Sogdianit

Mineral, Ringsilikat aus der Milarit-Gruppe

Das Mineral Sogdianit ist ein selten vorkommendes Ringsilikat aus der Milaritgruppe und hat die chemische Zusammensetzung K Zr4+2 Li3 Si12O30 [3]. Es kristallisiert im hexagonalen Kristallsystem und entwickelt violette Kristalle, farblich vergleichbar mit Kunzit[6][7].

Sogdianit
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1971 s.p.[1]

IMA-Symbol

Sog[2]

Chemische Formel KZr4+2Li3Si12O30[3][1]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate – Ringsilikate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/C.10
VIII/E.22-120[4]

9.CM.05
63.02.01a.13
Ähnliche Minerale Sugilith
Kristallographische Daten
Kristallsystem hexagonal
Kristallklasse; Symbol dihexagonal-dipyramidal; 6/m2/m2/m[5]
Raumgruppe P6/mcc (Nr. 192)Vorlage:Raumgruppe/192[3]
Gitterparameter a = 10,1240 Å; c = 14,3198 Å[3]
Formeleinheiten Z = 2[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 7[6][7]
Dichte (g/cm3) 2,9[6][7]
Spaltbarkeit vollkommen nach (0001)[6][7]
Farbe violett, hellviolett[6][7]
Strichfarbe Bitte ergänzen!
Transparenz durchsichtig[6][7]
Glanz Glasglanz[6][7]
Radioaktivität kaum messbar[5]
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 1,608
nε = 1,606[6][7]
Doppelbrechung δ = 0,002[6]
Optischer Charakter einachsig negativ[6], einachsig positiv[7]
Weitere Eigenschaften
Besondere Merkmale Fluoreszenz: LW: dunkelviolett, KW: dunkelrot

Etymologie und Geschichte Bearbeiten

Entdeckt wurde Sogdianit in den Moränen des Gletschers Dara-i-Pioz (auch Darai-Pioz) im Alaigebirge in Tadschikistan. Die Analyse und Erstbeschreibung erfolgte durch W. D. Dusmatow, A. F. Jefimow, S. T. Katajewa, L. A. Choroschilowa und K. P. Janulow (russisch В. Д. Дусматов, А. Ф. Ефимов, З. Т. Катаева, Л. А. Хорошилова, К. П. Янулов), die das Mineral nach dem antiken Namen des Fundortes, dem Reich Sogdien in Mittelasien (auch Sogdiana, heute Tadschikistan) benannten und es als neues Mineral der Milaritgruppe zuordneten.

Das Mineralogenteam veröffentlichte seine Untersuchungsergebnisse und den gewählten Namen 1968 im russischen Fachmagazin Doklady Akademii nauk (russisch Доклады Академии наук ‚Berichte der Akademie der Wissenschaften‘).[6] Ein Jahr später wurde die Neuentdeckung auch im englischsprachigen Fachmagazin American Mineralogist veröffentlicht.[7] Die Publikation der Erstbeschreibung erfolgte also ohne vorherige Prüfung und Anerkennung durch die 1959 gegründete und seitdem dafür zuständige Kommission für neue Minerale, Mineralnamen und Klassifikation der International Mineralogical Association (IMA). Dennoch wurde Sogdianit in einem Wahlverfahren der Kommission durch mehr als 60 % der Abstimmenden 1971 nachträglich als eigenständige Mineralart anerkannt.[8] Seitdem wird das Mineral in der „Liste der Minerale und Mineralnamen“ der IMA unter der Summenanerkennung „IMA 1971 s.p.“ (special procedure) geführt.[1]

