Merrihueit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Silikate und Germanate“. Es kristallisiert im hexagonalen Kristallsystem mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung (K,Na)2(Fe2+,Mg)5[Si12O30].[3] Die Kationen Kalium und Natrium bzw. Eisen und Magnesium können sich im Kristallgitter jeweils gegenseitig vertreten (Substitution, Diadochie), stehen jedoch immer im selben Mengenverhältnis zum Silikat-Komplex. Strukturell gehört Merrihueit zu den Ringsilikaten.

Merrihueit
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1965-020[1]

IMA-Symbol

Mhu[2]

Chemische Formel (K,Na)2(Fe2+,Mg)5[Si12O30][3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Silikate und Germanate – Ringsilikate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VIII/C.10
VIII/E.22-060

9.CM.05
63.02.01a.05
Ähnliche Minerale Osumilith
Kristallographische Daten
Kristallsystem hexagonal
Kristallklasse; Symbol dihexagonal-dipyramidal; 6/m2/m2/m[4]
Raumgruppe P6/mcc (Nr. 192)Vorlage:Raumgruppe/192[5]
Gitterparameter a = 10,14 Å; c = 14,22 Å[5]
Formeleinheiten Z = 2[5]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 6 bis 7[3]
Dichte (g/cm3) berechnet: 2,87[6]
Spaltbarkeit fehlt[3]
Bruch; Tenazität nicht definiert
Farbe grünlichblau
Strichfarbe weiß
Transparenz durchscheinend
Glanz Glasglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 1,570
nε = 1,559 bis 1,592[7]
Doppelbrechung δ = 0,011[7]
Optischer Charakter einachsig negativ
Achsenwinkel 2V = gemessen: 5 bis 10°[6]
Pleochroismus farblos bis grünlichblau

Merrihueit konnte bisher nur in Form mikrokristalliner Aggregate bis etwa 150 Mikrometer Größe und als Einschlüsse in Enstatit gefunden werden. Das Mineral ist durchscheinend und von grünlichblauer Farbe mit glasähnlichem Glanz auf den Oberflächen.

Etymologie und Geschichte Bearbeiten

Erstmals entdeckt wurde Merrihueit in Mineralproben des Mezö-Madaras-Meteoriten, der 1852 im Kreis Harghita in der rumänischen Region Siebenbürgen niedergegangen war. Beschrieben wurde das Mineral 1965 durch Robert T. Dodd Jr., W. Randall van Schmus und Ursula B. Marvin, die es nach dem damals kürzlich verstorbenen US-amerikanischen Geologen Craig M. Merrihue benannten.

Klassifikation Bearbeiten

Bereits in der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Merrihueit zur Abteilung der „Ringsilikate (Cyclosilikate)“, wo er zusammen mit Almarudit, Armenit, Berezanskit, Brannockit, Chayesit, Darapiosit, Dusmatovit, Eifelit, Emeleusit, Faizievit, Milarit, Oftedalit, Osumilith, Osumilith-(Mg), Poudretteit, Roedderit, Shibkovit, Sogdianit, Sugilith, Trattnerit, Yagiit und Yakovenchukit-(Y) die „Milarit-Osumilith-Gruppe“ mit der System-Nr. VIII/C.10 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Merrihueit ebenfalls in die Abteilung der „Ringsilikate“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Struktur der Ringe, so dass das Mineral entsprechend seinem Aufbau in der Unterabteilung „[Si6O18]12−-Sechser-Doppelringe“ zu finden ist, wo es zusammen mit Almarudit, Armenit, Berezanskit, Brannockit, Chayesit, Darapiosit, Dusmatovit, Eifelit, Friedrichbeckeit, Klöchit, Milarit, Oftedalit, Osumilith, Osumilith-(Mg), Poudretteit, Roedderit, Shibkovit, Sogdianit, Sugilith, Trattnerit und Yagiit die „Milaritgruppe“ mit der System-Nr. 9.CM.05 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Merrihueit in die Klasse der „Silikate“ und dort in die Abteilung der „Ringsilikate: Kondensierte Ringe“ ein. Hier ist er in der „Milarit-Osumilith-Gruppe (Milarit-Osumilith-Untergruppe)“ mit der System-Nr. 63.02.01a innerhalb der Unterabteilung „Ringsilikate: Kondensierte, 6-gliedrige Ringe“ zu finden.

