Russische Staatsbürgerschaft

russische Staatsbürger

Die russische Staatsangehörigkeit bestimmt die Zugehörigkeit einer Person zum Staatsverband Russlands in den jeweiligen Grenzen mit den zugehörigen Rechten und Pflichten, beginnend mit dem Russischen Kaiserreich bis 1917, gefolgt von der Sowjetunion (UdSSR) bis zur 1991 gebildeten Russischen Föderation.[1]

Russischer Reisepass

Die sowjetischen Inlandspässe (pasport), die als Personalausweis dienten, wiesen auch jeweils eine Nationalität aus. Dies ist in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion übernommen worden. Das heute gültige föderale Gesetz zur Staatsangehörigkeit der Russischen Föderation wurde 2002 erlassen und anschließend mehrmals geändert.[2]

Für Staatsbürger Russlands wird zur Unterscheidung von der Ethnie der Russen (russkij) das Adjektiv rossijskij verwendet, wofür im Deutschen das Lehnwort russländisch benutzt werden kann.

Zarenreich Bearbeiten

Geschichte Bearbeiten

Seit dem 16. Jahrhundert war es Usus, dass Personen, die zaristische Untertanen werden wollten, orthodox getauft sein mussten. Erst Peter der Große führte einen Untertaneneid ein.[3] Abgesehen davon wurde die Naturalisation (russisch укоренение ukorenenie) bis 1864 von den Regionalbehörden ohne genauere Regelungen gehandhabt. Juden, Derwische, Jesuiten und von ihren Ehemännern getrennte Frauen wurden nicht eingebürgert.

Graf Speranski organisierte 1834 die Zusammenstellung eines Gesetzeskodex für das gesamte Reich. Er wurde in der zunächst 15-bändigen Sammlung Swod sakonow herausgegeben, die dann für Änderungen sukzessive erweitert wurde.[4] Allgemein galt, dass der jeweils neueste Text einer Verordnung in diesem Korpus der verbindliche, anzuwendende Gesetzestext war.[5] Für einen Untertanen (подданный poddannyj[6]) war, vor der Bauernbefreiung 1861, die Zugehörigkeit zu einem Stand wichtigster Aspekt seines Platzes in der Gesellschaft. Ein vollwertiger Russe (russki) hatte sich außerdem zur rechtsgläubigen orthodoxen Kirche zu bekennen.[7] Kinder aus Mischehen mussten vor 1870 von Gesetzes wegen orthodox getauft werden.

 
Russisch-Turkestan um 1900

Bis 1856 waren Genehmigungen für Auslandsreisen (zagranpasport) für russische Untertanen nur schwer zu erhalten.[8] Für Russisch-Polen und das Großfürstentum Finnland galten teilweise abweichende Bestimmungen. Finnischer Bürger wurde man u. a. durch Eintragung in entsprechende Verzeichnisse der Städte.

Gegen Ende des langen Kaukasuskriegs, Anfang der 1860er, bot Russland den unterlegenen muslimischen Stämmen teilweise an, ins osmanische Reich umzusiedeln oder als russische Untertanen in die Region Kasan zu ziehen. Auch waren die muselmanischen Einwohner der in den 1860ern eroberten Khanate Zentralasiens zwar russische Untertanen, sie hatten aber einen gesonderten Status. So sah man es als inopportun an, sie Dienst an der Waffe leisten zu lassen.

Geflohene Leibeigene (побег pobeg) galten als Deserteure und wurden entsprechend streng bestraft. Nach der Bauernbefreiung galt dies weiterhin für Personen, die sich ohne Genehmigung länger als fünf Jahre im Ausland aufhielten. Besitztümer Adliger wurden in diesen Fällen eingezogen, Angehörige einfacher Stände wurden bei Rückkehr u. U. in abgelegene Regionen in Sibirien deportiert.[9]

Prinzipiell stand man der Auswanderung vor 1880 feindlich gegenüber, danach blieb der bürokratische Prozess langwierig und sehr teuer. Dies galt noch viel mehr, wenn man eine Entlassungserlaubnis aus dem Untertanenstatus erlangen wollte.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Zarenreich autokratisch regiert wurde und Freiheiten, besonders hinsichtlich Freizügigkeit, für Nicht-Adlige vergleichsweise gering waren.[10]

Gesetzestext Swod Sakonow von 1857 Bearbeiten

Die Regel über Ausländer und de Erwerb der russischen Untertanenschaft waren im Band IX, Buch I, Teil 6 der Sammlung Swod sakonow zusammengetragen. Der Gesetzestext von 1857 erfuhr eine weitreichende Lockerung am 10.jul. / 22. Februar 1864greg.. Man regelte den „Stand der Ausländer“ (russisch Состояніє иностранцевъ Sostojanіє inostranzew) in §§ 990-1031, wobei die §§ ab 1110 speziell die Einbürgerungsvorschriften enthielt. § 1031 war eine Sonderbestimmung für den Kaukasus.

