Orgeln des Aachener Doms

Musikinstrument

Die Orgeln des Aachener Doms stammen von 1939, gehen jedoch auf ein älteres Instrument zurück. Die heutige Orgelanlage verfügt über 94 Register und wird mit zwei Kleinorgeln ergänzt.

Prospekt der Hauptorgel im oberen nördlichen Umgang

Geschichte Bearbeiten

Die erste bezeugte Orgel des Abendlands war eine Hydraulis, die der oströmische Kaiser Konstantin V. im Jahr 757 Pippin am Mittelrhein als Diplomatengeschenk vermachte.[1] Ob dieses Werk im Aachener Dom aufgestellt wurde, ist nicht bekannt. Ein Priester Georg aus Venedig soll für Ludwig den Frommen im Jahr 826 eine Orgel gebaut haben. Bernhard Spiring aus Lüttich schuf 1598/1599 eine neue Orgel, nachdem 1596 Verhandlungen mit M. Nicolaes von Mentz (= Mainz) ergebnislos verlaufen waren.[2] Um 1628 errichtete Johann Schaden aus Westfalen ein neues Werk auf zwei roten Porphyrsäulen über dem Königsstuhl, das einen reich gestalteten Prospekt und 24 Register besaß.[3] In der Besatzungszeit durch französische Truppen erfolgten 1795 der Abriss der Orgel und der Ausbruch der Säulen. Aus der Reichsabtei St. Maximin in Trier wurde eine Orgel erworben, die 1807–1809 zwischen Chor und Oktogon aufgestellt wurde. Das unvollendete Werk stammte wahrscheinlich von Peter Kemper und wurde von Arnold Graindorge fertiggestellt.

Der Orgelbauer Wilhelm Korfmacher aus Linnich schuf 1845–1847 ein neues Instrument unter Einbeziehung älteren Materials aus der Vorgängerorgel, das er im Oktogon beiderseits des Durchgangs zum Chor aufgestellte. Der Orgelneubau hinter einem zweiteiligen neugotischen Prospekt verfügte über 60 Register, die auf drei Werke mit 3850 Pfeifen verteilt waren. Da die langen und komplizierten Trakturen schwergängig waren, baute Franz Wilhelm Sonreck 1856 eine Barkermaschine ein, die vermutlich die erste in Deutschland war.[4]

Johannes Klais baute 1939 die heutige Orgelanlage des Aachener Doms. Die Windladen und ein Teil des Pfeifenwerks wurden aus der Vorgängerorgel von 1847 übernommen, Prospekt und technische Anlage neugestaltet. Die Disposition wurde auf 65 Register erweitert, die auf fünf Werke verteilt wurden. Um eine gleichmäßige Beschallung des Domes zu erreichen, wurden die Werke im Dom verteilt: Im Nordwest- und Südwestjoch der Chorhalle befanden sich die Werke der Hauptorgel, an den Ostpfeilern des Oktogons wurde je eine Schwalbennestorgel aufgehängt.[5]

In den Jahren 1991 bis 1993 wurde die Orgelanlage durch die Orgelbaufirma Klais restauriert und bis 2018 auf insgesamt 94 Register erweitert.[6] Dabei wurden die Schwalbennestorgeln zu einem neuen, selbständigen Instrument zusammengefasst, das heute auf dem Hochmünster, also zwischen Oktogon und Chorhalle, steht.

Hauptorgel Bearbeiten

Die Hauptorgel besteht nach wie vor aus zwei Teilwerken (Nordost und Südost), die beide über ein eigenes Pedalwerk verfügen. Das Instrument hat insgesamt 64 Register auf drei Manualen und Pedal. Die Spiel- und Registertrakturen sind elektrisch. 2018 wurden drei Register hinzugefügt, eine doppelt labiierte Flûte harmonique und eine Gamba (Nr. 3 & 4) im Hauptwerk sowie eine Tuba als horizontales Register, welche als Auxiliar von jeder Klaviatur aus spielbar ist.

