Paul Knabenshue

US-amerikanischer Rechtsanwalt und Diplomat

Paul Knabenshue (* 31. Oktober 1883 in Toledo, Ohio, USA; † 1. oder 2. Februar 1942 in Bagdad, Irak)[1][2] war ein US-amerikanischer Rechtsanwalt und Diplomat.

Leben im diplomatischen Dienst Bearbeiten

Vorkriegszeit bis zum Ende des Ersten Weltkriegs Bearbeiten

Seine diplomatische Karriere begann Paul Knabenshue 1906 in Belfast, wo er als Vizekonsul tätig war.[3] Es folgte der Dienst als Vizekonsul und Deputy Consul General in Kairo, wo er 1914 den Beginn des Ersten Weltkrieges erlebte. Ägypten war seit 1882 von Großbritannien besetzt und erklärte Deutschland den Krieg. Die Amtsgeschäfte des deutschen Konsulats wurden nach Absprache mit Knabenshue an das US-amerikanische Generalkonsulat übergeben und die deutschen Diplomaten verließen daraufhin Ägypten. Der Krieg wurde von Paul Knabenshue nicht als gefährlich für die US-amerikanische Bürger in Ägypten eingeschätzt. Deshalb leitete er keine Evakuierung der US-Bürger ein.[4][5]

Diplomatischer Dienst im Vorderen Orient Bearbeiten

Von 1919 bis 1928 war Paul Knabenshue als Konsul in Beirut im französischen Mandatsgebiet tätig. Dort konnte er 1921 die Besteuerung US-amerikanischer Ölkonzerne verhindern.[6][7] 1925, während der Syrischen Revolution, nahm er Schutzsuchende im Konsulat auf.[8]

1928 wurde er zum Generalkonsul in Jerusalem ernannt,[3] wo er mit dem dort herrschenden Konflikt zwischen Juden und Arabern konfrontiert wurde, den er zu lösen versuchte.[9] Das Interesse der Vereinigten Staaten wurde nach dem Ersten Weltkrieg in Palästina und generell im Nahen Osten, immer größer. Einerseits gab es wirtschaftliche Interessen im Nahen Osten, andererseits ging von den zionistischen Kreisen in den USA immer mehr Druck aus.[10] Auch viele Politiker und Diplomaten sprachen sich für eine stärkere Präsenz im Nahen Osten aus, darunter auch Paul Knabenshue.[11]

Die US-amerikanischen Diplomaten in Palästina hatten einen großen Einfluss auf das dortige Geschehen, zumal sie einerseits in Kontakt mit der britischen Regierung standen und diese indirekt beeinflussen konnten und andererseits die Juden schützen konnten, indem sie diese im Konsulat aufnahmen. Viele Juden waren auch US-amerikanische Bürger, und somit konnten sie auch über eine Auslieferung verhandeln. Obwohl Knabenshue sich während der Unruhen 1929 für die Juden einsetzte, indem er sie in das Konsulat ließ, wurde von zionistischen Kreisen in den USA seine Absetzung verlangt, zumal er eine starke antizionistische Tendenz hatte.[12] So gab er zum Beispiel den Juden die Schuld an den Unruhen in Palästina[13] und hatte Ressentiments gegenüber der zionistischen Bewegung.[14] Er wurde aber erst 1932 abgesetzt und zum Ministerresident und Generalkonsul in Bagdad ernannt. Knabenshue förderte während seiner Amtszeit die School in Jerusalem.[15]

