Da alle drei Winkel an B den gestreckten Winkel bilden gilt:  

Dass die Summe der Innenwinkel im Dreieck 180° ist, folgt aus den Axiomen der euklidischen Geometrie (siehe Grafik).[2] Die Winkelsumme im Dreieck ist als Lehrsatz mit Beweis in den Elementen des Euklid überliefert, der Mathematikhistoriker Thomas Heath hält es aber für möglich, dass sie bereits Thales von Milet bekannt war, wie es auch Moritz Cantor annahm.[3]

Allgemein

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Man kann ein konvexes  -Eck mit Hilfe eines Punktes im Innern in   Teildreiecke teilen, die dann insgesamt eine Winkelsumme von   haben. Allerdings muss man hiervon noch den Vollwinkel um diesen Punkt abziehen, also

 

Alternativ kann man sagen, dass von einer Ecke aus   Diagonalen ausgehen, die das Polygon in   Teildreiecke teilen, deren Winkelsumme also   ist. Damit ist die Formel gezeigt.[4]

Für ein nicht-konvexes Polygon funktioniert dieser Ansatz allerdings nicht.

Für ein nicht-überschlagenes n-Eck (einfaches Polygon) ist es aber dennoch immer möglich, es so in n-2 Dreiecke aufzuteilen, dass deren gesamte Winkelsumme der Summe der Innenwinkel des Polygons entspricht.[5] Denn jedes nicht-überschlagene n-Eck lässt sich in Dreiecke zerlegen (siehe erstes Bild). Solch eine Zerlegung besteht immer aus n-2 Dreiecken[6]. Jeder Innenwinkel ist also entweder ein Dreieckswinkel oder Summe von solchen. Summiert man alle Innenwinkel auf, tritt jeder Dreieckswinkel genau einmal auf. Also gilt auch hier die obige Formel.

Winkelsumme in der nichteuklidischen Geometrie

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In einer nichteuklidischen Ebene mit positiver Krümmung, beispielsweise auf der Oberfläche einer Kugel, beträgt die Winkelsumme stets mehr als die angegebenen Werte. Je größer das Polygon, desto größer ist im Allgemeinen die Abweichung. Beispiel: Auf der Erde hat das Dreieck, das vom Äquator, vom Nullmeridian und vom 90. Längengrad gebildet wird, die Winkelsumme 270°.

In einer nichteuklidischen Ebene mit negativer Krümmung, zum Beispiel auf einer Sattelfläche, beträgt die Winkelsumme stets weniger als die angegebenen Werte. Sie kann sogar Werte annehmen, die beliebig nahe bei 0 liegen.

Literatur

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  • Roselyn Berman, Martin Berman: Concave Polygons. In: The Mathematics Teacher, Band 56, Nr. 6 (1963) S. 403–406 (JSTOR)
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Einzelnachweise

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  1. Wolfgang Zeuge: Nützliche und schöne Geometrie - Eine etwas andere Einführung in die Euklidische Geometrie. Zweite korrigierte und ergänzte Auflage, Springer Spektrum, Springer-Verlag GmbH, Berlin 2021, ISBN 978-3-662-63830-9, S. 13.
  2. Übersetzung des Beweises aus Euklids "Elemente": I.32 auf I 31 (Memento vom 24. Juni 2013 im Internet Archive).
  3. A History of Greek Mathematics: Volume 1. "From Thales to Euclid". Clarendon Press, Oxford, 1921 (Nachdruck Dover 2012), S. 134
  4. https://www.cliffsnotes.com/study-guides/geometry/polygons/angle-sum-of-polygons (abgerufen am 19. April 2021)
  5. Arnfried Kemnitz: Mathematik zum Studienbeginn: Grundlagenwissen für alle technischen, mathematisch-naturwissenschaftlichen und wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge. Springer, 2010, ISBN 978-3-8348-1293-3, S. 132
  6. Handbook of Discrete and Computational Geometry, Second Edition, Herausg. Csaba D. Toth, Joseph O’Rourke, Jacob E. Goodman, Verlag CRC Press, 2004, ISBN 1-4200-3531-2, S., 586, Theorem 26.2.1.