William F. Martin

US-amerikanischer Biologe

William („Bill“) F. Martin (geboren am 16. Februar 1957 in Bethesda, Maryland) ist ein amerikanischer Botaniker und Mikrobiologe, der derzeit das Institut für Molekulare Evolution an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf leitet.[1]

Werdegang Bearbeiten

William Martin besuchte das Richland College in Dallas, Texas, und die Texas A&M University. Nachdem er in Dallas als Zimmermann gearbeitet hatte, zog er nach Hannover, Deutschland, und erwarb 1985 sein Universitätsdiplom an der Technischen Universität Hannover. William Martin promovierte am Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung in Köln, wo er als Postdoktorand forschte, gefolgt von einer weiteren Postdoc-Arbeit am Institut für Genetik der Technischen Universität Braunschweig, wo er sich 1992 habilitierte. Im Jahr 1999 wurde er zum ordentlichen (C4) Professor an der Universität Düsseldorf ernannt und hat er einen Lehrstuhl am Institut für Botanik III,[2] jetzt Institut für Molekulare Evolution[1] der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf inne. Seine Schwerpunktthemen sind dort die Er­for­schung von Endosymbiosen, Zell- und Genomevolution, sowie Energiehaushalt und Stoffwechsel in Chloroplasten, Mitochondrien und Hydrogenosomen.

Bedeutende Arbeiten und Theorien Bearbeiten

 
Symbiogenetischer Stammbaum der Lebe­wesen: Überblick über die Ursprünge der Eukaryoten (Endo­symbiose von α-Proteobakterien in Archaeen ergibt MROs, blau>purpurn=orange) und der Chloroplastida (mit den Land­pflanzen: Endo­sym­biose von Cyano­bakterien in Protozoen ergibt einfache Plastiden, blau>orange=grün). Kom­plexe Plastiden entstehen durch Endo­sym­biose von bereits plastiden­tragenden Algen in Protisten (rot>orange=khaki).
 
Vernetzte Evolution: Stammbaum der Lebe­we­sen mit HGT und Endosymbiosen. Die Ent­stehung komplexer Plastiden ist hier nicht dar­ge­stellt.

William Martin ist ein angesehener und manchmal umstrittener Autor auf dem Gebiet der molekularen Evolution. Bekannt ist er vor allem für seine Arbeiten über die Evolu­tion des Calvin-Zyklus, der Plastiden (insbesondere der Chloroplasten) und mito­chondrien-ähnlicher Organellen (MROs), sowie ganz allgemein für seine Beiträge zum Verständnis des Ursprungs und der Entwicklung eukaryotischer Zellen.

Als Protagonist und Befürworter der „vernetzten“ Evolution[A 1] stellt er sich gegen einen Darwinismus,[A 2] zum Ausdruck gebracht in einem (über die gesamte Bio­sphäre verabsolutierten) Konzept klassischer Stammbäume.[A 3][3]

Martin ist zusammen mit Miklós Müller von der Rockefeller University Co-Autor der 1998 veröffentlichten Arbeit „The Hydrogen hypothesis for the first eukaryote“.[4] In einer Reihe weiterer Forschungsarbeiten leistete er sowohl einzeln als auch ge­mein­sam mit Michael J. Russell vom Jet Propulsion Laboratory der NASA Beiträge zum Verständnis der geochemischen Ursprünge der Zellen und ihrer Stoffwechselwege. Martins Arbeiten werden häufig (fast 30.000 Mal) zitiert und er hat einen h-Index von 95.[5]

