Thilo von Debschitz

Deutscher Autor

Thilo von Debschitz (* 3. Februar 1966 in Offenbach am Main) ist ein deutscher Designer und Autor.

Thilo von Debschitz

Leben und Werk Bearbeiten

Nach Schulzeit in Offenbach am Main und Zivildienst in Wiesbaden studierte von Debschitz Kommunikationsdesign an der Fachhochschule Wiesbaden und schloss das Studium als Diplom-Designer ab. Er arbeitete danach bei verschiedenen Werbe- und Designagenturen. 1997 gründete er gemeinsam mit Laurenz Nielbock die Designagentur Q in Wiesbaden, die für ihre Arbeiten zahlreiche nationale und internationale Preise erhalten hat.[1] Er lebt und arbeitet in Wiesbaden.

Neben seiner Arbeit als Designer tritt von Debschitz auch als Autor und Herausgeber von Büchern mit gestalterischen Schwerpunkt in Erscheinung. 2006 erschien anlässlich der Ausstellung „Kunstcountdown“ in den Opelvillen Rüsselsheim der gleichnamige Band mit 52 Arbeiten der Künstler Sandra und Uwe Fischer. Das Ehepaar schuf bis zum Anpfiff der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland über die Dauer eines Jahres eine Holzskulptur pro Woche mit Fußballbezug. Von Debschitz initiierte gemeinsam mit Bernd Müller die Aktion und trug Verantwortung als Herausgeber und Gestalter des Buches.[2] Zum deutschen Fotografen Frank Kunert gab Thilo von Debschitz zwei Kunstbände heraus.[3][4] Der erste Band „Verkehrte Welt“ erhielt den Deutschen Fotobuchpreis 2009.

Gemeinsam mit seiner Schwester Uta von Debschitz forschte Thilo von Debschitz in internationalen Archiven, um das Werk des populärwissenschaftlichen Autors Fritz Kahn wieder sichtbar zu machen. 2009 erschien die erste Monografie zu Kahn unter dem Titel Fritz Kahn / Man Machine.[5] Eine zweite Fassung wurde 2013 unter dem Titel Fritz Kahn veröffentlicht.[6] 2017 und 2022 erschienen die dritte und vierte (mehrsprachige) Ausgabe mit dem Titel Fritz Kahn. Infographics Pioneer.[7] Die Wiederentdeckung Kahns hob dessen Bedeutung als Pionier bei der Visualisierung von Information hervor.[8][9][10][11][12] Das US-amerikanische Magazin Fast Company zählte die Monografie zu den besten Designbüchern des Jahres 2013,[13] außerdem wurde „Fritz Kahn“ 2014 zum Wissensbuch des Jahres in der Kategorie „Ästhetik“ nominiert[14] und in die offizielle Auswahl des TED Book Club aufgenommen.

Im Jahr 2021 gelang es von Debschitz, mit dem in New York zurückgezogen lebenden Designer Joe Caroff Kontakt aufzunehmen. Zum 100. Geburtstag Caroffs im August 2021 publizierte Thilo von Debschitz einen achtseitigen Beitrag im deutschsprachigen Fachmedium Grafikmagazin sowie im Dezember 2021 einen sechsseitigen Beitrag im britischen Designmagazin eye, die über Leben und Werk des Gestalters informierten. Deutsche Medien schenkten dieser Wiederentdeckung große Beachtung.[15][16][17]

Von Debschitz Agentur setzte sich ab 2021 öffentlich für die Schrift „Bierstadt“ ein.[18][19] Diese stand neben vier weiteren Schriften zur Wahl als Substitution für die langjährig im Einsatz befindliche Standardschrift „Calibri“, die von rund 1,2 Milliarden Menschen auf Microsoft-Applikationen wie Word und PowerPoint genutzt wird. Die Agentur warb für die Schrift aus Gründen der besseren Lesbarkeit und höheren Funktionalität gegenüber den vier anderen Kandidatinnen[20]. Letztlich ging „Bierstadt“ tatsächlich als Siegerin aus dem Wettbewerb hervor,[21] allerdings wurde die Schriftfamilie nach einer deutlichen Erweiterung 2023 in „Aptos“ umbenannt[22].

Neben dem Historiker Gerard Groeneveld und dem Team des Jüdischen Museums Berlin war Thilo von Debschitz auch an der Wiederentdeckung und öffentlichen Präsentation des kreativen Nachlasses von Curt Bloch beteiligt. Der Jude Bloch versteckte sich in den Jahren 1942 bis 1945 vor den Nationalsozialisten und stellte in seinem Versteck in der Stadt Enschede 96 kleine Hefte mit über 1.600 Seiten her, die fast 500 Gedichte enthielten.[23] Die Hefte lagerten fast 80 Jahre in New York, bis Simone Bloch – Tochter von Curt Bloch – mit Gerard Groeneveld und Thilo von Debschitz Kontakt aufnahm. Groeneveld gab eine niederländische Buchpublikation heraus,[24] Debschitz Agentur entwickelte in Zusammenarbeit mit Simone Bloch eine Website[25], deren Erstellung und Betrieb sich ausschließlich über Spendengelder finanziert.[26] Er reaktivierte auch einen auf das Jahr 2014 zurückreichenden Kontakt zwischen der Familie Bloch und dem Jüdischen Museum Berlin. In der Folge einigte sich die Familie Bloch auf die Überlassung der Originalhefte für die Präsentation einer Ausstellung „Mein Dichten ist wie Dynamit – Curt Blochs Het Onderwater Cabaret“.[27]