Nach einer kurzen Pause in der Amtszeit von wenigen Tagen kehrte er 1933 wieder in sein Amt zurück.[16] In Bagdad setzte er sich für US-amerikanische Interessen im Irak ein, so zum Beispiel versuchte er bessere Bedingungen für eine Firma, die Tierdärme herstellte, auszuhandeln und die amerikanische Filmindustrie mit dem Vorschlag ein Urheberrecht einzuführen, zu schützen. Die Vereinigten Staaten verfolgten zwar offiziell nach dem Ersten Weltkrieg eine isolationistische Politik, hatten aber gleichzeitig wirtschaftliches Interesse im Nahen Osten. Dies führte zur open door-Politik, einer antimonopolistischen und marktliberalen Politik, die sie vor allem im Irak, wo sich große Ölfelder befanden, umsetzen wollten. Großbritannien musste sich dem Druck der USA fügen, zumal die USA einen Anteil zum Sieg im Ersten Weltkrieg beigetragen haben. Dadurch war der Weg für US-amerikanische Präsenz im Irak geebnet, wodurch auch die irakische Wirtschaft profitierte, da nicht nur Unternehmen, sondern auch Missionare und Forscher (vor allem Archäologen) ins Land kamen und auch Schulen gründeten. Allerdings war die politische Situation im Land sehr instabil, was die Interessen der USA gefährdete. Dies beweist das Massaker von Semile an den Assyrern, welches bei amerikanischen Politikern Besorgnis erregte, denn Ausländerfeindlichkeiten konnten sich auch auf Amerikaner übertragen. Paul Knabenshue kritisierte zwar den Aufstand, wollte allerdings nicht, dass der Irak bestraft wird, zumal er Angst um die Sicherheit der US-Bürger hatte. Das Sammeln von politischen Informationen wurde eine wichtige Aufgabe, um die Situation einschätzen zu können und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.[17][18]

Mit dem Putsch von 1941 durch das Goldene Quadrat und der neuen Regierung von Rashid Ali al-Gaylani, befanden sich US-amerikanische und britische Bürger in Gefahr. Knabenshue konnte Monate vor dem Putsch feststellen, dass sich die Lage vor allem nach der Niederlage Frankreichs stark radikalisierte und viele mit den Achsenmächten zu sympathisieren begannen. Auch dass keine Lösung der Palästinafrage in Sicht war, war ein Grund für Unruhen in der Bevölkerung. Diese Einstellung könnte zu Übergriffen an Briten und US-Amerikanern führen. Die USA stellten daraufhin Waffenlieferungen in den Irak ein, wollten aber keinen Druck auf die Regierung ausüben. Diese Einstellung änderte sich auch nach dem Putsch nicht, sodass amerikanische Kräfte vor Ort die Sicherheit gewährleisten mussten. Als bekannt wurde, dass die Briten eine Offensive gegen die Putschisten starten wollen, wurde beschlossen, alle britischen und US-amerikanischen Bürger zu evakuieren. Trotzdem blieben wenige im Irak zurück. Sie fanden jedoch alle Zuflucht in der amerikanischen Gesandtschaft, sodass es keine Opfer gab. Knabenshue war auch an der Evakuation des Regenten Abd ul-Ilah beteiligt, indem er ihn persönlich in seinem Auto zum britischen Flugplatz fuhr. Auch übergab er Informationen über die Positionen irakischer Truppen an die britischen Truppen.[19]

Paul Knabenshue starb am 1. oder 2. Februar 1942 nach einer Operation in einem Krankenhaus in Bagdad an Tetanus.

