Thomas Scholten

deutscher Geograph

Thomas Scholten (* 21. November 1960 in Rheine/Westfalen) ist ein deutscher Bodenwissenschaftler und Physischer Geograph an der Eberhard Karls Universität Tübingen und Direktor des Geographischen Instituts. Seine Forschung widmet sich der Entwicklung und dem Schutz von Böden, dem Verständnis bodenerosionssteuernder und bodenökologischer Prozesse sowie der Entstehung und Veränderung von Landschaften. Im Laufe seiner Karriere hatte er Positionen an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, der Justus-Liebig-Universität Gießen sowie der Friedrich-Schiller-Universität Jena inne. Von 2012 bis 2015 war er Präsident der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft. Seit 2016 ist er Vollmitglied von Acatech, der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften.

Thomas Scholten (2018)

Leben Bearbeiten

Nach dem Abitur 1979 arbeitete Thomas Scholten zunächst als Techniker in der kirchlichen Altenpflege und als Maschinenführer in der Verpackungsmittelindustrie. 1985 nahm er das Studium der Physischen Geographie, Geologie und Mineralogie an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster auf. Nach dem Diplom 1990 im Bereich Landschaftsökologie zum Thema „Niederschlagsdeposition in zwei Buchenwaldbeständen und die Auswirkungen auf Boden und Bestand“ bei Oskar Wilfrid Bach und Karl-Friedrich Schreiber wurde er 1997 mit der Dissertation „Genese und Erosionsanfälligkeit von Boden-Saprolit-Komplexen aus Kristal-lingesteinen in Swaziland, Südliches Afrika“ im Fach Bodenkunde bei Peter Felix-Henningsen zum Dr. rer. nat. promoviert. 2002 folgte die Habilitation an der Justus-Liebig-Universität Gießen zum Thema „Verbreitungssystematik und Eigenschaften pleistozäner periglaziärer Lagen in deutschen Mittelgebirgen“ und die Verleihung der Venia Legendi für die Fächer „Bodenkunde“ und „Physische Geographie“. Ebenfalls 2002 erhielt er den Ruf auf die Professur für „Physische Geographie mit Schwerpunkt Bodenkunde“ an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, wo er noch heute im Wissenschaftlichen Beirat der Chemisch-Geowissenschaftlichen Fakultät beratend tätig ist. 2005 nahm Thomas Scholten den Ruf an die Eberhard Karls Universität Tübingen auf den Lehrstuhl für Bodenkunde und Geomorphologie an, den er bis heute innehat.

Werk Bearbeiten

Ausgehend von seiner Dissertation zur Bodenerosion und deren Zusammenspiel mit chemischer Tiefenverwitterung (Saprolitisierung) im südlichen Afrika und der Habilitation zur räumlichen Verbreitung von periglaziären Lagen in Mittelgebirgslandschaften sind es immer wieder Fragen zu den Prozessen der räumlichen Anordnung von Böden und deren Eigenschaften und Funktionen für den Menschen, die Thomas Scholten vorantreiben. Er war einer der ersten, der die systematische Verbreitung von Solifluktionsdecken in Mittelgebirgen flächendeckend beschrieben und ausgehend von digitalen Oberflächenmodellen für Großlandschaften vorhergesagt hat. Daran anschließend entstanden maßgebliche Arbeiten zur geostatistischen Analyse der Bodenverbreitung im Rahmen des Sonderforschungsbereichs der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) SFB 299 „Landnutzungskonzepte für periphere Regionen“ an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Hier hat Thomas Scholten bereits in den 1990er Jahren, erstmals in der deutschen Bodenkunde, maschinelle Lernverfahren zur digitalen Bodenkartierung (Digital Soil Mapping, DSM) eingesetzt. Seit 2018 ist der Mitglied des Exzellenzclusters „Maschinelles Lernen: Neue Perspektiven für die Wissenschaft“ an der Universität Tübingen, mit dem Ziel, das Potential des maschinellen Lernens für die Wissenschaft zu erschließen und zu verstehen, welche Veränderungen dies für die wissenschaftliche Herangehensweise mit sich bringen wird.

