Liste der Stolpersteine in Naumburg (Saale)

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Die Liste der Stolpersteine in Naumburg (Saale) enthält alle Stolpersteine, die im Rahmen des gleichnamigen Kunst-Projekts von Gunter Demnig in Naumburg (Saale) verlegt wurden. Mit ihnen soll Opfern des Nationalsozialismus gedacht werden, die in Naumburg lebten und wirkten. Zwischen 2009 und 2010 wurden in der Kernstadt Naumburg zehn Stolpersteine an sechs Adressen und im Ortsteil Schulpforte zwei Steine an einer Adresse verlegt.

Liste der Stolpersteine Bearbeiten

f1  Karte mit allen Koordinaten: OSM | WikiMap

Stadt Naumburg Bearbeiten

Adresse Datum der Verlegung Person Inschrift Bild Bild des Hauses
Franz-Ludwig-Rasch-Straße 8  3. Juni 2010[1] Annemarie Gutkind (1906–1942)

Annemarie Gutkind war die Tochter von Gustav Gutkind und wurde in Berlin geboren. 1942 mussten beide ihre Naumburger Wohnung aufgeben und nach Halle (Saale) umziehen. Annemarie Gutkind kam dort in einem „Judenhaus“ unter. Sie wurde am 1. Juni 1942 deportiert und zwei Tage später im Vernichtungslager Sobibor ermordet.[2]

Hier wohnte
ANNEMARIE GUTKIND
Jg. 1906
deportiert 1943
Theresienstadt
ermordet
 
Gustav Gutkind (1860–1943)

Gustav Gutkind stammte aus Schneidemühl. 1942 mussten er und seine Tochter ihre Naumburger Wohnung aufgeben und nach Halle (Saale) umziehen. Gustav Gutkind kam dort in einem vermeintlichen Altersheim unter. Er wurde am 27. Februar 1943 ins Ghetto Theresienstadt deportiert, wo er am 17. April 1943 starb.[3]

Hier wohnte
GUSTAV GUTKIND
Jg. 1860
deportiert 1943
Theresienstadt
ermordet
Herrenstraße 16/17  18. Aug. 2009[4] Fritz Jonas (12. Febr. 1889–4. Aug. 1944)

Die Geschwister Lotte und Fritz Jonas betrieben in Naumburg ein Kaufhaus. Sie waren die Erben der Familie Max Cohn aus Zeitz. Im November 1938 mussten sie ihren Besitz im Zuge der Arisierung verkaufen. Am 21. Jan. 1942 werden die Geschwister in das Ghetto von Riga deportiert, wo Lotte Laura Jonas vermutlich bereits am 24. Jan. 1942 ermordet wurde. Für ihren Bruder Fritz Jonas hingegen ist der Leidensweg noch nicht zu Ende. Von Riga aus wird er in das Vernichtungslager Stutthof weiterverschleppt, wo sich seine Spur nach dem 4. Aug. 1944 verliert. Seit diesem Zeitpunkt gilt er als unbekannt verschollen. Die Mutter der Geschwister Jonas Minna Jonas geb. Dobrin 26. Okt. 1863 in Wangerin wird am 14. Aug. 1942 ab Berlin mit dem Transport I/45 unter der Transportnummer 3776 in das Ghetto von Theresienstadt verschleppt, wo sie kurz nach ihrer Ankunft am 5. Sept. 1942 verstirbt.[5]

Hier wohnte
FRITZ JONAS
Jg. 1889
deportiert 1942
ermordet in
Riga
   

 
Lotte Jonas (8. Jan. 1887–24. Jan. 1942)

Die Geschwister Lotte Laura und Fritz Jonas betrieben in Naumburg ein Kaufhaus. Sie waren die Erben der Familie Max Cohn aus Zeitz. Im November 1938 mussten sie ihren Besitz im Zuge der Arisierung verkaufen. Am 21. Jan. 1942 werden die Geschwister in das Ghetto von Riga deportiert, wo Lotte Laura Jonas vermutlich bereits am 24. Jan. 1942 ermordet wurde.[5]

Hier wohnte
LOTTE JONAS
Jg. 1887
deportiert 1942
ermordet in
Riga
 
Kösener Straße 27  3. Juni 2010[1] Elly Landsberg geb. Mockrauer (Mockraner) (1873–1944)

