Rohrer Kurve

geplante Bahnstrecke in Baden-Württemberg

Die Rohrer Kurve war eine im Zuge des Projekts Stuttgart 21 geplante Bahnstrecke in Baden-Württemberg. Sie sollte im Bereich des Stuttgarter Stadtteils Rohr die Gäubahn mit der Bahnstrecke Stuttgart-Rohr–Filderstadt verbinden und trägt daher dessen Namen.

Rohrer Kurve
Strecke der Rohrer Kurve
Schematischer Spurplan der geplanten Kurve (veraltet)
Streckennummer:4873[1]
Streckenlänge:0,8 km
Spurweite:1435 mm (Normalspur)
Stromsystem:15 kV, 16,7 Hz ~
Maximale Neigung: 26,9 
Minimaler Radius:320 m
Höchstgeschwindigkeit:ca. 80[1] km/h

Eine konkurrierende Planung mit anderer Linienführung besteht mit dem Pfaffensteigtunnel, der die Züge aus und in Richtung Horb direkt nach Stuttgart Flughafen Fernbahnhof führen würde. Dieses Projekt würde die Rohrer Kurve und den neuen Berghautunnel obsolet machen.

Mit Einreichung des Planfeststellungsantrags für den Pfaffensteigtunnel soll der Planfeststellungsantrag für den Abschnitt 1.3b, einschließlich der Rohrer Kurve, aufgegeben werden.[2]

Verlauf Bearbeiten

Zur Realisierung der höhenfreien Ausfädelung der Rohrer Kurve aus der Strecke Stuttgart–Horb soll das Streckengleis Horb–Stuttgart auf eine neue Trasse durch einen neuen Berghautunnel östlich des bestehenden Berghautunnels verlegt werden. Das ursprüngliche Streckengleis im bestehenden Tunnel wird dann als das zum Flughafen führende Gleis der Rohrer Kurve genutzt. Die Einfädelung der Rohrer Kurve in die Strecke zum Flughafen soll ebenfalls höhenfrei erfolgen.

Geschichte Bearbeiten

Im Zuge der Machbarkeitsstudie des Projekts Stuttgart 21 war vorgesehen, die Strecke eingleisig höhengleich in die Gäubahn, aber zweigleisig höhenfrei in die Filderstrecke einzufädeln.[3] Die Rohrer Kurve war Teil der Antragstrasse, die von der Deutschen Bahn in das am 6. Dezember 1996 beantragte Raumordnungsverfahren eingebracht wurde.[4] Die Strecke war ursprünglich Teil des Planfeststellungsabschnitts 1.3 des Projekts Stuttgart 21, für den die Planfeststellung erstmals 2002 eingeleitet wurde.

Nach einem späteren Planungsstand war eine höhenfreie Ausfädelung von Horb und eine höhengleiche Einfädelung zum Flughafen vorgesehen. Kritiker bemängelten die nicht durchgehend kreuzungsfrei ausgelegte Kurve.[5] In einem Spitzengespräch einigten sich am 6. März 2015 Vertreter der Projektpartner Bahn, Land und Stadt darauf, auch die Verbindung vom Flughafen in Richtung Böblingen kreuzungsfrei auszubauen.[6] Die Mehrkosten von etwa[6] zehn Millionen Euro sollen sich Bahn und Land teilen.[7] Ebenfalls beschlossen wurde eine Aufweitung des Tunnels Rohrer Kurve auf ein für den Fernverkehr geeignetes Maß. Das Land soll die damit verbundenen Kosten von bis zu 15 Millionen Euro tragen.[8]

Um die Neubaustrecke nördlich des Flughafens und den Fernbahnhof einschließlich seiner Anbindung über den Flughafentunnel trotz dieser Umplanungen zügig realisieren zu können, erfolgte eine Aufteilung in die Planfeststellungsabschnitte 1.3a und 1.3b.[9]

Im Rahmen des Deutschlandtakts wurde Mitte 2020 erstmals der Neubau eines Tunnels zwischen dem Flughafenbahnhof und der Gäubahn zwischen Rohr und Böblingen erwogen.[10] Die Rohrer Kurve wäre in diesem Fall entbehrlich.[11]

Trotz dieser parallelen Planungen fand vom 26. bis 29. April 2021 in der Messe Stuttgart der Erörterungstermin für den Planfeststellungsabschnitt 1.3b (Gäubahnführung einschließlich Rohrer Kurve) statt,[12] in welchem rund 3300 Einwendungen gegen die Antragstrasse erörtert wurden.[11] Die Rohrer Kurve wird nicht mehr gebaut werden.[13]

Erwartetes Verkehrsaufkommen Bearbeiten

Dem 2009 abgeschlossenen Finanzierungsvertrag liegt das "Betriebsszenario 2015" zu Grunde, das auf der Machbarkeitsstudie von 1994 fußt und im Rahmen des "Verkehrsgutachtens Stuttgart 21" 1997 weiterentwickelt wurde. Die nachfrageorientierte Angebotsprognose war auf den Rahmenbedingungen und Eckdaten des Bundesverkehrswegeplans 1992 begründet und die für den Bundesverkehrswegeplan 2003 (BVWP 2003) bereits vorliegende Verkehrsprognose 2015 (von 2001, für das Jahr 2015) berücksichtigt. Dies wurde 2004, nach Verabschiedung des BVWP 2003, nochmals angepasst und letztlich auch dem Stuttgart-21-Finanzierungsvertrag von 2009 zu Grunde gelegt. Dabei wurde werktäglich im Bereich der Rohrer Kurve mit folgendem Verkehrsaufkommen gerechnet:[14]