Gewisse Sonderregeln, die Ausländerkolonien privilegierten, fanden sich im Band XII, Teil 2.[11]

Die Neuausgabe 1876 enthielt vor allem redaktionelle Änderungen. Kleinere Modifikationen bis in die 1890er betrafen Gebiete am Rande des Reichs, so z. B. die Küste von Murmansk oder die Beschränkung der Einbürgerung von Koreanern und Chinesen in der Amur-Region.

Erwerb der Untertaneigenschaft ab 1864 Bearbeiten

  • Per Geburt: Eheliche Kinder eines russischen Paares oder uneheliche Kinder einer russischen Mutter.
  • In Russland geborene Kinder von Ausländern, die in den russischen Staatsdienst traten.
  • Ausländerinnen, die einen Russen heiraten mit der Eheschließung. Sie blieben auch als Witwe oder Geschiedene Russinnen.
  • Russinnen, die durch Heirat ihre Untertaneigenschaft verloren hatten, konnten als Witwe oder Geschiedene beim Chef des Gouvernements in dem sie wohnten, unter Vorlage entsprechender Unterlagen, eine Bescheinigung darüber erhalten, die als Nachweis der Wiederaufnahme galt.[12] Für Jüdinnen galt dies nur, wenn sie Russland zu Ehezwecken nicht verlassen hatten.

Entgegen internationaler Praxis war der Erwerb durch Vaterschaftsanerkennung, Adoption oder automatisch bei Annahme einer Beamtenstelle nicht vorgesehen. Auch war eine Ersitzung durch langen Aufenthalt nicht möglich.

Einbürgerung Bearbeiten

Ausländer, die sich in Russland niederlassen wollten, hatten beim Chef des Gouvernements eine entsprechende Erlaubnis einzuholen. Fünf Jahre nach Ausstellung derselben und Aufenthalt im Lande konnten sie die Einbürgerung beantragen. Die Entscheidung fällte der Innenminister nach Gutdünken. Vorzulegen war:

  • ein Lebenslauf, der die bisherigen Aufenthaltsorte und Berufe im Lande aufführte
  • Erklärung welchem Stand[13][14] und welcher religiösen Gruppierung man angehören wollte.
  • beglaubigte Zivilstandsurkunden des Heimatlandes und soweit nötig Bescheinigung über geleisteten Wehrdienst dort.

In gewissen Fällen konnte die Wartezeit wegfallen (Ausländer im Staatsdienst, verdiente Persönlichkeiten u. ä.). Einbürgerungen erstreckten sich automatisch auf die Ehefrau, jedoch nicht die minderjährigen Kinder. Waren sie volljährig, konnten diese innerhalb eines Jahres nach ihren Eltern ebenfalls die Einbürgerung verlangen. Nach erfolgter Genehmigung war immer ein Untertaneneid zu leisten, die Bescheinigung darüber war die Einbürgerungsurkunde.

Ab 1890 war Ausländern Beschäftigung im Staatsdienst nur noch mit Sondergenehmigung erlaubt.

Neubürger waren zwei Jahre steuerbefreit.

Prinzipiell verboten blieb die Einbürgerung verheirateter Frauen ohne ihre Ehemänner, für Juden (gelockert 1890) und Minderjährige (unter 21).

Verlust Bearbeiten

Eine Russin, die einen Ausländer heiratete, verlor mit der Hochzeit ihre Untertaneigenschaft. Vor 1864 hatte sie innerhalb von drei Jahren eventuellen Landbesitz zu verkaufen.

Personen, die vor Inkrafttreten des Gesetzes von 1864 russische Untertanen geworden waren, konnten danach, durch Erklärung, wieder ihre vorherige Staatsangehörigkeit annehmen, vorausgesetzt es war kein Strafverfahren anhängig und sie hatten ihre Steuern und Privatschulden beglichen. Ähnliches galt für heimkehrwillige Asiaten, die durch Zuwanderung automatisch russische Untertanen geworden waren.[15]

Eine Entlassung auf Antrag (uvol’nenie iz poddanstava), z. B. um eine fremde Staatsbürgerschaft annehmen zu dürfen, lag vollkommen im Ermessen des Herrschers. In jedem Fall war für Personen ab 15 Jahren die Frage der Wehrpflicht zu klären.[16]