Elly Landsberg stammte aus Berlin. In Naumburg lebte sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Adolf, der 1940 starb. Im Juni 1942 musste sie in ein vermeintliches Altersheim in Halle (Saale) umziehen. Von dort wurde sie am 27. Februar 1943 zunächst ins Ghetto Theresienstadt und am 15. Mai 1944 weiter ins KZ Auschwitz-Birkenau deportiert. Ihr genaues Todesdatum ist unbekannt.[6]

Parkstraße 21  3. Juni 2010[1] Artur Samter (1886–1943)

Artur Samter wurde in Posen geboren. Von 1905 bis 1908 studierte er in Genf, München und Breslau Rechtswissenschaft. Danach trat er einen dreijährigen Militärdienst an. 1910 promovierte er und arbeitete anschließend an den Landgerichten in Posen und Berlin. Im Ersten Weltkrieg diente er an der Westfront und wurde 1917 verwundet. Nach dem Krieg arbeitete er als Rechtsanwalt, unter anderem für die Rote Hilfe Deutschlands. 1925 wirkte er als Verteidiger im Tscheka-Prozess. Im Oktober 1927 heiratete er Paula geb. Lienhardt. Nachdem er in Berlin nicht als Notar zugelassen wurde, zog er mit seiner Frau und den mittlerweile geborenen zwei Kindern nach Naumburg, wo er seit April 1932 als Rechtsanwalt am Oberlandesgericht tätig war. Am 3. März 1933 wurde er verhaftet und im KZ Lichtenburg inhaftiert. 1934 wurde er wegen Einrichtung eines illegalen Waffenlagers angeklagt. Der Prozess endete zwar mit einem Freispruch, Samter musste jedoch Naumburg verlassen und nach Berlin zurückkehren. Im November 1938 wurde ihm die Zulassung als Anwalt entzogen. Ab 1939 wurde er mehrfach verhaftet und 1942 schließlich nach Auschwitz deportiert, wo er laut Sterbeurkunde am 17. Februar 1943 den Tod fand.[7] Seine letzte Ruhe fand er auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf im Block Urnenhain II, Feld 12, Wahlstelle 34.

Salzstraße 40 (Ehemals Große Salzstraße)  18. Aug. 2009[4] Eva Gross geb. Grossmann (1896–1943)

Eva Gross geb. Grossmann stammte aus Gorodok. Am 1. Juni 1942 wurden beide von Halle (Saale) aus ins Vernichtungslager Sobibor deportiert und dort zwei Tage später ermordet.[8]

Hier wohnte
EVA GROSS
geb. Grossmann
Jg. 1896
deportiert 1943
ermordet in
Sobibor
   

 
Josef Gross (1889–1943)

Josef Gross stammte aus Brzesko. Am 1. Juni 1942 wurden er und seine Frau von Halle (Saale) aus ins Vernichtungslager Sobibor deportiert und dort zwei Tage später ermordet.[9]

Hier wohnte
JOSEF GROSS
Jg. 1889
deportiert 1943
ermordet in
Sobibor
 
Spechsart 5   3. Juni 2010[1] Johannes Hollaender (1928–1941)

Johannes Hollaender wurde in Naumburg als Sohn des Rechtsanwalts und Notars Dr. jur. Otto Hollaender, Sohn von Dr. phil. Ludwig Hollaender und Julie Auerbach, und seiner Frau Hildegard, einer evangelischen Christin geboren. Er hatte fünf Geschwister, von denen eines bereits früh verstarb. Johannes Hollaender hatte eine geistige Behinderung und litt an Epilepsie. Er kam zunächst als Patient in die Neinstedter Anstalten und wurde später in die Landesheilanstalt Altscherbitz verlegt. Von dort gelangte er wiederum in die Landesheilanstalt Uchtspringe, wo er im Rahmen der Aktion T4 ermordet wurde. Als Todesdatum wurde der 26. Oktober 1941 angegeben, offizielle Todesursache war „Bronchopneumonie“.[10]

Peter Hollaender (1919–1942)

