Ludwig X. (Frankreich)

ehemaliger König von Frankreich und Navarra

Ludwig X. von Frankreich (* 4. Oktober 1289 in Paris; † 5. Juni 1316 im Schloss Vincennes), bekannt als „Ludwig der Zänker“ (französisch: Louis le Hutin), war von 1314 bis zu seinem Tod König von Frankreich.und Navarra. Er war ein Mitglied des Hauses Kapetinger und der älteste Sohn von Philipp IV., genannt „Philipp der Schöne“, und Johanna von Navarra. Seine kurze Regierungszeit war geprägt von internen Konflikten, Reformversuchen und dynastischen Spannungen, die die Grundlagen für die späteren Krisen des französischen Königreichs legten.

König Ludwig X. gewährt 1315 mittels der Charte aux normands der Bevölkerung der Normandie einen rechtlichen Sonderstatus in seinem Königreich. Darstellung aus dem 14. Jahrhundert. (Paris, Bibliothèque nationale de France)

Frühes Leben und Erziehung

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Ludwig wurde am 4. Oktober 1289 in Paris geboren. Als ältester Sohn von Philipp IV. war er von Geburt an Thronfolger von Frankreich. Seine Mutter, Johanna I. von Navarra, brachte ihm durch ihre Herrschaftsrechte das Königreich Navarra sowie die Grafschaften Champagne und Brie ein. Seine Erziehung war von den strengen Prinzipien seines Vaters geprägt, der bekannt für seine strikte Kontrolle über den Adel und die Kirche war. Ludwig erhielt eine umfassende Ausbildung in den Bereichen Verwaltung, Militär und Diplomatie, die ihn auf seine zukünftige Rolle als König vorbereiten sollten. Allerdings zeigten sich bereits früh Spannungen zwischen Ludwig und seinem Vater, die auf Ludwigs eigenwilligen und oft impulsiven Charakter zurückzuführen waren.

Ehe und persönliche Konflikte

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Erste Ehe mit Margarete von Burgund

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Im Jahr 1305 heiratete Ludwig Margarete von Burgund, die Tochter von Robert II. von Burgund. Diese Ehe war politisch motiviert und sollte die Beziehungen zwischen dem französischen Königshaus und dem mächtigen Herzogtum Burgund stärken. Die Beziehung zwischen Ludwig und Margarete war jedoch von Spannungen und Skandalen geprägt. Sie hatten eine Tochter Jeanne (* 1312). Anfang 1314 wurde Margarete in die Affäre des Tour de Nesle verstrickt: sie wurde des Ehebruchs mit Philippe d'Aunay überführt, unter Bezeugung der Königin Isabelle von England. Zwei Edeldamen wurden inhaftiert, Margarete in der Festung von Château Gaillard. Dort starb sie an einer Lungenentzündung.[1]

Zweite Ehe mit Klementine von Ungarn

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Nach dem Tod Margaretes heiratete Ludwig 1315 Klementia von Ungarn, eine Tochter von König Karl Martell von Ungarn. Klementine gebar nach Ludwigs Tod einen Sohn, Johann I., der jedoch nur wenige Tage lebte.[2]

Regierungszeit (1314–1316)

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Ludwigs Regierungszeit war kurz und von zahlreichen Herausforderungen geprägt. Nach dem Tod seines Vaters Philipp IV. im Jahr 1314 übernahm Ludwig den Thron in einer Zeit massiver sozialer und politischer Spannungen. Ludwig versuchte, die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Reiches zu lösen, die durch die hohen Steuerlasten und die expansive Politik seines Vaters entstanden waren. Er erließ 1315 das sogenannte Ordonnanz von Vincennes, das darauf abzielte, die Steuerlast der Bauern zu reduzieren und die Rechte der freien Bauern zu stärken. Dieses Gesetz wurde als Versuch gesehen, die Unterstützung der ländlichen Bevölkerung zu gewinnen, führte jedoch zu Konflikten mit dem Adel, der seine Privilegien gefährdet sah.[3] In einzelnen Provinzen, so im Vermandois, in der Picardie, der Normandie, der Champagne, in Burgund und auch im Süden, schlossen sich die Adligen zu Ligen zusammen, um ihre Interessen durchzusetzen. Sie verlangten die Aufhebung der allgemeinen Steuer (taille), ein Ende der Münzverschlechterung und der Eingriffe der königlichen Richter in die Gerichtsrechte der Barone sowie eine Anerkennung des Fehderechts des Adels. Den Ligen gelang es allerdings nicht, die Position des Königtums entscheidend zu beschränken, wenn auch Ludwig X. im Laufe des Jahres 1315 in einer Reihe von Urkunden den einzelnen Adelsgruppierungen gewisse Zugeständnisse machte.[4]

Ludwig X. starb am 5. Juni 1316 überraschend in Vincennes, vermutlich an den Folgen einer Lungenentzündung. Sein Tod löste eine dynastische Krise aus, da sein einziger Sohn, Johann I., nur wenige Tage nach seiner Geburt starb. Dies führte dazu, dass Ludwigs jüngerer Bruder Philipp V. den Thron übernahm.[5] Er wurde in der Grablege der französischen Könige, der heutigen Kathedrale von Saint-Denis, beigesetzt. Bei der Plünderung der Königsgräber von Saint-Denis während der Französischen Revolution wurde sein Grab am 18. Oktober 1793 geöffnet und geplündert, seine Überreste wurden in einem Massengrab außerhalb der Kirche beerdigt.