Verfassung 1906 Bearbeiten

Die kurzlebigen Staatsgrundgesetze des Russischen Kaiserreiches enthielten im Kapitel V (§§ 53-6) den Text des von allen männlichen Bürgern zu leistenden Untertaneneids. Kapitel VIII garantierte zum ersten Mal gewisse Bürgerrechte, Freizügigkeit gehörte nicht dazu.[17]

Im Ersten Weltkrieg wurden gut die Hälfte der im Lande ansässigen Ausländer aus zu der Zeit feindlichen Nationen interniert und/oder ins Landesinnere deportiert (dies betraf in Sibirien auch tausende asiatische „Spione“). Ihnen wurde die Einbürgerung verboten, ebenso wie Neutralen, die nach Kriegsbeginn gekommen waren. Ab 1915 war es üblich Männer, die nun russische Untertanen wurden, sofort in die Armee einzuziehen.

Kurilen Bearbeiten

Im Vertrag von Portsmouth (1905) trat das Russische Kaiserreich die Kurilen und Südsachalin an das Japanische Kaiserreich ab.[18] Den betroffenen Russen wurde eine zweijährige Frist zur Wahl der Staatsangehörigkeit (Option) gegeben. Wer nicht dort japanischer Untertan werden wollte, hatte in dieser Frist umzusiedeln. Seit 1945 sind die Inseln wieder von Russland besetzt, im Jahr darauf wurden sie annektiert.

RSFSR in der Sowjetunion Bearbeiten

Die Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik (RSFSR) kannte wie alle anderen Sowjetrepubliken keine eigene Staatsangehörigkeit. Ihre Bürger hatten die sowjetische Staatsbürgerschaft.[19]

Russische Föderation Bearbeiten

Russland trat 1993 dem seit 1954 geltenden Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bei.

Staatsbürgerschaftsgesetz 1991 Bearbeiten

Das am 28. November 1991 verabschiedete neue russische Staatsbürgerschaftsgesetz führte zu einem extrem liberalen ius soli.[20][21] Nach dem Zerfall der Sowjetunion waren gemäß Artikel 13 alle ehemaligen Sowjetbürger und Personen mit permanentem Aufenthalt (Inhaber einer propíska), welche am 6. Februar 1992 ihren Hauptwohnsitz in Russland hatten, russische Staatsbürger. Personen, die innerhalb eines Jahres eine Verzichtserklärung abgeben, wurde ihre Staatsbürgerschaft wieder aberkannt. Frühere Sowjetbürger oder Personen mit permanentem Aufenthalt, wurden trotzdem russische Staatsbürger, sofern sie das Land aufgrund von Bildung, Arbeit oder persönlichen Gründen verlassen hatten.

Um dem Art. 15 der Menschenrechtscharta gerecht zu werden verzichtete man auf die Regeln über den Entzug der Staatsangehörigkeit.

Frühere Sowjetbürger, die am 30. Dezember 1922 oder später geboren wurden, aber niemals Bürger der RSFSR waren, wurden trotzdem als solche betrachtet. Anlass dafür war eine Klage eines gebürtigen Russen, welcher später mit seinen Eltern nach Litauen zog und welchem nach Wiedereinreise in die Russische Föderation die russische Staatsbürgerschaft verwehrt worden war.

Allgemein konnte die russische Staatsbürgerschaft durch folgende Wege erlangt werden:

  • durch Geburt, analog den Regeln von 1978
  • durch Registrierung, Abstammung oder Option:
    • innerhalb von fünf Jahren nach Volljährigkeit, wenn die Person durch Geburt eine andere Staatsangehörigkeit hatte oder seine Eltern vor seiner Geburt die russische Staatsangehörigkeit aufgegeben hatten
    • bis Jahresende 2000: ehemalige Sowjetbürger, die nach dem 2. Februar 1992 wieder nach Russland zogen
    • Staatenlose, die am Tag des Inkrafttretens in Russland oder dem 1. Sept. 1991 in einer der Sowjetrepubliken wohnten
    • innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten: wohnortunabhängig Nachfahren ehemaliger Sowjetbürger
  • durch Einbürgerung: Volljährige mit mindestens fünf Jahren, davon die letzten drei dauerhaft, Aufenthalt in Russland
  • durch Wiederherstellung amtlicherseits

Entlassung aus der Staatsbürgerschaft wird verweigert solange ein Strafverfahren anhängig ist oder Wehrdienst noch nicht geleistet wurde.

Einige der Punkte trafen jedoch nur auf ehemalige Sowjetbürger zu. Für Einwohner des „nahen Ausland“, d. h. der GUS galten Sonderregeln. Geschätzt dreißig Millionen Russen wohnten 1991 in diesen Republiken.