Ebenso wie der Boden an der Schnittstelle von Atmosphäre, Biosphäre, Hydrosphäre und Lithosphäre wirkt, hat die Interdisziplinarität von Forschung für Thomas Scholten Priorität. Dies kommt in besondere Weise im SFB 1070 „Ressourcenkulturen“ zum Ausdruck, den er gemeinsam mit Martin Bartelheim leitet und wo Fragen zu Entstehung, Stabilität und Niedergang von Kulturen weltweit an der Schnittstelle von Geowissenschaften, Archäologie und Anthropologie im Zentrum stehen.

Weitere Aktivitäten in großen interdisziplinären Forschungsverbünden konzentrieren sich auf Fragen zur Rolle von Böden für die Biodiversität und ökosystemare Funktionen in Waldökosystemen im Rahmen der Forschungsgruppe der DFG FOR891 „BEF China: Biodiversity and ecosystem functioning in subtropical forests“, dem Schwerpunktprogramm (SPP) der DFG SPP 1158/8 „Antarktisforschung mit vergleichenden Untersuchungen in arktischen Eisgebieten“ zum Thema der Bodengenese unter Extrembedingungen und im SPP 1803 „EarthShape“, wo er gemeinsam mit Geomikrobiologen des Helmholtz-Zentrum Potsdam - Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ und anknüpfend an grundlegende Arbeiten im Rahmen seiner Dissertation, der Bodenerosion auf saprolitisierten granitoiden Gesteinen und deren Wechselwirkungen mit geomikrobiologischen Prozessen entlang einer Klimasequenz in der chilenischen Küstenkordilliere nachgeht.

Thomas Scholten hat international publiziert, mit über 5.000 Zitationen seiner 180 begutachteten Aufsätzen in bodenkundlichen und geowissenschaftlichen Fachzeitschriften, Buchkapiteln und Büchern.

Weitere Tätigkeiten Bearbeiten

  • Co-Sprecher des Sonderforschungsbereichs SFB1070 Ressourcenkulturen (seit 2017)
  • Mitglied der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften Acatech (seit 2016)
  • Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats von BonaRes (Boden als natürliche Ressource) am Helmholtz Zentrum für Umweltforschung UFZ (seit 2015)
  • Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Deutschen Geoforschungszentrum GFZ (2013 – 2019)
  • Präsident der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft (2012 – 2015)
  • Editor des Journal of Plant Nutrition and Soil Science JPNSS (seit 2012)
  • Sprecher des BMBF-Verbundprojekts YANGTZE GEO (2008 – 2015)
  • Mitglied des Präsidiums der Europäischen Gesellschaft für Bodenerhaltung ESSC (seit 2004)
  • Verschiedene Auszeichnungen und Preise für wissenschaftliche Fachaufsätze und Poster in den Bereichen Bodenerosion und Pedometrie (zuletzt auf der Pedometrics 2017)

