N-Isopropylacrylamid

chemische Verbindung

N-Isopropylacrylamid ist ein N-substituiertes Acrylamid, dessen Stickstoffatom eine Isopropylgruppe trägt. Die Substanz hat als Monomer für Thermoresponsive Polymere bzw. temperatur- und pH-empfindliche Hydrogele bildendes Poly(N-Isopropylacrylamid) großes Interesse gefunden.[5]

Strukturformel
Strukturformel von N-Isopropylacrylamid
Allgemeines
Name N-Isopropylacrylamid
Andere Namen
  • N-(1-Methylethyl)-2-propenamid
  • N-Propan-2-ylprop-2-enamid
  • NIPAM
  • ISOPROPYLACRYLAMIDE (INCI)[1]
Summenformel C6H11NO
Kurzbeschreibung

weißer[2] bis blassgelber[3] kristalliner Feststoff

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 2210-25-5
EG-Nummer 218-638-5
ECHA-InfoCard 100.016.944
PubChem 16637
ChemSpider 15774
Wikidata Q21012199
Eigenschaften
Molare Masse 113,16 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt
Siedepunkt
Dampfdruck

3 hPa bei 83 °C[2]

Löslichkeit

löslich in Wasser, Methanol, und Essigsäureisopropylester[4]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]
Gefahrensymbol

Achtung

H- und P-Sätze H: 302​‐​319
P: 305+351+338[2]
Toxikologische Daten
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Herstellung Bearbeiten

Wegen der teuren Reaktanden eher für die Synthese im Labor geeignet ist die Reaktion von Acryloylchlorid mit überschüssigem Isopropylamin,

 

bei der Produktausbeuten von über 80 % erzielt werden.[6]

Auch die Reaktion von Acrylamid mit überschüssigem 2-Brompropan führt zu unbefriedigenden Ausbeuten an NIPAM von ca. 66 %.[7]

 

In einem Gemisch von konzentrierter Schwefelsäure mit Essigsäure reagiert Propen mit Acrylnitril bei 80 °C zu N-Isopropylacrylamid.[4]

 

In derselben Patentschrift[4] ist der übliche industrielle Herstellungsweg des N-Isopropylacrylamids in einer Ritter-Reaktion von Acrylnitril mit Isopropanol in Gegenwart von konzentrierter Schwefelsäure beschrieben.

 

In Abhängigkeit von Reaktionstemperatur und -dauer werden Ausbeuten von 90 % bis „nahezu quantitativ“ erreicht.

Eine Variante dieser Reaktion mit einem sauren Zeolith-Katalysator zur Erzeugung des Carbeniumions aus Isopropanol liefert NIPAM in 93-prozentiger Ausbeute.[8]

Zur Unterdrückung der Polymerisation in Lösung werden den Reaktionsgemischen häufig Inhibitoren, wie z. B. Phenothiazin oder 4-Methoxyphenol (MEHQ) zugegeben.

Eigenschaften Bearbeiten

N-Isopropylacrylamid fällt bei der Synthese als weißer bis cremefarbener kristalliner Feststoff an, der bei der Lagerung bei höheren Temperaturen zur Polymerisation neigt und daher oft mit Polymerisationsinhibitoren versetzt wird.[3]

Anwendungen Bearbeiten

Die Homopolymerisation von N-Isopropylacrylamid, z. B. mit AIBN als Radikalinitiator liefert das wasserlösliche Poly(N-Isopropylacrylamid), dessen solvatisierte lineare Polymerketten bei Temperaturerhöhung oberhalb der so genannten unteren kritischen Mischungstemperatur (englisch lower critical solution temperature, LCST) zu einem dichten Knäuel kollabieren.[9]

 

In Gegenwart des Vernetzers N,N′-Methylenbisacrylamid können durch radikalische Polymerisation von N-Isopropylacrylamid wasserquellbare und thermosensitive Smarte Hydrogele erzeugt werden, die oberhalb der so genannten Volumenübergangstemperatur (engl. volume phase transition temperature, VPTT) von 33 °C dramatisch schrumpfen.[5] Die LCST von linearen Polymeren liegt nahe der VPTT von quervernetzten Hydrogelen, d. h. das Hydrogel verhält sich annähernd wie eine konzentrierte Polymerlösung.[10]

Durch Copolymerisation mit z. B. Acrylsäure und Vernetzung sind sowohl thermo- als auch pH-sensitive Hydrogele zugänglich.

Anwendungen dieser smarten Hydrogele auf der Basis von N-Isopropylacrylamid-Copolymeren liegen u. a. in der gesteuerten Wirkstofffreisetzung (engl. controlled drug release).[11]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Eintrag zu ISOPROPYLACRYLAMIDE in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 17. September 2021.
  2. a b c d e f g Datenblatt N-Isopropylacrylamide bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 25. November 2015 (PDF).
  3. a b c d e Eintrag zu N-Isopropylacrylamide (stabilized with MEHQ) bei TCI Europe, abgerufen am 25. November 2015.
  4. a b c Patent US2719176: Continuous method of making N-substituted amines. Angemeldet am 5. Februar 1953, veröffentlicht am 27. September 1955, Anmelder: Eastman Kodak Co., Erfinder: H.W. Coover, Jr., N.H. Shearer, Jr..
  5. a b G. Panambur, I. Koltover, S. Batchelle, Designing temperature and pH sensitive NIPAM based polymers
  6. Patent CN101239927: Angemeldet am 7. Februar 2007, veröffentlicht am 21. März 2012, Anmelder: 重庆融海超声医学工程研究中心有限公司, Erfinder: 叶方伟, 王智彪, 田耘博 (englischer Titel: Method for preparing monomer of temperature-sensitive polyisopropylacrylamide).
  7. Patent US4835312: Production process of N-substituted amide compounds. Angemeldet am 2. Juli 1986, veröffentlicht am 30. Mai 1989, Anmelder: 501 Mitsui Chemicals, Inc., Erfinder: H. Itoh, T. Nakagawa, A. Nitta.
  8. X. Chen, H. Matsuda, T. Okuhara: Efficient catalytic synthesis of N-isopropyl acrylamide from acrylonitrile and isopropanol. In: Chem. Lett. Band 8, 1999, S. 799–800, doi:10.1016/S0926-860X(00)00629-3.
  9. Y. Okada, F. Tanaka: Cooperative Hydration, Chain Collapse, and Flat LCST Behavior in Aqueous Poly(N-isopropylacrylamide) Solutions. In: Macromolecules. Band 38, Nr. 10, 2005, S. 4465–4471, doi:10.1021/ma0502497.
  10. M. Constantin, M. Cristea, P. Ascenzi, G. Fundueanu: Lower critical solution temperature versus volume phase transition temperature in thermoresponsive drug delivery systems. In: eXPRESS Polym. Lett. Band 5, Nr. 10, 2011, S. 839–848, doi:10.3144/expresspolymlett.2011.83.
  11. F. Eeckman, A.J. Moes, K. Amighi: Poly(N-Isopropylacrylamide) copolymers for constant temperature controlled drug delivery. In: Int. J. Pharm. Band 273, Nr. 1–2, 2004, S. 109–119, doi:10.1016/ijpharm.2003.12.013.