  • 46 Regionalzüge und 16 Fernverkehrszüge von und nach Böblingen–Stuttgart Flughafen/Messe
  • 98 S-Bahn-Züge und zwei Güterzüge von und nach Böblingen–Stuttgart-Vaihingen
  • 98 S-Bahn-Züge Stuttgart-Vaihingen–Stuttgart Flughafen/Messe

Technik Bearbeiten

Im Zuge des Digitalen Knotens Stuttgart soll die Strecke in ein Digitales Stellwerk integriert sowie mit ETCS sowie automatisiertem Fahrbetrieb ausgerüstet werden.[15] Die Strecke soll mit ETCS Level 2 ausgerüstet werden.[16] Die Kurve gehört zum Stell- und RBC-Bereich S-Bahn, der von einem in Waiblingen entstehenden Bedien- und Technikstandort gesteuert werden soll.[17]

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b SMA & Partner AG: Audit zur Betriebsqualitätsüberprüfung Stuttgart 21. Schlussbericht. 21. Juli 2011, „Version 1-00“, Steckbrief IN-03, S. 3 (PDF-Datei, 3,3 MB, PDF-Seite 32).
  2. Lenkungskreis Stuttgart 21. (PDF) In: bahnprojekt-stuttgart-ulm.de. Deutsche Bahn, 21. Oktober 2022, S. 13, abgerufen am 22. Oktober 2022.
  3. Deutsche Bahn AG, Geschäftsbereich Netz, Regionalbereich Stuttgart, Projekte (Hrsg.): Projekt »Stuttgart 21«. Die Machbarkeitsstudie. Broschüre (40 A4-Seiten), Stuttgart, ca. 1995, (ähnliche Fassung als PDF-Datei online, 14 MB), S. 19.
  4. DBProjekt GmbH Stuttgart 21 (Hrsg.): Projekt »Stuttgart 21«: Das Raumordnungsverfahren. Achtseitige Broschüre, Stuttgart, ca. 1997, S. 4 f.
  5. Vieregg-Rössler GmbH (Hrsg.): Darstellung der betrieblichen Mängel des Projektes Stuttgart 21 (Memento vom 18. Dezember 2011 im Internet Archive) (PDF-Datei; 86 kB). München, August 2008, S. 14.
  6. a b Holger Gayer: Die S-21-Partner bilden eine neue Einheit. In: Stuttgarter Zeitung. Nr. 55, 7. März 2015, S. 21.
  7. Fabian Ziehe: Der Kompromiss auf den Fildern und seine Folgen. In: Südwest Presse. 11. März 2015, ZDB-ID 1360527-6, S. 6 (online).
  8. Konstantin Schwarz: Bahn und Land bei Flughafenanschluss einig. In: Stuttgarter Nachrichten. Nr. 55, 7. März 2015, S. 1 (online).
  9. Christian Milankovic: Abschnitt am Flughafen wird aufgeteilt. Stuttgarter Zeitung, 10. März 2015, abgerufen am 4. Januar 2022.
  10. Christian Milankovic: Gäubahn in den Tunnel? In: Stuttgarter Nachrichten. Band 75, 26. Juni 2020, S. 16 (stuttgarter-nachrichten.de).
  11. a b Proteste bei Erörterungstermin zur Gäubahnführung. Südwestrundfunk, 26. April 2021, abgerufen am 4. Januar 2022.
  12. Regierungspräsidium Stuttgart hat Erörterungstermin zum Planfeststellungsabschnitt 1.3b „Filderbereich mit Flughafenanbindung/Gäubahnführung“ abgeschlossen. Regierungspräsidium Stuttgart, 29. April 2021, abgerufen am 4. Januar 2022.
  13. Ein Opfer des Milliardengrabs „Stuttgart 21“ - Bahnverkehr. Abgerufen am 25. Juni 2023.
  14. Finanzierungsvertrag Stuttgart 21 Anlage 3.2a Anhang 1. 30. März 2009, S. 2, 3, 10.
  15. Jens Bergmann: Digitaler Knoten Stuttgart. (PDF) Erklärung der DB Netz AG zu Inhalt und Zielen. DB Netz, 21. April 2020, S. 3, 5, abgerufen am 24. April 2020.
  16. Michael Kümmling, Th. Gemperlein: Anlage 3.1.11 - Ein- und Ausstiegsbereiche ETCS. (PDF) In: bieterportal.noncd.db.de. Deutsche Bahn, 14. Oktober 2019, S. 29, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 21. Oktober 2019; abgerufen am 21. Oktober 2019 (Anlage 03.1.11 - Ein- und Ausstiegsbereiche ETCS.pdf).
  17. Mladen Bojic, Hassan El-Hajj-Sleiman, Markus Flieger, Roman Lies, Jörg Osburg, Martin Retzmann, Thomas Vogel: ETCS in großen Bahnhöfen am Beispiel des Stuttgarter Hauptbahnhofs. In: Signal + Draht. Band 113, Nr. 4, April 2021, ISSN 0037-4997, S. 21–29 (PDF).

Koordinaten: 48° 42′ 42,9″ N, 9° 6′ 40,8″ O