Philipp Hübl

deutscher Philosoph und Autor

Philipp Hübl (* 21. November 1975 in Hannover) ist ein deutscher Philosoph und Publizist.

Philipp Hübl (2017)

Leben Bearbeiten

Hübl studierte Philosophie und Sprachwissenschaft in Berlin, Berkeley, New York und Oxford. Zwischen 2006 und 2009 war er Mitglied einer von der Volkswagenstiftung geförderten Forschungsgruppe namens „The Body-Project: interdisciplinary investigations on bodily experiences“.[1] Er wurde 2010 bei Geert Keil an der Humboldt-Universität zu Berlin mit einer Arbeit zum Thema Action and Consciousness promoviert.[2] Hübl hatte Lehraufträge für Philosophie an der RWTH Aachen und an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er war von 2012 bis 2018 Junior-Professor für Theoretische Philosophie an der Universität Stuttgart und verfolgte ein Habilitationsprojekt zum Thema Causation and Explanation.[3] Hübl hat zur Philosophie des Geistes, zu Handlungstheorie, Sprachphilosophie, Metaphysik und Wissenschaftstheorie geforscht. Seit 2017 schreibt er die Kolumne „Hübls Aufklärung“ im Philosophie Magazin. Seit 2020 lehrt er im Rahmen einer Gastprofessur im Studium Generale[4] an der Universität der Künste Berlin. 2022 war er Mitgründer des PEN Berlin.[5]

Hübl ist Sohn des Wirtschaftswissenschaftlers Lothar Hübl (* 1941) und hat zwei Brüder. Er ist verheiratet und lebt in Berlin.

Bücher Bearbeiten

Im Jahr 2012 erschien sein erstes Buch Folge dem weißen Kaninchen.[6] Darin führt er in die moderne Philosophie ein und gibt klare Antworten auf grundlegende Fragen des Lebens wie: Kann man ohne Gefühle leben? Was ist Bewusstsein? Hat der Tod einen Sinn? Das Buch war über ein Jahr auf der Spiegel-Bestsellerliste,[7] wurde in mehrere Sprachen übersetzt und mit dem Mindelheimer Philosophiepreis ausgezeichnet.[8]

Im Jahr 2015 erschien sein Buch Der Untergrund des Denkens: Eine Philosophie des Unbewussten bei Rowohlt.[9] Darin legt Hübl eine grundlegende philosophische Analyse unbewusster Vorgänge vor. Er hält die These von der Macht des Unbewussten für einen Mythos und argumentiert dafür, dass Vernunft und kontrollierte Aufmerksamkeit uns vor Manipulation schützen.[10]

In seinem 2018 erschienenen Essay Bullshit-Resistenz, der in der Reihe Tugenden für das 21. Jahrhundert veröffentlicht wurde, betont Hübl die Pflicht zum kritischen Denken, um Wahrheit von Unwahrheiten zu unterscheiden und so den allgegenwärtigen Verschwörungstheorien und Fake News etwas entgegenzusetzen.[11][12] Auch warnt er vor Stammesdenken, also dem blinden Folgen aller Positionen der jeweiligen eigenen politischen Verortung.[11]

Im Frühjahr 2019 erschien Hübls Buch Die aufgeregte Gesellschaft: Wie Emotionen unsere Moral prägen und die Polarisierung verstärken. Darin setzt Hübl sich mit der Frage auseinander, wie Persönlichkeitseigenschaften bestimmte Emotionen bedingen, die wiederum Einfluss auf moralische Einstellungen und somit auch politische Präferenzen haben.[13] Er beruft sich auf Positionen der Moralpsychologie, um die Polarisierung in Politik und Gesellschaft zu erklären.[14]

Positionen als Publizist Bearbeiten

Fake News Bearbeiten

Bei den Römerberggesprächen 2017 in Frankfurt vertrat Hübl die These, dass nicht das gegenwärtige Zeitalter postfaktisch sei, sondern vielmehr der Denkstil einer bestimmten sozialen Gruppe, die vor allem im rechtsradikalen Lager anzufinden sei.[15] Die Produktion von Fake News und der Vorwurf der Lügenpresse seien „zwei Seiten derselben Medaille“, denn beide Manöver seien „von dem Wunsch gesteuert, dass die Welt zur eigenen normativen Auffassung passen möge. Wenn das nicht der Fall ist, hat man zwei Möglichkeiten, um eine kognitive Dissonanz, also eine innere Spannung zu vermeiden: die eigenen Auffassungen revidieren oder die Welt umdeuten.“[16] Menschen mit einem „intuitiven Denkstil“ würden eher die zweite Option wählen.[17]