Zusätzliche Informationen Bearbeiten

Von Debschitz wirkt in Wiesbaden im Kuratorium der Goldenen Lilie mit, einem Wettbewerb für unternehmerisches gesellschaftliches Engagement.[28]

Im Jahr 2017 wurde Thilo von Debschitz in die Jury des internationalen Designwettbewerbs Red Dot Design Award berufen, der er seitdem angehört.[29] Außerdem wirkte er im Jahr 2018 als Jurymitglied des Wettbewerbs Hessischer Staatspreis Universelles Design des Hessischen Ministeriums für Soziales und Integration mit.[30] Im Jahr 2020 zählte der Designer zudem zur Jury beim Designpreis Rheinland-Pfalz, deren Sprecher er war.[31]

2012 erhielt von Debschitz zusammen mit seinem Geschäftspartner Laurenz Nielbock den Deutschen Bürgerpreis für besonderes ehrenamtliches Engagement als Unternehmer.

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Thilo von Debschitz – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. https://www.q-gmbh.de/ueber-uns/ruhm-ehre/
  2. https://www.worldcat.org/title/kunstcountdown-sandra-uwe-fischer-52-wochen-oder-52-kunst-stucke-bis-zum-anpfiff-der-wm-2006-zur-ausstellung-sandra-uwe-fischer-kunstcountdown-52-wochen-oder-52-kunst-stucke-bis-zum-anpfiff-der-wm-2006-in-den-opelvillen-russelsheim-artcountdown/oclc/180927418
  3. https://www.hatjecantz.de/frank-kunert-2057-0.html?article_id=2057&clang=0
  4. https://www.hatjecantz.de/frank-kunert-5606-0.html?article_id=5606&clang=0
  5. Norbert Jachertz: Populärmedizin: Der Mensch ist eine Maschine, die vom Menschen bedient wird. In: Deutsches Ärzteblatt. Band 107, Nr. 9. Deutscher Ärzte-Verlag, 5. März 2010, S. A-391 / B-345 / C-335 (aerzteblatt.de).
  6. Hans-Joachim Müller: Fritz Kahn: Die ganze Welt passt in ein Schaubild. In: welt.de. 8. Oktober 2013, abgerufen am 27. Januar 2024.
  7. https://www.taschen.com/de/books/graphic-design/40803/fritz-kahn-infographics-pioneer
  8. https://www.fritz-kahn.com/de/notizen/
  9. Thilo von Debschitz / Uta von Debschitz: Fritz Kahn. In: perlentaucher.de. Abgerufen am 16. März 2024.
  10. https://archive.nytimes.com/tmagazine.blogs.nytimes.com/2009/11/04/graphic-content-diagramming-fritz-kahn/
  11. Álvaro Corcuera: Fritz Kahn, un genio olvidado | EL PAÍS Semanal | EL PAÍS. In: elpais.com. 2. September 2013, abgerufen am 16. März 2024 (spanisch).
  12. https://observer.com/2013/12/these-coffee-table-books-make-beautiful%C2%AD-and-unusual-christmas-gifts/
  13. https://www.fastcodesign.com/3021584/the-best-of-fritz-kahn-the-grandfather-of-data-visualization
  14. https://www.elementareslesen.de/wissensbuch-des-jahres-2014-die-nominierungen/
  15. https://www.printmag.com/post/the-daily-heller-the-most-prolific-designer-you-ve-never-known
  16. Gerhard Matzig: Joe Caroff wird 100: eine Größe für sich. In: sueddeutsche.de. 17. August 2021, abgerufen am 28. Januar 2024.
  17. https://www.facebook.com/Eye.theInternationalReviewofGraphicDesign/posts/joe-caroffthe-names-caroff-joe-caroff-thilo-von-debschitz-profiles-a-man-who-des/5035164363169725/
  18. Christine Moosmann: Bierstadt vor! In: Grafikmagazin. 12. Juli 2021, abgerufen am 25. August 2023 (deutsch).
  19. Achim Schaffrinna: Good bye Calibri! Welcher Font soll die neue Standardschrift von Microsoft werden? In: Design Tagebuch. 25. Juni 2021, abgerufen am 25. August 2023 (deutsch).
  20. Für eine glorreiche Zukunft von Bierstadt | Q – Agentur für Design und Werbung in Wiesbaden. Abgerufen am 25. August 2023.
  21. Wiesbaden: Bierstadt macht das Rennen. 18. August 2023, abgerufen am 25. August 2023.
  22. tagesschau.de: Hessen: Microsoft-Standardschriftart: Wie der Wiesbadener Stadtteil Bierstadt fast weltberühmt wurde. Abgerufen am 25. August 2023.
  23. Charlie English: ‘Satirical resistance’: the magazine-maker who risked his life poking fun at the Nazis. In: The Guardian. 18. Januar 2024, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 1. Februar 2024]).
  24. Het Onderwater Cabaret | Satirisch verzet van Curt Bloch. Abgerufen am 1. Februar 2024 (niederländisch).
  25. Site is undergoing maintenance. Abgerufen am 1. Februar 2024 (deutsch).
  26. Widerstandsmagazine von Curt Bloch. Abgerufen am 6. März 2024.
  27. „Mein Dichten ist wie Dynamit“. Abgerufen am 1. Februar 2024.
  28. https://www.die-goldene-lilie.de/koepfe/
  29. https://www.red-dot.org/cd/red-dot-jury/thilo-von-debschitz/
  30. https://www.german-design-council.de/fileadmin/gdc/upload/PDF/Designpreise/Hessischer_Staatspreis_Universelles_Design_2018.pdf
  31. https://mwvlw.rlp.de/fileadmin/mwkel/Broschueren/Designpreis_Dokumentation_2020.pdf