Jochen Böhler

deutscher Historiker

Jochen Böhler (* 11. Dezember 1969 in Rheinfelden (Baden)) ist ein deutscher Historiker und Direktor des Wiener Wiesenthal Instituts für Holocaust-Studien. Seine Spezialgebiete sind die Militärgeschichte des Zweiten Weltkriegs, die Deutsche Besetzung Polens 1939–1945, die Täterforschung zum Holocaust und die Endkämpfe des Ersten Weltkriegs in Ostmitteleuropa 1918–1923.

Jochen Böhler (2009)

Böhler studierte von 1993 bis 1999 Mittlere und Neuere Geschichte, Ethnologie und Volkswirtschaft an der Universität zu Köln mit Magisterabschluss. 2004 wurde er bei Jost Dülffer in Köln über das Thema Auftakt zum Vernichtungskrieg. Die Wehrmacht in Polen 1939 promoviert. 2006 erschien die Dissertation als Buchveröffentlichung und wurde in die Schriftenreihe der Bundeszentrale für Politische Bildung aufgenommen.

Von 2000 bis 2010 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Historischen Institut Warschau. Dort war Böhlers Schwerpunkt im Forschungsbereich IV (Gewalt und Fremdherrschaft im Zeitalter der Extreme) angesiedelt und hatte Untersuchungen zum Thema Wehrmacht und Besatzungsalltag zum Gegenstand. Weitere Arbeitsgebiete waren Drittes Reich, Zweiter Weltkrieg, Deutsche Besatzung in Polen 1939–1945, NS-Verbrechen und Täterforschung.

Böhler arbeitete zudem von 2006 bis 2009 als Historischer Sachverständiger des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen zu das Ghettorentengesetz betreffenden Fällen und war Mitunterzeichner des Historikerappells[1], in dem vor „besorgniserregenden Fehlentwicklungen“ hinsichtlich der Auslegung des Gesetzes durch deutsche Rentenversicherer gewarnt wurde[2]. Er war 2008/2009 beratender Historiker der ARD-Produktion Der Überfall[3] und 2009/2010 Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Unabhängigen Historikerkommission zur Aufarbeitung der Geschichte des Auswärtigen Amts in der Zeit des Nationalsozialismus und in der Bundesrepublik sowie Mitautor des entsprechenden Forschungsbandes Das Amt und die Vergangenheit.[4]

Von 2010 bis 2019 war Böhler Wissenschaftlicher Mitarbeiter am von Joachim von Puttkamer und Włodzimierz Borodziej geleiteten Imre Kertész Kolleg – Europas Osten im 20. Jahrhundert. Historische Erfahrungen im Vergleich an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Dort war Böhler für den Forschungsbereich Krieg, Gewalt, Repression in Ostmitteleuropa im 20. Jahrhundert zuständig.[5] Seine eigenen Forschungen und Publikationen in diesem Bereich konzentrierten sich dabei auf gewaltsame Konflikte in der Region gegen Ende des Ersten Weltkriegs[6] sowie die Rekrutierung von nicht-Deutschen in die Waffen-SS.[7] Im Rahmen seiner Forschungen zum Ersten und Zweiten Weltkrieg in Europa war er 2017 Gastprofessor am Chaire d’Excellence der Axe 5 von LabEx-EHNE, einem Verbundprojekt der Universitäten Paris-Sorbonne und Nantes.[8] Von Oktober 2019 bis September 2022 vertrat er den Lehrstuhl für Osteuropäische Geschichte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.[9] Seit Oktober 2022 leitet er das Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien.[10]

Schriften

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Einzelnachweise

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  1. Historikerappell zu „Ghettorenten“: In: haGalil vom 1. Juni 2009.
  2. Entschädigungen für NS-Opfer. Verfangen in den Paragraphen. Von Robert Probst. In: Süddeutsche Zeitung vom 2. Juni 2009.
  3. Archivlink (Memento vom 13. Mai 2014 im Internet Archive)
  4. Eckart Conze, Norbert Frei, Peter Hayes und Moshe Zimmermann: Das Amt und die Vergangenheit. Deutsche Diplomaten im Dritten Reich und in der Bundesrepublik. Blessing Verlag, München 2010, S. 3 u.720
  5. Seite Jochen Böhler als ehemaliger Mitarbeiter des Imre Kertész Kollegs Jena. Abgerufen am 9. März 2022.
  6. HT 2016: „Woran glauben wir und gegen wen kämpfen wir?“ Gewalt im Osteuropäischen Bürgerkrieg, 1918-1921 (Tagungsbericht). In: H-Soz-Kult. Kommunikation und Fachinformation für die Geschichtswissenschaften. Abgerufen am 24. Oktober 2016.
  7. UCD Centre for War Studies - Non-Germans in the Waffen-SS: A Cultural History. In: www.ucd.ie. Abgerufen am 24. Oktober 2016.
  8. Chaire d’excellence - Jochen Böhler (axe 5) - LabEx-EHNE. In: LabEx-EHNE. 19. September 2017 (labex-ehne.fr [abgerufen am 12. Oktober 2017]).
  9. Osteuropäische Geschichte. Abgerufen am 9. März 2022.
  10. Hanna Ronzheimer, Ö1-Wissenschaft: Die Pläne des neuen Direktors. 1. Oktober 2022, abgerufen am 2. Oktober 2022.