Auszeichnungen Bearbeiten

Mitgliedschaften und Ehrenämter Bearbeiten

Veröffentlichungen (Auswahl) Bearbeiten

  • William F. Martin, Miklós Müller: The hydrogen hypothesis for the first eukaryote. In: Nature. 392. Jahrgang, Nr. 6671, 5. März 1998, S. 37–41, doi:10.1038/32096, PMID 9510246, bibcode:1998Natur.392...37M.
  • William F. Martin, Bettina Stoebe, Vadim Goremykin, Sabine Hansmann, Masama Hasegawa, Klaus V. Kowallik: Gene transfer to the nucleus and the evolution of chloroplasts. In: Nature. 393. Jahrgang, Nr. 6681, 14. Mai 1998, S. 162–165, doi:10.1038/30234, PMID 11560168, bibcode:1998Natur.393..162M (nature.com).
  • William F. Martin, Tamas Rujan, Erik Richly, Andrea Hansen, Sabine Cornelsen, Thomas Lins, Dario Leister, Bettina Stoebe, Masami Hasegawa, David Penny: Evolutionary analysis of Arabidopsis, cyanobacterial, and chloroplast genomes reveals plastid phylogeny and thousands of cyanobacterial genes in the nucleus. In: Proc. Natl. Acad. Sci. USA. 99. Jahrgang, Nr. 19, 17. September 2002, S. 12246​–12251, doi:10.1073/pnas.182432999, PMID 12218172, PMC 129430 (freier Volltext), bibcode:2002PNAS...9912246M (pnas.org).
  • William F. Martin, Michael J. Russell: On the origins of cells: An hypothesis for the evolutionary transitions from abiotic geochemistry to chemoautotrophic prokaryotes, and from prokaryotes to nucleated cells. In: Phil. Trans. R. Soc. Lond. B. 358. Jahrgang, Nr. 1429, 2003, S. 59–85, doi:10.1098/rstb.2002.1183, PMID 12594918, PMC 1693102 (freier Volltext) – (royalsocietypublishing.org).
  • Helen L. Race, Reinhold G. Herrmann, William Martin, Helen L. Race, Reinhold G. Herrmann, William F. Martin: Why have organelles retained genomes? In: Trends in Genetics. 15. Jahrgang, Nr. 9, 1. September 1999, S. 364–370, doi:10.1016/s0168-9525(99)01766-7, PMID 10461205 (ucl.ac.uk [PDF]).
  • Madeline C. We​iss, Filipa L. Sousa, Natalia Mrnjavac, Sinje Neukirchen, Mayo Roettger, Shijulal Nelson-Sathi, William F. Martin: The physiology and habitat of the last universal common ancestor. In: Nature Microbiology. 1. Jahrgang, Nr. 9, 25. Juli 2016, S. 16116, doi:10.1038/nmicrobiol.2016.116, PMID 27562259 (nature.com).

Anmerkungen Bearbeiten

  1. Eine „vernetzte“ Evolution entspricht in etwa einer Endosymbiontentheorie unter besonderer Berücksichtigung von horizontalem Gentransfer (HGT)
  2. im Sinne eines „Kampfes ums Dasein“ und „Überlebens der Stärkeren“
  3. Endosymbiose und Horizontaler Gentransfer (HGT) sind im Konzept der evolutionärer Bäume, die nur Verzweigungen kennen, nicht darstellbar. „Symbiogenetische“ Stammbäume berücksichtigen dagegen auch entwicklungsgeschichtliche Symbioseereignisse als Verschmelzungen; eine weitere Vernetzung wäre die Darstellungen von HGT.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Institut für Molekulare Evolution.
  2. Institut für Botanik III, Memento im Webarchiv vom 19. Juli 2011.
  3. Patrick Forterre, Louis d'Hendecourt, Christophe Malaterre, Marie-Christine Maurel: De l'inerte au vivant. Une enquête philosophique et scientifique (Vom Leblosen zum Lebendigen. Eine philosophische und wissenschaftliche Untersuchung). Hrsg.: Sylvestre Huet. La ville brûle, Band 360, 18. April 2013, 256 Seiten.
  4. William F. Martin, Miklós Müller: The hydrogen hypothesis for the first eukaryote. In: Nature. 392. Jahrgang, Nr. 6671, 5. März 1998, S. 37–41, doi:10.1038/32096, PMID 9510246, bibcode:1998Natur.392...37M.
  5. William Martin. Google Scholar Profile.
  6. Miescher-Ishida Prize
  7. International Society of Endocytobiology
  8. Hrvatsko društvo za biokemiju i molekularnu biologiju. Archiviert vom Original am 19. April 2019; abgerufen am 31. Juli 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.hdbmb.hr Englisch Croatian Society of Biochemistry and Molecular Biology (HDBMB).
  9. Prof. Dr. William Martin erhält Preis der Klüh Stiftung 2018. Dazu: The Klueh Foundation
  10. Natural Evolution in a Career.