Von 1993 bis 2001 gab es Programme zur beschleunigten Integration russisch-sprechender Bewohner, die sich aus den neuentstandenen Nachfolgestaaten kommend in der Russischen Föderation niederließen.[22] Von den „heimgekehrten“ 728.000 Personen ließen sich fast 555.000 zu dieser Zeit beschleunigt einbürgern.

Doppelstaatlichkeit war 1991–93 mit Genehmigung zulässig, ab 1994 generell für Länder mit denen ein Abkommen auf Gegenseitigkeit bestand.[23] Der Unionsvertrag mit Belarus 1999 schuf eine „Unionsbürgerschaft“ in dem Sinne, dass beiden Staaten in ihrem Gebiet den jeweils anderen Bürgern vollkommene Gleichbehandlung zugestehen, was auf Verwaltungsebene aber nicht immer umgesetzt wird.

Staatsbürgerschaftsgesetz 2002 Bearbeiten

Neuregelungen Bearbeiten

Auf eine Initiative von Wladimir Putin wurde 2002 ein neues Gesetz[24][25] verabschiedet, das das alte von 1991 ersetzte.[26][27]

Ein Hauptziel der Reform war es die Zahl der Wanderarbeiter bzw. Wirtschaftsflüchtlinge aus den zentralasiatischen Republiken, zuvorderst Usbekistan und Tadschikistan einzudämmen. Zunächst wurde die (Wieder-)Einbürgerung für Russen aus den ehemaligen Sowjetrepubliken erleichtert, seit 2009 ist dies wieder deutlich umständlicher.[28] Die wichtigste Änderung war die Beschränkung des Geburtsortsprinzips auf Kinder ehemaliger Sowjetbürger, die auf dem Gebiet der Russischen Föderation geboren werden sowie Findelkinder und Kinder von Staatenlosen.

Demnach kann die russische Staatsbürgerschaft abhängig von folgenden Kriterien erlangt werden:

  • durch Geburt (unter Auflagen bei Mischehen)
  • durch Einbürgerung, sofern der Einzubürgernde seit mehr als fünf Jahren mit Aufenthaltserlaubnis in Russland lebt, keine Straftaten begangen hat, ein stabiles Einkommen hat, gesund ist,[29] seine bisherige Staatsbürgerschaft aufgibt und russisch spricht. Das bürokratische Verfahren ist umständlich, die Begutachtung der zahlreichen geforderten Unterlagen ist kleinlich.
    • Die Wartezeit verkürzt sich auf drei Jahre:
      • für ausländische Ehepartner (seit 2020 ohne Wartefrist falls gemeinsames Kind[30])
      • (schwerbehinderte oder arbeitsunfähige) Eltern, die volljährige Kinder mit russischer Staatsangehörigkeit haben[31]
      • schwerbehinderte oder staatenlose Ausländer, die vor Inkrafttreten dauerhaft im Lande wohnten
      • Ausländer, die Elternteil eines russischen Bürgers sind
      • Bürger ehem. Sowjetrepubliken, die diese Frist im russischen Militär gedient haben.
    • Die Wartezeit verkürzt sich auf 1 Jahr:
      • für anerkannte Flüchtlinge
      • Hochqualifizierte Wissenschaftler o. a. für Russland besonders wichtige Personen
  • durch Wiederherstellung, nach drei Jahren im Lande
  • durch Abstammung

Einbürgerungen von Ehepaaren (gleichgeschlechtliche Ehen sind verboten,[32] siehe dazu Homosexualität in Russland) erstrecken sich auf minderjährige Kinder bis 14, Jugendliche ab 15 haben ein Optionsrecht. Volljährige müssen seit 1. Sept. 2017 bei der Einbürgerungszeremonie einen Treueeid leisten.

Gesetzesänderungen seit 2003 Bearbeiten

Kleinere Gesetzesänderungen 2003 und 2008 ermöglichen erleichterte (Wieder-)Einbürgerungen für Weltkriegsveteranen und für Personen, die zu Sowjetzeiten eine höhere Schulbildung im Lande erhalten hatten.

In Russland wohnende Doppelstaatler und Personen mit Daueraufenthaltsrecht in einem Drittstaat müssen dies seit 2014 melden.[33] Die Verfassungsänderung 2020 schließt diesen Personenkreis von der Ausübung hoher Staatsämter oder als Richter aus.

In Ausnahmefällen kann der russische Präsident von Bedingungen freistellen, so zum Beispiel am 3. Januar 2013 als Putin den französischen Schauspieler Gérard Depardieu per Dekret zum russischen Staatsbürger machte.[34] Ansonsten kommen vor allem Spitzensportler in den Genuss solcher Maßnahmen.

