Schmerbach (Orgelbauer)

Familienname einer deutschen Orgelbauernfamilie

Schmerbach ist der Familienname einer deutschen Orgelbauerfamilie im 18. und 19. Jahrhundert, die in Nordhessen, im Eichsfeld und in Südniedersachsen Orgeln schuf.

Leben und Werk Bearbeiten

Die Familie lebte und hatte ihre Werkstatt in Frieda bei Eschwege in Nordhessen. Sie wurde begründet von Conrad Schmerbach (* 24. Mai 1671 in Frieda; † 8. Februar 1743 in Reuter), der 1717–1743 in Frieda als Orgelbauer nachweisbar ist. Der Sohn Johann Wilhelm Schmerbach der Ältere (* 22. November 1705; † 1789) erlernte den Orgelbau bei seinem Vater. Die Werkstatt wurde von seinem gleichnamigen Sohn und seinem Enkel fortgeführt. Johann Wilhelm Schmerbach der Ältere wirkte 1745–1789 als Orgelbauer in Frieda. Er war für seine teils steilen Dispositionen im Manual bekannt. Er stand in der Tradition des barocken Werkaufbaus, der sich auch in der Prospektgestaltung widerspiegelt.[1] Ab 1770 trugen das seitliche Schnitzwerk („Orgelohren“) oft geflügelte Engelsköpfe.[2]

Sein Sohn Johann Wilhelm Schmerbach der Mittlere (* 1765 in Frieda; † 18. Dezember 1831 in Kirchgandern) ist 1789–1831 als Orgelbauer in Frieda nachweisbar. Er erwarb sich bereits 1804 einen guten Ruf.[3] Als im Kurfürstentum Hessen Kreisorgelbauer offiziell eingeteilt wurden, fielen ihm 1825 die Kreise Hofgeismar und Wolfhagen zu, doch er war auch viel im Kreis Eschwege tätig. Er starb während einer Orgelreparatur in Kirchgandern.

Johann Wilhelm Schmerbach der Jüngere (* 30. Januar 1795; † 14. September 1872) erlernte bei einem Vertreter der Orgelbauerfamilie Wilhelm den Orgelbau. 1831 übernahm er das Amt seines Vaters als Kreisorgelbauer für die Kreise Hofgeismar und Wolfhagen. Auf ihn sollen „die meisten Orgeln im Kreis Heiligenstadt und Worbis“ zurückgehen. Sein Bruder Jacob Schmerbach (* in Fieda; † in Gerbershausen) war zunächst Mitarbeiter in seiner Orgelwerkstatt. Im Jahr 1840 machte er sich selbstständig, reparierte aber vor allem Orgeln.[4]

Werkliste Bearbeiten

Die Größe der Instrumente wird in der fünften Spalte durch die Anzahl der Manuale und die Anzahl der klingenden Register in der sechsten Spalte angezeigt. Ein großes „P“ steht für ein selbstständiges Pedal. Eine Kursivschreibung zeigt an, dass die betreffende Orgel nicht mehr oder lediglich der Prospekt erhalten ist.

Johann Wilhelm Schmerbach der Ältere Bearbeiten

Jahr Ort Kirche Bild Manuale Register Bemerkungen
1763 Altenburschla Ev. Kirche   I/P 11 erhalten[5]
1770 Gimte Ev.-luth. Kirche   I/P ungesichert; mehrfach umgebaut; nur Reste erhalten[6]
1775 Niederbeisheim Ev. Kirche I/P 11 1985 Restaurierung durch Werkstatt Werner Bosch Orgelbau; zwei Register vakant[7]
1777 Escherode Ev.-luth. Kirche I/P 12 1913 durch Werk der Werkstatt P. Furtwängler & Hammer ersetzt; 2000 Neubau durch Werner Bosch; Gehäuseteile erhalten[8][9]
1784 Diemerode Ev. Kirche I/P 10 [10][11]
1787 Braach Ev. Kirche I/P 10 erhalten
? Hasselbach Ev. Kirche I oder anderer Schmerbach; Prospekt erhalten, Innenwerk und Unterbau von der Orgel aus dem evangelischen Gemeindehaus in Waldkappel von Werner Bosch Orgelbau (1961)

Er schuf wohl auch eine Orgel in seinem Heimatort Frieda,[12] aber diese kann vielleicht schon Conrad Schmerbach gebaut haben.