Familie Bearbeiten

Paul Knabenshue war der Sohn von Samuel S. Knabenshue, der ebenfalls im diplomatischen Dienst tätig war, und von Salome Matlack.[1] Sein Bruder Roy Knabenshue war ein berühmter Aeronaut.[20][21] Knabenshue war mit Catherine Parr verheiratet und hatte einen Sohn, Paul Denis Knabenshue.[1][2]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c Paul Knabenshue 1883–1942 – Ancestry®. Abgerufen am 2. Oktober 2021 (amerikanisches Englisch).
  2. a b James A. Thorpe: The United States and the 1940–1941 Anglo-Iraqi Crisis: American Policy in Transition. In: Middle East Journal. Band 25, Nr. 1, 1971, ISSN 0026-3141, S. 88, JSTOR:4324683.
  3. a b Paul Knabenshue Named Jerusalem Consul General to Succeed Heizer. In: Jewish Telegraphic Agency. 27. September 1928, abgerufen am 2. Oktober 2021 (amerikanisches Englisch).
  4. Cilli Kasper-Holtkotte: Deutschland in Ägypten. De Gruyter Oldenbourg, 2017, ISBN 978-3-11-052612-7, S. 54–57, doi:10.1515/9783110526127/html (degruyter.com [abgerufen am 2. Oktober 2021]).
  5. Papers Relating to the Foreign Relations of the United States, 1914, Supplement, The World War – Office of the Historian. Abgerufen am 2. Oktober 2021.
  6. Papers Relating to the Foreign Relations of the United States, 1921, Volume I – Office of the Historian. Abgerufen am 2. Oktober 2021.
  7. Papers Relating to the Foreign Relations of the United States, 1921, Volume I – Office of the Historian. Abgerufen am 2. Oktober 2021.
  8. James A. Thorpe: The United States and the 1940–1941 Anglo-Iraqi Crisis: American Policy in Transition. In: Middle East Journal. Band 25, Nr. 1, 1971, ISSN 0026-3141, S. 87, JSTOR:4324683.
  9. Lawrence Davidson: The Past as Prelude: Zionism and the Betrayal of American Democratic Principles, 1917–48. In: Journal of Palestine Studies. Band 31, Nr. 3, 2002, ISSN 0377-919X, S. 27–28.
  10. RON BARTOUR, רון ברטור: הדיפלומטיה האמריקנית והיישוב היהודי בארץ-ישראל בשנות העשרים והשלושים / Palestinian Jews In American Diplomacy in 1920–1930s. In: Proceedings of the World Congress of Jewish Studies / דברי הקונגרס העולמי למדעי היהדות. י, 1989, ISSN 0333-9068, S. 339, JSTOR:23535652.
  11. Fruma Zachs: From the Mission to the Missionary: The Bliss Family and the Syrian Protestant College (1866–1920). In: Die Welt des Islams. Band 45, Nr. 2, 1. Januar 2005, ISSN 1570-0607, S. 281, doi:10.1163/1570060054307552 (brill.com [abgerufen am 2. Oktober 2021]).
  12. Ron Bartour, רון ברטור: הדיפלומטיה האמריקנית והיישוב היהודי בארץ-ישראל בשנות העשרים והשלושים / Palestinian Jews in American Diplomacy in 1920–1930s. In: Proceedings of the World Congress of Jewish Studies / דברי הקונגרס העולמי למדעי היהדות. י, 1989, ISSN 0333-9068, S. 343, JSTOR:23535652.
  13. Michael J. Cohen: Review of The Year After The Riots: American Responses to the Palestine Crisis of 1929–30. In: American Jewish History. Band 78, Nr. 3, 1989, ISSN 0164-0178, S. 443, JSTOR:23884594.
  14. Evyatar Friesel: Through a Peculiar Lens: Zionism and Palestine in British Diaries, 1927–31. In: Middle Eastern Studies. Band 29, Nr. 3, 1993, ISSN 0026-3206, S. 431, JSTOR:4283577.
  15. W. F. Albright: Report of the Director of the School in Jerusalem. In: Bulletin of the American Schools of Oriental Research. Nr. 36, 1929, ISSN 0003-097X, S. 15, JSTOR:1354887.
  16. Paul Knabenshue – People – Department History – Office of the Historian. Abgerufen am 2. Oktober 2021.
  17. Annie Tracy Samuel: The Open Door and U.S. Policy in Iraq between the World Wars. In: Diplomatic History. Band 38, Nr. 5, 2014, ISSN 0145-2096, S. 926–952, JSTOR:26376618.
  18. Sargon Donabed: Rethinking nationalism and an appellative conundrum: historiography and politics in Iraq. In: National Identities. 22. Juni 2012, ISSN 1460-8944, S. 122, doi:10.1080/14608944.2011.646973 (tandfonline.com [abgerufen am 2. Oktober 2021]).
  19. James A. Thorpe: The United States and the 1940–1941 Anglo-Iraqi Crisis: American Policy in Transition. In: Middle East Journal. Band 25, Nr. 1, 1971, ISSN 0026-3141, S. 79–89, JSTOR:4324683.
  20. A Century of Philadelphia Cricket. University of Pennsylvania Press, 2016, ISBN 978-1-5128-0394-5, S. 228, doi:10.9783/9781512803945/html (degruyter.com [abgerufen am 2. Oktober 2021]).
  21. James P. Ap-Roberts: Roy Knabenshue, 1876–1960: King of the Air. In: Southern California Quarterly. Band 54, Nr. 1, 1972, ISSN 0038-3929, S. 31, JSTOR:41170397.