2014 diskutierte man die Einführung eines Staatsbürgerschaftskaufs für Investoren, die mindestens zehn Millionen Rubel, damals ca. 250.000 €, über drei Jahre ins Land hätten bringen müssen. Ebenso angedacht war es ausländische Absolventen einer russischen Universität, die drei Jahre im Lande gearbeitet hatten schon nach dieser verkürzten Wartezeit einzubürgern. Die letztendlich verabschiedeten Regeln differenzieren sehr stark. Einbürgerung ist nach drei Jahren möglich, wobei auf die Daueraufenthaltserfordernis ggf. verzichtet wird.

2017 lebten rund 2,6 Millionen Ukrainer in Russland. Durch Verwaltungsanweisung wurde deren Einbürgerung erleichtert, auf zustimmende Unterlagen aus der Heimat verzichtet. Ende des Jahres 2017 waren gut 600.000 Anträge diese Personenkreises anhängig.

Ein Ende 2018 verkündetes Einwanderungskonzept soll bis 2025 für Bürokratievereinfachung für Rückkehrer sorgen, wobei Fachkräfte und Personen, die sich bereit erklären in Sibirien zu leben, bevorzugt werden.

Im März 2020 wurde die russische Sprachprüfung als Einbürgerungsvoraussetzung für Bürger Belarus’ und der Ukraine abgeschafft. Auf dem Verordnungswege kam es 2022 und 2023 zu weiteren Erleichterungen zunächst für Ukrainer, dann auch für Personen, die während der „militärischen Spezialoperation“ freiwillig eine gewisse Zeit in der russischen Armee gedient hatten.[35]

Weitere Änderungsvorschläge Bearbeiten

Im 2022 schlug Präsident Putin erweiterte Tatbestände für einen Entzug der Staatsbürgerschaft vor, gemäß den Artikeln des Strafgesetzbuches:

  • bei vermeintlicher Tätigkeit als „Unerwünschte ausländische Organisationen“ in Russland, Art 284.1
  • bei „Diskreditierung der Armee“, Art 280.3
  • bei „Verbreitung von ‚Fälschungen‘ über die Streitkräfte der Russischen Föderation“, Art 207.3
  • bei öffentlichem Aufruf zur Verletzung der „territorialen Integrität der Russischen Föderation“, Art 280.1.[36]

Abchasien und Südossetien Bearbeiten

Siehe Georgische Staatsangehörigkeit#Abchasien und Südossetien.

Pridnestrowische Moldauische Republik Bearbeiten

Siehe Moldauische Staatsangehörigkeit#Pridnestrowische Moldauische Republik.

Besetzte ukrainische Gebiete Bearbeiten

Im Zuge der völkerrechtswidrigen Annexion der Süd- und Ostukraine (seit 2014) werden russische Pässe ausgegeben.[37]

Krim Bearbeiten

Bei einem Referendum stimmten im März 2014 offiziell 95,5 % der Wahlteilnehmer für die Wiedervereinigung der Halbinsel Krim mit Russland. Gemäß dem Gesetz über die Wiedervereinigung[38] vom 20. März 2014 wurden alle Bewohner, auch Staatenlose, russische Staatsbürger. Es wurden in Städten Dienststellen eingerichtet, bei denen Betroffene erklären konnten, die Ukrainische Staatsbürgerschaft behalten zu wollen. Etwa 3500 Personen (0,15 %) machten hiervon Gebrauch. Ukrainer, die dies nicht in der gesetzlichen Frist taten, können auf dem normalen Dienstweg die Entlassung aus der russischen Staatsbürgerschaft beantragen.

Donezk und Lugansk Bearbeiten

Russland erkennt seit 2017 Inlandspässe der Volksrepubliken Donezk und Lugansk an. Deren Bürger erhalten seit 2019 anstandslos russische (Reise-)Pässe.[39]

