Isoniazid

organische Verbindung, Arzneistoff, Antibiotikum
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Isoniazid, auch Isonicotinsäurehydrazid, englisch isonicotinic acid hydrazide, abgekürzt INH, ist ein bakterizides Antibiotikum, das vor allem in Kombination mit Rifampicin zur Behandlung der Tuberkulose angewendet wird.[3] Bei HIV-Patienten kann die prophylaktische Behandlung mit Isoniazid die Anzahl der Tuberkulose-Erkrankungen und auch die Gesamttodesfälle reduzieren.[4]

Strukturformel
Strukturformel von Isoniazid
Allgemeines
Freiname Isoniazid
Andere Namen
  • Isonicotinsäurehydrazid (INH)
  • Pyridin-4-carbohydrazid
Summenformel C6H7N3O
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 54-85-3
EG-Nummer 200-214-6
ECHA-InfoCard 100.000.195
PubChem 3767
DrugBank DB00951
Wikidata Q423169
Arzneistoffangaben
ATC-Code
Wirkstoffklasse

Antibiotikum

Eigenschaften
Molare Masse 137,14 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

169–172 °C[1]

Löslichkeit

mäßig in Wasser (125 g/l bei 20 °C)[1]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]

Achtung

H- und P-Sätze H: 302​‐​315
P: 264​‐​270​‐​280​‐​301+312​‐​302+352​‐​332+313[2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Isoniazid wurde 1912 von Meyer und Malley an der Universität Prag synthetisiert. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die antibiotische Wirkung erkannt. In den Laboratorien von Hoffmann-La Roche in Nutley, New Jersey entwickelten H. Herbert Fox und Mitarbeiter Isoniazid und die Variante Iproniazid zur Marktreife. Auch Gerhard Domagk arbeitete an diesen Substanzen für die Bayer AG.

In Mycobacterium tuberculosis, dem Tuberkulose-Bakterium, wird Isoniazid durch das Enzym Katalase/Peroxidase (KatG) zum Isonicotinsäure-Radikal umgewandelt, welches sich an dasjenige NADH-Molekül anlagert, das an die für die Mykolsäuresynthese essenzielle Reduktase InhA gebunden ist, die dadurch dauerhaft gehemmt wird. Resistenzen, die das Bakterium neu entwickelt, betreffen ausschließlich das katg-Gen und damit die Aktivierung von Isoniazid.[5][6]

Bei der Medikation mit INH kann es zu Störungen des Zentralen Nervensystems, Magen-Darm-Störungen oder Allergien kommen. Des Weiteren kann ein intrahepatischer Ikterus als Nebenwirkung auftreten. Pyridoxin (Vitamin B6) kann als Begleitpräparat gegeben werden um die Nebenwirkungen auf das Nervensystem zu verringern. In Verbindung mit Alkohol kann es zu einer temporären Alkoholunverträglichkeit (chemische Alkoholintoleranz) führen.

INH wird meist oral verabreicht und es hat eine sehr gute Bioverfügbarkeit (≈ 90 %). In der Leber wird es zu 75 % acetyliert. Daneben wird es enzymatisch zu Isonicotinsäure hydrolysiert. Isoniazid und seine Metaboliten werden vorwiegend renal ausgeschieden.

Herstellung Bearbeiten

Die Synthese von Isoniazid erfolgt durch eine Hydrazinolyse des Isonicotinsäureethylesters:[7]

 
Isoniazid-Synthese

Handelsnamen Bearbeiten

Monopräparate

INH (A), Isozid (D), Rimifon (CH), Tebesium (D)

Kombinationspräparate

Iso-Eremfat (D), Isozid-comp. (D), Rifater (D, A, CH), Rifinab (D), Rifinah (CH), Rifoldin (A), Rimactazid (D), Rimstar (CH), Tebesium Duo/Trio (D)

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Datenblatt Isoniazid bei Merck, abgerufen am 19. Januar 2011.
  2. a b Eintrag zu Isonicotinsäurehydrazid in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 3. Januar 2023. (JavaScript erforderlich)
  3. Mutschler: Arzneimittelwirkungen. 9. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2008, ISBN 978-3-8047-1952-1, S. 849.
  4. Betina Durovni, Valeria Saraceni, Lawrence H. Moulton, Antonio G. Pacheco, Solange C. Cavalcante, Bonnie S. King, Silvia Cohn, Anne Efron, Richard E. Chaisson, Jonathan E. Golub: Effect of improved tuberculosis screening and isoniazid preventive therapy on incidence of tuberculosis and death in patients with HIV in clinics in Rio de Janeiro, Brazil: a stepped wedge, cluster-randomised trial. In: The Lancet Infectious Diseases. 2013, S. , doi:10.1016/S1473-3099(13)70187-7.
  5. D. A. Rozwarski, G. A. Grant u. a.: Modification of the NADH of the isoniazid target (InhA) from Mycobacterium tuberculosis. In: Science Band 279, Nummer 5347, Januar 1998, S. 98–102. PMID 9417034.
  6. C. E. Cade, A. C. Dlouhy u. a.: Isoniazid-resistance conferring mutations in Mycobacterium tuberculosis KatG: catalase, peroxidase, and INH-NADH adduct formation activities. In: Protein science : a publication of the Protein Society Band 19, Nummer 3, März 2010, S. 458–474. doi:10.1002/pro.324. PMID 20054829. PMC 286627 (freier Volltext).
  7. Axel Kleemann, Jürgen Engel, Bernd Kutscher und Dieter Reichert: Pharmaceutical Substances, Thieme-Verlag Stuttgart, 5. Auflage (2009) ISBN 978-3-13-558405-8, S. 732; zusätzlich online mit halbjährlichen Ergänzungen und Aktualisierungen.