Bildungs- und Forschungskrankenhaus Gülhane

Medizinisches Forschungsinstitut

Das Bildungs- und Forschungskrankenhaus Gülhane (türkisch Gülhane Eğitim ve Araştırma Hastanesi) ist ein medizinisches Forschungsinstitut, das 1898 in Istanbul als die wehrmedizinische Militärmedizinische Akademie Gülhane (türkisch Gülhane Askerî Tıp Akademisi, GATA) gegründet wurde und seit 1941 in Ankara seinen Sitz hat.

Gülhane I
Grundriss
Gülhane II (1903)

Geschichte

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1846 war in Konstantinopel ein Deutsches Krankenhaus in Betrieb gegangen. Nach dem Geburtstag von Abdülhamid II. hatte Wilhelm II. im Oktober 1898 die Stadt besucht.[1] Am 30. Dezember 1898 wurde in Fatih (Istanbul) die Militärmedizinische Akademie Gülhane feierlich eröffnet. Bei ihrer Gründung hatten deutsche Ärzte maßgeblich mitgewirkt; denn zum einen hatte die deutsche Medizin (im Gegensatz zur vom 17. bis ins 19. Jahrhundert weit hinter der europäischen Medizin zurückgebliebenen türkischen bzw. osmanischen Medizin[2]) damals Weltgeltung; zum anderen setzte sich die deutsche Militärmission in der Türkei dafür ein, dass nicht nur die osmanischen Streitkräfte, sondern auch der Sanitätsdienst nach deutschem Vorbild reformiert wurde.[3]

Beim Aufbau des Gülhane spielten deutsche Ärzte eine entscheidende Rolle, nämlich Ernst von Düring, Robert Rieder, Georg Deycke und Julius Wieting. Der Chirurg Rieder wurde zum Generalinspekteur der Kaiserlich ottomanischen Medizinschulen und zum Leiter des noch zu errichtenden Krankenhauses Gülhane ernannt. Nach seinen Plänen wurde das Haus in der Nähe des Topkapı-Palasts auf den Grundmauern des verfallenen Gebäudes der früheren Kriegsschule in vier Monaten erbaut. Am Eröffnungstag wurde es in Betrieb genommen. Die Akademie sollte nach Rieders Vorstellung der theoretischen und praktischen Ausbildung dienen. Sie war nach deutschem Vorbild ausgestattet und bezog die gesamte Krankenhauseinrichtung einschließlich einer Elektrizitätsanlage und Röntgenapparatur aus Deutschland.[3] 1903 verlegte die Akademie ihren Standort in einen palastartigen Neubau auf dem östlichen Ufer des Bosporus. Rieder leitete sie bis 1904. Der Internist Georg Deycke war als Rieders Stellvertreter und Nachfolger ebenfalls 1898 nach Istanbul gekommen. Ihm folgte Wieting, der seit 1902 die Chirurgische Abteilung geleitet hatte. 1915 übernahm Theobald Selling (1873–1946) die Leitung des Krankenhauses und Emil Morath (* 1875) die des dort neu geschaffenen zahnärztlichen Dienstes.[4]

1941 wurde die Akademie nach Ankara verlegt. Seit 1971 befindet sie sich am Stadtrand der türkischen Hauptstadt. Neben großzügigen Ausbildungs- und Forschungseinrichtungen steht ein Klinikum mit 1.150 Betten zur Verfügung. Derzeit (Stand: Februar 2017) befindet sich ein weiteres Gebäude im Bau durch das die Bettenzahl auf über 1800 steigen würde.[5] Das Haydarpaşa-Klinikum in Istanbul ist mit seinen 800 Betten seit 1985 wieder der Gülhane-Akademie unterstellt.[3]

„Wer heute die Gülhane-Akademie in Ankara besucht, findet eine imponierende Hochschulanlage vor, in der modernste Medizin gelehrt und ausgeübt wird, besetzt mit hochqualifizierten Lehrkräften, die Wissenschaft und Soldatentum in mustergültiger Weise zu verbinden verstehen.“