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Association for the Study of the Nationalities (USSR and East Europe); Nationalities papers: the journal of nationalism and ethnicity. Cambridge 1972/73–2018, ISSN 1465-3923, 0090-5992.
  • Suren Adibekovic Avakjan: Graždanstvo Rossijskoj Federacii. Moskau 1994, ISBN 5-8863-5001-2.
  • Boguslavskij, Mark Moiseevič; Rubanov, Avgust Afanas'evič; Katzer, Julius [Übersetzung]; Legal status of foreigners in the U.S.S.R. Moscow 1963 [russ. Orig. 1959, ²1962].
  • Geilke, Georg; Staatsangehörigkeitsrecht der Sowjetunion einschließlich der geschichtlich-verfassungsrechtlichen Entwicklung der wichtigsten Gebietseinheiten und Völkerschaften. Frankfurt 1964 (Metzner)
  • Гессен, В.М.: (Gessen, Vladimir Matveevich, 1868–1920); Подданство, его установленіе и прекращеніе Poddanstwo, ego ustanowlenіe i prekraschtschenіe. St. Petersburg 1909
  • Ginsburgs, George: From the 1990 Law on the Citizenship of the USSR to the Citizenship Laws of the Successor Republics. Review of Central and East European Law, I) Vol. 18 (1992), S. 1-55; II) Vol. 19 (1993) S. 233-66
  • Ginsburgs, George: Soviet Citizenship Law. Leiden 1968 (Sijthoff)
  • Ginsburgs, George: Citizenship law of the USSR. Den Haag 1983 (Nijhoff), ISBN 9-0247-2863-0; [Zum neuen Gesetz von 1978. Rez.: American Journal of Comparative Law, Vol. 33, S. 744; Antwort: Vol. 34 (1986), Nr. 3, S. 606–609].
  • Gitelman, Zvi: Exiting from the Soviet Union: Emigrés or Refugees? Vol. 3 (1982), Nr. 1.
  • Grafova, Lidija I.: Stradanija po graždanstvu: sbornik statej. Moskau 2010 (MAKS Press), ISBN 978-5-31703-408-5.
  • Kishkin, S. S.: Советское гражданство (Sowetskoe grashdanstwo). Moskau 1925 (Юрид. изд-во НКЮ РСФСР)
  • Kowal-Wolk, Tatjana; Sowjetische Staatsbürgerschaft: insbesondere ihr Erwerb und Verlust. Lang, Frankfurt 1982, ISBN 3-8204-7132-4 (zugl. Diss., Heidelberg 1982).
  • Kreuzer, Christine: Staatsangehörigkeit und Staatensukzession: die Bedeutung der Staatensukzession für die staatsangehörigkeitsrechtlichen Regelungen in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion, Jugoslawiens und der Tschechoslowakei. Duncker & Humblot, Berlin 1998, ISBN 3-4280-9303-8 (zugl. Diss., Konstanz 1997).
  • Kubal, Agnieszka: Immigration and refugee law in Russia: socio-legal perspectives. Cambridge 2019, ISBN 978-1-10828-365-6.
  • Kutafin, Oleg Emeljanovič: Rossijskoe graždanstvo. Moskau 2003, ISBN 5-7975-0624-6.
  • Lohr, Eric: Russian Citizenship: From Empire to Soviet Union. 2012 (Harvard Univ. Press).
  • Makarov: Das Staatsangehörigkeitsrecht der Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken: Rechtsverfolgung im internationalen Verkehr. ZaöRV, Vol. VII, S. 121.
  • Maurach, Reinhart: Staatsangehörigkeitsrecht der Sowjetunion. Königsberg 1942 (Ost-Europa-Verlag)
  • Meder, Walter: Staatsangehörigkeitsrecht der UdSSR und der baltischen Staaten. Frankfurt 1950 (Metzner)
  • Myhre, Marthe Handå: Compatriots into citizens: policies and perceptions of citizenship acquisition in post-Soviet Russia. Oslo 2018.
  • Plotkin, M. A.: Legal status of foreigners in the U.S.S.R. Moscow 1934 (U.S.S.R. Chamber of commerce); [chinesische Übs: chinesisch 外國人在蘇聯的法律地位, Pinyin Wàiguórén zài sūlián de fǎlǜ dìwèi; Shanghai 1937]
  • Safronov, Vladimir V.: Konstitucija SSSR i sovetskoe graždanstvo. Moskau 1984
  • Salenko, Aleksander: Country Report Russia. San Domenico di Fiesole July 2012
  • Shevtsov, V. S.: Grazhdanstvo v Sovetskom Soyuznom Gosudarstve. Moskau 1969 (stark erw. Neuausgabe des Orig. von 1965).
  • Сводъ законовъ Россійской имперіи (Swod sakonow Rossіjskoj Imperіi); St. Petersburg 1842-1917 (Печатано в Тип. I: RI. Отдѣленія Собственно Его Императорскаго Величества канцеляріи)
  • Taracouzio, T. A.: Soviet Citizenship Law of 1938. American Journal of International Law, Vol. 18 (1939).
  • Tunkin, G. I.: Law on Citizenship of the USSR. Soviet Law and Government, Vol. 18 (1980), Nr. 4, S. 22–36.
  • Zacharov, Nikolaj Valerevič: Post-Soviet racisms. London 2017 (Palgrave Macmillan), ISBN 978-1-137-47692-0 (Darstellung anti-russischer Bestimmungen in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion).

