Kleinarmenien

Siedlungsgebiet am Schwarzen Meer und westlich des oberen Euphrat

Kleinarmenien (armenisch Փոքր Հայք Pokr Hayk, lateinisch Armenia Minor) ist ein ehemals von Armeniern besiedelter antiker Landstrich am Schwarzen Meer in Nordostanatolien, der im Südosten von Großarmenien durch den oberen Euphrat getrennt wird.[1] Er grenzt im Westen und Süden an die historischen Regionen Pontos und Kappadokien, im Nordosten an Kolchis und Iberien im Kaukasus.

Kleinarmenien zur Römerzeit mit der Hauptstadt Nikopolis
Genauere Karte der Region

Geschichte Bearbeiten

Der antike Geograph Strabon beschreibt diese westarmenische Region als „ein ziemlich gesegnetes Land“, durchzogen von wohlbewässerten und waldreichen Bergketten.[2] Wie Strabon erwähnt, soll Mithridates VI. Eupator das Land, in dem er 75 Bergfestungen angelegt hatte, in seinem Kampf gegen die vordringenden Römer als Rückzugsgebiet genutzt haben. Der römische Feldherr Pompejus gründete hier an einer wichtigen Wegkreuzung den Hauptort Nikopolis – in der Nähe des heutigen Suşehri in der Provinz Sivas –, und bevölkerte ihn mit Veteranen und Landbewohnern aus der Gegend. Eine weitere wichtige Stadt Kleinarmeniens war Satala.

In hellenistischer Zeit war Kleinarmenien ein unabhängiges Königreich. Nachdem es zum Imperium Mithridates’ VI. von Pontos gehört hatte, überließen die Römer die Herrschaft über das Land verschiedenen Klientelkönigen, die hierfür (wie Deiotaros)[3] entweder neu erhoben wurden oder als „Freunde Roms“ bereits ein anderes Gebiet regieren durften (siehe Herrscherliste). Auf eine Zeit direkter römischer Kontrolle (ab 17. n. Chr.) erfolgte so im Jahre 38 n. Chr. die Ernennung eines der thrakischen Königsdynastie entstammenden Prinzen namens Kotys (IX.) zum König von Kleinarmenien. Kotys wird von dem jüdischen Geschichtsschreiber Flavius Josephus als einer der Teilnehmer an einem Treffen von sechs nahöstlichen Klientelkönigen im galiläischen Tiberias erwähnt, das um 42/43 n. Chr. stattfand.[4] Er bemühte sich 47 n. Chr. – allerdings vergeblich – darum, auch König des östlich angrenzenden Großarmeniens zu werden und auf diese Weise beide Teile Armeniens zu vereinigen. Von 54 bis 71/72 n. Chr. wurde Kleinarmenien von Aristobulos, einem Urenkel des jüdischen Königs Herodes des Großen, und dessen Ehefrau Salome regiert.[5] Es sind mehrere Münzen mit Bildnissen und Inschriften von Aristobulos und Salome als Königspaar von Kleinarmenien erhalten.[6]

Im Jahre 72 gliederten die Römer Kleinarmenien der 17. n. Chr. geschaffenen Provinz Cappadocia an. Kleinarmenien wird in der Literatur manchmal mit Kilikien oder dem Königreich Kleinarmenien gleichgesetzt. 1859 setzte sich die Bevölkerung hauptsächlich wie folgt zusammen: Dulqadr, Turkmanen, Kurden, Qàģàren, Bahàrlü, Afśàren, welche mehrheitlich dem hanefitischen Islam angehören, sowie eine kleinere Minderheit von Christen.[7]

Königsliste Bearbeiten

  • Mithridates (um 179 v. Chr.)
  • Mithridates Euergetes (133–129 v. Chr.)
  • Sisis (?)
  • Antipatros (bis ca. 107 v. Chr.)
  • Archelaos von Kappadokien (20 v. bis 17. n. Chr.)

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Große Sowjetische Enzyklopädie [1]@1@2Vorlage:Toter Link/encycl.yandex.ru (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  2. Strabon: Erdbeschreibung. Buch XII, 3, 28, S. 555 Casaubonus
  3. Deiotaros war ein Tetrarch der Tolistoagier in Galatien, der den röm. Feldherren Sulla, Publius Servilius Vatia, Lucius Licinius Murena, Lucius Licinius Lucullus und Pompejus in ihren asiatischen Kriegen wichtige Dienste geleistet hatte.
  4. Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. IXX. 8,1.
  5. Königin Salome, die Tochter der Herodias, soll als Jugendliche durch einen Schleiertanz mitverantwortlich für den Tod Johannes des Täufers gewesen sein.
  6. Vgl. Wolfgang Leschhorn: Antike Ären. Zeitrechnung, Politik und Geschichte im Schwarzmeerraum und in Kleinasien nördlich des Tauros. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1993, ISBN 3-515-06018-9, S. 145.
  7. Otto Blau: Nachrichten über kurdische Stämme: 1. Verzeichniss der kurdischen Stämme unter türkischer Oberhoheit. In: Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft, Leipzig, Cilt 16, 1862, S. 607–627, hier: 615.

Koordinaten: 41° N, 40° O