Die Jawa 350 Typ 354, auch als kývačka bezeichnet, war ein in der Tschechoslowakei von Jawa produziertes Motorrad mit Zweitakt-Zweizylindermotor und 344 cm³ Hubraum, das von 1954 bis 1964 hergestellt wurde. Die Ausführung mit Einzylindermotor und 248 cm³ Hubraum trug die Modellnummer 353.

Jawa

Jawa 350 Typ 354
Jawa 350 Typ 354
Hersteller Jawa
Produktionszeitraum 1954 bis 1964
Klasse Motorrad
Motordaten
Vorgängermodell Jawa 350 Pérák (Ogar)
Nachfolgemodell Jawa 350 Typ 361 Sport
Jawa 350 als Gespannversion mit Beiwagen von Kovona Karviná mit dem Namen Velorex.

Geschichte Bearbeiten

Bereits Ende der 1940er Jahre erschien die für damalige Verhältnisse moderne Jawa 350 „Pérák“, jedoch noch mit Geradewegfederung. Dieses Modell wurde 1954 vom Typ 354 „Kývačka“ (sprich kiewatschka) abgelöst, der ein neues Fahrgestell mit moderner Zweiarm-Hinterradschwinge mit Federbeinen aufwies. Eine markante Formgestaltung und rote Lackierung mit verchromten Blenden am Tank waren Erkennungsmerkmale. Die Fahrzeuge wurden vielfach exportiert, unter anderem auch in die DDR. Mit dem weniger auf Zweckmäßigkeit, sondern eher auf Formgestaltung orientierten Konzept bildeten die Motorräder dabei einen Kontrast zu den MZ-Maschinen. 1962 wurden die 250er- und 350er-Typen (intern nun 559/02 und 354/06) optisch leicht verändert. Dies betraf vor allem die Lenkerpartie mit Lenkerverkleidung und stärker nach hinten weisenden Lenkerenden sowie eine geänderte Sitzbank und ein neues Rücklicht. Zudem wurde eine Erhöhung der Motorleistung auf 18 PS angekündigt,[1] die jedoch nicht serienwirksam wurde. Für Exportmärkte gab es eine Supersport genannte Ausführung mit Einzylindermotor und auf 20 PS gesteigerter Motorleistung. 1964 entfiel diese Ausführung und die Jawa 354 wurde durch den Typ Sport ersetzt, der sich zunächst lediglich durch 19"-Räder, schmalere Kotflügel und geänderten Lenker von der bisherigen Ausführung unterschied.[2] Diese Ausführung ist heute besonders begehrt und wurde bis 1969 gebaut. Noch bis 1974 wurde die 250er Ausführung als Typ 592 mit dem Tank der Californian-Modelle weitergebaut.[3] Der Anfangs sehr umfangreiche Import der 250er und 350er Jawas in die DDR wurde Mitte der 1960er Jahre beendet.

Technische Besonderheiten Bearbeiten

Wie schon der Vorgängertyp hatte die Jawa 354 serienmäßig eine halbautomatische Kupplung, wobei ein Mechanismus die Kupplung beim Betätigen des Fußschalthebels automatisch mit trennte. Der Kupplungs-Handhebel war dennoch vorhanden, um das Anfahren und Anhalten zu erleichtern. Eine zweite Besonderheit des Fußschalthebels war seine Funktion auch als Kickstarter, indem er durch drücken nach innen von der Schaltwelle geschoben wurde und durch Umlegen nach hinten in das Starterzahnrad griff. Nach Anspringen des Motor kehrte er selbstständig wieder auf die Schaltwelle zurück.[4] Anders als üblich war das Schaltschema der Jawa, der erste Gang wurde also durch Hochziehen des Fußschalthebels eingelegt.

