Johann Pöllandt

deutscher Bildhauer

Johann Pöllandt (* um 1630; † März 1721 in Schongau) war ein deutscher Bildhauer. Mindestens 16 Jahre lang war er außerdem Bürgermeister von Schongau.

Johann Pöllandt stammte aus Rottenbuch. Als Terminus ante quem für seine Geburt wird das Jahr 1632 angesetzt, da die ab diesem Jahr erhaltenen Taufmatrikeln von Rottenbuch keinen Eintrag zu seiner Taufe enthalten. Die früheren Bände dieser Matrikeln fielen offenbar dem Dreißigjährigen Krieg zum Opfer. Außerdem ist bekannt, dass Pöllandt mindestens 90 Jahre alt wurde. Man kann also mit einem Geburtsjahr um 1630 rechnen.

Bei wem er seine Ausbildung erhielt, ist nicht bekannt. In Frage kommt etwa der Bildhauer Mathias Müller aus Schongau, von dem noch eine Barockkrippe in Pfaffenhausen erhalten ist. Aber auch David Degler aus Weilheim könnte Pöllandts Lehrmeister gewesen sein.[1]

Am 8. August 1667 heiratete er Maria Feuchtmayer (oder Feichtmayer), geb. Schmuzer. Dadurch wurde er der Schwiegersohn von Matthäus Schmuzer, Schwager der Künstler Johann, Mathias und Michael Schmuzer sowie der Catharina Schmuzer, die wenige Jahre später den Maler Bartholomäus Bernhardt heiratete. Ferner wurde er durch diese Eheschließung mehrfacher Stiefvater. Maria Feuchtmayer brachte nämlich etliche Kinder aus ihrer ersten Verbindung mit in die Ehe: 1657 hatte sie Michael Feuchtmayer geheiratet, mit dem sie 1660 den Sohn Franz Joseph bekommen hatte. Als sie mit dem siebten Kind ihres ersten Mannes schwanger war, starb dieser am 17. März 1666. Sein postum geborener letzter Sohn wurde später der fürstbischöfliche Konstanzer Hofmaler Johann Michael Feuchtmayer. Durch die Verbindung mit Maria Feuchtmayer wurde Pöllandt später auch Stiefgroßvater von Joseph Anton Feuchtmayer.

 
Marienplatz 18 in Schongau, das Wohnhaus der Familie Pöllandt

In den ersten Jahren der Ehe zwischen Maria Feuchtmayer und Johann Pöllandt kamen die drei Töchter Maria Elisabeth (* 1668), Priska (* 1669) und Maria Regina (* 1672) zur Welt. Die Familie lebte zu dieser Zeit in Wessobrunn. 1775 zog sie nach Schongau um, wo Pöllandt das Bürgerrecht für die ganze Familie und außerdem ein Haus kaufte: Das Gebäude Marienplatz 18 kostete ihn 550 Gulden und die Zusicherung, einen Sohn des Vorbesitzers, Hans Urban Mayr, unentgeltlich in die Lehre zu nehmen. Auch einen Teil der Gebühr für das Bürgerrecht, die insgesamt 50 Gulden betrug, zahlte Pöllandt nicht bar, sondern er verpflichtete sich, eine neue Brunnensäule samt Marienbild im Gegenwert von 20 Gulden herzustellen.

Pöllandt kaufte oder tauschte in den nachfolgenden Jahrzehnten häufiger Grundstücke oder Immobilien in Schongau. Das Haus am Marienplatz behielt er aber als Wohnsitz der Familie bei und stattete es unter anderem mit einer Pietà im Giebel des Gebäudes sowie einer Stuckdecke und einem Deckenbild in Ölmalerei aus. Das Gebäude ist in verändertem Zustand erhalten geblieben.

Am 14. Juli 1677 wurde der Sohn Johann Ignaz in Schongau geboren, möglicherweise Pöllandts jüngstes Kind; am 1. Juli 1717 wurde seine Ehefrau, die im Alter von 85 Jahren gestorben war, bestattet.

Pöllandt war etwa von 1700 bis 1716 Bürgermeister von Schongau. In dieser Eigenschaft musste er am 28. August 1703 zum General Graf von Arco nach Landsberg reisen, wobei es um die Aushebung von Truppen ging, und gelangte 1704 mit Husarengeleit zum Schutz vor Feinden nach München.

