Parysatis (Ehefrau Dareios’ II.)

Gattin des persischen Großkönigs Dareios II.

Parysatis (spätbabylonisch Puru-'-šátiš; altpersisch *Paru-šiyāti-; auf neupersisch Parizad (von Pari, ein Wesen aus der persischen Mythologie, das kein Mensch ist; der weibliche und gutmütige Gegensatz zu Daeva und die iranische Gegenfigur zu Deva in Sanskrit; Namensbedeutung: vielleicht „viel Glück/Freude gewährend“)[1]) war Ende des 5. und Anfang des 4. Jahrhunderts v. Chr. persische Königsgemahlin und Halbschwester von Dareios II.

Leben Bearbeiten

Die Überlieferung über die Handlungen der Parysatis – allesamt griechischen Quellen entnommen – erlauben Einblicke in griechische Vorstellungen, wonach adlige Perserinnen und insbesondere eine Königinmutter großen Einfluss auf die Politik ausüben konnten. Quellen aus dem Perserreich bestätigen, dass Parysatis im Besitz großer Ländereien in Babylonien, Syrien und Medien war. Sie konnte, wie auch andere adlige Frauen im persischen Großreich, wirtschaftlich frei agieren.

Mitregentin des Königs und Pharaos Bearbeiten

Parysatis war die Tochter des persischen Königs Artaxerxes I. und der Babylonierin Andia. Sie heiratete ihren Halbbruder Dareios II. Aus der Ehe gingen 13 Kinder hervor, wie der griechische Geschichtsschreiber Ktesias von Knidos berichtet; angeblich erhielt er diese Auskunft während seines Aufenthalts am persischen Hof von Parysatis selbst. Acht Kinder der Königin starben bereits in jungen Jahren, von den restlichen fünf waren ihre Söhne Artaxerxes II. und Kyros der Jüngere die bedeutendsten.[2] Auf die Regierung ihres Brudergemahls übte sie einen dominanten Einfluss aus.[3]

Königinmutter Bearbeiten

Parysatis bevorzugte ihren jüngeren Sohn Kyros und versuchte, ihn nach dem Tod des Dareios II. (404 v. Chr.) zum neuen König zu machen.[4] Doch konnte Artaxerxes II. als der ältere Bruder den Thron besteigen. Als Kyros verdächtigt wurde, ein Mordkomplott gegen seinen königlichen Bruder geschmiedet zu haben, konnte sie ihn durch verzweifeltes Flehen vor der Hinrichtung bewahren.[5]

401 v. Chr. suchte Kyros sich kriegerisch den Thron zu erobern, fiel aber in der Schlacht bei Kunaxa gegen Artaxerxes II. Parysatis kümmerte sich um die Beisetzung ihres verstorbenen Sohnes und ging – zumindest nach griechischer Darstellung (Hauptüberlieferungsstränge Dinon von Kolophon und Ktesias mit ihren Persika) – mit äußerster Grausamkeit gegen alle vor, die in ihren Augen Schuld an seinem Tod und der Schändung seiner Leiche hatten.[6] Diese griechischen Berichte lassen aber keine Rückschlüsse auf die wirklichen Geschehnisse im persischen Reich nach der Niederschlagung der Usurpation zu.

Die klischeeüberladene Rolle der Parysatis ist von Dinon und Ktesias gestaltet worden, keineswegs handelt es sich hier um einen historischen Bericht. Es gibt abseits dieser dubiosen Überlieferung keine Hinweise auf einen Einfluss adliger Frauen auf die Iurisdiktion oder praktische Politikausübung im Perserreich. Alle in diesem Zusammenhang von Plutarch tradierten Hinrichtungsformen zeichnen sich neben ihrer Grausamkeit vor allem durch ihre Ahistorizität aus.

Exilzeit und Rückkehr Bearbeiten

Es gelang Parysatis nicht, das Leben des spartanischen Heerführers Klearchos und seiner Mitfeldherrn, die 401 v. Chr. für Kyros gekämpft hatten, zu retten, da Stateira, die Gattin des Artaxerxes II., diesen Plan verhinderte. Aus Rache ließ Parysatis daraufhin ihre Schwiegertochter vergiften und musste deshalb für einige Zeit nach Babylon ins Exil gehen.[7] Später durfte sie an den Königshof zurückkehren. Als einer der Gründe für die Hinrichtung des persischen Feldherrn Tissaphernes (395 v. Chr.) werden die Intrigen der Parysatis angegeben, die sich an ihm wegen des Todes des Kyros rächen wollte.[8]

Besitzungen Bearbeiten

Ausgedehnte Güter besaß Parysatis in Babylonien,[9] konnte aber auch Besitzungen am Chalos in Syrien[10] und Dörfer am Tigris in Medien[11] ihr Eigen nennen.

Literatur Bearbeiten

  • C. Binder: Plutarchs Vita des Artaxerxes. Ein historischer Kommentar. Berlin/ New York 2008.
  • M. Brosius: Women in ancient Persia 559-331 BC. Oxford 1996.
  • F. Justi: Iranisches Namenbuch. Marburg 1895.
  • J. Miller: Parysatis 1. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft. Band XVIII 2,3, 1949, S. 2051f.
  • R. Schmitt: Iranische Anthroponyme in den erhaltenen Resten von Ktesias Werk. Wien 2006.
  • R. Schmitt: Die iranischen Namen und Iranier-Namen in den Schriften Xenophons. Wien 2002.
  • Josef Wiesehöfer: Artikel: Parysatis [1]. In: Der Neue Pauly. Band 9, Metzler, Stuttgart 2000, S. 381.

Anmerkungen und Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Siehe F. Justi: Iranisches Namenbuch. Marburg 1895, S. 244; R. Schmitt: Die iranischen Namen und Iranier-Namen in den Schriften Xenophons. Wien 2002, S. 68.
  2. Ktesias von Knidos bei Felix Jacoby, Die Fragmente der griechischen Historiker (FGrH), Nr. 688, F 15; Plutarch, Artaxerxes 2, 4
  3. Ktesias, FGrH 688, F 15; Plutarch, Artaxerxes 2,2
  4. Xenophon, Anabasis 1, 1, 3f.; Plutarch, Artaxerxes 2, 2
  5. Plutarch, Artaxerxes 3
  6. Plutarch, Artaxerxes 14, 10; 16, 1; 17, 1; 23, 1; Diodor 14, 80, 6; Polyainos 7, 16, 1
  7. Dinon, FGrH 690, F 15b; Ktesias, FGrH 688, F 29; Plutarch, Artaxerxes 19, 2-10
  8. Diodor 14, 80, 6; Plutarch, Artaxerxes 23, 1
  9. Keilschriftliche Urkunden
  10. Xenophon, Anabasis 1, 4, 9
  11. Xenophon, Anabasis 2, 4, 27