Johannes Schöner

deutscher Mathematiker, Geograph, Kartograf, Astronom und Herausgeber (1477–1547)
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Johannes Schöner oder Johann Schöner, latinisiert auch Johannes Schonerus (* 16. Januar 1477 in Karlstadt am Main, Unterfranken; † 16. Januar 1547 in Nürnberg, Mittelfranken) war ein deutscher Mathematiker, Geograph, Kartograf, Astronom, Astrologe sowie Drucker und Herausgeber wissenschaftlicher Werke.

Johannes Schöner, um 1527
Westliche Hemisphäre des Schöner-Globus (1515, Ausgabe von 1520)
Weimarer Globus 1533
 
Algorithmus demonstratus, 1534

Ab 1494 studierte Schöner in Erfurt Mathematik, Theologie und Medizin, jedoch ohne einen Abschluss. Einer seiner Kommilitonen war Martin Luther. 1500 wurde er zum Priester geweiht und hatte Pfarrstellen im Raum Bamberg und Karlstadt inne. In Nürnberg lernte er die beobachtende Astronomie bei Bernhard Walther. 1523 wurde er wegen Vernachlässigung des Chordienstes sowie wegen Konkubinats in die fränkische Schweiz strafversetzt. Nach dem Bauernkrieg von 1525 begab er sich nach Nürnberg und konvertierte zum Protestantismus. Auf Empfehlung von Philipp Melanchthon wurde er 1526 Professor für Mathematik am Egidiengymnasium – eine Stelle, die er bis ein Jahr vor seinem Tod innehatte. 1528 publizierte Schöner ein medizinisches Werk[1], das „nutzlichs buchlein viler bewerter Ertzney“.[2]

 
Schöners Waldseemüller-Karte in der Library of Congress (2007)

Als Drucker & Globenmacher in Bamberg

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Schöners Globus um 1515, Holz, Pappmaché, Papier © Historisches Museum Frankfurt am Main Fotograf Uwe Dettmar

Schon in Bamberg hatte er sich eine Druckerei eingerichtet. Schöners erste eigene Publikation erschien 1515 in Bamberg: Horari cylindri canones, eine Anweisung zum Zeichnen von Sonnenuhren auf einem Zylindermantel für den Bau einer Zylindersonnenuhr. In Bamberg veröffentlichte er eine Abhandlung über den Computus Ecclesiasticus, in der er unter anderem auf die Notwendigkeit einer Kalenderreform hinwies. Mit der Unterstützung durch Johann Seyler fertigte er Erd- und Himmelsgloben an. Als Schüler von Martin Waldseemüller erstellte er mit die ältesten Erdgloben überhaupt. Zudem besaß er diejenige Kopie von Waldseemüllers Weltkarte, die in der Library of Congress ausgestellt ist.

Auf seinen Globen von 1515, 1520 (restauriert 1725 durch den Mathematiker und Globusbauer Johann Philipp Andreae (1700–1762)) erscheint ein Brasilia regio (1515) bzw. ein Brasilia inferior (1520), getrennt durch eine Wasserstraße von Südamerika, das heißt vor der tatsächlichen Entdeckung der Magellanstraße im November 1520. Laut einem Traktat, das Schöner zeitgleich veröffentlichte, geht dies auf einen Korrespondentenbericht des Augsburger Handelshauses der Welser zurück, der in der Newen Zeytung auß Presillg Land erschienen war.[3] Die um 1507 bei Erhart Öglin in Augsburg und gleichzeitig in einem anonymen Druck erschienene Flugschrift enthielt die irreführende Nachricht von einer früheren Entdeckung der Magellanroute durch eine portugiesische Expedition um 1502/03.[4] und wurde 1515 nochmals in Nürnberg als Copia nachgedruckt.[5] Diese Darstellung führte unter anderem zu der umstrittenen Hypothese Gavin Menzies’ (2002), dass der chinesische Admiral Zheng He um 1420 die ganze Welt kartographiert habe.

Herausgeber von astronomischen Werken

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Schöner bearbeitete und veröffentlichte 1544 die astronomischen Beobachtungen, die sein Lehrer Bernard Walther seit 1471 anfangs noch mit Regiomontanus zusammen und ab 1474 noch allein 30 Jahre 1504 in Nürnberg aufgezeichnet hatte: Observationes XXX annorum a I. Regiomontano et B. Walthero Norimbergae habitae [4°, Norimb. 1544].

Nicolaus Copernicus verwandte die darin enthaltenen Merkurbeobachtungen, schrieb sie aber Schöner zu, der sie ihm vor der Publikation mitgeteilt hatte. Es gab 45 Beobachtungen, davon 14 mit Länge und Breite. In Copernicus’ Hauptwerk De revolutionibus orbium coelestium, werden 3 Merkurbeobachtungen angeführt, jedoch nur die Längen. Sie weichen aber leicht von den 1544 veröffentlichten Werten ab.

