Institute of Digital Sciences Austria

österreichische akademische Forschungs- und Bildungseinrichtung in Linz

Das Institute of Digital Sciences Austria (IDSA) ist eine im Aufbau befindliche österreichische akademische Forschungs- und Bildungseinrichtung in Linz. Sie wurde universitätsähnlich, aber auf Basis eines eigenen Bundesgesetzes gegründet. Das Gesetz charakterisiert das IDSA als eine Technische Universität. Die ursprünglich vorgesehene Bezeichnung Technische Universität Linz (TU Linz) wurde nach heftiger Kritik zugunsten der Bezeichnung IDSA aufgegeben; auf Vorschlag der Gründungspräsidentin Stefanie Lindstaedt wurde im November 2023 neuerlich umbenannt. Nunmehr ist als Name Interdisciplinary Transformation University Austria (Abkürzung in Eigenschreibweise IT:U) vorgesehen.[3][4]

Institute of Digital Sciences Austria
Gründung 1. Juli 2022[1]
Trägerschaft staatlich
Ort Linz
Bundesland Oberösterreich Oberösterreich
Land Osterreich Österreich
Gründungspräsidentin Stefanie Lindstaedt[2]
Das IDSA sitzt vorläufig in Gebäuden der Johannes-Kepler-Universität (Stand 2023/2024).

Geschichte Bearbeiten

In Linz bestand bereits vor Gründung der oberösterreichischen Landesuniversität, der Johannes-Kepler-Universität (JKU), für sehr kurze Zeit eine akademische technische Bildungseinrichtung, die Technische Hochschule Linz. Diese existierte nur von 1943 bis 1945.

Technische Fächer wurden in Oberösterreich auf akademischer Ebene ab 1969 durch die Technisch-Naturwissenschaftliche Fakultät der JKU Linz sowie ab 1993 durch die Fachhochschule Oberösterreich angeboten. Dennoch forderten die regionale Wirtschaft, aber auch die Landespolitik ein eigenständiges universitäres akademisches Angebot in Oberösterreich. Gewünscht wurde ausdrücklich eine Technische Universität. Nach längeren politischen Diskussionen kündigte Bundeskanzler Sebastian Kurz ihre Gründung im Vorfeld der Wahl zum Oberösterreichischen Landtag an.[5]

Im Sommer 2022 wurde das IDSA durch das Bundesgesetz über die Gründung des Institute of Digital Sciences Austria bzw. dessen Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt[6] rechtlich gegründet. Es wird darin ausdrücklich als Technische Universität bezeichnet, allerdings besteht nur in Randgebieten Bezug zu universitären Gesetzen. Die Aufgaben des IDSA beziehen sich auf alle Felder der Digitalisierung und sind im Gesetzestext festgelegt:

Der fachliche Wirkungsbereich der Universität umfasst Digitalisierung und digitale Transformation in einem breiten und interdisziplinären, auch die Künste einbeziehenden Verständnis. Mit der angestrebten Interdisziplinarität soll – auch durch Nutzung interuniversitärer Kooperationen – eine Interaktion insbesondere technischer, naturwissenschaftlicher, wirtschaftswissenschaftlicher, rechtswissenschaftlicher, sozialwissenschaftlicher, geistes- und kulturwissenschaftlicher sowie künstlerischer Disziplinen erreicht werden. Forschungsfelder und Lehrangebote widmen sich allen Dimensionen der Digitalisierung und deren transformativen Auswirkungen auf Wissenschaft, Kunst, Gesellschaft und Wirtschaft sowie der Konzeption, der Anwendung und dem Potential digitaler Gestaltungsmöglichkeiten.

An den Gründungskosten werden sich sowohl der Bund als auch das Land Oberösterreich beteiligen.[7] Ein Gründungskonvent[8] hat seine Arbeit bereits aufgenommen. Als Mitglieder wurden ursprünglich Gerald Bast, Martin Hitz, Johanna Pirker, Christopher Lindinger, Katja Schechtner, Dieter Kranzlmüller, Claudia von der Linden (Vorsitzende), Christina Rami-Mark und Helmut Fallmann nominiert.[9][10]

Für die Funktion des Gründungspräsidenten wurden in einem Medienbericht unter anderen der aus Oberösterreich stammende Quantenforscher Anton Zeilinger[11] ins Spiel gebracht, der sich dazu jedoch nicht öffentlich geäußert hat. Im Gegensatz dazu hatte JKU-Rektor Meinhard Lukas in einer öffentlichen Videobotschaft seine Bewerbung für diese Position angekündigt.[12]