I Hauptwerk C–g3
(Nordost-Orgel)
01. Prinzipal 16′
02. Octave 08′
03. Flûte harm. (dop. lab.) 08′
04. Gamba 08′
05. Rohrflöte 08′
06. Superoctave 04′
07. Koppelflöte 04′
08. Quinte 223
09. Doublette 02′
10. Cornett V 08′
11. Mixtur VI 02′
12. Cymbel III 012
13. Trompete 16′
14. Trompete 08′
Glockenspiel
II Chorwerk C–g3
(Südost-Orgel)
15. Bordun 16′
16. Prinzipal 08′
17. Holzflöte 08′
18. Gemshorn 08′
19. Octave 04′
20. Rohrflöte 04′
21. Spitzquinte 223
22. Superoctave 02′
23. Hohlflöte 02′
24. Terz 135
25. Mixtur IV–VI 113
26. Cymbel IV 012
27. Dulcian 16′
28. Trompete 08′
29. Kopftrompete 04′
Tremulant
III Schwellwerk C–g3
(Südost-Orgel)
30. Gedacktpommer 16′
31. Geigenprinzipal 08′
32. Liebl. Gedackt 08′
33. Gamba 08′
34. Vox coelestis 08′
35. Prinzipal 04′
36. Blockflöte 04′
37. Octave 02′
38. Nasard 113
39. Sesquialter II 223
40. Scharff IV
41. Basson 16′
42. Trompette harm. 08′
43. Hautbois 08′
44. Vox humana 08′
45. Clairon 04′
Tremulant
Auxiliar(2018) C–g3
(Nordost-Orgel)
46. Tuba (horizontal) 08′
Pedal I C–f1
(Nordost-Orgel)
47. Offenbass 16′
48. Quintbass 1023
49. Bartpfeife 08′
Flûte harm. (= Nr. 3) 08′
Gamba (= Nr. 4) 08′
50. Venezianerflöte 04′
51. Bauernflöte 02′
52. Hintersatz VI 223
53. Bombarde 32′
54. Bombarde 16′
55. Trompete 08′
56. Klarine 04′
Pedal II C–f1
(Südost-Orgel)
57. Gedacktbaß 32′
58. Prinzipalbass 16′
59. Subbass 16′
60. Octavbass 08′
61. Spillpfeife 08′
62. Superoctave 04′
63. Glöckleinton II 223
64. Basstrompete 08′
 
Hochmünsterorgel

Hochmünsterorgel Bearbeiten

Die Werke der ursprünglichen Schwalbennestorgeln von 1939 bilden heute die Hochmünsterorgel, als ein selbständiges Instrument mit 30 Registern, verteilt auf vier Werke (drei Manuale und Pedal). Die Orgel hat einen eigenen mechanischen Spieltisch mit elektrischer Registertraktur. Die Hochmünsterorgel ist der Hauptorgel zuschaltbar.

I Hauptwerk C–g3
1. Praestant 08′
2. Sing. Gedackt 08′
3. Prinzipal 04′
4. Spielflöte 04′
5. Waldflöte 02′
6. Scharffmixtur IV 113
7. Trompete 08′
8. Clarinette 08′
II Positiv C–g3
09. Spitzflöte 08′
10. Quintade 08′
11. Praestant 04′
12. Holzgedackt 04′
13. Octave 02′
14. Quinte 113
15. Glockenzymbel III 023
16. Cromorne 08′
Tremulant
III Echo C–g3
17. Gedackt 08′
18. Rohrgedackt 04′
19. Nasard 223
20. Flachflöte 02′
21. Terz 135
22. Sifflet 01′
Tremulant
Pedal C–f1
23. Violon 16′
24. Gedackt 16′
25. Prinzipalbass 08′
26. Gedackt 08′
27. Flöte 04′
28. Posaune 16′
29. Trompete 08′
30. Trompete 04′
  • Koppeln: II/I, III/I, III/II, I/P, II/P, III/P

