In der Mathematik ist das Lefschetz-Paket (auch Hodge-Lefschetz-Paket oder Kähler-Paket) ein abstraktes Prinzip, das sich in völlig unterschiedlichen Gebieten der Mathematik anwenden lässt und in jedem dieser Gebiete die Beweise tiefliegender Vermutungen ermöglicht.

Abstrakte Definition eines Lefschetz-Pakets Bearbeiten

Zu einem mathematischen Objekt   wird eine graduierte Algebra   mit   zugeordnet, so dass man für eine ganze Zahl   (die „Dimension“ des Objekts  ) und jede ganze Zahl   folgendes hat:

 ,
wobei   den zu   dualen Vektorraum bezeichnet.
  • Schwerer Lefschetz-Satz: eine lineare Abbildung  , so dass
 
ein Vektorraum-Isomorphismus ist.
 
ist symmetrisch sowie positiv definit auf dem Kern von  .

Beispiele Bearbeiten

Kähler-Geometrie Bearbeiten

Sei   eine geschlossene Kähler-Mannigfaltigkeit mit Kählerform  . Dann wird durch die klassische Poincaré-Dualität und die durch

 

induzierte lineare Abbildung   ein Lefschetz-Paket auf der De-Rham-Kohomologie   definiert. Dies hat zahlreiche Anwendungen in der Theorie der Kähler-Mannigfaltigkeiten, unter anderem den Hodge-Indexsatz und die Konstruktion und Eigenschaften von Periodenabbildungen.

Weiterhin definiert die Einschränkung von   auch ein Lefschetz-Paket auf der Dolbeault-Kohomologie  . Allgemeiner kann man zu komplexen projektiven Varietäten   ihre Schnittkohomologie betrachten und erhält dann ebenfalls eine Lefschetz-Zerlegung auf  .[1]

Algebraische Geometrie Bearbeiten

Sei   eine algebraische Varietät. Grothendiecks Standardvermutungen besagen, dass man ein Lefschetz-Paket auf dem Vektorraum der algebraischen Zykel moduli homologischer Äquivalenz hat. Sie sind unbewiesen. Aus den Standardvermutungen folgen die von Deligne mit anderen Methoden bewiesenen Weil-Vermutungen.[2]

Polytope und triangulierte Sphären Bearbeiten

Die kombinatorische Schnittkohomologie eines konvexen Polytops hat ein Lefschetz-Paket. Mit dem schweren Lefschetz-Satz bewies Stanley die g-Vermutung für simpliziale Polytope[3]. Kalle Karu erweiterte dies auf allgemeine Polytope[4], und Adiprasito zeigte die g-Vermutung für triangulierte Sphären[5]. Aus den Hodge-Riemann-Relationen folgt die Alexandrov-Fenchel-Ungleichung.

Darstellungstheorie Bearbeiten

Soergelsche Bimoduln haben ein Lefschetz-Paket. Daraus folgt die Positivität der Koeffizienten der Kazhdan-Lusztig-Polynome sowie ein algebraischer Beweis (Geordie Williamson, Ben Elias) der zuvor von Beilinson-Bernstein, Brylinski-Kashiwara und später Soergel mit anderen Methoden bewiesenen Kazhdan-Lusztig-Vermutung, einer Charakterformel für Darstellungen höchsten Gewichts.[6]

Matroide Bearbeiten

Der Chow-Ring eines Matroids hat ein Lefschetz-Paket. Aus den Hodge-Riemann-Relationen folgt, dass das chromatische Polynom des Matroids log-konkav und damit unimodal ist.[7] Für eine Folge reeller Zahlen   bedeutet log-konkav, dass für die Folgenglieder   gilt, und unimodular, dass es ein Folgenglied   gibt, so dass (die Folge bestehe aus n Folgengliedern)  , das heisst sie hat ein Maximum und ist ansonsten auf der einen Seite monoton fallend und auf der anderen monoton steigend. Diese Eigenschaften gelten insbesondere für die Koeffizienten des chromatischen Polynoms von Graphen, eine Vermutung von Ronald C. Read, die June Huh vor dem Beweis des allgemeineren Falls der Matroide bewiesen hat.

Literatur Bearbeiten

  • Claire Voisin: Hodge theory and the topology of compact Kähler and complex projective manifolds. online
  • June Huh: Tropical geometry of matroids. online
  • June Huh: Combinatorial applications of the Hodge-Riemann relations, Proc. ICM 2018, Arxiv

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. A. Beilinson, J. Bernstein, P. Deligne: Faisceaux pervers, Asterisque (1982)
  2. Kleiman: Algebraic cycles and the Weil conjectures. (online)
  3. R. Stanley: The number of faces of a simplicial convex polytope, Adv. Math. 35, 236-238 (1980)
  4. K. Karu: Hard Lefschetz theorem for nonrational polytopes, Invent. Math. 157, 419-447 (2004)
  5. Gil Kalai: Amazing: Karim Adiprasito proved the g-conjecture for spheres! In: Combinatorics and more. 25. Dezember 2018, abgerufen am 26. Januar 2019 (englisch).
  6. B. Elias, G. Williamson: The Hodge theory of Soergel bimodules, Ann. Math. 180, 1089-1136 (2014)
  7. K. Adiprasito, J. Huh, E. Katz: Hodge theory for combinatorial geometries, Ann. Math. 188 (2018)