Im Gesetz ist die „schrittweise Aufnahme des Regelbetriebs ab Beginn des Wintersemesters 2023/24“ definiert. Laut Wissenschaftsminister Martin Polaschek soll das IDSA im Studienjahr 2024/2025 in den Vollbetrieb gehen.[13] Es wird angenommen, dass nach Vollausbau 5.000 Personen am IDSA studieren werden.[14]

Am 24. Januar 2023 berichtete Der Standard vom Rücktritt des Konventmitgliedes Gerald Bast „einen Tag vor den Hearings“ mit der Begründung, Mitglieder des Konvents wären befangen.[15] Am nächsten Tag wurde bekannt, dass Wilfried Eichlseder, Rektor der Montanuniversität Leoben, dem zurück getretenen Bast nachfolgt.[16] In Zusammenhang mit Basts Rücktritt und Eichlseders Bestellung äußerte der Linzer Bürgermeister Klaus Luger, dass er den Gründungsfahrplan für „absurd“ halte.[17]

Am 5. März 2023 gab der Gründungskonvent nach Hearings bekannt, dass Stefanie Lindstaedt zur Gründungspräsidentin designiert wurde.[2] Die Beschwerde von Gründungskonventmitglied Helmut Fallmann, Vorstandsvorsitzender von Fabasoft, wegen Ungereimtheiten im Auswahlverfahren wurde vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung abgewiesen.[18][19] Fallmann trat daraufhin aus dem Konvent zurück.[20] Vom Land Oberösterreich wurde der Direktor des oberösterreichischen Landtags und des Verfassungsdienstes im Amt der Landesregierung, Wolfgang Steiner, in den Gründungskonvent nominiert.[21] Die Industriellenvereinigung Oberösterreich bekannte sich offen für den von ihr favorisierten Kandidaten Meinhard Lukas; ihr Präsident Stefan Pierer ließ sich mit „Ein befangenes Gremium hat nicht die beste Entscheidung getroffen“ zitieren.[22] In der Presse wurde das Zustandekommen der Entscheidung und die versuchte Einflussnahme („Freunderlwirtschaft“) diskutiert.[23][24]

Infrastruktur Bearbeiten

Das IDSA erhält in seiner Anfangsphase noch keine eigene Infrastruktur, sondern benützt Einrichtungen der Johannes-Kepler-Universität mit.[25]

Kritik Bearbeiten

Sabine Seidler, Vorsitzende der Österreichischen Universitätenkonferenz (uniko) kritisierte das Modell der IDSA-Gründung, weil sie den universalen Charakter der Neugründung nicht erkennen könne[26] und keinen Bedarf für sie sieht.[27] Die oberösterreichische Landesorganisation der NEOS lehnt das Finanzierungskonzept ab, da dieses die Finanzierung anderer österreichischer Hochschulen zu sehr beschneide und zudem intransparent sei.[28] Der Rechnungshof Österreich kritisierte die juristische Ausführung, konkret die Vermeidung des Universitätsgesetzes als Grundlage des Institutes.[29] Der Verfassungsdienst urteilte, dass den Studenten rechtliche Nachteile im Vergleich zu Studenten ordentlicher Universitäten entstehen, da die Rechtsbeziehung zwischen Studenten und IDSA eine privatrechtliche ist.[30] Diese ist in § 9 Abs. 3 des Gesetzes ausdrücklich festgehalten.

Der Senat der JKU und die Kunstuniversität Linz wiesen mit großer Sorge auf die Öffnung für politischen Einfluss und die verringerte Unabhängigkeit des IDSA hin sowie die Gefährdung der Freiheit von Wissenschaft und Lehre durch Ausgrenzung der Angestellten vom regulären Kollektivvertrag für Universitäten.[30] Der Betriebsrat der JKU warnte vor einem Umbau des österreichischen Universitätssystems und wies den Gesetzesentwurf vollumfänglich zurück.[30]

Benennungsdiskussion Bearbeiten

Mitte Juli 2023 äußerte Stefanie Lindtstaedt in einem Medienbericht, sie strebe eine Änderung des Namens an, da ihrer Meinung nach die gesetzlich festgelegte Bezeichnung Institute of Digital Sciences Austria zu Verwechslungen führen könnte.[3][31] Am 27. November 2023 wurde die neue Bezeichnung der Universität als ITU – Interdisciplinary Transformation University vorgestellt.[4]