Johann Wilhelm Schmerbach der Mittlere Bearbeiten

Jahr Ort Kirche Bild Manuale Register Bemerkungen
1789–1790 Sattenhausen Ev.-ref. Kirche   I/P 13 Später mehrfach eingreifend umgebaut
1794 Berneburg Ev. Kirche I/P 10
1795–1796 Bischhausen Martinskirche I/P 14 Ursprünglich für die 1971 abgerissene Gutskirche Groß Schneen gebaut, 1967 in die Martinskirche überführt; drei Register erhalten[13]
1798 Mengershausen Ev.-luth. Kirche   I/P 15 Seitenspielig; Manualwerk nicht an das Pedal koppelbar; alte Windanlage mit Tretvorrichtung erhalten[14]
1804 Niederdünzebach Ev. Kirche I 9 ohne Pedal; 1970 durch Bosch-Orgel ersetzt[15]
1811 Niedergandern Gutskapelle Niedergandern
 
I/P 12 Basiert auf 4-Fuß-Prinzipal; 6 Register ganz, eins teilweise erhalten, Rest von Martin Haspelmath rekonstruiert[16][17]
1814–1815 Groß Schneen Michaeliskirche   I/P 16 Neubau an Stelle einer Krebs-Orgel von 1729, aus der einige Register übernommen wurden; weitgehend erhalten[18]
1815–1818 Bühle (Northeim) St. Oswald
 
I/P 12 Neubau unter Verwendung von vier älteren Registern – ob von einer vorherigen hiesigen Orgel oder aus Werkstattbestand (bzw. von einer andernorts abgebrochenen Orgel), ist nicht klar. Die vakanten Schleifen wurden 1848 durch Euler mit Pfeifen besetzt.[19][20] 1981 Restaurierung durch Martin Haspelmath; drei Register rekonstruiert; zum großen Teil erhalten (2 vakante Register).
1817 Untergeis Ev. Kirche I/P 11 1998 Restaurierung durch Orgelbau Waltershausen; 7 Register ganz und eins teilweise erhalten[21]
1820 Heilbad Heiligenstadt St. Aegidien 1908 durch Werk der Werkstatt Johannes Klais Orgelbau ersetzt[22]
um 1820 ? Wahlhausen Ev. Kirche I/P 1855 neues Werk von Knauf, 1928 neues Werk von Euler (im alten Gehäuse)
1821 Imsen Urbanikirche I/P 12 1999/2000 Restaurierung durch Werkstatt Gebrüder Hillebrand Orgelbau[23][24]
1823 Duderstadt St. Cyriakus
 
III/P 41 Kleine Umdisponierung der Orgel von Johannes Creutzburg (1731–1735); zwei Register von Schmerbach erhalten → Orgel
1826–1827 Ballenhausen St. Johannis I/P 8 1930 ersetzt; Prospekt erhalten[25]

Auch die Orgeln in Konnefeld und in Orferode werden ihm zugeschrieben.

Johann Wilhelm Schmerbach der Jüngere Bearbeiten

Jahr Ort Kirche Bild Manuale Register Bemerkungen
1832 Gerbershausen Kath. Kirche St. Johannes der Täufer   1908 Neubau durch Fa. Krell im alten Gehäuse[26]
1835 Heimarshausen Ev. Kirche   I/P 11 Weitgehend erhalten[27]
1838 Rengelrode St. Johannes der Täufer   II/P 16 Weitgehend erhalten[28]
1843 Frankenhain Ev. Kirche [29]
1844 Schwebda Stephanuskirche
 
II/P 14 Gehäuse aus Vorgängerkirche, Orgelwerk aus Kloster Hülfensberg general überholt[30]
1845 Heldra Ev. Johanniskirche
 