Rechtsruck Bearbeiten

Hübl sieht im rechtsradikalen Denkstil eine Extremform des konservativen Denkstils, bei dem Autorität, Loyalität und Ekel eine Rolle spielen. „Dort verwandeln sich Loyalität und Tribalismus in eine Treue zu ‚Blut und Boden’ und damit zur Fremdenfeindlichkeit. Der Wunsch nach Autorität und Struktur schlägt um in eine Sehnsucht nach dem autokratischen Führer, der richtig aufräumt – zur Not auf Kosten der Demokratie. Die Präferenz für Reinheit ist zur Abscheu gesteigert: Homosexualität gilt als ‚widerlich’, ebenso unklare Geschlechterrollen oder ‚linksgrünversifftes’ Gedankengut. Die ‚Wutbürger’ sind also tatsächlich ‚Ekelbürger’.“[18] Die Ekel-Disposition mache Menschen „zu Traditionalisten. So scheuen Konservative ganz allgemein vor Neuem zurück; sie reagieren selten positiv auf überraschende Stimuli, wollen lieber Ordnung und Vertrautheit im Leben. Bei Progressiven hingegen ist die Neigung zum Ekel deutlich schwächer ausgeprägt: Sie benötigen dementsprechend weniger Struktur und Ordnung im Leben, schätzen Individualität, Kreativität und neue Eindrücke.“[19]

Gott und Religion Bearbeiten

Hübl ist emotional Atheist[20] und rational Agnostiker.[21] Er argumentiert gegen die Sichtweise, die „westlichen Werte“ würden aus dem Christentum entspringen. „Unsere Vorstellungen von Demokratie, Meinungsfreiheit oder der Gleichstellung von Mann und Frau stammen nicht aus der Bibel, sondern aus dem Humanismus, der Aufklärung und aus späteren Freiheitsbewegungen. Demokratie und Gleichberechtigung sind den meisten Religionen fremd.“[22]

Hass und Gewalt im Netz Bearbeiten

Hübl zufolge befinden sich die Deutschen nicht in einer „moralischen Orientierungslosigkeit“,[23] vielmehr ist „Die Kriminalitätsrate vor allem von Kapitalstraftaten ... nach dem Zweiten Weltkrieg bis heute kontinuierlich gesunken“. Allerdings habe sich die Sichtbarkeit von Unzufriedenheit und Hass durch die sozialen Netze erhöht.[24]

Engagement Bearbeiten

Als Mitglied im Think Tank 30 des Club of Rome schlug Hübl mit Andreas Barthelmess eine Neugliederung des Bundesgebiets vor, die nur noch sechs Bundesländer vorsieht.[25] Mit Mitgliedern des Think Tank 30 hat er einen offenen Brief an den damaligen iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadineschad geschrieben, in dem sie ihn zu einem Dialog mit dem Westen auffordern.[26] Hübl setzt sich für die vollständige Gleichstellung der Homo-Ehe ein.[27] Im 3sat-Magazin Kulturzeit erörterte Hübl Ende März 2020 in der Reihe Philosophisches Corona-Tagebuch philosophische Fragen anlässlich der COVID-19-Pandemie.[28]

Publikationen Bearbeiten

Bücher Bearbeiten

  • Folge dem weißen Kaninchen ... in die Welt der Philosophie, 2012, Reinbek: Rowohlt, ISBN 978-3-499-62479-7
  • Der Untergrund des Denkens. Eine Philosophie des Unbewussten, 2015, Reinbek: Rowohlt, ISBN 978-3-498-02811-4
  • Bullshit-Resistenz. Tugenden für das 21. Jahrhundert, 2018, Berlin: Nicolai Publishing & Intelligence GmbH, ISBN 978-3-96476-009-8
  • Die aufgeregte Gesellschaft: Wie Emotionen unsere Moral prägen und die Polarisierung verstärken, 2019, München: C. Bertelsmann Verlag, ISBN 978-3-570-10362-3

