Simone Schlindwein

deutsche Journalistin und Afrika-Korrespondentin

Simone Schlindwein (geb. 4. Februar 1980 in Baden-Baden) ist eine deutsche Journalistin und Autorin. Sie lebt in Uganda und arbeitet seit 2008 als Auslandskorrespondentin für mehrere afrikanische Länder bei der taz.

Leben Bearbeiten

Simone Schlindwein war ab dem 16. Lebensjahr Redakteurin bei dem Jugendsender Dasding des SWR. Mit einem studienbegleitenden Stipendium für Nachwuchsjournalisten von der Konrad-Adenauer-Stiftung absolvierte sie eine Journalistenausbildung[1] und studierte von 2001 bis 2006 die Geschichte Osteuropas und Internationale Politik an der Humboldt-Universität zu Berlin sowie Osteuropastudien an der Freien Universität Berlin. Von 2006 bis 2008 arbeitete sie als Korrespondentin für den Spiegel in Moskau. Seit 2008 ist sie Auslandskorrespondentin für Afrika bei der Taz. Sie lebt in Ugandas Hauptstadt Kampala am Victoria-See und reist von dort für ihre Berichte und Reportagen in den Kongo, nach Ruanda, Burundi und in die Zentralafrikanische Republik.

Reportagen und Analysen aus u. a. Uganda von Simone Schlindwein erscheinen seit 2009 auch im Deutschlandfunk, in Le Monde diplomatique, der Deutschen Welle und in der politischen Fachzeitschrift Blätter für deutsche und internationale Politik. Über Feminismus in Ostafrika schreibt sie für das Onlinemagazin Deine Korrespondentin.

Leistungen und Rezeption Bearbeiten

Für ihre langjährigen Recherchen über die Hintermänner von Kriegsverbrechen im Kongo, in deren Folge es 2015 zum ersten Prozess in Deutschland nach dem Völkerstrafgesetzbuch kam, wurde Simone Schlindwein zusammen mit Dominic Johnson 2016 mit dem Journalistenpreis „Der lange Atem“ ausgezeichnet.[2] Sie dokumentierten und analysierten das Verfahren in dem Buch Tatort Kongo - Prozess in Deutschland. Für ihr Buch, am dem auch Bianca Schmolze von der Menschenrechtskampagne „Gerechtigkeit hilft“ in Bochum mitarbeitete, gingen die Autoren arbeitsteilig vor. Dominic Johnson recherchierte in Berlin historische, politische, juristische Hintergründe. Bianca Schmolze verfolgte regelmäßig die Verhandlungstage im Gericht. Simone Schlindwein befragte aktive wie ehemalige Kämpfer im Dschungel des Ostkongo, wo die straff organisierte, sektiererisch katholische FDLR ein staatenloses Gebiet so groß wie Ruanda kontrolliert.[3] Das Buch sei eine ausführliche Darstellung des Gerichtsverfahrens und der gesamten Vorgeschichte, befand Martin Zähringer im Deutschlandfunk und zitierte die Autoren: „Ziel dieses Buches ist, das Wirken der FDLR zu beleuchten und ihr Verhältnis zu Deutschland zu hinterfragen. Es geht nicht nur um eine juristische Dimension und die mögliche strafrechtliche Verantwortung einzelner FDLR-Führer vor deutschen Gerichten, sondern auch um eine politische Dimension und die historische Verantwortung Deutschlands.“[4]