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. § 14 des Bundesgesetzes über die Gründung des Institute of Digital Sciences Austria, BGBl. I Nr. 120/2022.
  2. a b ooe ORF at red: Digitaluni bekommt Gründungspräsidentin. 5. März 2023, abgerufen am 5. März 2023.
  3. a b "Linzer TU" sucht wieder neuen Namen. In: ORF.at. 27. Juli 2023, abgerufen am 3. November 2023.
  4. a b So heißt die neue Linzer Digital-Uni nachrichten.at, 27. November 2023, abgerufen am 27. November 2023.
  5. Karl Ettinger: Parlament – Statt "Wumms" gibt es Bedenken um Linzer Uni-"Leuchtturm". Abgerufen am 11. Dezember 2022.
  6. RIS Dokument: Bundesgesetz über die Gründung des Institute of Digital Sciences Austria. Abgerufen am 11. Dezember 2022.
  7. Land Oberösterreich - Institute of Digital Sciences Austria: Finanzierung zwischen Bund und Land OÖ geklärt. Abgerufen am 11. Dezember 2022.
  8. Gründungskonvent der geplanten Linzer TU ist komplett. 15. September 2022, abgerufen am 11. Dezember 2022.
  9. „Die Umsetzung der neuen TU in Oberösterreich schreitet konsequent voran“. Abgerufen am 28. Dezember 2022.
  10. Institute of Digital Sciences Austria (IDSA). Abgerufen am 11. Dezember 2022.
  11. Wird Zeilinger nun Gründungsrektor? 14. Oktober 2022, abgerufen am 11. Dezember 2022.
  12. JKU-Rektor Lukas bewirbt sich als Präsident der neuen Digital Uni. Abgerufen am 11. Dezember 2022.
  13. Neue TU in Oberösterreich wird in Linz sein. Abgerufen am 11. Dezember 2022 (österreichisches Deutsch).
  14. ooe ORF at/Agenturen red: Nächster Schritt für Technische Universität. 26. April 2022, abgerufen am 11. Dezember 2022.
  15. Bast zu Rücktritt aus TU-Linz-Konvent: "Eine gute Lösung ist nicht mehr wahrscheinlich". Abgerufen am 25. Januar 2023 (österreichisches Deutsch).
  16. APA: TU Linz – Rektor der Montanuni wird neues Mitglied im Konvent. Abgerufen am 25. Januar 2023 (deutsch).
  17. ooe ORF at red: Luger hält Digitaluni-Start für unrealistisch. 25. Januar 2023, abgerufen am 25. Januar 2023.
  18. Lindstaedt als Gründungsrektorin bestätigt. In: ORF.at. 11. April 2023, abgerufen am 11. April 2023.
  19. Wahl der IDSA-Gründungsrektorin war laut Bildungsministerium korrekt. In: science.apa.at. 11. April 2023, abgerufen am 11. April 2023.
  20. Neue Linzer Technik-Uni bleibt in den Schlagzeilen. In: Salzburger Nachrichten/APA. 11. April 2023, abgerufen am 11. April 2023.
  21. Land Oberösterreich schickt Landtagsdirektor Steiner in den Gründungskonvent der Linzer Digital-Uni. In: DerStandard.at. 20. April 2023, abgerufen am 20. April 2023.
  22. Pierer fordert Rücktritte im Konvent der Digital-Uni. In: Oberösterreichische Nachrichten. 17. April 2023, abgerufen am 14. Januar 2024.
  23. Eklat an Digital-Uni Linz: "Ich urteile einzig und allein nach fachlichen Kriterien". In: derstandard.at. 10. März 2023, abgerufen am 14. Januar 2024.
  24. Wie Freunderlpolitik die Digital-Uni Linz beschädigt. In: derstandard.at. 10. März 2023, abgerufen am 14. Januar 2024.
  25. Am JKU-Campus: Neue Technische Uni wird in Linz entstehen. 21. Januar 2022, abgerufen am 11. Dezember 2022.
  26. "Die Presse: Weiß nicht, was da Universität sein soll": Kritik an geplanter TU Oberösterreich. Abgerufen am 11. Dezember 2022.
  27. Julia Neuhauser: Linz bekommt eine Technische Universität. 21. Januar 2022, abgerufen am 12. Dezember 2022.
  28. NEOS OÖ zu geplanter TU OÖ: Kritik der uniko ist berechtigt. Abgerufen am 11. Dezember 2022.
  29. Stellungnahmen: Heftige Kritik an Gründungsgesetz der Linzer TU. 17. Mai 2022, abgerufen am 8. Juni 2023.
  30. a b c Auf neue Uni in Linz prasselt Kritik nieder. 17. Mai 2022, abgerufen am 8. Juni 2023.
  31. Nicht mehr IDSA: Linzer Digital-Uni sucht neuen Namen. Abgerufen am 17. Juli 2023.

Koordinaten: 48° 20′ 14″ N, 14° 19′ 4″ O