Kristallstruktur Bearbeiten

Merrihueit kristallisiert hexagonal in der Raumgruppe P6/mcc (Raumgruppen-Nr. 192)Vorlage:Raumgruppe/192 mit den Gitterparametern a = 10,14 Å und c = 14,22 Å sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[5]

Eigenschaften Bearbeiten

Merrihueit ist pleochroitisch, das heißt, je nachdem aus welcher Richtung das Licht durch einen Kristall fällt, erscheint er in einer anderen Farbe. Bei Merrihueit schwankt die Farbe zwischen farblos und grünlichblau.

Der anhand des Mesö-Maradas-Materials ermittelte Brechungsindex beträgt 1,559 bis 1,592. Die Doppelbrechung ist mit δ = 0,011 niedrig bis moderat, was sich im Dünnschliff durch anomal blaue und violette Interferenzfarben äußert.

Bildung und Fundorte Bearbeiten

Im Mesö-Maradas-Chondrit ist Merrihueit ein Bestandteil der Chondren und dort im Wesentlichen mit Klinoenstatit, fayalitischem Olivin und Nickeleisen vergesellschaftet. Er tritt dort speziell in Form von Einschlüssen in verzwillingtem Klinoenstatit bzw. Klinobronzit auf, jedoch ist sein Anteil sehr gering. Fünf Dünnschliffe und 10 Gramm gemahlener Gesteinsprobe enthielten eine Gesamtmenge von nur wenigen Mikrogramm des Minerals.[8]

Merrihueit irdischen Ursprunges ist weltweit bisher nur aus drei Fundorten bekannt (Stand 2014).[9] Der bisher einzige bekannte Fundort in Deutschland ist der Steinbruch „Caspar“ am Ettringer Bellerberg bei Ettringen in der rheinland-pfälzischen Vulkaneifel. Des Weiteren ist Merrihueit in Proben von Vulkangestein basaltischer Zusammensetzung nachgewiesen worden. In einem miozänen Nephelin-Basanit aus Klöch in der Steiermark traten zonierte Kristalle der Merrihueit-Roedderit-Subgruppe auf, wobei der Randbereich eines dieser Kristalle die chemische Zusammensetzung eines Merrihueits aufwies.[10]

Die Minerale der Osumilith-Gruppe entstehen offenbar generell bei hohen Temperaturen, wobei sich die Mg-reichen Minerale zudem bei hohem Druck, die Fe-reichen Minerale, zu denen auch Merrihueit gehört, bei eher geringem Druck bilden. Daher wird angenommen, dass der Merrihueit-Saum des Mineralkorns aus Klöch während des Aufstiegs des Magmas auskristallisiert ist.[10]

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Robert T. Dodd Jr., W. Randall van Schmus, Ursula B. Marvin: Merrihueite, A New Alkali-Ferromagnesian Silicate from the Mezö-Madaras Chondrite. In: Science. Band 149, 1965, S. 972–974. doi:10.1126/science.149.3687.972
  • Karl Hans Wedepohl: Geochemie. Sammlung Göschen. Walter de Gruyter, Berlin 1967, S. 35 (dort mit der Schreibweise „Merrilmeit“ (Lapsus calami)).

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2023. (PDF; 3,7 MB) In: cnmnc.main.jp. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2023, abgerufen am 26. Januar 2023 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b c d Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. 5. vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2008, ISBN 978-3-921656-70-9.
  4. Webmineral - Merrihueite
  5. a b c Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 613.
  6. a b Merrihueite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF kB)
  7. a b Mindat - Merrihueite
  8. Robert T. Dodd Jr., W. Randall van Schmus, Ursula B. Marvin: Merrihueite, A New Alkali-Ferromagnesian Silicate from the Mezö-Madaras Chondrite. In: Science. Band 149, 1965, S. 972–974. doi:10.1126/science.149.3687.972
  9. Fundortliste für Merrihueit beim Mineralienatlas und bei Mindat
  10. a b Karl Ettinger, Walter Postl, Josef Taucher, Franz Walter: Minerale der Osumilith-Gruppe (Roedderit/Merrihueit, Chayesit und Osumilith) aus dem steirisch-burgenländischen Vulkangebiet, Österreich. In: Mitteilungen der Abteilung für Mineralogie am Landesmuseum Joanneum. Heft 60/61, 1996, S. 77–86 (zobodat.at [PDF; 2,9 MB]).