Schriften (Auswahl) Bearbeiten

  • T. Scholten: Genese und Erosionsanfälligkeit von Boden-Saprolit-Komplexen aus Kristallingesteinen in Swaziland. (= Boden und Landschaft. 15). 1997, ISBN 3-931789-14-4.
  • T. Scholten, T. Behrens, P. Felix-Henningsen: Modelling geo-spatial soil properties in mid-altitude landscapes. In: A. Belward, E. Binaghi, P. A. Brivio, G. A. Lanzarone, G. Tosi (Hrsg.): Geo-spatial Knowledge Processing for Natural Resource Management. Varese, Italy 2001, S. 324–328.
  • T. Scholten: Verbreitungssystematik und Eigenschaften pleistozäner periglaziärer Lagen in deutschen Mittelgebirgen. (= Relief, Boden, Paläoklima. 19). Borntraeger, 2003, ISBN 3-443-09019-2.
  • T. Behrens, T. Scholten: Digital soil mapping in Germany – a review. In: J. Plant Nutr. Soil Sci. Band 169, Nr. 3, 2006, S. 434–443.
  • A. Don, J. Schumacher, M. Scherer-Lorenzen, T. Scholten, E. D. Schulze: Spatial and vertical variation of soil carbon at two grassland sites – implications for measuring soil carbon stocks. In: Geoderma. Band 141, 2007, S. 272–282, doi:10.1016/j.geoderma.2007.06.003
  • F. Baumann, J. S. He, K. Schmidt, P. Kühn, T. Scholten: Pedogenesis, permafrost, and soil moisture as controlling factors for soil nitrogen and carbon contents across the Tibetan Plateau. In: Global Change Biology. Band 15, 2009, S. 3001–3017, doi:10.1111/j.1365-2486.2009.01953.x
  • H. Bruelheide, M. Böhnke, S. Both, T. Fang, T. Assmann, M. Baruffol, J. Bauhus, F. Buscot, X.-Y. Chen, B.-Y. Ding, W. Durka, A. Erfmeier, M. Fischer, C. Geißler, D. Guo, L.-D. Guo, W. Härdtle, J.-S. He, A. Hector, W. Kröber, P. Kühn, A. C. Lang, K. Nadrowski, K. Q. Pei, M. Scherer-Lorenzen, X. Z. Shi, T. Scholten, A. Schuldt, S. Trogisch, G. von Oheimb, E. Welk, C. Wirth, Y.-T. Wu, X. F. Yang, X. Q. Zeng, S. R. Zhang, H. Z. Zhou, K. P. Ma, B. Schmid: Community assembly during secondary forest succession in a Chinese subtropical forest. In: Ecological Monographs. Band 81, Nr. 1, 2011, S. 25–41, doi:10.1890/09-2172.1
  • T. Scholten, C. Geißler, J. Goc, P. Kühn, C. Wiegand: A new splash cup to measure the erosion potential of rainfall under vegetation. In: J. Plant Nutr. Soil Sci. Band 174, 2011, S. 596–601, doi:10.1002/jpln.201000349
  • J. Harter, H. M. Krause, S. Schuettler, R. Ruser, M. Fromme, T. Scholten, A. Kappler, S. Behrens: Linking N2O emissions from biochar-amended soil to the structure and function of the N-cycling microbial community. In: ISMEJ. Band 8, 2014, S. 660–674, doi:10.1038/ismej.2013.160
  • M. Müller, U. Schickhoff, J. Böhner, R. P. Chaudhary, S. Drollinger, T. Scholten: How do soil properties affect alpine treelines? General principles in a global perspective and novel findings from Rolwaling Himal, Nepal. In: Progress in Physical Geography. Band 40, Nr. 1, 2016, S. 135–160, doi:10.1177/0309133315615802
  • Z. Q. Pei, D. Eichenberg, O. Purschke, Y. Li, G. von Oheimb, W. Kröber, H. Bruelheide, P. Kühn, T. Scholten, F. Buscot, J. L. M. Gutknecht: Soil and tree species traits both shape soil microbial communities during early growth of Chinese subtropical forests. In: Soil Biology and Biochemistry. Band 96, 2016, S. 180–190, doi:10.1016/j.soilbio.2016.02.004