Klassifikation Bearbeiten

Bereits in der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehört der Sogdianit zur Mineralklasse der „Silikate und Germanate“ und dort zur Abteilung der „Ringsilikate“, wo er zusammen mit Armenit, Merrihueit, Milarit, Osumilith, Roedderit und Yagiit die „Milaritgruppe“ mit der System-Nr. VIII/C.10 bildete.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich im Aufbau noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VIII/E.22-120. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls Abteilung „Ringsilikate“, wo Sogdianit zusammen mit Agakhanovit-(Y), Almarudit, Armenit, Berezanskit, Brannockit, Chayesit, Darapiosit, Dusmatovit, Eifelit, Emeleusit, Faizievit, Friedrichbeckeit, Klöchit, Lipuit, Merrihueit, Milarit, Oftedalit, Osumilith, Osumilith-(Mg), Poudretteit, Roedderit, Shibkovit, Sugilith, Trattnerit, Yagiit und Yakovenchukit-(Y) die Gruppe „Doppelte Sechserringe [Si12O30]12− – Milarit-Osumilith-Gruppe“ mit der System-Nr. VIII/E.22 bildet.[4]

Auch die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[9] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Sogdianit in die Abteilung der „Ringsilikate“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Struktur der Ringe, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „[Si6O18]12−-Sechser-Doppelringe“ zu finden ist. Darin gehört es mit Almarudit, Armenit, Berezanskit, Brannockit, Chayesit, Darapiosit, Dusmatovit, Eifelit, Friedrichbeckeit, Klöchit, Merrihueit, Milarit, Oftedalit, Osumilith, Osumilith-(Mg), Poudretteit, Roedderit, Shibkovit, Sugilith, Trattnerit und Yagiit zur „Milaritgruppe“ mit der System-Nr. 9.CM.05.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Sogdianit ebenfalls in die Klasse der „Silikate und Germanate“, dort allerdings in die bereits feiner unterteilte Abteilung der „Ringsilikate: Kondensierte Ringe“ ein. Hier ist er in der „Milarit-Osumilith-Gruppe (Milarit-Osumilith-Untergruppe)“ mit der System-Nr. 63.02.01a innerhalb der Unterabteilung „Ringsilikate: Kondensierte, 6-gliedrige Ringe“ zu finden.

Chemismus Bearbeiten

Sogdianit mit nahezu idealer Endgliedzusammensetzung ist nur von der Typlokalität in Tadschikistan bekannt.[3] Ansonsten bildet er komplexe Mischkristalle mit Sugilith (Na und Fe3+-Gehalte), Berezanskit (Ti4+-Gehalte), Brannockit (Sn4+) und Darapiosit (Na und Mn2+-Gehalte).

Vom Darai-Pioz-Gletscher ist die komplette Sogdianit-Sugilith-Mischkristallreihe belegt[10] und auch die übrigen Zusammensetzungen, die sich in der Literatur finden, sind Mischkristalle, z. B. von Sogdianit, Sugilith, Berezanskit und Sugilith-Al (hypothetisches Endglied).[11]

Kristallstruktur Bearbeiten

Sogdianit kristallisiert hexagonal in der Raumgruppe P6/mcc (Raumgruppen-Nr. 192)Vorlage:Raumgruppe/192 mit den Gitterparametern a = 10,1240 Å und c = 14,3198 Å sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Sogdianit ist isotyp zu Milarit, das heißt, es kristallisiert mit der gleichen Struktur wie Milarit. Die 12-fach koordinierte C-Position ist voll besetzt mit Kalium (K+), die 9-fach koordinierte B-Position hingegen unbesetzt. Zirkon Zr4+ wird ausschließlich auf der 6-fach koordinierten A-Position eingebaut, Lithium (Li+) auf der tetraedrisch koordinierten T2-Position. Die T1-Position, die die 6er-Doppelringe aufbaut, enthält nur Silizium (Si4+).

Bildung und Fundorte Bearbeiten

Sogdianit bildet sich in Pegmatit-Adern und alkalischen Graniten.

Die Typlokalität ist der Gletscher Dara-i-Pioz im Alaigebirge in Tadschikistan, wo es in Gesteinen pegmatitischen Ursprungs in den Moränen gefunden wird. Sogdianit tritt hier zusammen mit Quarz, Mikroklin, Ägirin und Seltenerdmineralen wie Thorit und Stillwellit auf.