[31]
1850 Döringsdorf St. Stephanus   I/P 10 restauriert 1995 durch Karl Brode, Heilbad Heiligenstadt
1854 Wilnsdorf Ev. Kirche I/P 9 im Zuge des Kirchenneubaus durch Orgel von Paul Faust ersetzt[32]
1857 Niederdresselndorf Ev. Kirche I/P 11 [33]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Dieter Grossmann: Orgeln und Orgelbauer in Hessen (= Beiträge zur hessischen Geschichte 12). 2. Auflage. Trautvetter & Fischer, Marburg 1998, ISBN 3-87822-109-6, S. 164.
  2. Dieter Grossmann: Orgeln und Orgelbauer in Hessen (= Beiträge zur hessischen Geschichte 12). 2. Auflage. Trautvetter & Fischer, Marburg 1998, ISBN 3-87822-109-6, S. 76.
  3. Hermann Fischer, Theodor Wohnhaas: Lexikon süddeutscher Orgelbauer. Florian Noetzel Verlag, Wilhelmshaven 1994, ISBN 3-7959-0598-2, S. 360.
  4. Uwe Pape (Hrsg.): Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Band 1: Thüringen und Umgebung. Pape, Berlin 2009, ISBN 978-3-921140-86-4, S. 240.
  5. Geschichte der Kirche in Altenburschla, abgerufen am 8. Januar 2023.
  6. Kirche in Gimte. Abgerufen am 8. Januar 2023.
  7. Bosch-Orgelbau: Orgel in Niederbeisheim, abgerufen am 8. Januar 2023.
  8. orgel-information.de: Orgel in Escherode, abgerufen am 8. Januar 2023.
  9. Bosch Orgelbau: Orgel in Escherode, abgerufen am 8. Januar 2023.
  10. sontra-stadt.de: Orgelkonzert Diemerode. Abgerufen am 8. Januar 2023.
  11. bildindex.de: Orgelfoto Diemerode, abgerufen am 8. Januar 2023.
  12. Kirche in Frieda, abgerufen am 8. Januar 2023.
  13. Heiner Wedemeyer u. a.; Kirchenvorstand (Hrsg.): Die Schmerbach-Orgel von 1796 in der Bischhäuser Martinskirche. Bischhausen 1996.
  14. Orgel in Mengershausen, abgerufen am 8. Januar 2023.
  15. Kirche in Niederdünzebach, abgerufen am 8. Januar 2023.
  16. Kirche in Niedergandern, abgerufen am 8. Januar 2023.
  17. Fotos von Kirchinnenraum und Orgel (Memento vom 29. April 2011 im Internet Archive)
  18. Orgel in Groß Schneen, abgerufen am 8. Januar 2023.
  19. Nds. Landesarchiv Hannover, Hann. 74 Northeim Nr. 1377 u. 1386; Pfarrarchiv Bühle, Akte 513.1 (Die nachfolgend genannten Literaturverweise sind als unzuverlässig anzusehen).
  20. Christian Kämmerer, Peter Ferdinand Lufen: Baudenkmale in Niedersachsen, Band 7.1: Landkreis Northeim, Südlicher Teil. Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. CW Niemeyer, Hameln 2002, ISBN 3-8271-8261-1, S. 280 f.
  21. Orgel in Untergeis. Abgerufen am 8. Januar 2023.
  22. Kirche in Heiligenstadt. Abgerufen am 8. Januar 2023.
  23. Orgel in Imsen. Abgerufen am 8. Januar 2023.
  24. Kirchenvorstand Imsen-Wispensten, Heinrich Schulze (Hrsg.): Wilhelm-Schmerbach-Orgel 1821–2000. St.-Urbani-Kirche Imsen-Wispenstein. Alfeld 2000.
  25. Ballenhausen. In: Kirchengemeindelexikon. Abgerufen am 8. Januar 2023.
  26. Kirche in Gerbershausen. Abgerufen am 8. Januar 2023.
  27. Orgel in Heimarshausen, abgerufen am 8. Januar 2023.
  28. Orgel in Rengelrode. Abgerufen am 8. Januar 2023.
  29. Kirche in Frankenhain. Abgerufen am 8. Januar 2023.
  30. Heuckeroth, Erwin, Die Stephanuskirche in Schwebda, Eine kleine kirchengeschichtliche Betrachtung, Gemeindebriefdruckerei Groß Oesingen 2008, S. 36f.
  31. Kirche in Heldra, abgerufen am 8. Januar 2023.
  32. Orgel in Wilnsdorf, abgerufen am 8. Januar 2023.
  33. Orgel in Fischelbach, abgerufen am 8. Januar 2023.

Literatur Bearbeiten

  • Harald Vogel, Günter Lade, Nicola Borger-Keweloh: Orgeln in Niedersachsen. Hauschild, Bremen 1997, ISBN 3-931785-50-5.
  • Uwe Pape (Hrsg.): Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Band 1: Thüringen und Umgebung. Pape, Berlin 2009, ISBN 978-3-921140-86-4, S. 240–241.