Zu den wichtigsten Werken Pöllandts gehört der Hochaltar der katholischen Pfarrkirche St. Sylvester in Emmingen-Liptingen. Dieser Altar stand einst im ehemaligen Benediktinerinnenkloster Amtenhausen, in das Pöllandts Tochter Priska im Jahr 1686 eintrat. Drei Jahre später trat auch deren jüngere Schwester Maria Regina Pöllandt in dieses Kloster ein; sie wurde 1727 zur Äbtissin gewählt.

Insgesamt sind knapp dreißig Werke Pöllandts archivalisch belegt,[2] zahlreiche weitere Arbeiten werden ihm zugeschrieben. Eva Christina Vollmer nennt als typische Merkmale für Pöllandt-Figuren in die Höhe gerichtete große Zehen, gespreizt und theatralisch gestikulierende Hände, deren Daumen auf der Höhe des Nagels dicker werden, hohe und breite Stirnen mit Höckern am Augenbrauenansatz, deutlich ausgearbeitete Wangen- und Kinnknochen, häufig leicht geöffnete Münder, in denen die Zahnreihe zu erkennen ist, und Gewänder, die sich den sehr natürlich und vielfältig dargestellten Bewegungen der Figuren anpassen und oft kunstvolle Knoten und Schüsselfalten aufweisen.[3]

Archivalisch belegte Werke

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Jahr Ort Werk(e) Bild
1659 Schongau Heiligkreuzkapelle: Bauüberschlag und Modell für die Stuckierung des Langhauses (nicht ausgeführt)
1669 Andechs Benediktinerklosterkirche: Bildhauerarbeiten in Kirchengängen und zwei Oratorien (nicht erhalten)
1671/72 Pfaffenhofen Stadtpfarrkirche St. Johannes Baptist: Apostelfiguren und Maria
 
1674 St. Coloman bei Schwangau Wallfahrtskirche St. Coloman: Hochaltarfiguren Rochus und Sebastian
1675 Schongau Marienplatz: Brunnensäule und Marienfigur (nicht erhalten)
1684/85 Stötten am Auerberg Pfarrkirche St. Peter und Paul: Krippenfiguren und Altar für die St.-Castulus-Kapelle (nicht erhalten)
1685 Schongau Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt: Ausbesserung von Standfiguren am Heiligkreuzaltar (nicht erhalten)
1686 Schongau Heiligkreuzkapelle: Hochaltarfiguren Maria und Johannes
1687 Villingen ehem. Reichsstift St. Georgen: Beratende Funktion bei der Planung des Kirchenneubaus
1688 Emmingen ab Egg-Liptingen Pfarrkirche St. Silvester: Hochaltar (ursprünglich Benediktinerinnenklosterkirche Amtenhausen)
1690 Kinsau Pfarrkirche St. Matthäus: Matthäus (nicht erhalten)
1690 Apfeldorf Heiliggeistpfarrkirche: Seitenaltar (nicht erhalten)
1690 Schwabniederhofen Pfarrkirche Heilig Kreuz: Tabernakel (nicht erhalten)
1690 Schongau Gumpersaul auf einen Galtbrunnen
1690/92 Bertoldshofen Kapelle St. Rochus: Stuckaturen (nicht erhalten) und Kreuzigungsgruppe mit Maria und Johannes, Rochus (mittlerweile in der Pfarrkirche)
um 1691 Gräfelfing Pfarrkirche St. Stephan: Hochaltar
 
1691/92 Schongau Heiligkreuzkapelle: Stuck und Apostelkreuze (nicht erhalten)
1696 Schongau Figuren, Postamente und Säulen für drei Brunnen (nicht erhalten), Arbeiten am Kachelofen in der Ratsstube (nicht erhalten)
1697 Schongau Friedhofskapelle St. Sebastian: Hochaltarfiguren Benno, Rochus, Sebastian, zwei Engelein
1698 Schongau Heiliggeistspitalkirche St. Erasmus: Apostelzyklus mit Maria und Salvator (mittlerweile in der Stadtpfarrkirche)
1700 Kaufbeuren Stadtpfarrkirche St. Martin: Hochaltarfiguren Konrad und Ulrich (nicht erhalten)
1704 Schongau Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt: Fronleichnams-Altar (nicht erhalten)
1708 Schongau Lechtor: Christusfigur und vier Engel (nicht erhalten)
1708/09 Salem ehem. Zisterzienser-Reichsabtei: Stuckaturen im Kaisersaal (in Zusammenarbeit mit Franz Joseph Feuchtmayer)
nach 1708 Mainwangen Pfarrkirche St. Peter und Paul: gesamter Figurenschmuck
1713/14 Kinsau Pfarrkirche St. Matthäus: Stuck und Apostelkreuze
1716 Kinsau Pfarrkirche St. Matthäus: 18 Kapitelle zum Chorgestühl und zwei Kapitelle für das Sakristeiportal