Schlindwein führte mit 24 Journalisten in 37 afrikanischen und europäischen Ländern ein Rechercheprojekt zur neuen Flüchtlingspolitik der EU durch. Die Ergebnisse veröffentlichten sie 2016 in dem Multimediaprojekt „Migration Control“, das Simone Schlindwein gemeinsam mit ihren taz-Kollegen Christian Jakob und Daniél Kretschmar aufbaute. Ihre Erkenntnisse: Statt Demokratieförderung gehe es der EU in Afrika zunehmend um die Sicherung afrikanischer Grenzen zum Schutz vor illegaler Migration.[5] Dem Projekt folgte das Buch Diktatoren als Türsteher Europas. Laut Günter Beyers Rezension in der Süddeutschen Zeitung ist es „sorgfältig, entwaffnend faktenreich und so aktuell, dass Entwicklungen bis zum Sommer 2017 berücksichtigt werden“. Bekanntlich sei der Umgang mit Migranten innerhalb der EU höchst umstritten. „Auf die Diskussion, ob Migranten aus politischen Gründen ihr Herkunftsland verlassen mussten oder ob sie schlicht ein besseres Leben anderswo im Auge haben, lassen sich die Buchautoren nicht ein. Migration sei für viele Afrikaner altvertraute Gewohnheit.“[6] Für Georg Auernheimer stellt das Buch „einen wichtigen, aufrüttelnden Beitrag zur politischen Auseinandersetzung dar“. Er hebt die „äußerst gründliche Recherche“ hervor.[7]

Schlindweins Sachbuch Der grüne Krieg. Wie in Afrika die Natur auf Kosten der Menschen geschützt wird - und was der Westen damit zu tun hat wurde für den Preis der Leipziger Buchmesse 2023 nominiert.[8]

Auszeichnungen Bearbeiten

Veröffentlichungen Bearbeiten

Bücher und Buchbeiträge
  • In: Dieter H. Kollmer, Torsten Konopka, Martin Rink (Hrsg.): Wegweiser zur Geschichte. Zentrales Afrika, Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2015, ISBN 978-3-506-78470-4 (pdf auf bundeswehr.de):
    • Bomben für den Frieden? Neue Ansätze der Friedenserzwingung durch die Vereinten Nationen, S. 149–159.
    • »Ganz Afrika im Kleinen«: Fort Lamy/N’Djamena, Bangui, Kamerun, mit Martin Rink und Angelika Diedrich, S. 309–321.
  • Tatort Kongo - Prozess in Deutschland. Die Verbrechen der ruandischen Miliz FDLR und der Versuch einer juristischen Aufarbeitung, zusammen mit Dominic Johnson und Bianca Schmolze, Ch. Links Verlag, Berlin 2016, ISBN 978-3-7425-0185-1
  • Diktatoren als Türsteher Europas. Wie die EU ihre Grenzen nach Afrika verlagert, mit Christian Jakob, Ch. Links Verlag, Berlin 2017, ISBN 978-3-86153-959-9
  • Der grüne Krieg. Wie in Afrika die Natur auf Kosten der Menschen geschützt wird - und was der Westen damit zu tun hat, Ch. Links Verlag, Berlin 2023, ISBN 978-3-96289-188-6
Artikel
Hörfunk-Feature
Studie
Report

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Bülend Ürük: „Die 500“: Simone Schlindwein spürt geheime Zusammenhänge auf. Abgerufen am 28. Mai 2021.
  2. Berliner Journalistenpreis. „Der lange Atem 2016“ für "taz", RBB und "Frontal 21"/ZDF, Der Tagesspiegel, 13. Oktober 2016
  3. Deutsche Strafen für ruandische Milizführer. Simone Schlindwein im Gespräch mit Maike Albath, Deutschlandfunk Kultur, 11. Juni 2016
  4. Martin Zähringer: Deutschland und Rebellen in Afrika. Juristische Fragen mit politischer Dimension, Deutschlandfunk, 8. August 2016
  5. Jutta Schwengsbier: Flüchtlingspolitik. Entwicklungshilfe für Europas Rüstungskonzerne? Deutsche Welle, 15. Dezember 2016
  6. Günter Beyer: Europa abdichten, Süddeutsche Zeitung, 28. November 2017
  7. Rezension von Georg Auernheimer in: socialnet.de
  8. https://www.preis-der-leipziger-buchmesse.de/de/nominierungen/2023/sachbuch/landingpage-schlindwein
  9. Verleihung der Otto Brenner Preise 2017, Laudatio von Harald Schumann. Youtube-Video, hochgeladen von der Otto-Brenner-Stiftung