Das Gewicht der Jawa 350 fiel vergleichsweise niedrig aus, sie war noch leichter als eine MZ ES 175. Erreicht wurde dies auch durch die Einbeziehung von Anbauteilen als tragende Elemente, darunter der Haltegriff hinter der Sitzbank und die Auspuffanlage.[4] Der Motorlauf war laut zeitgenössischem Testbericht sowohl im Leerlauf als auch bei hohen Drehzahlen sehr weich. Bei korrekter Zündungs- und Vergasereinstellung ließ sich der Zweizylinder dabei stundenlang mit Vollgas fahren.[4] Allerdings konnten Abweichungen der Einstellung schnell zu Kolbenklemmern führen, weshalb die Jawa 354 als nicht so vollgasfest wie die einzylindrigen MZ-Maschinen angesehen wurde. Das Problem wurde erst 1963 unter anderem durch Verwendung einer anderen Leichtmetalllegierung für die Kolben gelöst. Die nunmehr standhafteren Maschinen wiesen jedoch einen deutlich erhöhten Kraftstoffverbrauch auf, der bei zügiger Fahrweise durchschnittlich 7,0 l/100 km betragen konnte.[5] Die seinerzeitige 250er (Typ 559/02) mit Einzylindermotor neigte im Winter hingegen sogar zur Überkühlung.[6]

Auch die Straßenlage der Jawa 354 hing stark vom technisch einwandfreien Zustand ab. Sie war an sich gut, verschlechterte sich jedoch rapide bei nicht festsitzenden Schrauben auch an scheinbar weniger bedeutsamen Stellen,[4] zudem konnten die relativ pflegeintensiven Ölstoßdämpfer das Fahrverhalten bei Fehlfunktion schnell beeinträchtigen. Auf nasser Fahrbahn war die Jawa 354 wie auch die kleineren Modelle für eine Neigung zum Ausbrechen des Hinterrads berüchtigt.[6]

Insgesamt war der Typ 354 bekannt für formschönes Äußeres bei Kompromissen in der Zweckmäßigkeit. So war die ohnehin kurze Sitzbank recht tief angeordnet, sodass bei längeren Fahrten schnell Ermüdung auftrat.

Die Jawa 354 wurde ebenso wie die 250er auch mit einer Fliehkraftkupplung unter der Bezeichnung "Automatik" angeboten. Im Fahrbericht der KFT wurden Vorteile im dichten Stadtverkehr festgestellt, ansonsten jedoch bezweifelt, ob eine Fliehkraftkupplung den Wünschen sportlich orientierter Fahrer gerecht wird.[7]

Technische Daten Bearbeiten

Jawa 350 Typ 354
Baujahre 1954–1964
Motor fahrtwindgekühlter Zweizylinder-Zweitaktmotor, Kickstarter
Steuerung Schlitzsteuerung
Ladungswechsel Umkehrspülung
Bohrung × Hub 58 mm × 65 mm
Hubraum 344 cm³
Nennleistung 14 PS (10,3 kW) ab 1955: 16 PS (11,8 kW)
max. Drehmoment 2,49 kpm (24,4 Nm)
Schmierung Zweitaktgemisch 1 : 33
Zündung Batteriezündung, kontaktgesteuert
Lichtmaschine 6 V – 45 W
Batterie 6 V – 14 Ah
Bordspannung 6 V
Kupplung halbautomatische Kupplung
Getriebe 4-Gang-Getriebe mit Fußschaltung
Schaltschema 4, 3, 2, N, 1
Sekundärübersetzung 18/46
Endantrieb Kette
Maße (L × B × H) 1980 × 650 × 1025 mm
Radaufhängung vorn Teleskopgabel
Radaufhängung hinten Langarmschwinge
Tankinhalt 13,5 l
Höchstgeschwindigkeit 120 km/h (liegend)

Weblinks Bearbeiten

Commons: Jawa 350/354 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Verbesserte Zweiräder aus der ČSSR. In: Kraftfahrzeugtechnik 3/1963, S. 96–97.
  2. Kraftfahrzeuge auf der Maschinenbau-Messe in Brno. In: Kraftfahrzeugtechnik 12/1964, S. 457–460.
  3. Frank Rönicke: Jawa Motorräder seit 1929. 1. Auflage. Motorbuch Verlag, Stuttgart 2023, ISBN 978-3-613-04553-8
  4. a b c d Unser Test: Jawa 350. In: Der Deutsche Straßenverkehr 07/1961, S. 224–227.
  5. Kraftfahrzeugtechnik erprobte Jawa 350/1963. In: Kraftfahrzeugtechnik 12/1963, S. 462–465.
  6. a b Unser Test: Jawa 250. In: Der Deutsche Straßenverkehr 06/1963, S. 188–191.
  7. Kraftfahrzeugtechnik fuhr JAWA 250 Automatik. In: Kraftfahrzeugtechnik 11/1964, S. 429–430.