Zugeschriebene Werke

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Jahr Ort Werk(e) Bild
um 1659 Klosterlechfeld Wallfahrtskirche Maria Hilf: Apostelzyklus
1660/70 Peiting Wallfahrtskirche Maria Egg: Apostelzyklus, Kanzelfiguren, zwei Putten bei einer Kreuzigungsgruppe
um 1670/75 Uttenhofen Kirche St. Sebastian: Pietà
um 1670/80 Nürnberg Germanisches Nationalmuseum: Kreuzigungsgruppe
um 1675/76 Ilgen Wallfahrtskirche Mariä Heimsuchung: Dachungsengel am Hochaltar
um 1675 Auerberg Kirche St. Georg: Figurengruppe mit dem Drachenkampf des hl. Georg
um 1675 Schongau Marienplatz 18: Pietà im Giebel und Stuckdecke im 1. Obergeschoss
um 1675/80 Trauchgau Pfarrkirche St. Andreas: Sebastian und Andreas
um 1680 Amberg Pfarrkirche Mariä Heimsuchung: Hochaltarfiguren Katharina und Barbara, Sebastian
um 1680 Remnatsried Pfarrkirche St. Thomas und Afra: Hochaltarfiguren Joseph und Ignatius (?), Papst und Bischof (Werkstattarbeiten), Johannes Evangelista
um 1680 Peiting Pfarrkirche St. Michael: Seitenaltarfiguren Andreas, Jakobus, Barbara, Katharina
um 1680/81 Burggen Pfarrkirche St. Stephan: Stephanusfigur im Hochaltar
um 1680/81 Burggen Filialkirche St. Anna: Magnusfigur im linken Seitenaltar (Werkstattarbeit)
um 1682 Leuterschach Wallfahrtskirche St. Magnus: Hochaltarfiguren Kolumban und Gallus
um 1682/83 Schongau Heiliggeistspitalkirche: Stuckdekoration
1686 Rottenbuch Augustinerchorherrenstiftskirche: Pietà in der Vorhalle
 
um 1690 Apfeltrang Pfarrkirche St. Michael: Schmerzhafte Muttergottes
um 1690/1700 Schwabsoien Pfarrkirche St. Stephan: Ulrich, Afra und Katharina
1693 Auernberg Kirche St. Georg: Seitenaltarfiguren Antonius und Joseph
um 1695 Stöttwang Pfarrkirche St. Gordian und Epimachus: Figuren der Kirchenpatrone und Muttergottes mit dem Jesusknaben auf einer Prozessionsstange, evtl. auch Vortragekreuz
um 1700 Altusried Pfarrkirche St. Blasius und Alexander: Hochaltarfiguren der Kirchenpatrone
um 1700 Bertoldshofen Pfarrkirche St. Michael: Petrusfigur in einer Turmnische (Werkstattarbeit)
um 1700 Biessenhofen Kanzelfiguren aus Altdorf (Werkstattbeteiligung)
 
1713/14 oder früher Kinsau Pfarrkirche St. Matthäus: Figurengruppe Anna selbdritt
Immenhofen Filialkirche St. Nikolaus: Pietà
Hochenfurch Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt: Barbara
Bertoldshofen Pfarrkirche St. Michael: Chorfiguren Ulrich und Afra
Hohenpeißenberg Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt: Seitenaltarfiguren Maria und Joseph mit Jesuskind, Barabara, Heiland an der Geißelsäule, Kruzifixus
Beckstetten Pfarrkirche St. Agatha: Kruzifixus (?)
Eldratshofen Filialkirche St. Johannes Baptist: Kruzifixus (?)

Literatur

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  • Rainer Mattes: Johann Pöllandt, Bildhauer und Bürgermeister. In: Archäologie, Kunst und Landschaft im Landkreis Tuttlingen, herausgegeben vom Landkreis Tuttlingen, Jan Thorbecke Verlag, Sigmaringen 1998, ISBN 3-7995-4111-X, S. 227
  • Eva Christina Vollmer: Johann Pöllandt. Ein Barockbildhauer in Schongau. Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg 1997, ISBN 3-931820-49-1
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Commons: Johann Pöllandt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Eva Christina Vollmer: Johann Pöllandt. Ein Barockbildhauer in Schongau, Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg 1997, ISBN 3-931820-49-1 (im Folgenden zitiert als „Vollmer 1997“), S. 8 f.
  2. Vgl. Vollmer 1997, S. 130–135.
  3. Vollmer 1997, S. 23 f. u. ö.