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Weiterführend: Zhenis Kembayev: Probleme der Rechtsnachfolge von der Sowjetunion auf die Russische Föderation, Archiv des Völkerrechts, Vol. 46 (2008) Nr. 1, S. 106–129.
  2. Dmitry Sudakov: Russian children born abroad to be protected from foreign care. 2. Mai 2012, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 6. August 2020; abgerufen am 1. April 2020 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.pravdareport.com
  3. Senats-Ukas vom 27. Aug. 1747, PSZ I. Nr. 9434
  4. Auf russisch Свод законов …, ersch. ab 1835. Offizielle Gesetzestexte veröffentlichte man in Полное собрание законов Российской империи (Polnoe sobranie sakonow Rossijskoj imperii) ab 1885. Weiterführend: Borisva, Tatiana; Digest of Laws of the Russian Empire: The Phenomenon of Autocratic Legality; Law and History Review, Vol. 30 (2012), Nr. 3, S. 901–25.
  5. Deutsche Übersetzung der Gesetzestexte dieses Abschnitts: Die in den Europäischen Staaten geltenden Gesetze über die Erwerbung und den Verlust der Staatsangehörigkeit unter Ausschluss des Deutschen Reichsgesetzes vom 1. Juni 1870: nebst einem Anhang, enthaltend die vor dem 1. Januar 1871 in den Deutschen Bundesstaaten in Kraft gewesenen Staatsangehörigkeitsgesetze; Berlin 1898, S. 201–15 (Digitalisat).
  6. Nur dieser Ausdruck kommt in den Gesetzen vor, um das Verhältnis zwischen Staat und Bewohner zu beschreiben. „Staatsbürger“ (гражданин grashdanin) ist ein Begriff, der sich vor 1905 nur in der Literatur findet.
  7. Im Gegensatz z. B. zu den Raskolniki.
  8. Das seit 1722 ausgegebene Dokument eines „Inlandspasses“ (vnutrennii pasport) war kein Reisedokument, sondern eine Urkunde, die den (engen) genehmigten Lebensraum (состоянии sostojanii) eines Nicht-Adligen definierte. Sichergestellt wurde damit, dass das bäuerliche Kollektiv die Wehrpflicht kontrollierte und die bis 1905 fälligen Entschädigungszahlungen für die Bauernbefreiung aufbrachte.
  9. Weiterführend: Lohr (2012), Kap. 4.
  10. Vgl. die Strafbestimmungen über das unerlaubte Verlassen des Landes sowie der Inlandspassvorschriften im Strafgesetz (Swod Sakonow 1885, Band XXV, Teil I, §§ 325-8).
  11. Ausgabe 1857: Уставъ о колоніяхъ … Abweichend von anderen Einbürgerungen lag für diesen Personenkreis die Zuständigkeit beim Minister für Staatsdomänen (Министерство государственных имуществ (Ministerstwo gosudarstwennych imeschtschestw)).
  12. Swod Sakonow, 1899, Bd. IX, Art. 899.
  13. Getrennt wurde in a) europäische (prirodnyje podannyje) mit den Klassen Adel, Stadtbewohner, Geistlichkeit und Bauern; b) asiatische Untertanen (inorodzy; wehrdienstbefreit); c) Juden.
  14. Die Gouverneure am Amur und in Turkmenistan konnten Sonderregelungen für Asiaten treffen.
  15. Dies betraf vor allem Chinesen vor Abschluss des entsprechenden Vertrags, sowie Koreaner im Grenzgebiet, gegenüber denen sich die Aufnahmepolitik zwischen 1865 und 1900 mehrfach geändert hatte. (Weiterführend die beiden Artikel von G. Ginsbergs im Journal of Korean Affairs, 1975, Nr. 2, S. 1–19 und 1976, Nr. 1, S. 1–16.)
  16. Russische Regeln über die Wehrpflicht: Sonderband IV des Swod Sakonow von 1886. Strafvorschriften vor allem §§ 348-72. Sonderregeln für Kosaken, §§ 456-65.
  17. Ein Gesetz vom 5. Okt. 1906 änderte jedoch die Inlandspassvorschriften dahingehend, dass die Beschränkung des Lebensbereichs für Bauern wegfiel und nun ein dauerhaftes Dokument ausgestellt wurde, an Stelle der bisher nur fünf Jahre gültigen. Ehemalige Sträflinge, Zigeuner und als Asiaten (inorodzy) betrachtete erhielten keine.
  18. Art. IX und X: Treaty of Portsmouth (englisch).
  19. Otto Luchterhandt: Staatsangehörigkeitsrecht im Wandel von der UdSSR zur Rußländischen Föderation. Osteuropa, Vol. 52, Nr. 6 (2002), S. 713.