Vorfahren

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Ludwig IX. Kg. Von Frankreich (1214–1270)
 
 
 
 
Philipp III., Kg. von Frankreich (1245–1285)
 
 
 
 
 
Margarete von der Provence (1221–1295)
 
 
 
Philipp IV. Kg. von Frankreich (1268–1314),
 
 
 
 
 
 
Jakob I. von Aragón (1208–1276)
 
 
 
Isabella von Aragón (um 1243–1271)
 
 
 
 
 
Yolanda von Ungarn (1219–1251)
 
 
 
Ludwig X. König von Frankreich
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Theobald I. von Navarra (1201–1253)
 
 
 
Heinrich I. von Navarra (um 1244–1274)
 
 
 
 
 
Margarete von Bourbon-Dampierre (gest. 1256)
 
 
 
Johanna I. von Navarra (1273–1305)
 
 
 
 
 
 
 
 
Robert I. von Artois (1216–1250)
 
 
 
Blanche d’Artois (1248–1302)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Mathilde von Brabant (1224–1288)
 
 

Nachfahren

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Ludwig X. war Vater einer unehelichen Tochter:

Am 23. September 1305 heiratete er in erster Ehe Margarete von Burgund, die eine Tochter gebar:

  • Johanna (* 28. Januar 1311). Sie wurde als Johanna II. seine Nachfolgerin als Königin von Navarra.

In zweiter Ehe vermählte er sich am 19. August 1315 mit Klementine von Ungarn. Sie gebar, allerdings erst nach seinem Tod, einen Sohn:

  • Johann I. (* 15. November 1316). Johann I. wurde für vier Tage sein Nachfolger als König von Frankreich, bevor auch er verstarb.
 
Wappen von Ludwig X.

Ludwigs X. Tod hinterließ eine problematische Erbfolgesituation. Er hinterließ lediglich eine Tochter und eine schwangere Ehefrau. Sein jüngerer Bruder Philipp „der Lange“ erklärte sich daraufhin zum Regenten des Landes, bis zur Geburt des Kindes. Tatsächlich war dies ein Junge, der als König Johann I. aber nur vier Tage (15. bis 19. November 1316) lebte. Dadurch entstand für die Kapetingerdynastie erstmals seit ihrem Bestehen die Situation eines fehlenden männlichen Nachkommen eines Königs. Nun rückte die Tochter Johanna in die Position einer potentiellen Nachfolgerin, doch ihr Onkel Philipp „der Lange“ sollte deren Legitimation wegen zu naher Verwandtschaft ihrer Eltern in Frage stellen und ließ sich am 9. Januar 1317 als Philipp V. zum König krönen. Um Johanna jegliche weitere Möglichkeiten auf den französischen Thron zu nehmen, ließ der neue König unmittelbar darauf die Lex Salica als alleingültiges Erbfolgerecht für die französische Krone anerkennen, was Frauen in der Erbfolge ausschloss und für die weitere Geschichte Frankreichs im späten Mittelalter große Bedeutung erlangte (siehe: Hundertjähriger Krieg).

Literatur

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  • Joan Evans: Life in medieval France. Phaidon, London 1969, ISBN 0-7148-1374-5 (englisch).
  • Gustave Masson,: The Story of mediæval France from the Reign of Hugues Capet to the beginning of the Eighteenth Century. G. P. Putnam's sons, New York 1888, OCLC 1085322062 (englisch).
  • John. A. Wagner: Encyclopedia of the Hundred Years War. Greenwood Press, Westport 2006, ISBN 0-313-32736-X (englisch).
  • Jim Bradbury: The Capetians: Kings of France 987–1328. Hambledon Continuum, London 2007, ISBN 978-1-85285-528-4 (englisch).
  • Jonathan Sumption: Trial by Battle (= The Hundred Years War. Band I). Faber & Faber, London 2011, ISBN 978-0-571-26658-6 (englisch).
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Commons: Ludwig X. – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Bradbury: 2007, S. 277.
  2. Masson: 1888, S. 157.
  3. Evans: 1969, S. 13.
  4. Wagner: 2006, S. 203.
  5. Sumption: 2011, S. 180.
VorgängerAmtNachfolger
Philipp IV. der SchöneKönig von Frankreich
 

1314–1316
Johann I.
Johanna I.König von Navarra
 

1305–1316
Johann I.
Johanna I.Graf von Champagne
 

1305–1314
französische Krondomäne