Heinz Goerke

Zum 90-jährigen Jubiläum (1988) luden die türkische Armee und der Akademiekommandeur (Generalarzt Necoti Kölan) deutsche Medizinhistoriker ein, die als Sanitätsoffiziere der Reserve der Bundeswehr verbunden waren. Mit Heinz Goerke, Hans Schadewaldt und Hans Becker waren zugleich Heer, Marine und Luftwaffe vertreten.[3][6]

Nach dem gescheiterten Putschversuch am 15. Juli 2016 wurde die Akademie an das Gesundheitsministerium übertragen.[7] Des Weiteren wurde sie in Gülhane Eğitim ve Araştırma Hastanesi umbenannt und ist seitdem ein ziviles Forschungsinstitut.

Literatur

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  • Robert Rieder: Das Krankenhaus Gülhane. Selbstgelebtes und Gewolltes. 2 Bände. Gustav Fischer Verlag, Jena 1903.
  • Kemal Özbay: Türk asker hekimliği tarihi ve asker hastaneleri / History of Turkish Military Service and Military Hospitals. Band 1 (über Epidemien). Istanbul 1976.
  • Heinz Goerke: 90 Jahre Türkische Militärmedizinische Akademie Gülhane. In: Wehrmedizin und Wehrpharmazie. 4, 1988, S. 133.
  • Deutsche Medizinische Professoren in der Türkei zur Zeit Atatürks. In: Gundolf Keil, Werner Gerabek: Verwestlichung der Türkischen Medizin. Berichte des Symposiums anlässlich des 90. Gründungsjahres der Militärmedizinischen Akademie Gülhane. 11.–15. März 1988. Ankara/Istanbul.
  • Ayten Altıntaş: Gülhane Seririyat Hastahanesi'nden Önceki Gülhane Hastahanesi / Gülhane Seririyat Hospital before Gülhane Hospital. In: Türk Tıp Tarihi Kongresi Bildirileri / Proceedings of Turkish Medicine History Congres. Ankara 1998, S. 1–11. Insbesondere zur Errichtung des Gülhane-Gebäudes als Krankenhaus.
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Einzelnachweise

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  1. In Erinnerung daran stiftete er den Deutschen Brunnen.
  2. Mustafa Engin Çoruh, Mukadder Gün: Die Reformen von Professor Dr. Robert Rieder Pascha (1861–1913) in der theoretischen und praktischen Ausbildung von Medizinern im Osmanischen Reich des frühen 20. Jahrhunderts. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018 (2021), S. 111–121, passim, hier: S. 111.
  3. a b c d Heinz Goerke: 90 Jahre Türkische Militärmedizinische Akademie Gülhane. Wehrmedizin und Wehrpharmazie 4/1988, S. 133.
  4. Engin Çoruh: Prof. Theobald Selling (1873–1946) - Ein Würzburger Arzt als Leiter des Krankenhauses Gülhane. In: Tempora mutantur et nos? Festschrift für Walter M. Brod zum 95. Geburtstag. Mit Beiträgen von Freunden, Weggefährten und Zeitgenossen. Hrsg. von Andreas Mettenleiter, Akamedon, Pfaffenhofen 2007, S. 422–424
  5. Hastane Tarihçesi - Gülhane Eğitim ve Araştırma Hastanesi. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 15. Februar 2017; abgerufen am 15. Februar 2017.
  6. Hans Becker (Universität des Saarlandes) (Memento vom 3. Februar 2014 im Internet Archive)
  7. GATA ve asker hastaneleri Sağlık Bakanlığına devredildi. In: archive.is. 31. Juli 2016 (GATA ve asker hastaneleri Sağlık Bakanlığına devredildi (Memento vom 1. August 2016 im Internet Archive) [abgerufen am 15. Februar 2017]).

Koordinaten: 39° 57′ 58,4″ N, 32° 51′ 1,5″ O