Darüber hinaus listet Mindat nur zwei weitere Fundorte auf (Stand 2023):[12]

Am Golden Horn Batholith tritt Sogdianit zusammen mit Ägirin, Bastnäsit-(Ce), Gadolinit-(Y), Titanit, Zektzerit und Arfvedsonit auf.[13]

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • В. Д. Дусматов, А. Ф. Ефимов, З. Т. Катаева, Л. А. Хорошилова, К. П. Янулов: Согдианит – Новый Минерал. In: Доклады Академии наук СССР. Band 182, Nr. 5, 1968, S. 1176–1177 (russisch, rruff.info [PDF; 161 kB; abgerufen am 5. November 2023] englische Übersetzung: V. D. Dusmatov, A. F. Efimov, Z. T. Kataeva, L. A. Khoroshilova, K. P. Yanulov: Sogdianite – a new mineral. In: Doklady Akademii Nauk SSSR.).
  • Sogdianite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 73 kB; abgerufen am 5. November 2023]).
  • Paul Ramdohr, Hugo Strunz: Klockmanns Lehrbuch der Mineralogie. 16. Auflage. Ferdinand Enke Verlag, 1978, ISBN 3-432-82986-8, S. 714.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Sogdianite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: September 2023. (PDF; 3,8 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, September 2023, abgerufen am 5. November 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 5. November 2023]).
  3. a b c d e f Elena V. Sokolova, Frank C. Hawthorne, Leonid A. Pautov: The Crystal Chemistry Of Li-bearing Minerals With The Milarite-Type Structure: The Crystal Structure Of End-Member Sogdianite. In: The Canadian Mineralogist. Band 38, 2000, S. 853–859 (englisch, rruff.info [PDF; 698 kB; abgerufen am 5. November 2023]).
  4. a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  5. a b David Barthelmy: Sogdianite Mineral Data. In: webmineral.com. Abgerufen am 5. November 2023 (englisch).
  6. a b c d e f g h i j k В. Д. Дусматов, А. Ф. Ефимов, З. Т. Катаева, Л. А. Хорошилова: Согдианит – Новый Минерал. In: Доклады Академии наук СССР. Band 182, Nr. 5, 1968, S. 1176–1177 (russisch, rruff.info [PDF; 161 kB; abgerufen am 5. November 2023] englische Übersetzung: V. D. Dusmatov, A. F. Efimov, Z. T. Kataeva, L. A. Khoroshilova, K. P. Yanulov: Sogdianite – a new mineral. In: Doklady Akademii Nauk SSSR.).
  7. a b c d e f g h i j Michael Fleischer: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 54, 1969, S. 1218–1223 (englisch, rruff.info [PDF; 388 kB; abgerufen am 5. November 2023]).
  8. International Mineralogical Association: Commission on New Minerals and Mineral Names. In: Mineralogical Magazine. Band 38, März 1971, S. 102–105 (englisch, rruff.info [PDF; 194 kB; abgerufen am 6. November 2023]).
  9. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Januar 2009, abgerufen am 5. November 2023 (englisch).
  10. Leonid A. Pautov, P. V. Khvorov, V. A. Muftakhov, A. A. Agakhanov: Sogdianite and sugilite from Dara-i-Pioz massif (Tajikistan). In: Proceedings of the Russian Mineralogical Society. Band 129, 2000, S. 66–79 (russisch, Titelblatt in russisch mit englischer Kurzbeschreibung (Memento vom 24. Februar 2018 im Internet Archive) [PDF]).
  11. Mark A. Cooper, Frank C. Hawthorne, Edward S. Grew: The crystal chemistry of sogdianite, a milarite-group mineral. In: American Mineralogist. Band 84, 1999, S. 764–768 (englisch, rruff.info [PDF; 1,5 MB; abgerufen am 5. November 2023]).
  12. Fundortliste für Sogdianit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 5. November 2023.
  13. Sogdianite from Washington Pass, Golden Horn Batholith, Okanogan Co., Washington, USA. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 5. November 2023 (englisch).