Artikel, Interviews, Vorträge (Auswahl) Bearbeiten

Videos Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Philipp Hübl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. VolkswagenStiftung: Suche. Abgerufen am 29. Juli 2020.
  2. Archivierte Kopie (Memento vom 6. März 2016 im Internet Archive)
  3. Philipp Hübl. Abgerufen am 29. Juli 2020.
  4. Raum Raum 230, 10623 BerlinKurzvita Philipp Hübl ist Philosoph und Autor der Bücher „Die aufgeregte Gesellschaft“, „Bullshit-Resistenz“, „Der Untergrund des Denkens“und „Folge dem weißen Kaninchen“sowie von Beiträgen zu gesellschaftlichen und politischen Themen, unter: Prof. Dr. Philipp Hübl. Abgerufen am 2. Februar 2022.
  5. Mitgründer:innen. Archiviert vom Original am 18. Juli 2022; abgerufen am 19. Juli 2022.
  6. https://www.rowohlt.de/taschenbuch/philipp-huebl-folge-dem-weissen-kaninchen.html
  7. https://www.buchreport.de/bestseller/buch/isbn/9783499624797.htm
  8. Mindelheimer Philosophiepreis: Preisvergabe schlägt Wellen. In: augsburger-allgemeine.de. 22. Oktober 2019, abgerufen am 26. Februar 2024.
  9. https://www.rowohlt.de/hardcover/philipp-huebl-der-untergrund-des-denkens.html
  10. https://www.podcast.de/episode/275818033/Mitbestimmend%253F%2B-%2Bdas%2BUnbewusste/
  11. a b Jobst: Bullshit-Resistenz ist Kardinaltugend: Sagt Fake News den Kampf an! In: Focus. 2. Februar 2019, abgerufen am 17. April 2019.
  12. Steve Ayan: Vom Guten und Wahren: Eine neue siebenteilige Essayreihe soll uns fürs moderne Leben wappnen. In: Spektrum. 21. März 2019, abgerufen am 17. April 2019.
  13. Simone Miller: Philipp Hübl über „Die aufgeregte Gesellschaft“ - Bestimmen Gefühle unsere Weltanschauung? In: Deutschlandfunk Kultur. 24. März 2019, abgerufen am 17. April 2019 (deutsch).
  14. Philipp Hübl im Interview mit Jakob Simmank: "Wer sich stark ekelt, wählt eher konservativ". Die Zeit, 26. August 2019, abgerufen am 17. April 2020.
  15. Archivierte Kopie (Memento vom 11. November 2017 im Internet Archive)
  16. Fabio Bacigalupo: Die Ohnmacht der Aufklärung - Eine Intervention der Römerberggespräche: MP3 online hören - hr2 Kulturszene Hessen - Audio 336446513. Abgerufen am 10. November 2017.
  17. Philosophie Magazin
  18. Philipp Hübl: Was Progressive und Konservative unterscheidet, sind ihre Gefühle | NZZ. In: Neue Zürcher Zeitung. 29. Mai 2017, ISSN 0376-6829 (nzz.ch [abgerufen am 10. November 2017]).
  19. Philipp Hübl: Was Progressive und Konservative unterscheidet, sind ihre Gefühle | NZZ. In: Neue Zürcher Zeitung. 29. Mai 2017, ISSN 0376-6829 (nzz.ch [abgerufen am 10. November 2017]).
  20. Die Gretchenfrage. Zwei Philosophen streiten sich über Gott. Schweizer Radio und Fernsehen SRF, 11. Oktober 2015, abgerufen am 10. November 2017 (Schweizer Hochdeutsch).
  21. Imam Said Arif trifft den Philosophen Philipp Hübl, Folge 04. muslim-tv.de, 9. November 2022, abgerufen am 15. November 2022.
  22. Philipp Hübl: Folge dem weißen Kaninchen ... in die Welt der Philosophie.Rowohlt, Reinbek 2012, S. 104.
  23. Philosophie Magazin Nr. 3, 2017, S. 54
  24. Fake News in Sozialen Netzwerken. (zdf.de [abgerufen am 10. November 2017]).
  25. Andreas Barthelmess, Philipp Hübl: Länder-Neuordnung: Plädoyer für die starken Sechs. In: Spiegel Online. 15. Dezember 2006, abgerufen am 10. Juni 2018.
  26. Philipp Hübl, Andreas Barthelmess, Stefan Börnchen, Julian Hanich: Ihre Widersprüche, Herr Präsident. In: TAZ. 31. Mai 2006, abgerufen am 15. April 2019.
  27. Prominente für die Homo-Ehe: Die Liste der Unterzeichner. In: Spiegel Online. 13. Mai 2013, abgerufen am 10. Juni 2018.
  28. Jessica Zobel: Erstausstrahlungen. ZDF/3sat-Pressestelle, 24. März 2020, abgerufen am 29. März 2020.