Peter Hollaender wurden in Naumburg als Sohn des Rechtsanwalts und Notars Dr. Jur. Otto Hollaender, Sohn von Dr. Phil. Ludwig Hollaender und Julie Hollaender-Auerbach, und seiner Frau Hildegard, einer evangelischen Christin geboren. Er wohnte bis 1935 bei seiner Großmutter und besuchte das Domgymnasium im Naumburg. Danach verließ er Deutschland und ging nach Paris. Dort lernte er Brigitte Marum, die Tochter des Reichstagsabgeordneten Ludwig Marum kennen und ging eine Beziehung mit ihr ein. Brigitte Marum und Peters ebenfalls nach Frankreich geflohene Schwester Gerda wurden später interniert, auf sein Betreiben hin aber im Sommer 1940 freigelassen. Sie lebten daraufhin gemeinsam in Toulouse bis Peter Hollaender im September seinerseits interniert wurde. Brigitte und Peter trennten sich, obwohl sie von ihm schwanger war. Im März 1941 kehrte Peter Hollaender nach Deutschland zurück und lebte kurz bei seiner Mutter in Bad Kösen. Am 10. April wurde er von der Gestapo verhaftet. Über Halle (Saale) kam er ins KZ Sachsenhausen, wo er am 3. April 1942 ermordet wurde. Brigitte Marum wurde 1943 in Sobibor ermordet. Der gemeinsame Sohn überlebte den Krieg ebenso wie Peter Hollaenders Mutter und seine Geschwister Gerda, Christoph und Jürgen. Vater Otto Hollaender starb 1937 im Pariser Exil an einer Grippe.[10]

Ortsteil Schulpforte Bearbeiten

Adresse Datum der Verlegung Person Inschrift Bild Bild des Hauses
Schulstraße 12   17. Aug. 2009[4] Joachim Meichßner (1906–1944)

Joachim Meichßner und Hellmut Späth waren Schüler an der Landesschule Pforta. Meichßner wurde als Sohn eines Pfarrers in Deutsch-Eylau geboren. 1924 legte er das Abitur ab und begann anschließend eine Offizierslaufbahn in der Reichswehr. Ab 1937 diente er im Oberkommando des Heeres. Er war am gescheiterten Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 beteiligt und wurde am 29. September 1944 in Plötzensee hingerichtet.

Hier lernte
JOACHIM
MEICHSSNER
Jg. 1906
im Widerstand
verhaftet 28.7.1944
hingerichtet 29.9.1944
Berlin-Plötzensee
   
Hellmut Ludwig Späth (1885–1945)

Der in Paris geborene Hellmut Späth war Sohn des Botanikers und Baumschulbesitzers Franz Späth. In Berlin übernahm er das väterliche Geschäft. Wegen „Umgangs mit Juden und versteckter Hetz- und Wühlarbeit gegen Deutschland“ wurde er 1943 verhaftet und im KZ Sachsenhausen interniert, wo er im Februar 1945 den Tod fand.

Ein weiterer Stolperstein für Hellmut Späth wurde in der Späthstraße 80/81 in Berlin-Baumschulenweg verlegt, siehe hierzu Liste der Stolpersteine in Berlin-Baumschulenweg.

Hier lernte
HELLMUT LUDWIG
SPÄTH
Jg. 1885
verhaftet 1.3.1943
Sachsenhausen
ermordet 15.2.1945
 

Literatur Bearbeiten

  • Martin Onnasch: Verfolgt – vertrieben – umgebracht. Naumburger Juden 1933–1945. In: Saale-Unstrut-Jahrbuch. Jahrbuch für Kulturgeschichte und Naturkunde der Saale-Unstrut-Region. 4. Jahrgang, 1999, S. 91–100; naumburg-geschichte.de (PDF; 3,6 MB)

Weblinks Bearbeiten

Commons: Stolpersteine in Naumburg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d Olaf Döring: Stolpersteine in Naumburg. myheimat.de, 10. Mai 2010; abgerufen am 1. November 2013.
  2. Gutkind, Annemarie. Gedenkbuch Halle; abgerufen am 1. November 2013.
  3. Gutkind, Gustav. Gedenkbuch Halle; abgerufen am 1. November 2013.
  4. a b c Stolpersteine: Gedenken in konkreter Gestalt. (Memento des Originals vom 16. März 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.naumburger-tageblatt.de Naumburger Tageblatt, 19. August 2009; abgerufen am 1. November 2013.
  5. a b Juden in Naumburg. naumburg-geschichte.de; abgerufen am 1. November 2013.
  6. Landsberg, Elly. Gedenkbuch Halle; abgerufen am 1. November 2013.
  7. Rechtsanwalt Doktor Artur Samter. naumburg-geschichte.de; abgerufen am 1. November 2013.
  8. Gross, Eva. Gedenkbuch Halle; abgerufen am 1. November 2013.
  9. Gross, Josef. Gedenkbuch Halle; abgerufen am 1. November 2013.
  10. a b Juden in Naumburg. naumburg-geschichte.de; abgerufen am 1. November 2013.