  • Geng Yan, Baumann Frank, Song Chao, Zhang Mi, Shi Yue, Kühn Peter, Scholten Thomas, He Jin-Sheng. Increasing temperature reduces the coupling between available nitrogen and phosphorus in soils of Chinese grasslands. In: Scientific Reports. Band 7, 2017, S. 43524, doi:10.1038/srep43524
  • Sizhong Yang, Susanne Liebner, Matthias Winkel, Mashal Alawi, Fabian Horn, Corina Dörfer, Julien Ollivier, Jinsheng He, Huijun Jin, Peter Kühn, Michael Schloter, Thomas Scholten, Dirk Wagner. In-depth analysis of core methanogenic communities from high elevation permafrost-affected wetlands. In: Soil Biology and Biochemistry. Band 111, 2017, S. 66–77, doi:10.1016/j.soilbio.2017.03.007
  • Thomas Scholten, Philipp Goebes, Peter Kühn, Steffen Seitz, Thorsten Assmann, Jürgen Bauhus, Helge Bruelheide, Francois Buscot, Alexandra Erfmeier, Markus Fischer, Werner Härdtle, Jin-Sheng He, Keping Ma, Pascal A. Niklaus, Michael Scherer-Lorenzen, Bernhard Schmid, Xuezheng Shi, Zhengshan Song, Goddert von Oheimb, Christian Wirth, Tesfaye Wubet, Karsten Schmidt. On the combined effect of soil fertility and topography on tree growth in subtropical forest ecosystems - a study from SE China. In: J Plant Ecol. Band 10, Nr. 1, 2017, S. 111–127, doi:10.1093/jpe/rtw065
  • X. Liu, S. Trogisch, J.-S. He, P. A. Niklaus, H. Bruelheide, Z. Tang, A. Erfmeier, M. Scherer-Lorenzen, K. A. Pietsch, B. Yang, P. Kühn, T. Scholten, Y. Huang, C. Wang, M. Staab, K. N. Leppert, C. Wirth, B. Schmid, K. Ma: Tree diversity richness increases ecosystem carbon storage in subtropical forests. In: Proceedings of the Royal Society B. Band 285, 2018, S. 20181240. doi:10.1098/rspb.2018.1240
  • A. Schuldt, T. Assmann, M. Brezzi, F. Buscot, D. Eichenberg, J. Gutknecht, W. Härdtle, J. S. He, A. M. Klein, P. Kühn, X. Liu, K. P. Ma, P. A. Niklaus, K. A. Pietsch, W. Purahong, M. Scherer-Lorenzen, B. Schmid, T. Scholten, M. Staab, Z. Y. Tang, S. Trogisch, G. von Oheimb, C. Wirth, T. Wubet, C. D. Zhu, H. Bruelheide: Biodiversity across trophic levels drives multifunctionality in highly diverse forests. In: Nature Communications. Band 9, 2018, S. 2989. doi:10.1038/s41467-018-05421-z
  • Y. Huang, Y. Chen, N. Castro-Izaguirre, M. Baruffol, M. Brezzi, A. Lang, Y. Li, W. Härdtle, G. von Oheimb, X. Yang, X. Liu, K. Pei, S. Both, B. Yang, D. Eichenberg, T. Assmann, J. Bauhus, T. Behrens, F. Buscot, X.-Y. Chen, D. Chester, B.-Y. Ding, W. Durka, A. Erfmeier, J. Fang, M. Fischer, L.-D. Guo, D. Guo, J. L. M. Gutknecht, J.-S. He, C. L. He, A. Hector, L. Hoenig, R.-J. Hu, A. M. Klein, P. Kühn, Y. Liang, S. Li, S. Michalski, M. Scherer-Lorenzen, K. Schmidt, T. Scholten, A. Schuldt, X. Shi, M. Z. Tang, Z. Tang, S. Trogisch, C. Wirth, T. Wubet, M. Yu, X. D. Ju, Y. Zhang, S. Zhang, N. Zhang, H.-Z. Zhou, C.-D. Zhu, L. Zhu, H. Bruelheide, K. Ma, P. A. Niklaus, B. Schmid: Impacts of species richness on productivity in a large-scale subtropical forest experiment. In: Science. Band 362, Nr. 6410, S. 80–83. doi:10.1126/science.aat6405

Weblinks Bearbeiten