Zoboli-Orgel Bearbeiten

Neben den großen Orgeln verfügt der Dom über eine kleine Orgel, die sogenannte Zoboli-Orgel mit 14 Registern. Sie wurde von dem norditalienischen Orgelbauer Cesare Zoboli aus Modena erbaut, vermutlich um das Jahr 1850. Das Pfeifenwerk, die Windladen und Spieltrakturen sind erhalten. Das historische Gehäuse existiert nicht mehr, es wurde später nach dem Vorbild oberitalienischer Schrankorgeln im klassizistischen Stil erbaut. Das Instrument ist im klassischen italienischen Stil disponiert, hat zudem typische Register der Romantik.[7]

Manualwerk CDEFGA–f3
1. Prinzipale B/D 8′
2. Voce Umana 8′
3. Flauto D 8′
4. Ottava B/D 4′
5. Viola B 4′
6. Flauto in VIII B/D 4′
7. Flauto in XXII D 223
8. Decimaquinta 2′
9. Flauto in XV D 2′
10. Decimanona 113
11. Vigesimaseconda 1′
12. Vigesimasesta III 23
13. Fagotto B/Tromba D 8′
Pedal CDEFGA–a0
14. Contrabassi 16′

Scholz-Orgelpositiv Bearbeiten

Seit 2004 wird ein von der Firma Martin Scholz Orgelbau in Mönchengladbach gefertigtes bewegliches Orgelpositiv mit sechs Registern verwendet, insbesondere in der Nikolauskapelle und bei Domkonzerten.[8]

Manual C–f3
1. Bordun B/D 08′
2. Flöte D 08′
3. Rohrflöte 04′
4. Octave 04′
5. Nasard D 223
6. Principal 02′

Literatur Bearbeiten

  • Joseph Buchkremer: Der Königstuhl der Aachener Pfalzkapelle und seine Umgebung. In: Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins. Band 21, Aachen 1899, S. 135–194 (Textarchiv – Internet Archive).
  • Erik van der Heijden: Orgellandschaft zwischen Maas und Rhein (= Veröffentlichung der Gesellschaft der Orgelfreunde, 189). Gesellschaft der Orgelfreunde, Mettlach 2005.
  • Die Zoboli-Orgel im Dom zu Aachen. Karlsverein zur Wiederherstellung des Aachener Domes, Aachen 1989.
  • Franz-Josef Vogt: Die Klais-Orgel im Dom zu Aachen. Domkapitel; Karlsverein zur Wiederherstellung des Aachener Domes, Aachen 1994.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Orgeln des Aachener Doms – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Hans Martin Balz: Göttliche Musik. Orgeln in Deutschland (= 230. Veröffentlichung der Gesellschaft der Orgelfreunde). Konrad Theiss, Stuttgart 2008, ISBN 3-8062-2062-X, S. 12.
  2. Maarten Albert Vente: Die Brabanter Orgel. Zur Geschichte der Orgelkunst in Belgien und Holland im Zeitalter der Gotik und der Renaissance. H. J. Paris, Amsterdam 1963, S. 93.
  3. Joseph Buchkremer: Der Königstuhl der Aachener Pfalzkapelle und seine Umgebung. In: Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins. Band 21. Aachen 1899, S. 152–156 (Textarchiv – Internet Archive [abgerufen am 24. August 2015]).
  4. Information auf Orgeldatabase, abgerufen am 29. Juli 2016.
  5. Klais-Orgel (Memento des Originals vom 31. Oktober 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.aachener-dommusik.de auf den Seiten der Dommusik.
  6. Heutige Dispositionen auf der Website der Firma Klais, abgerufen am 9. Oktober 2023.
  7. Zoboli-Orgel (Memento des Originals vom 31. Oktober 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.aachener-dommusik.de auf den Seiten der Aachener Dommusik.
  8. Scholz-Orgelpositiv auf den Seiten der Aachener Dommusik.