1538 hielt sich Georg Joachim Rheticus bei ihm auf. Vermutlich überzeugte er ihn zusammen mit dem Drucker Johannes Petreius, Copernicus in Frauenburg aufzusuchen und dessen Arbeiten druckfertig zu machen. Rheticus widmete ihm 1540 die Narratio Prima, die Vorveröffentlichung des Kopernikanischen Werkes.

Bernhard Walther hatte den Nachlass von Regiomontanus erworben, aber niemandem Zugang gestattet. Nach Walthers Tod erlangte Schöner Zugriff auf die Manuskripte und publizierte einige der Arbeiten Regiomontanus, so die Begründung der wissenschaftlichen Kometenkunde Problemata XVI de cometae (1472) magnitudine longitudineque ac de loco ejus vero, den Algorithmus demonstratus, eine (ablehnende) Schrift über die Achsendrehung der Erde („An Terra moveatur an quiescat, Joannis de Monteregio disputatio“) und das Handbuch der Trigonometrie (De triangulis omnimodis).

Auch in Nürnberg war Schöner noch als Globenmacher tätig und fertigte für Kursfürst Johann Friedrich von Sachsen zwischen 1533 und 1534 zwei Globen an.[7]

Schöner veröffentlichte zahlreiche Kalender und Prognostica, die hohe Auflagen erzielten. In späteren Jahren wandte er sich verstärkt der Astrologie zu und verfasste eine Einführungsschrift Opusculum Astrologicum, die 1539 bei Petreius gedruckt wurde, sowie eine umfangreiche Monographie De iudiciis nativitatum Libri Tres (1545).[8] In diesem Zusammenhang ist auch seine Herausgabe von Bernard Walthers Canones de judiciis aurae zu sehen, ein Versuch, die Meteorologie auf Gestirnseinwirkungen zurückzuführen.

Seine nachgelassenen Arbeiten wurden 1561 von seinem Sohn Andreas Schöner (1528–1590)[9] herausgegeben. So liess der Sohn in der Werkstatt von Ulrich Neuber[10] und Johann Berg die Opera mathematica Ioannis Schoneri in unum volumen congesta drucken.[11]

Ein 1529 von Lucas Cranach dem Älteren geschaffenes Porträt, das sich in den Königlichen Museen der Schönen Künste in Brüssel befindet, war von 1964 bis 1992 auf dem Geldschein über 1000 Deutsche Mark abgebildet. Umstritten ist, ob es Johannes Schöner zeigt oder, gemäß einer späteren Aufschrift, den Theologen Johannes Scheyring.[12][13]

Eigene Schriften

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Ehrungen

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Die IAU ehrte ihn durch die Benennung des Marskraters Schöner. Zudem trägt das Gymnasium in seinem Geburtsort Karlstadt seinen Namen.

Literatur

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Commons: Johannes Schöner – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Joachim Telle: Das Arzneibuch Johannes Schöners und seine mittelhochdeutschen Quellen. In: Centaurus Band 17 Nr. 2, 1973, S. 119–141.
  2. Ein nutzlichs buchlein viler bewerter Ertzney Untertitel von allerley Kranckheiten so einem menschen begegnen mügen. Gabriel Krantz Zwickau M. CCCCC. XXIX (1529)
  3. Christian Jostmann: Magellan oder Die erste Umsegelung der Erde C.H.Beck, München 2019 ISBN 978-3-406-73443-4, München 2019, S. 78.
  4. Copia der Newen Zeytung auss Presillg Landt Textauszug und Anmerkung zu Stefans Zweigs: Magellan: Der Mann und seine Tat
  5. Die von 1515 Hieronymus Höltzel gedruckte Copia der Newen Zeytung auß Presillg Landt Bayerische Staatsbibliothek
  6. a b c Abldung bei Wieser 1881
  7. Sven Hauschke: Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen und der Astronom und Mathematiker Johannes Schöner: Das Globenpaar von 1533/1534 in Weimar. In: Der Globusfreund, Nr. 51/52 (2005 (für 2003/2004)), S. 9–19
  8. Monika Maruska: Johannes Schöner. Wien 2008, S. 132 ff.
  9. Siegmund Günther: Schöner, Andreas. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 32, Duncker & Humblot, Leipzig 1891, S. 294 f.
  10. Karl SteiffUlrich Neuber. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 23, Duncker & Humblot, Leipzig 1886, S. 476 f.
  11. Opera mathematica Ioannis Schoneri in unum volumen congesta Norinbergae, Impressa in officina I. Montani & V. Neuberi,
  12. Max J. Friedländer, Jakob Rosenberg: Die Gemälde von Lucas Cranach. Stuttgart 1979, S. 135, Nr. 331.
  13. Jürgen Jakob: Welche Rolle Kronach bei der D-Mark gespielt hat In: Fränkischer Tag vom 18. August 2023