  20. Закон РФ от 28 ноября 1991 г. N1948-I «О гражданстве Российской Федерации», in Kraft 6. Feb. 1992, geändert 17. Juni 1993 und 6. Februar 1995. Art. 27 der Verfassung 1993 brachte volle Freizügigkeit im Inland.
  21. Reisefreiheit ins Ausland brachte das Gesetz vom 20. Mai 1991; geändert übernommen von Russland 1996 (in SZ RF 1996, Nr. 34, Punkt 4029; nicht-offizielle englische Übersetzung, 15. August 1996 in Kraft 22. August).
  22. Weiterführend: Zacharov (2017).
  23. Mit Tadschikistan seit 1996. Mit Turkmenistan 1994–2003.
  24. Nr. 62-FZ, in Kraft 1. Juli. (Nicht-offizielle englische Übersetzung) Dazu Präsidenten-Dekret Nr. 1325, vom 14. Nov. 2002, geändert 4. Aug. 2016 (vorzulegende Dokumente).
  25. Ganzer Abschnitt nach Salenko (2012).
  26. Сергей Иванов: New Citizenship Law Humiliates Russians. 8. September 2003, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 6. August 2020; abgerufen am 1. April 2020 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.pravdareport.com
  27. Russian President Signs New Citizenship Law. Abgerufen am 1. April 2020.
  28. Betroffen sind die sogenannten „gefangenen illegalen Zuwanderer“ (нелегалы поневоле nelegaly ponevole). Ehemals russische Bewohner der Sowjetrepubliken, denen aus rassischen Gründen die neue Staatsbürgerschaft nicht verliehen oder entzogen wurde und die nach Russland migrierten aber nicht vor 2002 die Staatsangehörigkeit beantragten. Seit 2011 ist auch eine Daueraufenthaltserlaubnis (vid na zhitelstvo) nötig, was das Verfahren um zwei Jahre verlängert.
  29. Bereits für Aufenthalte über 3 Monate ist seit 1995 für Ausländer ein Drogentest und Gesundheitszeugnis nötig. Untersucht wird auf Geschlechtskrankheiten, Hepatitis, HIV/AIDS, Tuberkulose. HIV-Infizierte werden abgeschoben. Zwar konnte der Kläger im Fall Kiyutin v. Russia, Application Nr. 2700/10, European Court of Human Rights seine Einbürgerung durchsetzen, eine weitere Auswirkung auf die Praxis russischer Behörden hatte dies jedoch nicht.
  30. Gesetz Nr. 134-F3, 24. April 2020 in Kraft 24. Juli 2020
  31. Die Beschränkung auf Behinderte ist zum 12. Oktober 2020 weggefallen.
  32. Seit der Verfassungsänderung 2020 hat dies auch Verfassungsrang. Weiterführend: Political Homophobia as a State Strategy in Russia; Journal of Global Initiatives, Vol. 12 (2018), Nr. 1, Art. 9.
  33. Gesetz Nr. 142, vom 23. Mai 2014, in Kraft 4. Aug. 2014. Änderungen von §§ 6 und 30. Durch Nr. 507-FZ, 19. Dez. 2014, dahingehend ergänzt, dass einreisende Russen innerhalb 30 Tagen Meldung machen müssen.
  34. Executive Order on granting Russian citizenship to Gerard Depardieu. Abgerufen am 1. April 2020 (englisch).
  35. Executive Order on granting Russian citizenship to foreign citizens, who have concluded a contract for military service in the Russian Federation Armed Forces or military formations, and their families (2024-01-03)
  36. Путин предложил лишать российского гражданства за «дискредитацию» и «фейки» про армию, Meduza, 14. November 2022.
  37. Ukraine-News: Kreml berichtet von fast 1,5 Millionen verteilten russischen Pässen in annektierten Gebieten. In: Der Spiegel. 30. Mai 2023, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 30. Mai 2023]).
  38. Nr. 6FKZ, in Kraft 21. März. (Am 18. März hatten Vertreter der Krim einen Beitrittsvertrag unterzeichnet, der am 21. März. ratifiziert wurde und zum 1. April in Kraft trat. Das russische Verfassungsgericht hatte den Text geprüft und am 19. März für verfassungskonform erklärt.)
  39. 2014/15 erfasste Russland 247.700 „Asylanträge“ von Ukrainern. Im Folgejahr wurden 165.000 Ukrainer eingebürgert. Weiterführend: Myhre, M.; Forced migrant “compatriots” from Ukraine: Accessing legal residency and citizenship in the Russian Federation, Nationalities Papers (Oslo), Vol. 46 (2018), S. 1028–45 (englisch).